Rz. 24
Was die Eheleute im Laufe ihrer Ehe durch gemeinsame Tätigkeit i.w.S. erwerben, das fällt in ihr (besonderes) Miteigentum und wird gem. Art. 21 Abs. 1 FamKodex zur Errungenschaft, sog. Gesamtgut oder Errungenschaftsvermögen. Das gilt selbst dann, wenn der eine Ehegatte Eigengut des anderen Ehegatten erwirbt. Ob eine Sache bzw. ein Recht während der Ehe zum Gesamtgut wird, kommt es in erster Stelle auf das Erwerbsgeschäft an – und nicht darauf, ob und, wenn ja, zu welchem Zeitpunkt der erforderliche gemeinsame Beitrag i.S. des Art. 21 Abs. 2 FamKodex erfolgt. Letzteres ist nur bedeutsam für die Widerlegung der Vermutung, ein gemeinsamer Beitrag habe vorgelegen. Wird z.B. eine Sache käuflich erworben, so ist darauf abzustellen, ob die notarielle (Kaufvertrags-)Urkunde nach der Eheschließung und vor der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft ausgestellt ist. Folgerichtig scheidet ein Erwerb zum Gesamtgut aus, wenn die Sache vor der Heirat gekauft, der Kaufpreis selbst nach der Heirat von den Ehegatten gemeinsam gezahlt wurde. Konsequent sind die Gerichte auch in der umgekehrten Fallsituation: Hier schließt einer der Nupturienten einen Vorvertrag über eine Immobilie. Den Kaufpreis zahlt er vor der Eheschließung, der endgültige notarielle Kaufvertrag wird dagegen erst nach der Heirat abgeschlossen. Der Oberste Kassationsgerichtshof bejaht in dieser Konstellation die Widerlegung der Vermutung eines gemeinsamen Beitrags i.S. des Art. 21 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 FamKodex und nimmt damit im Ergebnis einen Erwerb zum Eigengut gem. Art. 23 Abs. 1 FamKodex an.
Rz. 25
Zum Gesamtgut gehören ferner die Erträge des Eigenguts, sofern sie nicht durch Zuwendungen Dritter entstanden sind und diese etwas anderes bestimmt haben. Werden mit solchen Erträgen Vermögensgegenstände im Verlauf der Ehe angeschafft, so fallen natürlich auch diese in das Errungenschaftsvermögen.
Rz. 26
Das Kriterium des gemeinsamen Beitrags entscheidet über die endgültige Zuordnung zum Eigen- oder Gesamtgut. Art. 21 Abs. 2 FamKodex zählt beispielhaft auf, was den gemeinsamen Beitrag ausmachen kann: Einbringung von Mitteln oder von Arbeit, Sorge für die Kinder, Haushaltsführung. Gemäß Art. 21 Abs. 3 FamKodex wird ein gemeinsamer Beitrag bis zum Beweis des Gegenteils vermutet. Die Trennung der Ehegatten führt nicht per se zur Widerlegung des gemeinsamen Beitrags. Der Rechtsgrund des Erwerbs ist ohne Bedeutung. Er kann z.B. in einem Vertrag, Gerichtsvergleich oder einer (Tabular-)Ersitzung bestehen. Belanglos ist außerdem, ob beide Ehegatten nach außen hin handeln oder nur der eine von ihnen, ob beide im notariellen Vertrag als Erwerber erscheinen oder nur der eine. Irrelevant ist zudem die mangelnde Kenntnis des Vertragspartners vom Bestand einer Ehe. Der Erwerb der Sache zum Errungenschaftsvermögen tritt ex lege ein und ist deshalb von einem anderweitigen, selbst ausdrücklich erklärten Willen der Vertragsschließenden unabhängig.
Rz. 27
Problematisch war die Gesamtgutsfähigkeit von Geldguthaben vor der Anschaffung von Vermögensgegenständen. Nach altem Recht gehörte es ausdrücklich zum Errungenschaftsgut, wenn es denn während der Ehezeit mit Beiträgen beider Ehepartner erworben war (Art. 19 Abs. 1 S. 1 FamKodex a.F.); das Vorliegen solch gemeinsamer Beiträge hat Art. 19 Abs. 3 a.F. widerlegbar vermutet. Der neue Art. 21 Abs. 1 FamKodex erwähnt Bankeinlagen als Teil des Errungenschaftsvermögens nicht mehr explizit. Daraus leitet die Rechtsprechung eine Aufgabe dieser Zuordnung durch den Gesetzgeber ab. Entsprechend rechnet der Arbeitslohn zum Eigengut des jeweiligen Arbeitnehmer-Ehegatten.
Rz. 28
Das Besondere am Miteigentum der Eheleute in der Errungenschaftsgemeinschaft ist dessen Anteilslosigkeit. Denn im Gegensatz zum einfachen Miteigentum nach Art. 30 EigentumG (das mit Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft eintritt) steht das Gesamtgut im Eigentum beider Ehegatten, ohne dass es zu einer ideellen Teilung des Eigentums oder einzelner Rechte kommt. Eine Verfügung über ideelle Anteile an einzelnen Gegenständen des Errungenschaftsvermögens ist deshalb während der Ehedauer oder vor der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft nicht möglich. Gleiches gilt bezüglich des Vermögensanteils, das jeder Ehegatte bei Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft erhielte (Art. 24 Abs. 1 S. 2 FamKodex). Eine ideelle Teilung des Eigentums entsteht vielmehr erst mit der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft, in der Regel also mit Scheidung. Von nun an sind die (einst miteinander verheirateten) Ehegatten Miteigentümer nach Bruchteilen. Das Bruchteilseigentum fällt ihnen kraft Gesetzes zu gleichen Teilen zu (Art. 28 FamKodex), außer die (geschiedenen) Eheleute vereinbaren etwas anderes. Dafür bedarf es eines Ehevertrags, einer Scheidungsfolgenvereinbarung i.S.d. Art. 49 Abs. 4 bzw. Art. 51 FamKodex oder eines Auseinandersetzungsvertrags.
Rz. 29
Die Verwaltung des Errungenschaftsvermögens obliegt jedem ...