Tenor
1. Die Antragsgegnerin hat die Antragsteller und den Deutschen Bundestag in ihren Rechten aus Artikel 38 Absatz 1 Satz 2 und Artikel 20 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes dadurch verletzt, dass sie die mit Fragen 1 bis 5 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 (Bundestagsdrucksache 16/1808) und die mit Fragen 1 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 (Bundestagsdrucksache 16/2342) erbetenen Auskünfte unter Berufung auf verfassungsrechtlich nicht tragfähige Erwägungen verweigert hat (Antworten vom 30. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache 16/2098 – sowie vom 16. August 2006 – Bundestagsdrucksache 16/2412 –).
2. Im Übrigen werden die Anträge verworfen.
Tatbestand
A.
Die Antragsteller zu 1. bis 4. sind Abgeordnete, die Antragstellerin zu 5. ist eine Fraktion des Deutschen Bundestages. Sie wenden sich gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende Beantwortung zweier Kleiner Anfragen durch die Bundesregierung, die Antragsgegnerin. Mit den Kleinen Anfragen erstrebten die Antragsteller die Erteilung von Informationen über die Sammlung, Speicherung und Weitergabe von Informationen über Abgeordnete durch Geheimdienste des Bundes.
I.
1. Die Antragstellerin zu 5. und fünf ihrer Mitglieder, darunter die Antragsteller zu 1. bis 4., richteten am 13. Juni 2006 eine Kleine Anfrage zu der Praxis der Nachrichtendienste des Bundes, Informationen über Mitglieder des Deutschen Bundestages zu sammeln, an die Antragsgegnerin (BTDrucks 16/1808). Sie hatte folgenden Wortlaut:
Am 6. Juni 2006 veröffentlichte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Entscheidung über die Bespitzelung von fünf schwedischen Staatsbürgern durch den schwedischen Geheimdienst (Aktenzeichen 62332/00). Bei den Klägern handelt es sich um eine ehemalige Friedensaktivistin und langjährige Angehörige des schwedischen Parlaments, einen renommierten Journalisten der Zeitung „Göteborgs-Posten”, zwei Mitglieder der Kommunistischen Partei Schwedens sowie einen ehemaligen Abgeordneten des Europäischen Parlaments. In seinem Urteil rügt der Gerichtshof die jahrelange Praxis der Speicherung von Informationen durch den Geheimdienst als unverhältnismäßig und stellt einen Verstoß gegen die Artikel 8, 10 und 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) fest. Geheimdienstliche Maßnahmen von Bürgern seien nach der Menschenrechtskonvention nur insoweit möglich, als dies für den Schutz von demokratischen Institutionen zwingend notwendig sei. Bei jedem Eingriff müsse zwischen den Interessen des Staates und den Interessen der Bürger sorgfältig abgewogen werden. Diese Voraussetzungen sah der Gerichtshof in den Fällen der Kläger als nicht gegeben an. Er verurteilte den schwedischen Staat zugleich zur Zahlung von Schadensersatz an die Betroffenen.
Auf die schriftliche Frage des Abgeordneten B. (Köln) vom 21. März 2006, welche Mitglieder des Deutschen Bundestages der Beobachtung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz unterliegen, antwortete die Bundesregierung mit Schreiben vom 28. März 2006, dass sie sich zu den geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten des Verfassungsschutzes grundsätzlich nur in den dafür vorgesehenen Gremien des Deutschen Bundestages äußere.
Die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 17. Mai 2006 (Bundestagsdrucksache 16/1520), die die frühere oder gegenwärtige Beobachtung von Abgeordneten des Deutschen Bundestages durch Geheimdienste des Bundes oder durch die Landesämter für Verfassungsschutz zum Gegenstand hat, wurde mit Schreiben vom 31. Mai 2006 beantwortet. Darin teilt die Bundesregierung mit, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages durch die Nachrichtendienste des Bundes nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht wurden und werden. Zu Maßnahmen der Landesämter äußerte sich die Bundesregierung ausdrücklich nicht.
Nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „DER SPIEGEL” (Nr. 23/2006, S. 47 f.) werden zu Abgeordneten des Deutschen Bundestages beim Bundesamt für Verfassungsschutz Personenakten geführt. Darin sollen verfassungsschutzrelevante Informationen gesammelt und gespeichert werden. Daneben sollen entsprechende Akten auch bei Landesämtern für Verfassungsschutz angelegt worden sein.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:
1. Wurden bzw. werden ab der 9. bis zur laufenden Wahlperiode – aufgeschlüsselt nach Wahlperioden – mandatsbezogene Informationen über Abgeordnete des Deutschen Bundestages durch die Geheimdienste des Bundes gesammelt, gespeichert und an Dritte weitergegeben?
Wenn ja,
a) welche Informationen wurden bzw. werden gesammelt, gespeichert bzw. weitergegeben;
b) wann erfolgte die Informationssammlung, -speicherung bzw. -weitergabe;
c) welchen Zwecken diente sie;
d) wie definieren die Bundesregierung und die Geheimdienste den bei der Beantwortung der Frage zugrunde gelegten Begriff der Mandatsbezogenheit?
Stimmt diese Definition mit derjenigen überein, die bei der Reisekostenabrechnung für Bundestagsabgeordnete angewandt wird?
2. Wurden bzw. werden nicht mandatsbezogene Informationen über Abgeordnete des Deutschen Bundestages durch die Geheimdienste des Bundes gesammelt, gespeichert und an Dritte weitergegeben?
Wenn ja,
a) welche Informationen wurden bzw. werden gesammelt, gespeichert bzw. weitergegeben;
b) wann erfolgte die Informationssammlung, -speicherung bzw. -weitergabe;
c) welchen Zwecken diente sie?
3. Ist die Sammlung, Speicherung oder Weitergabe von mandatsbezogenen und nicht mandatsbezogenen Informationen über Abgeordnete des Deutschen Bundestages für die Zukunft geplant?
4. Sind der Bundesregierung Fälle der Sammlung, Speicherung bzw. Weitergabe von mandatsbezogenen und nicht mandatsbezogenen Informationen über Abgeordnete bekannt, die andere Dienste, insbesondere Dienste der Bundesländer getätigt haben?
5. Aus welchen Gründen besteht – unterstellt, die Fragen 1 bis 4 können aus Gründen des Geheimnisschutzes nicht beantwortet werden – der Geheimnisschutz?
6. Wie wird aus Sicht der Bundesregierung dem grundgesetzlich verankerten Recht auf informationelle Selbstbestimmung und den Rechten in den Art. 8, 10 und 11 EMRK bei geheimdienstlichen Maßnahmen gegen Einzelpersonen (Sammlung, Speicherung, Weitergabe von Informationen, Beobachtung) hinreichend Rechnung getragen (z.B. durch Gewährung von Akteneinsicht, Löschung von Daten usw.)?
7. Wie beurteilt die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Notwendigkeit, die Praxis der Geheimdienste in Bezug auf die Sammlung, Speicherung und Weitergabe von Informationen über Abgeordnete zu ändern bzw. Vorschriften entsprechend anzupassen?
8. Wie stellt die Bundesregierung die Umsetzung des Urteils in Deutschland sicher?
9. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, bei der Überwachung von Abgeordneten oder der Informationssammlung über Abgeordnete durch die Geheimdienste ein dem Immunitätsverfahren nachgebildetes Verfahren einzuführen?
Die Bundesregierung antwortete hierauf am 30. Juni 2006 (BTDrucks 16/2098). In einer Vorbemerkung führte sie aus:
Die Bundesregierung hat zur Thematik der Kleinen Anfrage gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium in seiner Sitzung vom 5. April 2006 ausführlich zu den Rechtsgrundlagen, zum Verfahren und der Praxis berichtet. Darüber hinaus hat die Bundesregierung zu den rechtlichen Voraussetzungen gegenüber dem Ältestenrat des Deutschen Bundestages Stellung genommen.
Ergänzend verweist die Bundesregierung auf ihre Antwort zu Frage 3 in der Drucksache 16/1590 auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten K., J., N. und der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 16/1397 –.
Weder die Dienstgesetze (BVerfSchG, BNDG und MADG) noch andere die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste des Bundes regelnde Vorschriften verwenden den Begriff der „Mandatsbezogenheit” von Informationen. Eine entsprechende Unterscheidung in „mandatsbezogene” und „nicht mandatsbezogene” Informationen wird deshalb bei der praktischen Arbeit der Nachrichtendienste des Bundes nicht vorgenommen.
Soweit im Rahmen von Sicherheitsüberprüfungen durch die Dienste Informationen zu Bundestagsabgeordneten erhoben, gespeichert oder übermittelt werden, erfolgt dies auf der Grundlage der Vorschriften des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (§§ 11, 12 und 20 ff. SÜG).
Die Bundesregierung äußert sich im Übrigen zu den geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten der Nachrichtendienste des Bundes grundsätzlich nur in den dafür vorgesehenen besonderen Gremien des Deutschen Bundestages.
Hinsichtlich der ihr gestellten Fragen 1 bis 3 verwies sie auf diese Vorbemerkung. Die Frage 4 beantwortete sie dahin, dass sich die Bundesregierung nicht zu Angelegenheiten äußere, die in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen.
Zur Frage 5 äußerte sie sich wie folgt:
Soweit die Fragen 1 bis 3 durch den Hinweis auf die besonderen Gremien des Deutschen Bundestages teilweise nicht beantwortet sind, ergibt sich die Geheimhaltungsbedürftigkeit daraus, dass durch eine Offenlegung von Einzelheiten zu Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und Erkenntnisstand der Nachrichtendienste deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung gefährdet wird.
Zu den Fragen 6, 7 und 8 gab sie folgende Stellungnahme ab:
Die in dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 6. Juni 2006 niedergelegten Grundsätze zur Tätigkeit der Nachrichtendienste spiegeln sich bereits jetzt in den geltenden Normen für die Nachrichtendienste des Bundes wider. Diese rechtlichen Vorgaben gewährleisten im Zusammenspiel mit den verschiedenen bewährten parlamentarischen und datenschutzrechtlichen Kontrollmechanismen einen hinreichenden Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und der Rechte aus Artikel 8, 10 und 11 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Einer Änderung oder Anpassung dieser Rahmenbedingungen bedarf es daher aus Sicht der Bundesregierung nicht.
Auf die Frage 9 zur Einführung eines dem Immunitätsverfahren nachgebildeten Verfahrens bei der Überwachung von Abgeordneten oder der Informationssammlung über Abgeordnete durch die Geheimdienste antwortete die Antragsgegnerin, sie lehne die Einführung eines solchen Verfahrens ab.
2. Die Antragsteller und ein weiterer Abgeordneter der Antragstellerin zu 5. begehrten am 1. August 2006 mit einer Kleinen Anfrage (BTDrucks 16/2342) erneut Auskünfte. Sie enthält folgende Vorbemerkung und Frage 1:
Die Bundesregierung hat Fragen zur Beobachtung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages bislang nicht oder nur teilweise beantwortet. Dies geschah im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die Geheimhaltungsbedürftigkeit (vgl. hierzu die Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 13. Juni 2006, Bundestagsdrucksache 16/1808 sowie die Antwort der Bundesregierung hierzu auf Bundestagsdrucksache 16/2098).
Die Bundesregierung ist nach Auffassung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Beantwortung von geheimhaltungsbedürftigen Sachverhalten grundsätzlich verpflichtet. Zwar können im Ausnahmefall Geheimhaltungsschutzinteressen eine Verweigerung der Beantwortung rechtfertigen, allerdings ist dann eine hinreichende Begründung der Nichtbeantwortung erforderlich. Diesen Erfordernissen wurde in den bislang vorliegenden Antworten der Bundesregierung nicht hinreichend Rechnung getragen.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. a) Wurden in der 1. Wahlperiode Informationen über Abgeordnete des Deutschen Bundestages durch die Geheimdienste des Bundes oder – nach Kenntnis der Bundesregierung – durch andere Geheimdienste erhoben, gespeichert und an Dritte weitergegeben, bzw. welche Angaben kann die Bundesregierung hierzu machen (z.B. Abgeordnete, Zahl der Fälle, betroffene Fraktionen, Dauer und Art der Überwachung)?
Sofern diese Frage mit ja beantwortet wird:
b) Welche Informationen wurden bzw. werden von welchem Dienst erhoben, gespeichert bzw. weitergegeben?
c) Wann erfolgte die Informationserhebung, -speicherung bzw. -weitergabe?
d) Welchen Zwecken diente sie?
e) Sofern die Fragen a) bis d) aus Gründen des Geheimschutzes gar nicht oder nur teilweise beantwortet werden, warum würde eine Offenlegung von Einzelheiten zu Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und Erkenntnisstand der Nachrichtendienste deren derzeitige Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung bei Angaben zu dieser Wahlperiode und vor dem Hintergrund der erheblichen zeitlichen Distanz gefährden (vgl. die Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sammlung, Speicherung und Informationen über Bundestagsabgeordnete durch Geheimdienste, auf Bundestagsdrucksache 16/2098)?
Die Fragen 2 bis 16 wiesen einen identischen Wortlaut auf, bezogen jeweils auf die Wahlperioden 2 bis 16. Ferner umfasste die Kleine Anfrage noch folgende Fragen:
17. Welchen Beitrag könnte die Erforschung der Unterlagen deutscher Geheimdienste gegebenenfalls zu einem Forschungsprojekt „Bundestag/MfS” leisten?
18. In welchem Umfang, ab wann und für welche Interessenten will die Bundesregierung eine freie Einsicht in historische Unterlagen deutscher Dienste ermöglichen nach dem Vorbild etwa der CIA?
19. Ist die Bundesregierung bereit, ihre Antworten zu Frage 1 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 – Bundestagsdrucksache 16/1808 auf Bundestagsdrucksache 16/2098 – und zu Frage 1 der Kleinen Anfrage vom 17. Mai 2006 – Bundestagsdrucksache 16/1520 auf Bundestagsdrucksache 16/1740 – nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren, nachdem
a) sich der Deutsche Bundestag in der Vergangenheit schon vielfach mit der möglichen Überwachung oder Anwerbung von Abgeordneten durch Geheimdienste des Bundes befassen musste (vgl. Plenarprotokoll der 127. Sitzung des Deutschen Bundestages am 17. Januar 1979, S. 9930 ff., Bundestagsdrucksachen 9/693 S. 7; 10/6584 S. 124 bis 129; 11/6203 S. 8; Plenarprotokoll der 197. Sitzung am 15. Februar 1990, S. 15157 f. und 15239; Bundestagsdrucksachen 11/6412 Fragen 19 bis 20, 33 bis 38; 12/7102)?
b) insbesondere Abgeordnetenpost durch das Bundesamt für Verfassungsschutz aufgrund des Artikel-10-Gesetzes kontrolliert worden war (zu den Quellen vgl. Frage 19a)?
Die Antwort der Bundesregierung vom 17. August 2006 (BTDrucks 16/2412) enthielt folgende Vorbemerkung:
Die Bundesregierung hat zur Thematik der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 16/2098 ausführlich Stellung genommen. Darüber hinaus hat sie zu den rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen der nachrichtendienstlichen Beobachtung von Abgeordneten auch gegenüber dem Ältestenrat des Deutschen Bundestages Stellung genommen.
Ferner hat die Bundesregierung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium in seiner Sitzung vom 5. April 2006 ausführlich, insbesondere zu den Rechtsgrundlagen, zum Verfahren und der Praxis berichtet. Wie in der genannten Bundestagsdrucksache bereits dargestellt, äußert sich die Bundesregierung zu geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten der Nachrichtendienste des Bundes, insbesondere zu deren Arbeitsweise, Strategie und Erkenntnisstand in Bezug auf bestimmte Personen oder Organisationen grundsätzlich nur in den dafür vorgesehenen besonderen Gremien des Deutschen Bundestages.
Der Verweis auf diesen Umstand bedeutet nicht, dass die in der Vorbemerkung der Fragesteller und den diesbezüglichen Fragen enthaltenen Annahmen und Feststellungen inhaltlich zutreffen.
Den in der Vorbemerkung der Fragesteller erhobenen Vorwurf, in den bislang vorliegenden Antworten der Bundesregierung sei den Erfordernissen an eine hinreichende Begründung der Nichtbeantwortung nicht zur Genüge Rechnung getragen, weist die Bundesregierung zurück. Sie hat in keinem Fall die Beantwortung von Fragen zur Beobachtung von Mitgliedern des Deutschen Bundestages verweigert. Zu Einzelfragen, die geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten der Nachrichtendienste des Bundes zum Gegenstand hatten und sich daher einer Beantwortung im Rahmen einer Kleinen Anfrage entziehen, hat sie auf deren Behandlung in den besonderen parlamentarischen Gremien verwiesen. Sie hat hierfür auch eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Begründung gegeben.
Hinsichtlich der Sachverhalte vor der 9. Wahlperiode des Deutschen Bundestages weist die Bundesregierung auf die gesetzlichen Löschungspflichten hin, aufgrund derer die entsprechenden Datensätze nicht mehr vorliegen. Gegebenenfalls vorhandene Informationen in den die Zeiträume der Anfrage betreffenden Altakten können nicht innerhalb des im Rahmen einer Kleinen Anfrage gemäß § 104 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages zur Verfügung stehenden Zeitraums erschlossen werden.
Bezüglich der Sachverhalte ab der 9. Wahlperiode des Deutschen Bundestages gilt die Antwort der Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 16/2098.
Zu den Fragen 1 bis 16 und 19 der Kleinen Anfrage verwies die Bundesregierung in ihrer Antwort auf diese Vorbemerkung. In Bezug auf die Frage 17 führte die Bundesregierung aus:
Ob Unterlagen der Nachrichtendienste des Bundes einen Beitrag zu einem Forschungsprojekt „Bundestag/MfS” leisten können, ist ohne eine nähere Konkretisierung des Projekts nicht bewertbar.
Die Frage 18 betreffend die Einsicht in historische Unterlagen deutscher Dienste beantwortete die Bundesregierung wie folgt:
Für den Umgang mit den historischen Unterlagen der Nachrichtendienste des Bundes gelten die Vorgaben des Bundesarchivgesetzes (BArchG).
Soweit der Bundesregierung bekannt, legt die Central Intelligence Agency (CIA) lediglich Teile von Vorgängen offen und nimmt unter anderem Schwärzungen vor. Dies ist nach dem BArchG nicht möglich.
II.
Die Antragsteller begehren die Feststellung, dass die Antragsgegnerin mit ihren Antworten auf die Kleinen Anfragen die Antragsteller und den Deutschen Bundestag in ihren Rechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt habe. Ferner begehren sie die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung der erbetenen Auskünfte, hilfsweise, die Auskünfte so weit und in einer Form zu erteilen, die den objektiven Geheimhaltungsinteressen der Bundesrepublik Deutschland Rechnung tragen.
1. Die Antragsteller halten ihre Anträge für zulässig. Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages seien die Antragsteller zu 1. bis 4. kraft eigener Organstellung antragsberechtigt. Die Antragstellerin zu 5. sei als Fraktion im Deutschen Bundestag ein mit eigenen Rechten versehener Teil und deshalb antragsberechtigt.
Die Antworten auf die beiden umstrittenen Kleinen Anfragen berührten subjektive Rechte der Antragsteller und seien damit auch rechtserheblich. Das Recht auf Erhalt einer begründeten und substantiierten Antwort auf parlamentarische Anfragen folge bei den Antragstellern zu 1. bis 4. aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG, während die Antragstellerin zu 5. sowohl eigene Rechte als auch in Prozessstandschaft Rechte des Deutschen Bundestages geltend mache.
Als Fraktion im Deutschen Bundestag verfüge die Antragstellerin zu 5. im innerparlamentarischen Raum über eigene Rechte, die in Art. 21 Abs. 1 GG, maßgeblich aber in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verankert seien. Auch ihr stehe das Recht auf eine begründete und substantiierte Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu. Dies stelle in der parlamentarischen Praxis sogar den Regelfall dar.
Darüber hinaus könne sie Rechte des ganzen Deutschen Bundestages im Organstreitverfahren geltend machen. Auch diesem stehe das Recht auf eine begründete und substantiierte Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu. Dies ergebe sich schon aus der Funktion öffentlicher Debatte im Parlament. Jede Anfrage diene stets dem freien Spiel der Meinungsbildung des gesamten Parlaments. Der Austausch von Frage und Antwort sei damit ein wichtiges Element der zentralen Stellung des Parlaments im demokratischen und gewaltengegliederten Regierungssystem des Grundgesetzes, wie es in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG seinen Niederschlag finde.
Schließlich bestehe auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Den Antragstellern bleibe kein anderes Mittel, um ihr Anliegen durchzusetzen. Es sei nicht erkennbar, dass sich die parlamentarische Antwortpraxis durch die Verhandlungsleitung des Bundestagspräsidenten (§ 7 Abs. 1 Satz 2 GO-BT) hätte verändern lassen können. Die Antwortpraxis der Antragsgegnerin dokumentiere ihre gefestigte Rechtsüberzeugung, die zu jener der Antragsteller in Widerspruch stehe. Eine Klärung der verfassungsrechtlichen Pflichten der Antragsgegnerin durch das Bundesverfassungsgericht sei daher notwendig. Die Antragsteller könnten in diesem Zusammenhang auch nicht darauf verwiesen werden, ihr Informationsverlangen im Wege einfachrechtlicher Auskunftsansprüche unmittelbar gegenüber den Nachrichtendiensten des Bundes zu verfolgen. Ihnen gehe es nicht um die Klärung einzelner Vorgänge, die möglicherweise auch individuelle Rechte der Antragsteller zu 1. bis 4. betreffen könnten. Vielmehr erstrebten sie, mit Hilfe ihrer grundgesetzlichen Rechtsposition im parlamentarischen Kontrollzusammenhang einen substantiierten Eindruck von der Praxis der Nachrichtendienste des Bundes zu gewinnen, um diesen politisch bewerten und im parlamentarischen Verfahren darauf reagieren zu können. Soweit die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion „DIE LINKE” am 22. Dezember 2006 erstmals Teilantworten zur Beobachtung von Bundestagsabgeordneten gegeben habe (BTDrucks 16/3964), sei das Begehren der Antragsteller nicht erfüllt.
2. Die Antragsteller sind der Ansicht, dass die Antragsgegnerin ihre Frage, inwieweit und zu welchen Zwecken die Nachrichtendienste des Bundes ohne Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel Informationen über Mitglieder des Deutschen Bundestages zwischen 1949 und heute gesammelt und weitergegeben hätten, ebenso unbeantwortet gelassen habe wie jene, nach welchen Kriterien die Antragsgegnerin ihre Geheimhaltungsstandards definiere und wie sich diese Definition zur gesetzlichen Aufgabenstellung der Nachrichtendienste des Bundes verhalte. Damit habe die Antragsgegnerin die Rechte der Antragsteller und des Deutschen Bundestages verletzt.
a) Die Antragsgegnerin sei verpflichtet, ihre Anfragen begründet und substantiiert zu beantworten. Abgeordnete und Fraktionen des Deutschen Bundestages wie auch dieser selbst verfügten über das Recht, der Bundesregierung Fragen über deren politisches Handeln zu stellen. Ohne das Mittel der Befragung hätten der Deutsche Bundestag im Ganzen, seine Fraktionen und seine einzelnen Mitglieder keine Möglichkeit, sich über das Handeln der Bundesregierung zu informieren und dieses Handeln mit guten Gründen zu bewerten und zu sanktionieren.
Auch das Bundesverfassungsgericht habe das parlamentarische Fragerecht früh anerkannt und seine Bedeutung für das parlamentarische Regierungssystem im Ganzen immer wieder hervorgehoben. Es habe das Fragerecht im Zusammenhang mit dem Interpellationsrecht des Art. 43 Abs. 1 GG thematisiert, dabei mit dem Hinweis auf die Tätigkeit der Abgeordneten implizit stets auch auf dessen Rechte aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verwiesen. So habe es etwa im Zusammenhang mit Antworten der Bundesregierung auf mündliche Fragen in der Fragestunde (BVerfGE 13, 123 ≪125≫) darauf hingewiesen, dass diese dazu dienten, dem Abgeordneten die für seine Tätigkeit notwendigen Informationen zu verschaffen. Sie gehörten in den Rahmen des Frage- und Interpellationsrechts des Parlaments, das den Mitgliedern der Bundesregierung auferlege, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen. Erst die Beantwortung parlamentarischer Anfragen ermögliche dem Deutschen Bundestag, seine Aufgaben zu erfüllen. Im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschussverfahren habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 67, 100 ≪130≫) ebenfalls das Fragerecht und die Antwortpflicht ausdrücklich als Teil der Pflicht des Deutschen Bundestages zur parlamentarischen Kontrolle der Bundesregierung verstanden und ausgesprochen, dass der Grundsatz der Gewaltenteilung im Hinblick auf die starke Stellung der Regierung eine Auslegung des Grundgesetzes dahingehend gebiete, dass eine parlamentarische Kontrolle auch wirksam sein könne. Diese Argumentation befreie von der Notwendigkeit, zwischen der Reichweite der verfassungsmäßigen Rechte eines einzelnen Abgeordneten, einer Fraktion oder des gesamten Deutschen Bundestages zu differenzieren. Unterschiedliche verfassungsrechtliche Herleitungen ihrer jeweiligen Berechtigung ergäben sich nur aus dem praktischen Zusammenhang des hervorgehobenen verfassungsrechtlichen Gesichtspunkts. Die funktionale Bedeutung parlamentarischer Kontrolle sei mit Blick auf den Deutschen Bundestag oder seiner Teile zu formulieren. Sie ergebe sich aus seiner Funktion in der Gewaltengliederung des Grundgesetzes, also aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG. Sie könne aber nur durch das Handeln einzelner Abgeordneter verwirklicht werden.
b) Aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG folge nicht nur der normative Grund der Antwortpflicht, sondern auch dessen Maß. Die Bundesregierung sei zu einer begründeten und substantiierten Beantwortung parlamentarischer Anfragen verpflichtet. Das Gebot wirksamer parlamentarischer Kontrolle schließe es aus, dass sich die Bundesregierung bei der Beantwortung solcher Fragen hinter inhaltlich unergiebigen Formeln verstecke. Auch das Bundesverfassungsgericht habe deutlich gemacht, dass parlamentarische Anfragen erschöpfend zu beantworten seien.
c) Aus der Bedeutung solcher Anfragen für die demokratische Willensbildung ergebe sich auch ein normativer Vorrang ihrer öffentlichen Beantwortung. Mit den durch Anfragen erlangten Informationen werde die demokratische Öffentlichkeit von Tatsachen des Regierungshandelns und von ihrer politischen Bewertung durch den Deutschen Bundestag in Kenntnis gesetzt. Die Öffentlichkeit der Beantwortung stelle eine Voraussetzung für eine demokratische Meinungsbildung dar, die ihrerseits Voraussetzung für den demokratischen Wahlakt sei, der die Legitimation von Deutschem Bundestag und Bundesregierung stifte. Die politische Willensbildung des Volkes müsse über die Möglichkeit verfügen, den Kontrolldialog zwischen Deutschem Bundestag und Bundesregierung zu verfolgen, um daraus im Akt der Wahl zum Deutschen Bundestag politische Konsequenzen ziehen zu können.
d) Grenzen der Antwortpflicht könnten sich nur aus zwei voneinander zu unterscheidenden Gesichtspunkten ergeben: zum einen aus dem Kernbereich exekutiver Eigenverantwortlichkeit und zum anderen aus objektiven Geheimhaltungsinteressen.
aa) Informationen, die den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortlichkeit berührten, seien grundsätzlich vom parlamentarischen Informationsrecht ausgeschlossen. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG weise der vollziehenden Gewalt eine selbstständige verfassungsrechtliche Rolle zu. Daher könnten nicht sämtliche Handlungen der Regierung in gleicher Weise parlamentarischer Kontrolle unterliegen. Allerdings begründe der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortlichkeit keine Relativierung der parlamentarischen Verantwortlichkeit der Bundesregierung. Er ermögliche diese Verantwortlichkeit vielmehr dadurch, dass er für die Bundesregierung eine eigenständige und damit auch eigenverantwortliche Arbeit ohne ein „Mitregieren Dritter” garantiere. Schutzobjekt des Kernbereichs sei die ungestörte und unbeeinflusste Willensbildung der Regierung als Grundlage einer eigenverantwortlichen Entscheidungsfindung. Er sei damit keine kompetenzbegründende Kategorie, sondern definiere eine äußerste Grenze, an der andere Organe der Regierung in missbräuchlicher Weise die Erfüllung ihrer Aufgaben verwehrten oder erschwerten.
bb) Bei dem Vorliegen objektiver Geheimhaltungsinteressen müsse zunächst eine Abgrenzung gegenüber Regierungsgeheimnissen und dem Tatbestand des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung erfolgen. Anders als die verfassungsrechtliche Kernbereichsgarantie betreffe die Beschränkung der Antwortpflicht aus Gründen objektiver Geheimhaltungsbedürftigkeit das verfassungsrechtliche Verhältnis zwischen Deutschem Bundestag und Bundesregierung nur mittelbar. Das Grundgesetz kenne außerhalb des durch Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG garantierten Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortlichkeit keine Informationen, die die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag auf dessen Nachfrage hin vorenthalten dürfe. Verfassungsrechtlich anerkennungswürdige Geheimschutzinteressen begrenzten nicht das Recht des Parlaments, informiert zu werden, sondern nur die Art und Weise, wie informiert werde, damit Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangten. Regierungsgeheimnisse, die über den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortlichkeit hinausgingen, seien dem grundgesetzlichen System parlamentarischer Verantwortlichkeit der Regierung fremd, weil dieses ansonsten Räume exekutiven Handelns jenseits parlamentarischer Kontrolle, damit aber letztlich jenseits der demokratischen Legitimation der Bundesregierung anerkennen müsste. Vielmehr sei im System der parlamentarischen Demokratie der Informationsfluss zwischen Parlament und Regierung Voraussetzung für die Legitimation der Bundesregierung. Aus objektiven Geheimhaltungsinteressen folgten daher keine Regierungsgeheimnisse, sondern nur abgestufte Veröffentlichungsverbote. Kriterien für diese Abstufung seien fallspezifisch zu entwickeln.
cc) Bei der Einstufung von Informationen als geheimhaltungsbedürftig stehe der Bundesregierung keine Einschätzungsprärogative zu. Einschätzungsprärogativen könnten sich aus der speziellen verfassungsrechtlichen Position eines Organs gegenüber anderen Organen oder aus seinen spezifischen institutionellen Kapazitäten ergeben. So komme dem Gesetzgeber im Verhältnis zu den Gerichten eine Einschätzungsprärogative zu. Sie betreffe die Einschätzung tatsächlicher Entwicklungen und schütze einen politischen Entscheidungsspielraum im Hinblick auf ungewisse Faktoren. Bei den Fällen objektiver Geheimhaltungsbedürftigkeit handele es sich hingegen regelmäßig um eine Tätigkeit der Regierung in Anwendung gesetzlicher Vorschriften. Für einen solchen Fall des Gesetzesvollzugs, in dem sowohl eine parlamentarische wie auch eine gerichtliche Kontrolle erforderlich seien, sei ein Grund für das Vorliegen einer Entscheidungsprärogative der Regierung gegenüber dem Parlament nicht zu erkennen. Der Deutsche Bundestag müsse in die Lage versetzt werden, bestehende gesetzliche Regelungen in ihrer Anwendung zu beobachten, um sie gegebenenfalls ändern zu können.
e) Schließlich enthebe auch die Information des Parlamentarischen Kontrollgremiums (zuvor Parlamentarische Kontrollkommission) die Bundesregierung nicht von diesen Verpflichtungen. Die einfachgesetzliche Einrichtung dieses Gremiums sei nicht geeignet, die verfassungsrechtlich vorgegebenen Informationsansprüche des Deutschen Bundestages und seiner Mitglieder zu schmälern. § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGrG) stelle klar, dass bereits bestehende Auskunftsrechte des Deutschen Bundestages und seiner Ausschüsse durch die Einrichtung des Kontrollgremiums unberührt blieben. Auch werde in den Gesetzesmaterialien ausgeführt, dass der Kontrollkommission kein Monopolanspruch auf die Ausübung parlamentarischer Kontrolle auf diesem Gebiet eingeräumt werde. Die Kontrollbefugnis der Kommission habe zu den Kontrollbefugnissen des Parlaments hinzutreten und diese nicht schmälern sollen.
III.
1. Die Antragsgegnerin äußert Bedenken gegen die Zulässigkeit der Anträge. Sie hält deren Fassung für unklar. Der Antrag zu 1. sei lediglich pauschal formuliert. Es fehle mit dem bloßen Anführen der „Beantwortung der beiden Kleinen Anfragen” an der hinreichenden Beschreibung der Maßnahme mit Rechtsverletzungseignung. Gemeint sei offenbar, dass die Antwort der Bundesregierung unvollständig, unvollkommen, zu Unrecht Geheimnisschutz zur Antwortverkürzung bemühend oder wie auch immer kritisch zu bewerten sei. Die pauschale Formulierung vernachlässige außerdem, dass der gemachte Vorwurf keineswegs alle Fragen in den beiden Kleinen Anfragen betreffen könne.
Der Antrag zu 2. sei unzulässig. Es handele sich um einen Leistungsantrag, während im Organstreitverfahren nur ein Feststellungsantrag zulässig sei.
Unzulässig seien auch die Hilfsanträge. Für den Hilfsantrag zu 1. folge dies daraus, dass er mit dem Hauptantrag zu 1. identisch sei. Mit dem Hilfsantrag zu 2. werde unzulässigerweise eine Verpflichtung der Bundesregierung erstrebt, obgleich lediglich ein Feststellungsurteil ergehen könne. Überdies sei dieser Hilfsantrag auch nicht hinreichend bestimmt.
2. Jedenfalls seien die Anträge unbegründet. Über die Grundlagen des parlamentarischen Fragerechts bestehe zwischen den Antragstellern und der Antragsgegnerin kein Dissens. Die Befugnis, die Bundesregierung gewissermaßen als Mittel der Fremdinformation in die Pflicht zu nehmen, gehöre zu den Statusrechten des Abgeordneten. Dem parlamentarischen Fragerecht korrespondiere auch eine Antwortpflicht der Bundesregierung. Dies folge daraus, dass die von der Verfassung eingeräumten Kontrollbefugnisse so auszulegen und zu handhaben seien, dass die parlamentarische Kontrolle auch wirksam sein könne. Zudem belege die Staatspraxis, dass die wechselnden Bundesregierungen stets von einer Antwortpflicht ausgegangen seien. Die Bundesregierung der 11. Wahlperiode habe dies auch auf eine Kleine Anfrage hin klar gestellt (BTDrucks 11/3806).
a) Mit der verfassungsrechtlich zwingenden Zuordnung des Fragerechts zum Status des Abgeordneten und der Anerkennung einer prinzipiellen Antwortpflicht der Bundesregierung seien die Verfassungsfragen allerdings noch nicht vollständig erfasst. Art. 38 Abs. 1 GG lege nur die Rechtsstellung des einzelnen Abgeordneten fest, während der weitere Vorgang der Willensbildung im Grundgesetz nicht auf die einzelnen Abgeordneten, sondern auf die Verfassungsorgane Parlament und Regierung bezogen sei. So stellten etwa das Gesetzgebungsrecht, die Wahl des Bundeskanzlers, aber auch die Kontrollfunktion eine Parlamentsfunktion dar. Dies zeige sich daran, dass ein genügend unterstützter Einsetzungsantrag noch nicht zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses führe, sondern erst der Einsetzungsbeschluss des Plenums. Entscheidend sei, dass der einzelne Abgeordnete arbeitsteilig mit anderen Abgeordneten zusammenwirken müsse, um die mit den Parlamentsfunktionen verbundenen Aufgaben zu erledigen. Originäres Statusrecht sei hierbei das Mitwirkungsrecht des Abgeordneten bei der Parlamentsarbeit. Wie die Mitwirkung der Abgeordneten an der Wahrnehmung der Parlamentsfunktionen geordnet sei, richte sich jedoch danach, wie das Parlament seine Arbeit organisiere. Die Geschäftsordnungsgewalt des Plenums müsse die strikte Statusgleichheit der Abgeordneten beachten. In diesem Rahmen obliege es dem Parlament, die Teilhabe an der Verwirklichung der Parlamentsfunktionen näher zu ordnen und auszugestalten. Dies belege auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 80, 188 ≪219≫). Das originäre Fragerecht des Abgeordneten bestehe nur nach Maßgabe der Spielregeln, die die Geschäftsordnung – verfassungsmäßigerweise – setze.
Das Fragerecht der Abgeordneten finde seine Regelung in den §§ 100 bis 106 GO-BT, wobei zwischen den Großen und Kleinen Anfragen sowie den Fragen einzelner Mitglieder des Deutschen Bundestages unterschieden werde. Die verschiedenen Frageformen zeigten jedoch einen gemeinsamen Nenner, der darauf zurückgehe, dass parlamentarische Kontrolle Aufgabe des Deutschen Bundestages und das Fragerecht letztlich davon abgeleitet sei. Die Antwort werde nämlich nicht den Fragestellern, sondern stets – ob nun schriftlich oder mündlich – dem Deutschen Bundestag erteilt. So müsse die Kleine Anfrage schriftlich gestellt und beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereicht werden. Initiativberechtigt seien – wie sich aus dem Zusammenspiel von § 75 Abs. 3 sowie § 76 GO-BT ergebe – eine Fraktion oder fünf vom Hundert der Mitglieder des Deutschen Bundestages. Das Recht, Kleine Anfragen zu stellen, sei also nicht das Recht einzelner Abgeordneter, sondern ein Fraktionsrecht. Die Kleine Anfrage werde als Vorlage gedruckt und an die Mitglieder des Deutschen Bundestages, des Bundesrates und an die Bundesministerien verteilt. Daran zeige sich, dass die Kleine Anfrage nicht einer Fraktion des Deutschen Bundestages als Mittel dienen solle, nur um sich zu informieren. Sie sei eingebunden in die Kontrollfunktion des Parlaments. Die Kleine Anfrage sei Teil des parlamentsöffentlichen Prozesses der Kontrolle der Bundesregierung. Bei ihr gehe es zwar im Schwerpunkt nicht um die Debatte in der Öffentlichkeit, deren Ziel die Große Anfrage sei, sondern darum, von der Bundesregierung das entsprechende Material zu erhalten. Die Antwort müsse aber schriftlich gegeben und als Bundestagsdrucksache verteilt werden. Diese Öffentlichkeitsfunktion der Kleinen Anfrage setze ihr auch funktionale Grenzen. Das Fragerecht könne sich nicht auf die der Geheimhaltung unterliegenden Angelegenheiten erstrecken.
Die Bundesregierung werde für Fremdinformationsinteressen des Deutschen Bundestages so in die Pflicht genommen, wie dies seine Geschäftsordnung als dessen Binnenrecht beschreibe. Sie müsse daher ihr Verhalten daran ausrichten, wie der Deutsche Bundestag mit den Fremdinformationen zu verfahren gedenke. In der Geschäftsordnung sei eine andere Verfahrensweise als die Verteilung einer an den Deutschen Bundestag adressierten Antwort als Bundestagsdrucksache nicht vorgesehen. Auf die Initiative einer Fraktion werde der Deutsche Bundestag als Ganzes informiert. Würde dies zu einer Verletzung von Rechtsgütern führen, die der Bundesregierung anvertraut seien, so würde sie ihre verfassungsrechtlichen Bindungen verletzen. Die Bundesregierung dürfe folglich nur in der von dem Institut der Kleinen Anfrage vorausgesetzten Öffentlichkeit antworten, wenn dadurch das Staatswohl keinen Schaden nehme. Umgekehrt müsse auch der Deutsche Bundestag, also auch seine fragenden Mitglieder, die Verfassungsrechtsgrenzen der Antwortfähigkeit der Bundesregierung in den institutionellen Grenzen der Kleinen Anfrage respektieren. Dies sei etwa in Art. 67 Abs. 3 der Landesverfassung von Thüringen explizit so geregelt.
b) Vor diesem Hintergrund sei das Verhalten der Bundesregierung, die gestellten Fragen nur teilweise zu beantworten und im Übrigen darauf zu verweisen, dass sie zur Thematik der Kleinen Anfrage gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium Stellung genommen habe, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Die gestellten Fragen bezögen sich materiell auf die Offenbarung geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen.
Auch stelle die Geheimnisbewahrung keinen offensichtlichen Kompetenzexzess dar. Dies könne der Fall sein, wenn eine Beobachtung von Abgeordneten a limine verfassungswidrig wäre, weil dadurch der Status eines Abgeordneten verletzt würde. Das Statusrecht der Abgeordneten kenne in den Rechtsinstituten der Immunität und der Indemnität Privilegierungen, die hier nicht einschlägig seien. Eine weitere gesetzliche Privilegierung bestehe nicht. Auch Parlamente seien nicht davor geschützt, dass verfassungsfeindliche Parteien Mandate erhielten. Deshalb dürften auch Abgeordnete der Volksvertretungen – bei Vorliegen der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen – durch die Verfassungsschutzämter beobachtet werden.
c) Die Fragen 1 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 zielten ganz offensichtlich nicht darauf ab, zeitgeschichtliche Informationen darüber zu gewinnen, unter welchen Voraussetzungen Abgeordnete in den Legislaturperioden 1 bis 16 beobachtet worden seien. Sie zielten vielmehr auf die Aussage der Antragsgegnerin ab, wie weit diese den Geheimnisschutz für Nachrichtendienste wirken lasse wolle. Kritisiert werde letztlich das Antwortverhalten der Antragsgegnerin, ohne ernstlich eine Antwort auf die Fragen zu erwarten. Wer eine Antwort auf die Frage nach der zeitlichen Reichweite des Geheimnisschutzes haben wolle, solle dies klar und deutlich formulieren und sie nicht in einer 16-fachen Verpackung verstecken. Die Antragsteller müssten zugestehen, dass sie nicht ernstlich an der Information interessiert seien, wie die Verfassungsschutzkonzeption gegenüber Parlamentsmitgliedern in der 1. Wahlperiode ausgestaltet gewesen sei. An dieser Verfassungsschutzkonzeption habe die Antragsgegnerin auch keinen Anteil gehabt und könne insofern auch seitens der Antragsteller nicht kontrolliert werden. Mit solchen Fragen könne allenfalls ein zeithistorisches Interesse befriedigt werden. Gerade dieses stehe aber ersichtlich nicht hinter den Fragen, sondern das Bestreben, die Antragsgegnerin Farbe bekennen zu lassen, was die Zeitdauer der Geheimhaltungsbedürftigkeit anbelange.
Auch für die Frage nach der Verfassungsschutzkonzeption von der 9. bis zur 16. Wahlperiode werde kein legitimes Frageinteresse erkennbar, das die Antragsgegnerin zwänge, die Verfassungsschutzakten von acht Wahlperioden durchzusehen. Sie trage für diesen Zeitraum auch keine Verantwortung. Selbst wenn man zugestehe, dass der fragende Abgeordnete nicht begründen müsse, weshalb er eine Frage stelle, gebiete die Verfassungsorgantreue bei der Ausübung solcher Kompetenzen, die ein anderes Verfassungsorgan in die Pflicht nehme, dass das wirklich Gemeinte auch gefragt werde.
Zulässigkeitsgrenzen parlamentarischer Anfragen müssten im Zusammenwirken mit allgemeinen Regeln wie dem Sachlichkeits- und Ernstlichkeitsgebot sowie der Zuständigkeitskongruenz bestimmt werden. Da die Inpflichtnahme eines Verfassungsorgans für Zwecke der Fremdinformation durch ein anderes Verfassungsorgan einen Zugriff auf gemeinwohlorientierte Arbeitskraft bedeute, hänge die Legitimation berechtigter Kleiner Anfragen von dem spezifischen Zusammenhang mit den Parlamentsfunktionen ab. Dies bedeute, dass sich die Fragen auch auf den Verantwortungsbereich der Bundesregierung beziehen müssten. Die Fragestellung müsse sich daher grundsätzlich auf die Amtszeit der im Amt befindlichen Regierungen beziehen. Etwas anderes gelte etwa dann, wenn eine Information über einen bestimmten Wechsel in der Praxis der Bundesregierung begehrt werde. Jedoch müsse sich die Bundesregierung – schon wegen der wechselseitigen Verfassungsorgantreuepflicht – nicht gefallen lassen, etwa zeithistorische Erkenntnisinteressen einer Fraktion oder eines Abgeordneten zu befriedigen. Zudem folge aus der Verfassungsorgantreuepflicht, dass sich Verfassungsorgane einander redlich begegneten und nicht unter Verdeckung des wahren Kerns ihres Handelns. Das sei hier der Fall, wenn wegen des Streitpunktes der Geheimhaltungsbedürftigkeit von Informationen Fragen gestellt würden, die das Geheimhaltungsbedürfnis ad absurdum führen sollten. Insgesamt sei daher festzustellen, dass die Fragen 1 bis 16 von keinen Gründen getragen seien, die es rechtfertigten, die Antragsgegnerin aus funktional kontrollbezogenen Gründen zu verpflichten, in die Archive ihrer Vorgänger hinabzusteigen.
Unabhängig davon habe die Antragsgegnerin in Bezug auf die Sachverhalte vor der 9. Wahlperiode darauf hingewiesen, dass diese wegen gesetzlicher Löschungspflichten mit zumutbaren Mitteln nicht mehr aufgeklärt werden könnten. Die in Rede stehenden Daten seien etwa 30 Jahre alt und älter. Sie verfüge über kein Präsenzwissen. Auch die entsprechenden Datensätze existierten nicht mehr. Insoweit seien die Antragsteller dafür darlegungspflichtig, dass das vorgetragene Argument fehlerhaft sei.
d) Die weiteren Fragen 17 bis 19 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 habe die Antragsgegnerin hinreichend beantwortet. Es sei nicht ersichtlich, was an den zulässigerweise kurz gefassten Antworten auch nur ansatzweise zu beanstanden sein sollte.
e) Nachdem der Hilfsantrag zu 1. mit dem Hauptantrag zu 1. identisch sei, sei auch er unbegründet. Soweit der Hilfsantrag zu 2. auf eine Intensivierung der Begründungslast der Antragsgegnerin bei Verweigerung von Informationen ziele, gelte nichts anderes. Die Antworten der Antragsgegnerin wahrten den Standard, der in der bisherigen Staatspraxis zwischen Deutschem Bundestag und Bundesregierung akzeptiert worden sei. Eine umfassende oder detaillierte Begründung des Ablehnungsgrundes könne nicht verlangt werden, wenn der hinterfragte Bereich als besonders sensibel gelte. Es liege auf der Hand, dass die Antragsgegnerin nicht in der Öffentlichkeit erörtern möchte, wie das Bundesamt für Verfassungsschutz den Verfassungsschutzauftrag aus dem Gesetz wahrnehme, wenn die Beobachtungsvoraussetzungen gegenüber einem Parlamentsmitglied gegeben seien. Die Offenbarung von Elementen der Strategie oder etwaiger verschärfter Eingriffsvoraussetzungen, die der Besonderheit der Betroffenheit eines Mandatsinhabers geschuldet sein mögen, werde die Bundesregierung nicht darlegen können, wenn man kein antizipatorisches Verhalten der betroffenen Personen provozieren wolle. Es helfe auch wenig, Fragen zeitlich gerastert nach Legislaturperioden zu stellen. Wenn die Amtspraxis insoweit eine konstante Strategie verfolge, sei die Preisgabe von Informationen aus früheren Legislaturperioden genauso schädlich wie die Preisgabe von Informationen zur Gegenwart.
IV.
1. Das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hält die Anträge für unbegründet.
Verfassungsschutzbehörden arbeiteten schon der Natur der Sache nach geheim, so dass ihre Funktionsfähigkeit nur dann gewahrt bleibe, wenn die von ihr beobachteten Objekte und Inhalte nicht durch Kleine Anfragen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssten. Insofern sei eine Beantwortung von Kleinen Anfragen, die wie hier den Anlass für eine Speicherung benennen sollten, ausgeschlossen. Auch der Gedanke, dass die Antwort nur den Abgeordneten zugänglich gemacht werde, führe nicht weiter. Der Deutsche Bundestag verhandele öffentlich. Selbst wenn er mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit die Öffentlichkeit ausschließe, seien die Geheimschutzinteressen nicht hinreichend gewahrt, weil die Anzahl der Abgeordneten derart groß sei, dass die für Verschlusssachen erforderliche Nachvollziehbarkeit der Kenntnisnahme und Informationsweitergabe nicht gewährleistet werden könne.
Darüber hinaus sei eine vollständige Beantwortung der beiden streitgegenständlichen Anfragen der Bundesregierung auch deshalb nicht möglich, weil diese über ihren Zuständigkeitsbereich hinausgingen. Dem Bundesamt für Verfassungsschutz obliege nur eine Koordinierungsfunktion, während die sonstige Aufgabenerfüllung bei den Ländern liege. Mithin könne die Bundesregierung nur insoweit Stellung nehmen, als alleine die Koordinierungsfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz und nicht die Verantwortlichkeiten der Landesverfassungsschutzbehörden betroffen seien. Daher könne die Bundesregierung nicht die Frage beantworten, nach welchen Kriterien die Landesverfassungsschutzbehörden eine Speicherung vornähmen. Aber auch die Offenbarung der eigenen Speichergrundsätze führe zu einer Verletzung der Landesinteressen. Die vom Bundesamt für Verfassungsschutz vorgenommenen Speicherungen erfolgten in einer Verbunddatei und beruhten nur zum Teil auf eigenen, im Übrigen auf Erkenntnissen der Länder. Würde die Bundesregierung konkret beantworten, ob und aus welchem Grunde sie Abgeordnete gespeichert habe, würde sie gleichzeitig – und damit unzulässig – auch Auskunft über Erkenntnisse der Landesverfassungsschutzbehörden geben.
Ferner bezögen sich die streitgegenständlichen Kleinen Anfragen nicht nur auf aktuelle Speicherungen, sondern erstrebten auch Auskunft über Speicherungen früherer Wahlperioden. Informationen über Speicherungen der Vergangenheit lägen den Verfassungsschutzbehörden in der Regel aber nicht mehr vor, da diese entsprechend § 10 Abs. 3, § 11 Abs. 2 BVerfSchG immer dann zu löschen seien, wenn sie für die Arbeit des Verfassungsschutzes keine Relevanz mehr hätten.
Daneben sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der von der Speicherung betroffenen Abgeordneten zu berücksichtigen. Die hier in Streit stehende detaillierte Beantwortung der Kleinen Anfragen sei zwar nicht zwingend mit einer Nennung personenbezogener Daten verbunden. Im Hinblick darauf, dass die meisten Abgeordneten die Speicherkriterien nicht erfüllen dürften, weil sie keinen Bezug zu extremistischen Bestrebungen aufwiesen, würden die verlangten Angaben schon aufgrund der geringen Anzahl der Betroffenen Rückschlüsse auf gespeicherte Personen zulassen. Diese Identifizierbarkeit würde noch verstärkt, weil die beiden Anfragen sich nicht auf statistische Angaben beschränkten, sondern auch nach Anlass, Umfang und Zweck der Speicherung fragten.
2. Der Bayerische Landtag hält die Anträge ebenfalls für unbegründet. Eine Begründung hierfür hat er nicht abgegeben.
3. Der Landtag von Brandenburg hat auf zwei Urteile des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 19. Juni 2003 und vom 9. Dezember 2004 verwiesen und im Übrigen von einer Stellungnahme abgesehen.
V.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
B.
Der Hauptantrag zu 1. ist zulässig, soweit er die mit Fragen 1 bis 5 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 (BTDrucks 16/1808) und die mit Fragen 1 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 (BTDrucks 16/2342) erbetenen Auskünfte betrifft.
I.
1. Die Parteifähigkeit der Antragsteller zu 1. bis 4. als Abgeordnete des Deutschen Bundestages folgt aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG. Dem Abgeordneten kommt gemäß Art. 38 Abs. 1 GG ein eigener verfassungsrechtlicher Status zu, der im Organstreitverfahren gegenüber anderen Verfassungsorganen verteidigt werden kann (stRspr; vgl. BVerfGE 108, 251 ≪270≫ m.w.N.).
2. Die Antragsteller zu 1. bis 4. sind auch beschwerdebefugt. Sie machen die Verletzung oder Gefährdung von Rechten geltend, die mit ihrem Status verfassungsrechtlich verbunden sind.
a) Ein die Antragsteller und die Antragsgegnerin umschließendes Verfassungsrechtsverhältnis liegt vor (vgl. BVerfGE 108, 251 ≪271≫). Das Verfahren betrifft die Reichweite des aus Art. 38 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG abzuleitenden Fragerechts des Abgeordneten und der grundsätzlichen Verpflichtung der Bundesregierung und ihrer Mitglieder, auf Fragen Rede und Antwort zu stehen und den Abgeordneten die zur Ausübung ihres Mandats erforderliche Information zu verschaffen (vgl. BVerfGE 13, 123 ≪125≫; 57, 1 ≪5≫; 67, 100 ≪129≫; 70, 324 ≪355≫). Der Streit um Ausnahmen von dieser Verpflichtung, etwa wegen der Betroffenheit des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung, umfasst somit eine durch das Grundgesetz dem Abgeordneten eingeräumte Rechtsposition.
b) Ferner wenden sich die Antragsteller auch gegen Maßnahmen im Sinne des § 64 Abs. 1 BVerfGG. Erforderlich ist, dass der Antragsteller durch die angegriffene Maßnahme in seinem Rechtskreis konkret betroffen wird (BVerfGE 1, 208 ≪228 f.≫; 13, 123 ≪125≫). Dies ist vorliegend der Fall. Die Antragsgegnerin hat mit der Verweigerung der erbetenen Auskünfte konkret auf den Rechtskreis der antragstellenden Abgeordneten eingewirkt, nämlich auf deren parlamentarisches Fragerecht und den korrespondierenden grundsätzlichen Informationsanspruch gegenüber der Bundesregierung.
c) Des Weiteren ist es nach dem Vortrag der Antragsteller möglich, dass die Antworten der Bundesregierung ihren Informationsanspruch in unzulässiger Weise verkürzt haben.
Die Antwort auf die Fragen 1 bis 3 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 und die Fragen 9 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 hat die Antragsgegnerin im Wesentlichen damit begründet, dass sie sich zu geheimhaltungsbedürftigen Angelegenheiten der Nachrichtendienste des Bundes grundsätzlich nur in den dafür vorgesehenen besonderen Gremien des Deutschen Bundestages äußere. Eine Rechtsverletzung kann sich insoweit aus einer Verkennung des Geheimnisschutzes wie auch einer unzureichenden Begründung der Geheimhaltungsbedürftigkeit durch die Antragsgegnerin ergeben. Die Verweigerung einer Sachantwort auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 mit der Begründung, dass sich die Antragsgegnerin nicht zu Angelegenheiten äußere, die in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen, könnte Rechte der Antragsteller verletzen, weil die Frage auf Kenntnisse der Antragsgegnerin über Fälle der Sammlung, Speicherung oder Weitergabe von Informationen über Abgeordnete durch andere Dienste, vor allem Dienste der Länder gerichtet war und die Offenbarung entsprechender Kenntnisse nicht zwangsläufig mit einem Eingriff in Landeszuständigkeiten verbunden ist. Die allgemein gehaltene Antwort auf Frage 5 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006, die auf eine nähere Begründung des Geheimnisschutzes bei einer Verweigerung von Antworten abzielt, könnte den von den Antragstellern behaupteten Anspruch auf konkrete Begründung des Geheimnisschutzes verletzen. Soweit die Antragsgegnerin zu den Fragen 1 bis 8 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 darauf verweist, dass im Hinblick auf die gesetzlichen Löschungspflichten entsprechende Datensätze nicht mehr vorlägen und Informationen aus noch vorliegenden Altakten nicht innerhalb des in § 104 GO-BT vorgesehenen Zeitraums erschlossen werden könnten, besteht ebenfalls die konkrete Möglichkeit der Verletzung von Rechten der Antragsteller durch die Verweigerung einer Antwort zur Sache, und zwar dadurch, dass die Antragsgegnerin Rekonstruktionspflichten und deren Reichweite verkannt haben könnte.
3. Den Antragstellern zu 1. bis 4. ist das für den – fristgerecht eingeleiteten – Organstreit erforderliche Rechtsschutzinteresse nicht abzusprechen. Insbesondere fehlt es nicht deshalb, weil die Antragsgegnerin auf eine weitere Kleine Anfrage mitgeteilt hat, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages nicht mit nachrichtendienstlichen Mitteln durch Dienste des Bundes überwacht würden oder wurden. Die Kleinen Anfragen vom 13. Juni 2006 und 1. August 2006 betreffen ein weitergehendes Informationsinteresse der Antragsteller.
II.
Die Anträge sind ebenfalls zulässig, soweit sie von der Antragstellerin zu 5. getragen werden. Sie kann als Fraktion des Deutschen Bundestages das Organstreitverfahren sowohl kraft eigenen Rechts als auch in Prozessstandschaft für den Bundestag führen.
1. Die Parteifähigkeit der Antragstellerin zu 5. folgt, soweit sie die Verletzung eigener Rechte geltend macht, ebenfalls aus Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG. Die Fraktionen sind nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages (GO-BT) mit Rechten ausgestattet, die ihren verfassungsrechtlichen Status konkretisieren (stRspr; vgl. BVerfGE 70, 324 ≪350 f.≫ m.w.N.). Als Fraktion des Deutschen Bundestages kann sie ferner im eigenen Namen Rechte geltend machen, die dem Bundestag gegenüber der Bundesregierung zustehen (stRspr; vgl. BVerfGE 121, 135 ≪150≫ m.w.N.).
2. Die Antragstellerin zu 5. ist antragsbefugt.
a) Soweit sie die Verletzung eigener Rechte geltend macht, kommen als im Organstreit verfolgbare eigene Rechte von Fraktionen nur solche im innerparlamentarischen Raum in Betracht (vgl. BVerfGE 91, 246 ≪250 f.≫; 100, 266 ≪270≫). Dieser ist hier betroffen (vgl. § 75 Abs. 3, § 76 Abs. 1, § 104 Abs. 1 GO-BT). Das Recht auf Information kann Fraktionen im Grundsatz wie den einzelnen Abgeordneten zustehen; auch ihnen ist gewährleistet, den für die parlamentarische Arbeit erforderlichen Informationsstand zu erhalten (vgl. BayVerfGH, Urteil vom 26. Juli 2006 – Vf. 11-IVa-05 –, JURIS Rn. 406). Insoweit schafft die Bundesregierung mit ihren Antworten auf parlamentarische Anfragen die Voraussetzungen für eine sachgerechte Arbeit innerhalb des Parlaments.
b) Die Antragstellerin zu 5. hat aber auch hinreichend dargelegt, dass die Antragsgegnerin durch die Verweigerung von Auskünften auf die Kleinen Anfragen hin Rechte des Deutschen Bundestages aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt haben könnte. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu I. entsprechend.
III.
Im Übrigen sind die Anträge unzulässig.
Die Anträge sind unsubstantiiert (vgl. BVerfGE 24, 252 ≪258≫), soweit sie die mit Fragen 6 bis 9 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 (BTDrucks 16/1808) und die mit Fragen 17 bis 19 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 (BTDrucks 16/2342) erbetenen Auskünfte betreffen. Die Antragsbegründung setzt sich mit den Antworten auf die genannten Fragen nicht auseinander.
Die Anträge sind auch insoweit unzulässig, als sie eine Verpflichtung der Antragsgegnerin betreffen (vgl. BVerfGE 20, 119 ≪129≫). Für eine Ausnahme von der grundsätzlichen Unzulässigkeit eines Verpflichtungsausspruchs im Organstreitverfahren (vgl. für eine Sonderkonstellation BVerfGE 112, 118 ≪145 ff.≫) haben die Antragsteller nichts dargelegt.
C.
Soweit zulässig ist der Antrag begründet. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern die in den Kleinen Anfragen vom 13. Juni 2006 und vom 1. August 2006 erbetenen Auskünfte mit Begründungen verweigert, die verfassungsrechtlich nicht tragfähig sind, und damit die Rechte der Antragsteller aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG sowie des Deutschen Bundestages aus Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt.
I.
In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt und zwischen den Beteiligten nicht strittig ist, dass aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 und Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG ein Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages gegenüber der Bundesregierung folgt, an dem die einzelnen Abgeordneten und die Fraktionen als Zusammenschlüsse von Abgeordneten nach Maßgabe der Ausgestaltung in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages teilhaben und dem grundsätzlich eine Antwortpflicht der Bundesregierung korrespondiert (vgl. zum Ganzen BVerfGE 13, 123 ≪125≫; 57, 1 ≪5, 8≫; 67, 100 ≪129≫; 70, 324 ≪355≫; 80, 188 ≪218≫; 105, 252 ≪270≫; 105, 279 ≪306≫). Ebenso steht außer Frage, dass die Antwortpflicht der Bundesregierung Grenzen unterliegt. Für deren grundsätzliche Bestimmung gibt die verfassungsrechtliche Verteilung der Staatsfunktionen auf Parlament und Regierung wichtige Anhaltspunkte. So kann sich der parlamentarische Informationsanspruch nicht auf Gegenstände erstrecken, die keinen Bezug zum Verantwortungsbereich der Regierung haben. Er unterliegt zudem Beschränkungen, soweit der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung betroffen ist (vgl. BVerfGE 110, 199 ≪214 ff.≫; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. Juni 2009 – 2 BvE 3/07 –, Umdruck S. 40 ff.). Die nähere Grenzziehung bedarf der Würdigung im Einzelfall. Ebenso wie sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände feststellen lässt, ob die Bekanntgabe von Vorgängen aus dem Bereich der Regierung, die nicht zu deren ausschließlichem Herrschaftsbereich gehören, deren Funktionsfähigkeit und Eigenverantwortung beeinträchtigen würde (vgl. BVerfGE 110, 199 ≪219≫), können Art und Umfang der Antwortpflicht der Bundesregierung von der jeweiligen Anfrage abhängen. Insbesondere soweit Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Wohls des Bundes oder eines Landes (Staatswohl) geheimhaltungsbedürftig sind, stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise dieses Anliegen mit dem jeweiligen parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Antwort auf die Fragen 1 bis 3 sowie der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 und auf die Fragen 9 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 nach der nachrichtendienstlichen Überwachung von Bundestagsabgeordneten mit dem pauschalen Hinweis darauf abgelehnt, dass sie sich zu der Arbeitsweise, der Strategie und dem Erkenntnisstand der Nachrichtendienste des Bundes, die geheimhaltungsbedürftig seien, grundsätzlich nur in den dafür vorgesehenen besonderen Gremien des Deutschen Bundestages äußere, wobei die Antragsgegnerin ersichtlich davon ausgeht, dass es auf ihre Einschätzung der Geheimhaltungsbedürftigkeit ankommt. Insoweit hat sie auf ihren Bericht in der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums vom 5. April 2006 sowie darauf verwiesen, dass sie zu den rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen der nachrichtendienstlichen Beobachtung von Abgeordneten auch gegenüber dem Ältestenrat des Deutschen Bundestages Stellung genommen habe. Auf die Frage 5 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 dazu, aus welchen Gründen der Geheimnisschutz bestehe, falls die Fragen 1 bis 4 aus Gründen des Geheimnisschutzes nicht beantwortet werden könnten, hat die Antragsgegnerin die Gefährdung der Tätigkeit der Nachrichtendienste angeführt. Allein mit diesen Begründungen durfte die Antragsgegnerin die begehrten Auskünfte nicht verweigern.
1. a) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gesetzgeber von Verfassungs wegen das Informationsrecht des Deutschen Bundestages in der Weise regeln dürfte, dass die Bundesregierung Auskünfte über die nachrichtendienstliche Tätigkeit des Bundes, die sie für geheimhaltungsbedürftig hält, nur einem bestimmten Gremium des Deutschen Bundestages zu erteilen hätte. Denn eine derartige Regelung besteht nicht. Die Antragsgegnerin beruft sich zu Unrecht auf eine entsprechende Begrenzung ihrer Auskunftspflicht.
Nach § 1 Abs. 1 des hier maßgeblichen Gesetzes über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes (PKGrG) in der Fassung des Gesetzes vom 17. Juni 1999 (BGBl I S. 1334), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juni 2001 (BGBl I S. 1254), kommt dem Parlamentarischen Kontrollgremium die Aufgabe der Kontrolle der Bundesregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz, des Militärischen Abschirmdienstes und des Bundesnachrichtendienstes zu. Gemäß § 1 Abs. 2 PKGrG bleiben die Rechte des Deutschen Bundestages, seiner Ausschüsse und der Kommission nach dem Artikel-10-Gesetz unberührt. Bereits dieser Vorbehalt spricht dafür, dass das Parlamentarische Kontrollgremium ein zusätzliches Instrument parlamentarischer Kontrolle der Regierung ist, das parlamentarische Informationsrechte nicht verdrängt (vgl. auch BTDrucks 8/1599, S. 6).
Die Ausgestaltung der Tätigkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums bestätigt dieses Verständnis. Sie hat zum Ziel, dem Parlament kontinuierlich und umfassend Informationen über die Nachrichtendienste zu verschaffen (vgl. § 2 ff. PKGrG). Die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes durch ein ständiges Gremium soll ersichtlich eine Lücke schließen, da weder Öffentlichkeit noch Parlament von geheimen Vorgängen entsprechende Kenntnis erlangen können. Die dem Kontrollgremium zugänglich gemachten Informationen bleiben jedoch geheim (§ 5 Abs. 1 Satz 1 bis 4, § 6 Satz 2 PKGrG). Davon wird eine Ausnahme lediglich für die Bewertung aktueller Vorgänge gemacht, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums ihre vorherige Zustimmung erteilt (§ 5 Abs. 1 Satz 5 PKGrG). In der Bewertung dürfen allerdings keine geheimhaltungsbedürftigen Vorgänge veröffentlicht werden, sondern sie darf nur ein Urteil über das Verhalten der Dienste enthalten. Hierdurch erhält das Gremium die Möglichkeit, auf ein unkorrektes Verhalten der Nachrichtendienste öffentlich aufmerksam zu machen und gezielt weitergehende Kontrollen, etwa durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, anzustoßen (vgl. Hirsch, Die Kontrolle der Nachrichtendienste, 1996, S. 153). Im Übrigen erstattet das Parlamentarische Kontrollgremium – unter Beachtung des Geheimhaltungsgebots – dem Deutschen Bundestag in der Mitte und am Ende jeder Wahlperiode einen Bericht über seine bisherige Kontrolltätigkeit (§ 6 PKGrG).
Die einzelnen Abgeordneten, die Fraktionen und das Plenum des Deutschen Bundestages können danach nicht auf Informationen zugreifen, die die Bundesregierung dem Parlamentarischen Kontrollgremium gegeben hat. Dies gilt selbst dann, wenn Vorgänge nicht oder nicht mehr geheimhaltungsbedürftig oder zwar geheimhaltungsbedürftig sind, dem Parlament aber mit der Maßgabe der Beachtung der Geheimschutzordnung mitgeteilt werden könnten. Träfe der Rechtsstandpunkt der Antragsgegnerin, dass sie sich zu von ihr als geheimhaltungsbedürftig eingestuften Fragen in Bezug auf die Nachrichtendienste nur vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium äußern könne, in dieser Allgemeinheit zu, hätte sich der Deutsche Bundestag mit der Einrichtung des Parlamentarischen Kontrollgremiums wesentlicher Informationsmöglichkeiten begeben und die Kontrolle gegenüber der Bundesregierung in Bezug auf die nachrichtendienstliche Tätigkeit des Bundes nicht etwa verbessert, sondern verschlechtert.
b) Soweit sich die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin auf andere Gremien des Deutschen Bundestages beziehen soll, gilt nichts anderes. Insbesondere wird das parlamentarische Fragerecht nicht durch die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verdrängt. Auch wenn Effizienzgesichtspunkte für die Auffassung sprechen, dass das Parlament in diesem Fall seine Kontrollkompetenz ausschließlich auf den Untersuchungsausschuss konzentrieren will (vgl. hierzu VerfGH NRW, Urteil vom 4. Oktober 1993 – VerfGH 15/92 –, DVBl 1994, S. 48 ≪51 f.≫), so kann daraus grundsätzlich keine Beschränkung des Informationsanspruchs der einzelnen Abgeordneten und der Fraktionen hergeleitet werden. Zwar handelt es sich bei Kleinen Anfragen um Anfragen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung (vgl. § 104 GO-BT), dies ändert aber nichts daran, dass sie einem Informationsinteresse von Abgeordneten oder einer Fraktion dienen, das nicht mit demjenigen übereinzustimmen braucht, das mit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses verfolgt wird. Inwieweit die Bundesregierung bei ihren Antworten auf die Aufklärung eines Sachverhalts im Untersuchungsausschuss verweisen darf, ist hier nicht zu entscheiden.
2. Die Antragsgegnerin hat die Grenzen ihrer Antwortpflicht auch mit ihrem Hinweis darauf, dass sie zu den rechtlichen Voraussetzungen und Grenzen der nachrichtendienstlichen Beobachtung von Abgeordneten gegenüber dem Ältestenrat des Deutschen Bundestages Stellung genommen habe, nicht in verfassungskonformer Weise nachgezeichnet. Abgesehen davon, dass die Kleinen Anfragen der Antragsteller über die von der Antragsgegnerin bezeichnete Thematik hinausgingen, ist nicht erkennbar, inwiefern die Befassung des Ältestenrates (§ 6 GO-BT) den Informationsanspruch der Antragsteller einschränken könnte.
3. Die Antragsgegnerin hatte zwar von ihrem Rechtsstandpunkt aus keinen Anlass, auf die objektive Geheimhaltungsbedürftigkeit der Vorgänge, die Gegenstand der Kleinen Anfragen waren, näher einzugehen. Auch unter Berücksichtigung der Antragserwiderung im vorliegenden Verfahren liegt aber im Ergebnis ein Verstoß gegen die Pflicht vor, die Verweigerung von Auskünften wegen Geheimhaltungsbedürftigkeit zu begründen.
a) Aus der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Pflicht der Bundesregierung, Informationsansprüche des Deutschen Bundestages zu erfüllen, folgt, dass sie die Gründe darlegen muss, aus denen sie die erbetenen Auskünfte verweigert. Die Bundesregierung muss – auch im Hinblick auf das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme im Verhältnis zwischen Verfassungsorganen (vgl. BVerfGE 119, 96 ≪125≫) – den Bundestag in die Lage versetzen, seine Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle des Regierungshandelns effektiv wahrzunehmen. Abgesehen von Fällen evidenter Geheimhaltungsbedürftigkeit kann das Parlament nur anhand einer der jeweiligen Problemlage angemessen ausführlichen Begründung beurteilen und entscheiden, ob es die Verweigerung der Antwort akzeptiert oder welche weiteren Schritte es unternimmt, sein Auskunftsverlangen ganz oder zumindest teilweise durchzusetzen. Der Bundestag muss zum einen Abwägungen betroffener Belange, die zur Versagung von Auskünften geführt haben (zu vergleichbaren Abwägungen im Untersuchungsausschussrecht vgl. BVerfGE 110, 199 ≪214 ff.≫), auf ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit überprüfen können. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der parlamentarische Informationsanspruch zwar auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit hin angelegt ist, gegebenenfalls aber Formen der Informationsvermittlung zu suchen und, wie die Antragsgegnerin unter Hinweis auf eine entsprechende Staatspraxis vorgetragen hat, realisierbar sind, das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung zu befriedigen.
b) Die Verweigerung von Auskünften auf die Fragen 1 bis 3 sowie 5 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 und auf die Fragen 9 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 entbehrt einer hinreichenden Begründung.
aa) Entgegen der impliziten Auffassung der Antragsgegnerin ist es nicht evident, dass die von den Antragstellern erbetenen Informationen geheimhaltungsbedürftig sind. Die genannten Fragen betrafen Auskünfte über die Sammlung, Speicherung und Weitergabe von Daten über Abgeordnete des Deutschen Bundestages durch die Nachrichtendienste des Bundes. Es drängt sich nicht auf, dass mit der Beantwortung dieser Fragen eine, wie die Antragsgegnerin ausgeführt hat, Offenlegung von Einzelheiten zu Arbeitsweisen, Strategien, Methoden und Erkenntnisstand der Nachrichtendienste einherginge, die deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung gefährdete (BTDrucks 16/2098 zu Frage 5). Auf den ersten Blick spricht mehr dafür, dass der Gegenstand der Fragen allein noch keine Geheimhaltungsbedürftigkeit begründet. Zudem kann sich bei zeitlich weit zurückliegenden Vorgängen die Geheimhaltungsbedürftigkeit erheblich vermindert oder gar vollständig verflüchtigt haben. Die Antragsgegnerin geht selbst davon aus, dass bezüglich der ersten bis achten Legislaturperiode eine Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht mehr besteht. Aus welchen konkreten Gründen dies in Bezug auf die neunte oder zehnte Legislaturperiode anders zu sehen sein soll, erschließt sich nicht ohne weiteres.
bb) Die Antragsgegnerin hat für ihre Haltung zu den erwähnten Fragen keine nachvollziehbaren und plausiblen Gründe benannt. Die pauschale Behauptung, durch die Beantwortung der Fragen würden Rückschlüsse auf die Tätigkeit der Nachrichtendienste ermöglicht, die deren Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung gefährdeten, enthält keinerlei konkrete Angaben, die die Auskunftsverweigerung nachvollziehbar machen könnte. Sie ist in dieser Allgemeinheit auch nicht plausibel.
Die Antragsgegnerin hat auf eine parlamentarische Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE am 22. Dezember 2006 die Frage, ob das Bundesamt für Verfassungsschutz zur Erstellung von Sachakten nachrichtendienstliche Mittel angewandt habe, verneint und ausgeführt, das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachte die PDS bzw. die Linkspartei PDS ebenso wie deren Abgeordnete ohne Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel; die gesammelten und ausgewerteten Informationen umfassten vor allem Publikationen und Veröffentlichungen der Partei selbst oder zur Partei; Entsprechendes gelte für ihre Untergliederungen und ihre Funktionäre (vgl. BTDrucks 16/3964). Bilden öffentlich zugängliche Quellen die Grundlage für die Überwachung einer Partei und ihrer Fraktion sowie von Mitgliedern, spricht einiges dafür, dass die Aufdeckung nachrichtendienstlicher Strukturen nicht zu befürchten ist und kein Bedarf an Geheimhaltung besteht. Es spricht nichts dafür, dass die Antragsgegnerin nicht in der Lage sein sollte, Gegenteiliges plausibel zu machen, ohne dabei funktionsgefährdende Einblicke in die Tätigkeit der Nachrichtendienste zu eröffnen.
Die Bundesregierung geht ferner nicht darauf ein, dass es bei den Kleinen Anfragen um die Beobachtung gewählter Volksvertreter und ihrer parlamentarischen Zusammenschlüsse durch Nachrichtendienste und somit um einen sensiblen Bereich ging, der eine Abwägung zwischen Geheimhaltungsinteressen der Nachrichtendienste und Aufklärungsinteressen des Parlaments fordert. Die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten birgt erhebliche Gefahren im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG) und auf die Mitwirkung der betroffenen Parteien bei der politischen Willensbildung (Art. 21 GG) und damit für den Prozess demokratischer Willensbildung insgesamt. Das diesbezügliche Informationsbedürfnis des Parlaments hat hohes Gewicht. Soll sich demgegenüber der Geheimnisschutz als gegenläufiger Belang durchsetzen, bedarf es einer besonderen Begründung. Eine solche fehlt.
III.
Die Antragsgegnerin hat die Antragsteller in ihren verfassungsmäßigen Rechten weiter dadurch verletzt, dass sie die Frage, ob ihr Fälle der Sammlung, Speicherung oder Weitergabe von Informationen über Abgeordnete bekannt seien, die andere Dienste, insbesondere Dienste der Länder, getätigt haben (Frage 4 der Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006), dahin beantwortet hat, dass sie sich nicht zu Angelegenheiten äußere, die in den Zuständigkeitsbereich der Länder fallen. Soweit sich die Fragen 1 bis 16 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 auf Informationen der Geheimdienste des Bundes oder – nach Kenntnis der Bundesregierung – anderer Geheimdienste bezogen, gilt Entsprechendes aufgrund des Verweises der Antragsgegnerin auf ihre Stellungnahme zur Kleinen Anfrage vom 13. Juni 2006 (BTDrucks 16/2412, S. 1).
Zutreffend ist, dass sich der parlamentarische Informationsanspruch nicht auf Angelegenheiten erstreckt, die nicht in die Zuständigkeit der Bundesregierung fallen. Insoweit fehlt es an einer Verantwortlichkeit der Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag. Worauf im Einzelnen sich der Verantwortungsbereich der Bundesregierung und damit das Interpellationsrecht des Parlaments erstrecken, ist hier nicht weiter zu erörtern. Denn die Antragsgegnerin hat mit ihren Antworten jedenfalls ihrer Pflicht, Auskunftsverweigerungen ausreichend zu begründen, nicht Genüge getan. Zu einer nicht lediglich pauschalen, sondern zu einer eingehenden Begründung war sie aufgrund der Fragestellungen verpflichtet, weil diese erkennbar auf den Verantwortungsbereich der Bundesregierung bezogen waren. Gegenstand der Anfragen war zum einen die Tätigkeit der der Antragsgegnerin unmittelbar nachgeordneten Behörden und zum anderen der Kenntnisstand der Antragsgegnerin zu Aktivitäten anderer Geheimdienste. Die zu offenbarenden Informationen betrafen bei unbefangener Würdigung die Sphäre und den Verantwortungsbereich der Antragsgegnerin. Sie hätte darlegen müssen, dass dies nicht der Fall ist.
Eine entsprechende Begründung war nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Unzuständigkeit der Bundesregierung evident wäre. Es liegt insbesondere nicht auf der Hand, dass die Antragsgegnerin auf Auskünfte beschränkt ist, die die Koordinierungsfunktion des Bundesamtes für Verfassungsschutz betreffen, und sich deshalb nicht zur Tätigkeit der Landesverfassungsschutzbehörden zu äußern hat. Entgegen der Ansicht des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen sprechen bereits die durch § 5 Abs. 1 BVerfSchG dem Bundesamt für Verfassungsschutz eröffnete Möglichkeit, Daten der Landesverfassungsschutzbehörden zu nutzen, sowie die in § 6 BVerfSchG geregelte gegenseitige Unterrichtung der Verfassungsschutzbehörden dafür, dass der Verantwortungsbereich der Bundesregierung berührt sein kann. Entsprechendes gilt für Kenntnisse der Bundesregierung über Aktivitäten ausländischer Geheimdienste. Auf den insoweit möglicherweise ebenfalls erheblichen Umstand, dass Gegenstand der Kleinen Anfragen die nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten des Deutschen Bundestags war, kommt es danach nicht an.
IV.
Auch die Begründung der Verweigerung von Antworten auf die Fragen 1 bis 8 der Kleinen Anfrage vom 1. August 2006 nach einer nachrichtendienstlichen Überwachung von Bundestagsabgeordneten vor der 9. Wahlperiode des Deutschen Bundestages erweist sich als nicht tragfähig.
1. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antwort auf gesetzliche Löschungspflichten hingewiesen, aufgrund derer die entsprechenden Datensätze nicht mehr vorlägen. Gegebenenfalls vorhandene Informationen in den die Zeiträume der Anfrage betreffenden Altakten könnten nicht innerhalb des im Rahmen einer Kleinen Anfrage gemäß § 104 GO-BT zur Verfügung stehenden Zeitraums erschlossen werden.
a) Der Hinweis der Antragsgegnerin auf die Unmöglichkeit einer Antwort innerhalb der in der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vorgesehenen Frist lässt außer Betracht, dass die in § 104 Abs. 2 Halbsatz 1 GO-BT enthaltene Frist von 14 Tagen im Benehmen mit den Fragestellern verlängert werden kann (§ 104 Abs. 2 Halbsatz 2 GO-BT). Es ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass die Antragsgegnerin auf eine derartige Fristverlängerung hingewirkt hätte oder dass die Antragsteller mit einer Fristverlängerung nicht einverstanden gewesen wären.
b) Es sind alle Informationen mitzuteilen, über die die Regierung verfügt oder die sie mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung bringen kann. Da sich der parlamentarische Informationsanspruch im Hinblick auf die mögliche politische Bedeutung auch länger zurückliegender Vorgänge auf Fragen erstreckt, die den Verantwortungsbereich früherer Bundesregierungen betreffen, können die Bundesregierung zudem im Rahmen des Zumutbaren Rekonstruktionspflichten treffen. Mit dem bloßen Hinweis auf gesetzliche Löschungspflichten hat die Antragsgegnerin danach nicht ausreichend dargelegt, die gewünschten Informationen nicht beschaffen zu können. Sie hat auch nicht vorgetragen, dass dies nur mit unzumutbarem Aufwand möglich sei.
2. Die Antragsgegnerin hat in ihrer Antragserwiderung ausgeführt: Die Erstreckung der Fragen auf frühere Wahlperioden sei nicht von Gründen getragen, die es rechtfertigten, sie zu verpflichten, in die Archive ihrer Vorgängerinnen hinabzusteigen. Es handele sich um Fragen, auf die ohnehin nicht ernsthaft eine Antwort erwartet werde. Die Kleine Anfrage vom 1. August 2006 ziele ganz offensichtlich nicht darauf ab, zeitgeschichtliche Informationen darüber zu gewinnen, unter welchen Voraussetzungen Abgeordnete beobachtet worden seien. Vielmehr sei es das Ziel, zu erforschen, wie weit die Antragsgegnerin den Geheimschutz der Nachrichtendienste wirken lasse wolle. Damit behauptet die Antragsgegnerin der Sache nach einen Missbrauch des Fragerechts, der sie zur Verweigerung einer Antwort berechtige. Abgesehen davon, dass die Antwort der Bundesregierung auf diesen Gesichtspunkt nicht gestützt war, belegen die Ausführungen der Antragsgegnerin auch in der Sache keinen Missbrauch des Fragerechts.
Die Antragsgegnerin hat nichts dafür vorgetragen, dass die Antragsteller kein legitimes Bedürfnis an Information bezüglich der von ihnen gestellten Fragen haben könnten. Grundsätzlich entscheiden die Abgeordneten oder die Fraktion darüber, welcher Informationen sie bedürfen. Die Verweigerung von Auskünften wegen Missbrauchs des Fragerechts kommt nur dann in Betracht, wenn die Bundesregierung einen Missbrauch des Fragerechts durch greifbare Tatsachen belegen kann. Solche Tatsachen hat die Bundesregierung nicht vorgetragen. Die Antragsgegnerin hat bei ihrer Bewertung insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Kleinen Anfragen einen unmittelbaren Bezug zu dem Status des Abgeordneten aufweisen, sich auf das grundsätzliche Verhältnis von Parlament und Regierung beziehen und aktuell im Zusammenhang mit der Vorbereitung einer entsprechenden Gesetzesinitiative (vgl. BTDrucks 16/2260) stehen.
D.
Besondere Billigkeitsgründe, die gemäß § 34a Abs. 3 BverfGG für eine Auslagenerstattung sprechen (vgl. BVerfGE 96, 66 ≪67≫ m.w.N.), liegen nicht vor.
Unterschriften
Voßkuhle, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau
Fundstellen
Haufe-Index 2338213 |
BVerfGE 2010, 161 |
NJW 2009, 3016 |
NVwZ 2009, 1092 |
DÖV 2009, 820 |
JuS 2010, 840 |
DVBl. 2009, 1103 |
NRÜ 2009, 525 |