Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Saldierung von Vorerwerben negativen Werts mit positiven Erwerben gem. § 14 Abs. 1 ErbStG 1974
Leitsatz (redaktionell)
Daß gem. dem Urteil des BFH vom 28. März 1984, II R 42/82 (BFHE 141, 61) bei der Zusammenrechnung von Erwerben nach § 14 Abs. 1 ErbStG 1974 Vorerwerbe negativen Werts aus der Zeit vor dem 1. 1. 1974 insoweit nicht zu berücksichtigen sind, als diese Vorerwerbe nicht durch Vorerwerbe positiven Werts aus dieser Zeit ausgeglichen wurden, verstößt nicht gegen die Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes.
Normenkette
ErbStG 1974 § 14 Abs. 1 S. 2; GG Art. 20 Abs. 3
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, daß § 14 Abs. 1 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vom 17. April 1974 (BGBl. I S. 933) – ErbStG – wegen Verstoßes gegen die im Rechtsstaatsprinzip enthaltenen Gebote der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) verfassungswidrig wäre, wenn die Regelung keine andere Auslegung als die zuließe, die der Bundesfinanzhof in der angegriffenen Entscheidung vorgenommen habe. Dabei berücksichtigt sie nicht, daß die § 14 ErbStG 1974 entsprechende Vorschrift des § 13 Abs. 1 des Erbschaftsteuergesetzes vom 22. August 1925 (RGBl. I S. 320) in der Fassung vom 1. April 1959 (BGBl. I S. 188, berichtigt S. 667) die Frage der Zusammenrechnung von positiven und steuerlich negativen Zuwendungen nicht geregelt hatte. Zudem ergibt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs eines Zweiten Steuerreformgesetzes, daß § 14 Abs. 1 ErbStG 1974 nur zur Klarstellung dahingehend ergänzt worden sei, daß bei der Zusammenrechnung Erwerbe, für die sich kein positiver Steuerwert ergebe, unberücksichtigt blieben (BTDrucks. VI/3418, S. 68 f.). Schließlich ist eine höchstrichterliche Entscheidung zum Problem der Saldierung erstmals nach Inkrafttreten des Erbschaftsteuergesetzes 1974 ergangen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. Juli 1976 – II R 71/69 –, BStBl. II 1976, S. 785).
Unter diesen Umständen könnte eine Fassung des § 37 ErbStG 1974, die über das Verbot der Berücksichtigung von Erwerben mit negativen steuerlichen Werten nach dem 31. Dezember 1973 hinaus ausdrücklich das Verbot einer Verrechnung mit negativen, vor dem Zeitpunkt liegenden Erwerben mit positiven Erwerben ab 1. Januar 1974 angeordnet hätte, das Problem des Vertrauensschutzes nicht berühren und würde daher keine verfassungswidrige echte Rückwirkung eines Gesetzes darstellen. Denn verfassungsrechtlich wird nur das Vertrauen darauf geschützt, daß die Rechtsposition des Staatsbürgers nicht nachträglich verschlechtert wird (vgl. BVerfGE 13, 39 ≪46≫).
Folgt man der Begründung des Regierungsentwurfs, daß § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 nur klarstellende Bedeutung haben und das Saldierungsverbot schon nach der alten Rechtslage bestehen sollte, dann geht die angegriffene Entscheidung zugunsten der Beschwerdeführerin über das vom Gesetzgeber Gewollte hinaus; denn der Bundesfinanzhof läßt den Ausgleich von negativen Vorerwerben vor 1974 mit positiven Vorerwerben vor 1974 zu.
Die von der Beschwerdeführerin angestrebte Auslegung des § 14 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, die nur im Zusammenhang mit der Regelung des § 37 ErbStG über die Anwendung des Gesetzes erfolgen kann (vgl. dazu die angegriffene Entscheidung S. 7), ist jedenfalls von Verfassungs wegen nicht geboten.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts als solche nicht nachzuprüfen. Ihm obliegt es lediglich, die Beachtung der grundrechtlichen Normen und Maßstäbe durch die allgemein zuständigen Gerichte sicherzustellen (vgl. BVerfGE 42, 143 ≪148≫ m.w.N.). Es ist aber nicht erkennbar, daß die angegriffene Entscheidung die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten verletzt haben könnte.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen