Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 07.04.2008; Aktenzeichen 15 B 2574/06) |
VG Düsseldorf (Beschluss vom 29.11.2006; Aktenzeichen 15 L 2041/06) |
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde und der insoweit gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffen die Schließung der auf dem Klinikgelände gelegenen Bettenstation einer nuklearmedizinischen Klinik an einem gegenüber der Universität organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikum. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den im fachgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren zunächst ergangenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an dieses zurückverwiesen hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. November 2007 – 1 BvR 1736/07 –, JURIS), wendet sich der Beschwerdeführer nach erneuter Zurückweisung seines Antrags durch das Oberverwaltungsgericht wiederum im Wege einer mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundenen Verfassungsbeschwerde gegen die im verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidungen und die Stationsschließung durch das Universitätsklinikum (zum Ausgangssachverhalt sowie zum Gegenstand des Verfassungsbeschwerdeverfahrens vgl. grundsätzlich bereits den vorstehend genannten Beschluss).
In seiner auf die Aufhebung ergangenen erneuten Entscheidung geht das Oberverwaltungsgericht weiterhin davon aus, es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer einen im Hauptsacheverfahren durchsetzbaren Anspruch auf Beibehaltung der Bettenstation NU 01 der von ihm geleiteten Nuklearmedizinischen Klinik am Universitätsklinikum habe und es mithin an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch im Sinne von § 123 VwGO fehle.
Zwar sei entgegen der bisherigen Auffassung nunmehr zugrunde zu legen, dass das in § 2 Abs. 2 Satz 3 der Verordnung über die Errichtung des Klinikums Düsseldorf der Universität Düsseldorf (Universitätsklinikum Düsseldorf) als Anstalt des öffentlichen Rechts vom 1. Dezember 2000 (GV. NRW S. 729) – nunmehr § 2 Abs. 3 Satz 3 der Rechtsverordnung für die Universitätskliniken Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster (Universitätsklinikum-Verordnung – UKVO) vom 20. Dezember 2007 (GV. NRW S. 746) – normierte Einvernehmenserfordernis dem Beschwerdeführer einen grundrechtlich geschützten Anspruch darauf vermittele, dass Organisationsmaßnahmen des Universitätsklinikums im Bereich der Krankenversorgung, soweit sie Forschung und Lehre betreffen, nicht ohne das zur Sicherung seiner wissenschaftlichen Belange erforderliche Einvernehmen des Fachbereichs Medizin der Universität und damit unter Wahrung der Einflussmöglichkeiten des Beschwerdeführers auf den organisierten Wissenschaftsbetrieb erfolgten.
Allerdings könne im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass der Beschluss des Vorstands des Universitätsklinikums über die Schließung der Bettenstation NU 01 gegen das Einvernehmenserfordernis verstoße. Forschung und Lehre seien angesichts des mit dem Einvernehmenserfordernis bezweckten verfahrensrechtlichen Schutzes der Wissenschaftsfreiheit nicht durch alle das wissenschaftliche Hochschulpersonal tangierenden Maßnahmen und auch nicht schon dann als betroffen anzusehen, wenn Forschung und Lehre durch irgendwelche feststellbaren Auswirkungen betroffen seien, sondern nur dann, wenn die betreffende Entscheidung die Gefahr einer Verletzung der Forschungsfreiheit des betreffenden Hochschullehrers in sich trage. Nach den eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten im einstweiligen Rechtsschutzverfahren betreffe die Schließung der Station NU 01 den Bereich von Forschung und Lehre nicht. Laufende Forschungen des Beschwerdeführers seien entweder überhaupt nicht betroffen oder könnten mithilfe der ihm im Bereich des Kernforschungszentrums in Jülich verbleibenden Bettenstation durchgeführt werden. Durch die Schließung nicht mehr erfüllbare Erwartungen des Beschwerdeführers hinsichtlich der künftigen Zahl und Struktur des ihm zur Verfügung stehenden Patientenstamms führten nicht zu einem Betroffensein von Forschung und Lehre.
Die – im Ausgangsverfahren beantragte – einstweilige Anordnung sei aber selbst dann nicht zu erlassen, wenn man von der Erforderlichkeit des Einvernehmens ausgehe. Im Hinblick auf das Einvernehmenserfordernis stehe nämlich nicht etwa ein Anordnungsanspruch des Beschwerdeführers auf Weiterbetrieb der Station NU 01 in Rede, sondern allein der „wissenschaftsfreiheitssichernde Verfahrensanspruch” darauf, dass die Schließung der Station im Einvernehmen mit dem Fachbereich Medizin erfolge. Auch bei unterstellt rechtswidrig nicht eingeholtem Einvernehmen erweise sich die Stationsschließung noch nicht als materiell, sondern lediglich als formell rechtswidrig, denn das Einvernehmen könne nachgeholt und der Mangel dadurch geheilt werden. Eine einstweilige Anordnung zur Sicherung des Einvernehmenserfordernisses könnte daher allenfalls ergehen, wenn die Erteilung des Einvernehmens zweifelhaft wäre. Dies sei aber nicht der Fall, denn der Fachbereich Medizin sei in Form des Dekans, des Dekanats sowie des – nach dem inzwischen geltenden § 31 Abs. 2 Satz 1 und 4 des Hochschulgesetzes in der Fassung des Hochschulmedizingesetzes vom 20. Dezember 2007 (GV. NRW S. 744) ohnehin nicht zuständigen – Fachbereichsrats mehrfach mit der Schließungsentscheidung des Universitätsklinikums befasst gewesen, ohne dass auf einem Einvernehmen bestanden oder Widerspruch gegen die Schließung erhoben worden wäre. Es spreche daher nichts dafür, dass ein etwa erforderliches Einvernehmen seitens dieser Organe nunmehr verweigert würde. Eine materielle Verletzung der Wissenschaftsfreiheit des Beschwerdeführers könne aus den Gründen, die in dem im Verfahren 1 BvR 1736/07 aufgehobenen Beschluss genannt worden seien und an denen festgehalten werde, ausgeschlossen werden. Nicht zuletzt deshalb, aber auch weil davon auszugehen sei, dass ein Einvernehmen erteilt würde, sei der im Ausgangsverfahren begehrte Erlass einer einstweiligen Anordnung schließlich auch bei einer reinen Folgenabwägung abzulehnen. Dass der Beschwerdeführer begonnene Forschungsvorhaben nicht zu Ende führen könne, wiege, weil die bisher abgeschlossenen Teile nicht entwertet würden, gegenüber den finanziellen Effekten auf Seiten des Universitätsklinikums nicht schwer.
Entscheidungsgründe
II.
1. Mit seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Beschwerdeführer gegenüber dem Universitätsklinikum anzuordnen, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde die Bettenstation NU 01 der Nuklearmedizinischen Klinik wieder zu eröffnen, insbesondere das mit Wirkung vom 8. Januar 2007 abgezogene oder gleich qualifiziertes und in der Bettenstation einer nuklearmedizinischen Klinik ausgebildetes Pflegepersonal wieder zuzuordnen sowie die bis zum 7. Januar 2007 vorhandene räumliche, bauliche und apparative Ausstattung wiederherzustellen, zumindest aber im Wege einer Zwischenregelung dem Universitätsklinikum aufzugeben, bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde jegliche eine Wiedereröffnung der Station NU 01 verzögernde Maßnahme, insbesondere eine Freimessung der Abwasserabklinganlage der Nuklearmedizinischen Klinik des Universitätsklinikums, zu unterlassen.
Zur Begründung seines im Verfahren des verfassungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes gestellten Antrags verweist der Beschwerdeführer im Wesentlichen zunächst darauf, dass die Verfassungsbeschwerde, mit der er eine wiederholte Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1, Art. 3 Abs. 1 und Art. 33 Abs. 5 GG insbesondere durch die im Ausgangsverfahren ergangene erneute Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts sowie – weiterhin – durch die vorausgehende Entscheidung des Verwaltungsgerichts und – mit Ausnahme von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG – die Schließungsmaßnahme des Universitätsklinikums rügt, offensichtlich begründet sei. Zumindest bestünden aber erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit. Insoweit trägt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe Art. 19 Abs. 4 Satz 1 in Verbindung mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG verkannt, weil es die im Kernbereich nuklearmedizinischer Forschung betriebenen sieben Projekte des Beschwerdeführers aufgrund von dessen Sachvortrag nicht als glaubhaft gemacht angesehen habe und es dieser Annahme zudem eine Auslegung und Anwendung des Begriffs der Betroffenheit von Forschung und Lehre zugrunde gelegt habe, die ihrerseits die Verfahrensförmigkeit der Gewährleistung der individuellen Forschungsfreiheit und den daraus folgenden Anspruch des Beschwerdeführers auf Durchführung des Verfahrens zur Herstellung des Einvernehmens verkenne. Die Feststellung des genauen Ausmaßes der Betroffenheit von Forschung und Lehre und die Suche nach Kompromissen obliege den Mitgliedern des Fachbereichs Medizin im Rahmen des durchzuführenden Einvernehmensverfahrens, nicht aber dem Universitätsklinikum im Rahmen einer Prognose zur Erforderlichkeit des Einvernehmens und auch nicht den Gerichten im Rahmen von „Gutachterprozessen”. Das Einvernehmen könne auch weder als erteilt angesehen werden, noch stelle ein fehlendes erforderliches Einvernehmen einen heilbaren, lediglich formellen Mangel dar. Die Begründetheit der Verfassungsbeschwerde ergebe sich ferner daraus, dass dem Beschwerdeführer durch die Stationsschließung die durch die Wissenschaftsfreiheit gewährleistete Grund- und Mindestausstattung für nuklearmedizinische Forschung, zu der insbesondere die Möglichkeit der stationären Behandlung von Risikopatienten unter unmittelbarem Anschluss an medizinische Nachbardisziplinen und intensivmedizinische Versorgung gehöre, entzogen worden sei.
Auch bei reiner Folgenabwägung sei der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung dringend geboten. Die infolge der Stationsschließung notwendige Einstellung der Aufnahme und Behandlung von – auf die sofortige Verfügbarkeit von und begleitende Versorgung durch (intensiv-)medizinische Nachbardisziplinen angewiesenen – Risikopatienten, die im Mittelpunkt klinischer nuklearmedizinischer Forschung stehe, habe schwere irreversible Nachteile zur Folge. Der Beschwerdeführer könne sein hoch spezialisiertes Erfahrungswissen im Kernbereich klinischer Nuklearmedizin seit 15 Monaten nicht mehr durch tägliche Anwendung einbringen, überprüfen und ergänzen. Dadurch seien sieben laufende Forschungsprojekte unterbrochen worden und ihre mögliche Wiederaufnahme gefährdet. Zudem wirke sich die Stationsschließung am Standort des Universitätsklinikums wegen der schlechteren Anbindung der ihm im Bereich des Kernforschungszentrums in Jülich verbleibenden Station mittelbar auch auf den Bereich der Behandlung von Nicht-Risikopatienten aus und führe auch dort zu einer Verringerung des Zuwachses an Erfahrungswissen. Insgesamt büße die vom Beschwerdeführer geleitete Nuklearmedizinische Klinik erheblich an Attraktivität als Forschungsstelle und Kooperationspartner auch im Hinblick auf die Weiterbildung und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein. Dem stünden auf Seiten des Universitätsklinikums lediglich finanzielle Vorteile gegenüber, die tatsächlich weitaus geringer ausfielen, als vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegt.
Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist der Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung schließlich unabhängig von einem Vorgehen im beziehungsweise über den Fachbereich Medizin geboten. Angesichts der Haltung des Vorstands des Universitätsklinikums und des Dekans des Fachbereichs Medizin verspreche ein solches Vorgehen keinen Erfolg. Durch die vom Oberverwaltungsgericht verneinte Zuständigkeit des Fachbereichsrats habe sich die Möglichkeit, über dessen Befassung eine Wiedereröffnung der Station erreichen zu können, noch verschlechtert. Auch sei damit zu rechnen, dass der Fachbereichsrat unter dem Eindruck der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts die Erforderlichkeit der Erteilung des Einvernehmens möglicherweise verneinen werde. Selbst für den Fall der Verweigerung des Einvernehmens müsse damit gerechnet werden, dass das Universitätsklinikum die Schließung aufrecht erhalte um mittels des Aufsichtsrats, der dann vom Dekan angerufen werden könne, eine Bestätigung der Schließungsentscheidung herbeizuführen. Es bedürfe daher der Möglichkeit eines wirksamen Rechtsschutzes unmittelbar gegenüber dem Universitätsklinikum, welches als Körperschaft des öffentlichen Rechts Adressat der individuellen Forschungsfreiheit und gesetzlich auf die Wahrung und Förderung der Wissenschaftsbelange der bei ihm tätigen medizinischen Hochschullehrer verpflichtet sei. Ein gestuftes, also zunächst gegen den Fachbereich und – abhängig vom dortigen Ergebnis – gegen das Universitätsklinikum gerichtetes Vorgehen könne einen zeitnahen Rechtsschutz nicht gewährleisten. Es sei auch nicht erkennbar, wie gegen den Fachbereich überhaupt eine vorläufige Regelung im Hinblick auf die Wiedereröffnung der Station erreicht werden könne, da die Zuständigkeit für die Stationsschließung als einer Organisationsmaßnahme beim Universitätsklinikum liege.
2. Zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben das Universitätsklinikum Düsseldorf sowie die Medizinische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf durch den Dekan Stellung genommen. Sie sind der Auffassung, der Antrag sei abzulehnen und verweisen insoweit insbesondere auf die ihrer Ansicht nach mangelnden Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde sowie auf das Fehlen von – gewichtigen – Nachteilen auf Seiten des Beschwerdeführers.
Zudem hatten die Landesregierung Nordrhein-Westfalen und die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Gelegenheit zur Stellungnahme.
III.
Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen im Ergebnis nicht vor. Der vom Beschwerdeführer gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zwar zulässig, aber – auch wenn man von schweren Nachteilen auf Seiten des Beschwerdeführers ausgeht – im Ergebnis unbegründet.
1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist insbesondere hinsichtlich des Antragsinhalts zulässig. Dies gilt nicht nur für die hilfsweise begehrte Sicherung des aktuellen Zustands der geschlossenen Station NU 01 gegen weitere, eine Wiederaufnahme des Stationsbetriebs erschwerende Maßnahmen, sondern auch für das vom Beschwerdeführer vorrangig begehrte einstweilige Wiederherstellen und Weiterbetreiben der Station.
Gegenstand der Verfassungsbeschwerde, derentwegen das Verfahren der einstweiligen Anordnung nach § 32 BVerfGG statthaft ist, sind die – tatsächliche – Stationsschließung sowie die dazu im verwaltungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Entscheidungen. Letztere gehen ausweislich der insoweit maßgeblichen letztinstanzlichen Beschwerdeentscheidung des Oberverwaltungsgerichts davon aus, dass es im Rahmen des fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes einen auf den Weiterbetrieb der Station gerichteten Anordnungsanspruch des Beschwerdeführers unmittelbar gegen das Universitätsklinikum grundsätzlich geben kann, dieser aber lediglich im konkreten Fall mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen in der Sache zu verneinen ist.
So geht insbesondere das Oberverwaltungsgericht in seiner erneuten Entscheidung über die im Ausgangsverfahren erhobene Beschwerde primär davon aus, dass ein Anordnungsanspruch des Beschwerdeführers gegen das Universitätsklinikum (nur) deshalb nicht gegeben ist, weil ein Betroffensein von Forschung und Lehre durch die Stationsschließung und daher ein Verstoß des vom Vorstand des Universitätsklinikums gefassten Schließungsbeschlusses gegen das Einvernehmenserfordernis nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne. Der grundsätzlichen Möglichkeit eines auf den Weiterbetrieb der Station gerichteten Anordnungsanspruchs steht auch nicht entgegen, dass das Oberverwaltungsgericht im Rahmen seiner ersten Hilfsbegründung einleitend anmerkt, im Hinblick auf das Einvernehmenserfordernis stehe allein der „wissenschaftsfreiheitssichernde Verfahrensanspruch”, also der Anspruch darauf in Rede, dass die Schließung nur im Einvernehmen mit dem Fachbereich Medizin der Universität erfolge. Das Oberverwaltungsgericht schließt nämlich ausweislich seiner weiteren Ausführungen eine einstweilige Anordnung zur Sicherung dieses „wissenschaftsfreiheitssichernden Verfahrensanspruchs” jedenfalls für den Fall nicht aus, dass sich die Stationsschließung mangels eines etwa erforderlichen Einvernehmens nicht nur als – im Hinblick auf die materielle Rechtslage heilbar – formell, sondern bei summarischer Prüfung auch als materiell rechtswidrig darstellt. Der Inhalt einer solchen einstweiligen Anordnung kann aber sinnvoller Weise nur in der Anordnung des einstweiligen Weiterbetriebs der Station beziehungsweise in der Umkehrung bereits erfolgter Schließungsmaßnahmen bestehen. Nur dies wird auch der zentralen Bedeutung gerecht, die dem zu sichernden Einvernehmenserfordernis im Hinblick auf die Sicherung des Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit zukommt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. November 2007 – 1 BvR 1736/07 –).
Die vorliegend beantragte einstweilige Anordnung nach § 32 BVerfGG stellt im Hinblick auf die Sicherungsfunktion, die einer verfassungsgerichtlichen einstweiligen Anordnung für die Effektivität der späteren Entscheidung in der Hauptsache zukommt (vgl. BVerfGE 105, 235 ≪238≫), ihrem Inhalt nach ein geeignetes Sicherungsmittel dar. Möglicher Inhalt der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde kann nämlich die Feststellung sein, dass die im Ausgangspunkt angegriffene Stationsschließung mangels hinreichenden Verfahrens zur Wahrung des Einvernehmenserfordernisses und – gegebenenfalls – Herstellung des Einvernehmens wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukommt, mit Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unvereinbar ist beziehungsweise dass die Versagung des fachgerichtlichen Eilrechtsschutzes im Hinblick auf das durch das Einvernehmenserfordernis zu sichernde Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit eine Verletzung des Grundrechts auf effektiven Rechtsschutz darstellt. Mit Blick auf einen daraus folgenden – grundrechtlichen – Anspruch des Beschwerdeführers auf Aufrechterhaltung des Stationsbetriebs kommt – vorbehaltlich der weiteren Voraussetzungen – eine entsprechende vorläufige Regelung des Sachverhalts, aus dem die mögliche Grundrechtsverletzung folgt, grundsätzlich in Betracht.
Die Möglichkeit einer den Weiterbetrieb der Station einstweilig anordnenden Entscheidung ergäbe sich sowohl für das fach- wie für das verfassungsgerichtliche Verfahren erst recht, wenn man – wie das Oberverwaltungsgericht in der im Verfahren 1 BvR 1736/07 aufgehobenen Entscheidung im Rahmen der dortigen Hilfsbegründung annahm und in seiner erneuten Entscheidung weiterhin annimmt – von einem unmittelbaren Anspruch des Beschwerdeführers gegenüber dem Universitätsklinikum auf Gewährleistung der für die ihm im universitären Bereich übertragene Forschung und Lehre erforderlichen Mindestausstattung ausginge.
2. Die sachlichen Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung liegen im Ergebnis nicht vor.
a) Nach § 32 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 25 ≪35≫; 89, 109 ≪110 f.≫; 106, 51 ≪60 f.≫; stRspr).
b) Die Verfassungsbeschwerde ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers erscheint eine Verletzung seines Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG insbesondere durch die gegenüber dem Verfahren 1 BvR 1736/07 hier erstmals angegriffene erneute Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen.
c) Die somit gebotene Folgenabwägung kann unter der nach § 32 Abs. 1 BVerfGG geforderten Voraussetzung dringenden Gebotenseins der begehrten einstweiligen Anordnung vorliegend nicht zu deren Erlass führen.
Erginge die einstweilige Anordnung, bliebe die Verfassungsbeschwerde später aber ohne Erfolg, so hätte das Universitätsklinikum – je nach deren Inhalt – die auf dem Klinikumsgelände gelegene Bettenstation der Nuklearmedizinischen Klinik grundsätzlich weiter betrieben, zumindest aber den weiteren, eine etwaige Wiedereröffnung der Bettenstation erschwerenden Abbau von für den Stationsbetrieb erforderlichen Einrichtungen unterlassen müssen.
Ergeht die einstweilige Anordnung demgegenüber nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde später aber als begründet, wäre der Beschwerdeführer um die Möglichkeit gebracht (worden), in einem Kerngebiet seiner Forschung zu arbeiten mit der Folge, dass unter anderem langfristig angelegte Forschungsprojekte unterbrochen worden wären beziehungsweise hätten abgebrochen werden müssen. Gegenüber den Folgen, die ein einstweiliger Weiterbetrieb der Station für das Universitätsklinikum hätte, wären diese Nachteile grundsätzlich von erheblichem Gewicht. Dies müsste auch dann gelten, wenn man insoweit von einer einstweiligen Anordnung ausginge, die lediglich auf das Unterlassen weiterer Schließungs- beziehungsweise Abbaumaßnahmen hinsichtlich der für den Betrieb einer nuklearmedizinischen Station notwendigen Einrichtungen beschränkt wäre.
Im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer entstehenden beziehungsweise drohenden – etwaigen – Nachteile muss sich der Beschwerdeführer aber – worauf die 2. Kammer des Ersten Senats in ihrem im Verfahren 1 BvR 1736/07 ergangenen Beschluss vom 27. November 2007 bereits hingewiesen hat – vorhalten lassen, dass er es auch in Ansehung der diesbezüglichen Aussagen des genannten Beschlusses bislang unterlassen hat, die Wahrung seiner (Teilhabe-)Rechte aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG auch gegenüber dem Fachbereich Medizin und der Universität einzufordern und gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen. Insoweit kann der Beschwerdeführer vom Fachbereich Medizin grundsätzlich fordern, dass dieser das Einvernehmenserfordernis, das schützende Funktion gerade für das individuelle Grundrecht des Beschwerdeführers auf Wissenschaftsfreiheit hat, gegenüber dem Universitätsklinikum einfordert.
Am Erfordernis einer solchen parallelen Rechtsgeltendmachung hält die Kammer auch im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren fest. Denn die Rechtspositionen, die der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Mittelausstattung für Forschung und Lehre unmittelbar gegenüber dem Universitätsklinikum geltend machen kann, bedürfen einer notwendigen Ergänzung durch eine – gegebenenfalls auch gerichtliche – Geltendmachung der sich aus dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit für den Beschwerdeführer ergebenden Gewährleistungen in seinem Verhältnis zur Universität beziehungsweise deren Fachbereich Medizin, die insbesondere auch eine Teilhabe an der Organisation des Wissenschaftsbetriebs umfassen, die den einzelnen Wissenschaftler vor wissenschaftsinadäquaten Entscheidungen, die seine Forschungs- und Lehrfreiheit gefährden, schützen sollen (vgl. zu diesen BVerfGE 35, 79 ≪116 f.≫; 95, 193 ≪209 f.≫; 111, 333 ≪354≫).
Dies gilt namentlich für den Anspruch auf Wahrung des Einvernehmenserfordernisses. Dieses soll angesichts der untrennbaren Verknüpfung medizinischer Forschung und Lehre mit der dem gegenüber der Universität organisatorisch verselbständigten Universitätsklinikum obliegenden Krankenversorgung dem medizinischen Hochschullehrer die ihm im Hinblick auf das ihm übertragene Fach zu gewährende Mittelausstattung sicherstellen. Für den konkreten Umfang dieser Mittelausstattung bedarf es aber vor allem entsprechender Festlegungen durch den für Angelegenheiten der Forschung und Lehre primär zuständigen Adressaten des dem Beschwerdeführer als Hochschullehrer zustehenden Grundrechts der Wissenschaftsfreiheit, namentlich durch die Universität und deren Fachbereich Medizin. Denn der über den grundrechtlichen (Abwehr-)Anspruch auf freie wissenschaftliche Betätigung (vgl. BVerfGE 15, 256 ≪263 f.≫; 88, 129 ≪136≫) hinausgehende Anspruch auf Teilhabe an den zur Verfügung stehenden Forschungsmitteln ist Ausdruck einer im organisierten Wissenschaftsbetrieb, der sich in wissenschaftlichen Angelegenheiten grundsätzlich selbst verwaltet, unter Berücksichtigung der anderen legitimen Aufgaben der Wissenschaftseinrichtungen stattfindenden Koordination der grundrechtlich gewährleisteten Wissenschaftsfreiheit aller an einem Fachbereich tätiger Hochschulprofessoren (vgl. BVerfGE 35, 79 ≪114 ff.≫; 111, 333 ≪353 f.≫).
Ohne eine solche Klärung der Mittelausstattung auch – beziehungsweise gerade – im universitären Bereich wäre eine zur Sicherung des Einvernehmenserfordernisses ergehende einstweilige Anordnung gegenüber dem Universitätsklinikum in dem Sinne unvollständig, als das Universitätsklinikum einstweilen auf das Einvernehmenserfordernis verpflichtet würde, ohne dass zugleich sichergestellt wäre, dass sich der Fachbereich Medizin unter Wahrung der für den Beschwerdeführer aus der Wissenschaftsfreiheit folgenden Mitgliedschafts- und Beteiligungsrechte sowie materiellen Gewährleistungen in der gebotenen Form und Verfahrensweise mit der Frage der Erforderlichkeit des Einvernehmens und dessen Erteilung oder Verweigerung befasst. Dies gilt zumal, wenn – wie vorliegend der Fall – der Vorwurf im Raum steht, dass der Fachbereich im Hinblick auf die Wissenschaftsfreiheit des Beschwerdeführers seinen Pflichten nicht in der gebotenen Weise nachgekommen sei.
Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der Beschwerdeführer über den seine Wissenschaftsfreiheit sichernden (Verfahrens-)Anspruch auf Wahrung des Einvernehmenserfordernisses hinaus jedenfalls auch den grundrechtlich garantierten Anspruch auf Gewährung der zur Erfüllung seiner Aufgaben in Forschung und Lehre bereit zu stellenden Grund- und Mindestausstattung unmittelbar gegenüber dem Universitätsklinikum als einer – grundsätzlich eigener Grundrechtsverpflichtung unterliegenden – Körperschaft des öffentlichen Rechts geltend machen kann, ist grundsätzlich auch insoweit von einer – jedenfalls auch – im universitären Bereich zu klärenden Frage auszugehen. Denn auch die Ausstattung mit Mitteln, die Forschung und Lehre in einem bestimmten Fach überhaupt erst ermöglicht (vgl. BVerfGE 111, 333 ≪362≫ m.w.N.), steht nicht ohne weiteres fest und bedarf einer unmittelbaren Befassung der für die Forschungs- und Lehraufgaben vorrangig zuständigen Universität und deren Fachbereich Medizin.
Eine einstweilige Anordnung gegenüber dem Universitätsklinikum kann daher im Sinne von § 32 Abs. 1 BVerfGG zur Abwehr von – etwaigen – schweren Nachteilen erst dann dringend geboten sein, wenn und soweit der Beschwerdeführer die aus seinem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit folgenden Gewährleistungen gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme – einstweiligen – fachgerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber dem Fachbereich Medizin beziehungsweise der Universität geltend macht.
Dadurch wird der Beschwerdeführer weder rechtlos gestellt, noch in unzumutbarer Weise in der Erlangung verfassungsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes behindert. Dass der Beschwerdeführer die Wahrung seines Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit unter Umständen sowohl in materiell- wie formellrechtlicher Hinsicht, also gegebenenfalls auch im Hinblick auf die Organzuständigkeit sowie die Verfahrensweise im Fachbereich, durchsetzen muss, entspricht der Situation im Falle eines von der Universität und deren Fachbereich Medizin betriebenen und geleiteten, also nicht verselbständigten Universitätsklinikums.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen