Verfahrensgang
Tenor
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Heinsberg vom 6. März 2008 – 11 XVII 84/08 – verletzt die Beschwerdeführerin in ihren Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1, Artikel 2 Absatz 1 und Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes.
Die Beschlüsse des Landgerichts Aachen vom 29. Mai 2008 – 3 T 88/08 – und des Oberlandesgerichts Köln vom 22. August 2008 – 16 Wx 149/08 – verletzen die Beschwerdeführerin außerdem in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 22. August 2008 – 16 Wx 149/08 – wird aufgehoben und die Sache an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen.
Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Heinsberg vom 10. März 2008 – 11 XVII 84/08 – wendet, wird sie nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie unzulässig ist.
2. Das Land Nordrhein-Westfalen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 8.000 EUR (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Einrichtung einer Betreuung und die Ablehnung des Land- und Oberlandesgerichts, nach Aufhebung der Betreuung deren Rechtswidrigkeit festzustellen.
1. a) Die Beschwerdeführerin war als Rechtsanwältin tätig und wurde vom Amtsgericht Heinsberg in vielen Betreuungsangelegenheiten als Betreuerin eingesetzt. Weil sie erkrankte, bat sie, in einigen Betreuungsverfahren entpflichtet zu werden. Der für Betreuungssachen zuständige Richter (Richter Dr. M.) antwortete ihr mit Schreiben vom 24. Januar 2008, er beabsichtige, auch wegen verschiedener Nachlässigkeiten der Beschwerdeführerin, diese in allen Fällen zu entpflichten und gebe ihr Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Woche. Unter dem 6. Februar 2008 erklärte sich die Beschwerdeführerin mit einer vollständigen Entpflichtung einverstanden. Entpflichtet wurde sie dann jedoch nur in einigen Fällen.
Die Berufsbetreuerin N. führte mit der Beschwerdeführerin ein Telefongespräch und vereinbarte für den 9. März 2008 einen Termin mit deren Tochter, die über eine umfassende Generalvollmacht und eine bei der Bundesnotarkammer im Vorsorgeregister registrierte Vorsorgevollmacht der Beschwerdeführerin verfügte. Die Betreuungsakten der Personen, die die Beschwerdeführerin bis dahin betreut hatte, sollten übergeben werden. Frau N. gab gegenüber Richter Dr. M. jedoch zu bedenken, dass sie keinen Zugriff auf die von der Beschwerdeführerin verwalteten Fremdgelder habe. Vom 6. März bis mindestens zum 14. März 2008 befand sich die Beschwerdeführerin in stationärer Behandlung.
b) aa) Am 6. März 2008 fasste das Amtsgericht Heinsberg einen Beschluss (11 XVII 84/08), in dem Frau N. im Wege der einstweiligen Anordnung zur Betreuerin der Beschwerdeführerin mit dem Aufgabenkreis „Abwicklung der Betreuertätigkeit einschließlich Verfügungsgewalt über Fremdgelder” bestellt wurde. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Beschwerdeführerin könne in ihrem „derzeitigen Zustand” weder die von neuen Betreuern dringend benötigten Betreuungsunterlagen noch die für Betreute verwalteten Gelder herausgeben. Daher bestehe dringend Handlungsbedarf zur Einrichtung einer Betreuung.
Nachforschungen zu ihrem Zustand, beispielsweise im Rahmen einer Begutachtung oder über Versuche einer Kontaktaufnahme mit der Beschwerdeführerin unternahm das Amtsgericht nicht.
Am 6. März 2008 wurde der Rechtsanwaltskammer Köln die Einrichtung der Betreuung mitgeteilt.
bb) Am 9. März 2008 teilte Frau N. dem Amtsgericht nach dem Termin zur Aktenübergabe mit, die Abwicklung der Betreuungsverfahren wäre durch die Tochter der Beschwerdeführerin gewährleistet; Fremdgeldkonten seien bereits aufgelöst worden. Frau N. würde sich um die noch nicht neu vergebenen Betreuungen kümmern, bis ein Nachfolger gefunden sei. Daher sei die Betreuung sofort aufzuheben. In einem Fax vom gleichen Tag teilte Frau N. mit, die Beschwerdeführerin verzichte auf ihre Hilfe, weil die Betreuung rechtswidrig sei.
Am 9. März 2008 erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den Beschluss vom 6. März 2008.
In einem Vermerk vom 14. März 2008 hielt der Richter Dr. M. als Reaktion auf die Beschwerde fest, seit seiner Übernahme des Betreuungsdezernats sei deutlich geworden, dass die Beschwerdeführerin ihrer Betreuertätigkeit nicht mit der nötigen Gründlichkeit nachkomme. Frau N. habe persönlich mit der Beschwerdeführerin Kontakt aufgenommen. Die Beschwerdeführerin habe ihr mitgeteilt, dass sie an einem inoperablen Lungenkarzinom leide und daher schwer depressiv sei. Sie habe weiter berichtet, die Beschwerdeführerin sei periodisch nicht aufnahmefähig gewesen. Richter Dr. M. schloss sich dieser Einschätzung an und vermerkte, es sei „unstreitig”, dass die Beschwerdeführerin an einer schweren Depression leide. Dies habe ihr „Abtauchen”, die Beobachtungen von Frau N., aber auch der „realitätsfremde” Antrag gezeigt, kurzfristig von ihren Aufgaben als Betreuerin entbunden zu werden. Eine ärztliche Untersuchung vor Einrichtung der Betreuung sei nicht möglich gewesen, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführerin bis zum 14. März nicht bekannt gewesen sei. Außerdem habe dringender Handlungsbedarf bestanden.
c) Am 10. März 2008 fasste das Amtsgericht Heinsberg einen Beschluss, in dem Frau N. aus ihrem Amt entlassen und Rechtsanwalt K. als neuer Betreuer bestellt wurde (11 XVII 84/08). Der Aufgabenkreis der Betreuung blieb unverändert. Zur Begründung führte das Gericht aus, Frau N. sei antragsgemäß aus ihrem Amt zu entlassen. Die Beschwerdeführerin habe zum Betreuerwechsel nicht Stellung genommen. Ihr derzeitiger Aufenthalt sei unbekannt. In seinem Vermerk vom 14. März 2008 erklärte Richter Dr. M., der Termin zur Aktenübergabe am 9. März 2008 sei „eskaliert”, so dass Frau N. die Betreuung für die Zukunft abgelehnt habe. Unter dem 10. März 2008 wurde ein Anhörungstermin mit der Beschwerdeführerin auf den 14. März 2008 festgesetzt. Die Beschwerdeführerin ließ sich durch ärztliches Attest entschuldigen.
d) Durch Beschluss vom 19. März 2008 wurde die Betreuung ersatzlos aufgehoben. Eine Betreuung sei nicht mehr erforderlich, weil die Rechtsanwaltskammer Köln am 14. März 2008 die Rechtsanwältin K. gemäß § 53 BRAO zur Vertreterin der Beschwerdeführerin bestellt habe. Damit sei die Herausgabe der Akten und Auszahlung der Fremdgelder gewährleistet.
Unter dem 20. März 2008 beantragte die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht erfolglos, die Rechtswidrigkeit der Betreuung festzustellen.
e) Mit Schreiben vom 14. April 2008 wurde der Beschwerdeführerin von der Rechtsanwaltskammer Köln mitgeteilt, dass die Vertreterbestellung aufgehoben wurde, da eine weitere Vertretung nicht erforderlich erscheine. Die Beschwerdeführerin antwortete unter dem 29. April, die Voraussetzungen für eine Vertreterbestellung hätten von Anfang an nicht vorgelegen. Da sie aufgrund ihrer rechtswidrigen Betreuerbestellung eine weitere Tätigkeit in H. nicht für möglich hielt, verzichtete sie auf ihre Rechtsanwaltszulassung.
f) Mit Beschluss vom 29. Mai 2008 verwarf das Landgericht Aachen (3 T 88/08) die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss vom 6. März 2008 als unzulässig. Die gemäß §§ 19, 20 FGG grundsätzlich statthafte Beschwerde gegen die Betreuerbestellung sei unzulässig geworden, weil sich das Verfahren wegen der zwischenzeitlich erfolgten Aufhebung der Betreuung durch den Beschluss des Amtsgericht vom 19. März 2008 erledigt habe.
Zur Begründung führte das Gericht aus, in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit sei eine Fortsetzung des in der Hauptsache erledigten Verfahrens allein zum Zweck der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich nicht möglich. Zwar gebe es Ausnahmen für erhebliche Grundrechtseingriffe, die, etwa aufgrund einer knappen Befristung, typischerweise nicht vor ihrer Erledigung überprüfbar seien. Vorliegend gebe es jedoch keine Anhaltspunkte für eine tiefgreifende Grundrechtsbeeinträchtigung. Ebenso wenig sei erkennbar, dass die angegriffene Betreuerbestellung so kurzfristig angelegt war, dass eine Überprüfung typischerweise nicht hätte erfolgen können. Vielmehr sei die Beendigung der Betreuung im Rahmen des Abhilfeverfahrens nach Einlegung der Beschwerde erfolgt, was dafür spräche, dass ein regulärer Rechtsbehelf zum beabsichtigten Erfolg geführt habe.
g) Mit Beschluss vom 22. August 2008, zugestellt am 29. August 2008, wies das Oberlandesgericht Köln die weitere Beschwerde (16 Wx 149/08) der Beschwerdeführerin zurück. Der Beschwerde fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Grundsätzlich führe die Erledigung einer Maßnahme zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels. Anders sei es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wenn durch die Maßnahme ein tiefgreifender Grundrechtseingriff erfolgt sei und die direkte Belastung durch den Hoheitsakt sich nach dem typischen Verfahrensablauf auf eine Zeitspanne beschränke, in welcher der Betroffene die gerichtliche Entscheidung in der von der Prozessordnung gegebenen Instanz kaum erlangen könne.
Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Zwar könne nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. August 2001 (1 BvR 618/93, NJW 2002, S. 206 ≪206≫) auch die gerichtliche Bestellung eines Betreuers einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellen, was vorliegend jedoch offen bleiben könne. Die weiteren Voraussetzungen lägen jedenfalls nicht vor. Es liege keine Verkürzung des vorgegebenen Rechtsmittels wegen der zeitlichen Befristung der Maßnahme vor. Vielmehr habe die Beschwerdeführerin das Ziel ihres Rechtmittels, die Aufhebung der Betreuung, bereits durch den Beschluss des Amtsgerichts erreicht und somit im Beschwerdeverfahren effektiven Rechtsschutz erlangt. Dass das Vormundschaftsgericht die Betreuung allein wegen fehlender Erforderlichkeit aufgehoben und sich nicht mit den Gründen der Beschwerde auseinandergesetzt habe, ändere daran nichts. Es bestehe kein Anspruch des Rechtsmittelführers darauf, dass das Gericht, das in seinem Sinne entschieden habe, sich zugleich zu sämtlichen rechtlichen Fragen äußere. Die Frage, ob nicht bei einer Betreuungsanordnung, die sich üblicherweise über einen längeren Zeitraum erstrecke, der „typische Verfahrensablauf” die Durchführung eines Rechtsmittels durch alle Instanzen zuließe, könne offen bleiben.
2. Die Beschwerdeführerin hat mit Schreiben vom 26. September 2008, eingegangen am 28. September 2008, Verfassungsbeschwerde erhoben und rügt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 103 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 sowie aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die Beschlüsse des Amtsgerichts Heinsberg vom 6. und 10. März 2008 sowie die Verletzung von Art. 19 Abs. 4 GG durch die Beschlüsse des Landgerichts Aachen und des Oberlandesgerichts Köln.
a) Sie führt aus, die Einrichtung der Betreuung sei von Anfang an rechtswidrig gewesen. Sie sei entgegen § 69 Abs. 1 Ziffer 2, 4 FGG nicht angehört und auch ein ärztliches Attest sei nicht eingeholt worden. Wie das Gericht zu dem Ergebnis gelangt sei, sie könne in ihrem „derzeitigen Zustand” Betreuungsakten und Gelder nicht herausgeben, sei unerklärlich. Das Gericht habe keine Nachforschungen angestellt, lediglich Frau N. habe mit ihr telefoniert. Frau N. sei jedoch keine Ärztin, so dass unerfindlich bliebe, wie sie zu der Diagnose gelangt sein solle, die Beschwerdeführerin litte an einer schweren Depression. Den „realitätsfremden” Antrag auf kurzfristige Entpflichtung in allen Betreuungssachen habe Richter Dr. M. selbst angeregt. Warum darin, dass sie dieser Anregung nachgekommen sei, ein Beweis für eine schwere Depression zu sehen sei, sei nicht nachvollziehbar. Soweit Richter Dr. M. in seinem Vermerk erkläre, es hätten sich Beschwerden über ihre Arbeit als Betreuerin gehäuft, wäre es seine Pflicht gewesen, diese zu überprüfen. Es könne ihr in keinem einzigen Fall eine Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden.
Zwar sei sie erkrankt, aber durchaus in der Lage, alle Angelegenheiten selbst zu regeln. Auch sei nicht ersichtlich, wie das Gericht zu dem Ergebnis gelangt sei, sie sei bis zum 14. März 2008 nicht zu erreichen gewesen. Frau N. sei schließlich mit ihr in Kontakt getreten. Auch im Krankenhaus hätte man sie erreichen können. Im Übrigen sei eine Betreuung auch praktisch nicht nötig gewesen. Frau N. habe bereits vor dem 6. März 2008 mit der Tochter der Beschwerdeführerin einen Termin vereinbart, um Betreuungsakten abzuholen. Die Bevollmächtigung ihrer Tochter hätte unschwer durch eine Nachfrage und im Internet bei der Bundesnotarkammer festgestellt werden können. Sie hätte auf diesen Umstand auch hingewiesen, wenn ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden wäre. Damit habe das Amtsgericht Heinsberg ihr Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
b) Auch mit dem Beschluss vom 10. März 2008 sei ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Zum Betreuerwechsel habe sie nur deswegen nicht Stellung genommen, weil sie nicht informiert worden sei.
c) Die Einrichtung einer Betreuung für eine psychisch gesunde Frau, die vollständig in der Lage sei, ihre Angelegenheiten zu regeln, verletze sie in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie in ihrem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Bis die Rechtswidrigkeit der Betreuung festgestellt worden sei, bestehe für sie in einer kleinen Stadt wie H. keine Chance mehr, ihren Beruf ausüben zu können. Darum habe sie auf ihre Zulassung verzichtet. Selbst wenn sie wieder als Rechtsanwältin arbeiten wolle, sei zweifelhaft, ob sie eine Wiederzulassung erreichen könne. Damit verstießen die angegriffenen Entscheidungen auch gegen Art. 12 Abs. 1 GG.
d) Die Entscheidungen des Landgerichts Aachen und des Oberlandesgerichts Köln verletzten sie in ihrem Recht auf effektiven Rechtsschutz gemäß Art. 19 Abs. 4 GG. Das Oberlandesgericht habe die zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verkürzt angewandt. Die Fortwirkung des Eingriffs gebe ihr ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit auch nach der Aufhebung der Betreuung. Bei einer derart diskriminierenden Maßnahme sei ein Rehabilitierungsinteresse anzuerkennen.
Die Rechtswidrigkeit der Betreuung sei durch den Beschluss vom 19. März 2008 nicht festgestellt worden. Vielmehr sei die Betreuung aufgehoben worden, weil sie durch Bestellung einer Vertreterin nicht mehr erforderlich sei. Dies sei „abwegig”. Einerseits seien zu diesem Zeitpunkt alle Fremdgeldkonten bereits aufgelöst worden. Andererseits könne der Vertreter eines Rechtsanwalts nicht über die Konten des Vertretenen verfügen, so dass die Bestellung einer Vertreterin die Einrichtung einer Betreuung mit dem Aufgabenkreis „Abwicklung der Betreuertätigkeit einschließlich Verfügungsgewalt über Fremdgelder” nicht hätte unnötig machen können, so eine solche Betreuung jemals erforderlich gewesen wäre. Tatsächlich folge aus dem Beschluss vom 19. März 2008, dass die Betreuung zu Recht eingerichtet worden sei. Dies habe sie mit einem Makel belegt, der sogar nach einem Umzug fortwirke. Es hafte ihr immer noch an, betreuungsbedürftig gewesen zu sein.
3. Der Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin geboten ist (§ 93a Abs. 2 b BVerfGG). Zu dieser Entscheidung ist die Kammer berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 BVerfGG).
1. Die Verfassungsbeschwerde ist teilweise zulässig.
a) Soweit die Beschwerdeführerin den Beschluss vom 10. März 2008 mit der Verfassungsbeschwerde vom 28. September 2008 angreift, ist diese jedoch unzulässig. Die Beschwerdefrist gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1, 2 BVerfGG ist nicht eingehalten.
b) Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin den Rechtsweg gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG erschöpft und die Beschwerde innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1, 2 BVerfGG erhoben.
Die Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen auch hinreichend substantiiert (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG). Nicht hinreichend substantiiert hat die Beschwerdeführerin jedoch eine Verletzung des Rechts auf Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG.
c) Trotz der Aufhebung der Betreuung durch den Beschluss vom 19. März 2008 ist ein Rechtsschutzbedürfnis der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Beschlusses des Amtsgerichts Heinsberg vom 6. März 2008 zu bejahen.
aa) Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung des angegriffenen Hoheitsakts oder die Feststellung seiner Verfassungswidrigkeit im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gegeben ist. Im Fall der Erledigung des angegriffenen Hoheitsakts vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde besteht ein Rechtsschutzbedürfnis fort, wenn eine Wiederholung der vergangenen Maßnahme zu befürchten ist, die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt üblicherweise auf eine kurze Zeitspanne beschränkt ist, in welcher eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts regelmäßig nicht zu erlangen ist (BVerfGE 81, 138 ≪140 f.≫; 107, 299 ≪311≫), oder wenn die Maßnahme den Beschwerdeführer auch nach ihrer Erledigung beeinträchtigt (BVerfGE 33, 247 ≪257 f.≫; 69, 161 ≪168≫; 81, 138 ≪140≫). Kann insofern ein Rehabilitationsinteresse bejaht werden, steht die Erledigung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde nicht entgegen (vgl. BVerfGE 15, 226 ≪230≫).
bb) Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschluss vom 6. März 2008 wirkt sich auch weiterhin noch negativ auf das Ansehen der Beschwerdeführerin aus und beeinträchtigt ihr künftiges berufliches und privates Leben. Denn die Einrichtung einer Betreuung stellt für den Betroffenen nicht nur einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff dar (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2001 – 1 BvR 618/93 –, NJW 2002, S. 206 ≪206≫). Sie entfaltet auch stigmatisierende Wirkung, zumal wenn die Voraussetzungen für eine Betreuung beim Betroffenen nicht vorliegen.
Zwar wollte der Gesetzgeber mit der Abschaffung der Entmündigung und der Einführung der Betreuung durch das Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und der Pflegschaft für Volljährige die Stigmatisierung und Diskriminierung Betroffener begrenzen (BTDrucks 11/4528, S. 49, 52). Gleichwohl hat auch die Anordnung der Betreuung für den Betroffenen stigmatisierende Wirkung im sozialen und beruflichen Umfeld. Denn mit der Einrichtung einer Betreuung ist notwendigerweise die Einschätzung verbunden, dass der Betroffene zumindest in einem bestimmten Rahmen nicht in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten selbstständig zu besorgen. Gerade bei der Beschwerdeführerin, die als Rechtsanwältin auf das Vertrauen von Mandanten in ihren Sachverstand angewiesen ist, ist eine gerichtliche Entscheidung, sie könne ihre Angelegenheiten nicht selbst regeln, mit einem Ansehensverlust und einer Abwertung der Person verbunden. Die stigmatisierende Wirkung der Betreuung besteht auch nach deren Aufhebung fort. Im Beschluss vom 19. März 2008 ist nicht die Rechtswidrigkeit der Anordnung der Betreuung festgestellt, sondern diese wegen der Bestellung eines Vertreters als nicht mehr erforderlich eingeschätzt worden.
2. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, ist sie auch begründet.
a) Die Beschwerdeführerin wurde durch den Beschluss vom 6. März 2008 in ihrem Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
aa) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte, vor dem Erlass einer Entscheidung den Verfahrensbeteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Die Anhörung der Beteiligten ist Voraussetzung einer richtigen Entscheidung. Über einen konkreten Lebenssachverhalt ein abschließendes rechtliches Urteil zu fällen, ist in aller Regel ohne Anhörung der Beteiligten nicht zu lösen (BVerfGE 9, 89 ≪95≫). Zudem sichert die Anhörung, dass der Verfahrensbeteiligte Gelegenheit hat, die Willensbildung des Gerichts zu beeinflussen (BVerfGE 22, 114 ≪119≫; 49, 212 ≪215≫; 94, 166 ≪207≫).
bb) Diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben genügt der Beschluss des Amtsgerichts Heinsberg vom 6. März 2008 nicht. Die Beschwerdeführerin wurde von Seiten des Gerichts weder schriftlich noch mündlich von der beabsichtigten Einrichtung einer Betreuung informiert. Sie konnte sich dementsprechend nicht äußern.
Nach Lage der Verfahrensakte hat das Amtsgericht keinen Versuch unternommen, die Beschwerdeführerin anzuhören. Auch bei Annahme, die Abwicklung der Betreuungsverfahren, in denen die Beschwerdeführerin als Betreuerin eingesetzt war, habe ein schnelles Handeln erfordert, gibt es keinen Anhaltspunkt, weshalb eine schriftliche oder mündliche Information der Beschwerdeführerin mit der Aufforderung zu einer zeitnahen Stellungnahme unmöglich gewesen wäre. Nichts spricht für die Notwendigkeit einer derart schnellen Übergabe der Betreuungsakten und der Gelder der Betreuten, dass für eine ärztliche Untersuchung oder eine persönliche Anhörung keine Zeit verblieben wäre. Da die Betreuerin Frau N. sich mit der Beschwerdeführerin in Verbindung setzen konnte, ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin vor Erlass der Entscheidung durchaus zu erreichen war. Das zwischen Frau N. und der Beschwerdeführerin geführte Telefongespräch hat eine gerichtliche Anhörung nicht erübrigt. Auch die von der Beschwerdeführerin bestrittenen Pflichtverletzungen als Betreuerin haben keineswegs gerechtfertigt, die Beschwerdeführerin ohne vorherige Anhörung und ärztliche Untersuchung im Wege einer einstweiligen Anordnung unter Betreuung zu stellen.
Die unterbliebene Anhörung und Untersuchung wurde auch nicht im späteren Verfahren geheilt. An der für den 14. März 2008 vorgesehenen Anhörung hat die Beschwerdeführerin nicht teilnehmen können. Zwar hat die Beschwerdeführerin sich über ihren Rechtsanwalt zu dem Beschluss vom 6. März 2008 und insbesondere zur unterlassenen Anhörung bzw. ärztlichen Untersuchung geäußert. Jedoch wurde weder die Anhörung in der Folge nachgeholt noch haben sich das Amtsgericht sowie das Land- und Oberlandesgericht mit dem Vorbringen einer mangelnden Anhörung der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt.
Der Beschluss beruht auch auf der Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG. Die Beschwerdeführerin trägt vor, bei einer Anhörung und einer ärztlichen Untersuchung hätte sich erwiesen, dass sie trotz ihrer Krankheit keinesfalls in der Regelung ihrer Angelegenheiten beeinträchtigt gewesen sei. Sie hätte über die ihrer Tochter erteilten General- und Vorsorgevollmacht informieren oder in anderer Weise für eine Vertretung sorgen können. Es ist nicht auszuschließen, dass das Amtsgericht angesichts dieser Informationen von der Einrichtung der Betreuung im Beschluss vom 6. März 2008 Abstand genommen hätte.
b) Die Beschwerdeführerin ist auch in ihrem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG verletzt worden.
aa) Durch die Einrichtung einer Betreuung wird der Betreute in seiner Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ganz oder teilweise in den vom Gericht bestimmten Angelegenheiten eingeschränkt. An seiner Stelle entscheidet innerhalb des vom Gericht angeordneten Aufgabenkreises der Betreuer. Je nach Aufgabenkreis kann es deshalb auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten zu Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen des Betreuten kommen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2001 – 1 BvR 618/93 –, NJW 2002, S. 206 ≪206≫). Die Bestellung eines Betreuers von Amts wegen gegen den Willen des zu Betreuenden setzt deshalb voraus, dass der Betreute tatsächlich seinen Willen nicht frei bestimmen kann. Der Staat hat von Verfassung wegen nicht das Recht, seine erwachsenen und zur freien Willensbestimmung fähigen Bürger in ihrer Freiheit zu beschränken, ohne dass sie sich selbst oder andere gefährden (vgl. BVerfGE 22, 180 ≪219 f.≫). Die Bestellung eines Betreuers, ohne dass hinreichende Tatsachen für eine Beeinträchtigung des freien Willens vorliegen, verletzt deshalb das Grundrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 GG.
bb) Eine solche Grundrechtsverletzung ist vorliegend geschehen. Die Einrichtung einer Betreuung für die Beschwerdeführerin verstieß bereits gegen die Regelungen des FGG. Die vorläufige Bestellung eines Betreuers im Wege der einstweiligen Anordnung ist gemäß § 69f Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 FGG nur zulässig, wenn dringende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass die Voraussetzungen für die Bestellung eines Betreuers gegeben sind und mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist. Es ist bereits nicht ersichtlich, worauf sich eine solche Annahme bei der Beschwerdeführerin stützen konnte. Jedenfalls wurde die erforderliche persönliche Anhörung nicht vorgenommen und kein ärztliches Zeugnis über den Zustand der Beschwerdeführerin eingeholt. Zwar kann gemäß § 69f Abs. 1 Satz 2 FGG eine einstweilige Anordnung bei Gefahr im Verzug auch vor der Anhörung ergehen. Es muss aber gemäß § 69f Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 FGG ein ärztliches Zeugnis über den Zustand des Betroffenen vorliegen, aus dem die gemäß § 69f Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 FGG erforderlichen Voraussetzungen ersichtlich werden (vgl. BTDrucks 11/4528, S. 178). Ein solches ärztliches Zeugnis hat dem Gericht nicht vorgelegen. Die Betreuung wurde ohne qualifizierte Tatsachengrundlage eingerichtet, die einen verlässlichen Schluss auf eine Beeinträchtigung der Willensentschließungsfreiheit der Beschwerdeführerin erlaubt hätte. Die Einrichtung einer Betreuung ist kein Instrument zur reibungslosen Abwicklung von Betreuungsverfahren, für die der unter Betreuung Gestellte als Betreuer tätig ist.
c) Die Beschwerdeführerin wurde durch den Beschluss vom 6. März 2008 auch in ihrem Grundrecht auf Schutz der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.
Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit schützt vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen des eigenen Persönlichkeitsbildes (BVerfGE 97, 125 ≪149≫). Die Einrichtung einer Betreuung hat für den Betroffenen stigmatisierende Wirkung. Mit ihr ist die Einschätzung verbunden, der Betreute könne einen freien Willen nicht bilden. Hierdurch wird das Persönlichkeitsbild des Betroffenen negativ geprägt und beeinträchtigt. Ein solcher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur gerechtfertigt, wenn das zuständige Betreuungsgericht nach angemessener Untersuchung des Sachverhalts davon ausgehen darf, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung tatsächlich gegeben sind. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Betreuung im Wege der einstweiligen Anordnung eingerichtet wird.
Diese Vorgaben hat das Amtsgericht vorliegend nicht beachtet, sondern die Beschwerdeführerin ohne Anhörung und ärztliches Attest zur Vereinfachung der Abwicklung der von ihr geführten Betreuungsverfahren unter Betreuung gestellt. Damit hat es die Beschwerdeführerin ungerechtfertigter Weise in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt.
d) Die Beschwerdeführerin ist schließlich durch die Entscheidungen des Landgerichts Aachen und des Oberlandesgerichts Köln in ihrem Grundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG verletzt worden.
aa) Art. 19 Abs. 4 GG garantiert die Effektivität des Rechtsschutzes. Der Bürger hat einen substanziellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 35, 382 ≪401 f.≫; 104, 220 ≪231 ff.≫; stRspr).
Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes ist prinzipiell vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen. Insofern ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte bei Erledigung des Verfahrensgegenstandes einen Fortfall des Rechtsschutzinteresses annehmen (vgl. BVerfGE 104, 220 ≪232≫). Trotz Erledigung des ursprünglichen Rechtsschutzziels kann ein Bedürfnis nach gerichtlicher Entscheidung aber fortbestehen, wenn das Interesse des Betroffenen an der Feststellung der Rechtslage in besonderer Weise schutzwürdig ist (vgl. BVerfGE 104, 220 ≪232 ff.≫; BVerfGK 6, 344 ≪347≫). Dies ist unter anderem der Fall, wenn ein tiefgreifender Grundrechtseingriff vorliegt und die grundrechtsverletzende Maßnahme diskriminierenden Charakter hat, der fortwirkt (BVerfGE 104, 220 ≪234≫).
bb) Die Anordnung einer Betreuung, ohne dass hierfür die Voraussetzungen vorliegen, stellt einen solchen tiefgreifenden und fortwirkenden Grundrechtseingriff dar.
Sie erweckt den Eindruck, dass der Betroffene nicht in der Lage ist, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen. Ein solcher Eindruck wirkt nach, zumal wenn die Aufhebung der Betreuung wie bei der Beschwerdeführerin nicht mit der Begründung erfolgt, dass die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht vorgelegen haben, sondern weil eine anderweitige Vertretung des Betreuten eingerichtet worden ist. Insofern hat ein Feststellungsinteresse der Beschwerdeführerin trotz Aufhebung der Betreuung fortbestanden.
Dies haben das Landgericht und das Oberlandesgericht bei ihren Entscheidungen verkannt.
3. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Hohmann-Dennhardt, Gaier, Paulus
Fundstellen
Haufe-Index 2368741 |
NJW 2010, 3360 |
FamRZ 2010, 1624 |
FamFR 2010, 408 |