Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft Übergangsvorschriften der Agrarsozialreform 1995.
I.
1. Die Beschwerdeführerin war von 1984 bis 1991 als selbstständige Landwirtin nach § 14 Abs. 1 Buchstabe a des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (im Folgenden: GAL) in der Fassung des Dritten Agrarsozialen Ergänzungsgesetzes vom 20. Dezember 1985 (BGBl I S. 2475) zur Altershilfe der Landwirte beitragspflichtig. Zum 1. Januar 1992 übergab sie die Leitung des Hofes ihrem Ehemann, der als Nebenerwerbslandwirt von der Versicherungspflicht befreit wurde. Die Beschwerdeführerin ließ sich nach § 27 Abs. 1 Satz 1 GAL weiterversichern. Die Weiterversicherung nach dem GAL war als Pflichtversicherung ausgestaltet. Sie endete frühestens mit dem 60. Lebensjahr oder dem Beginn eines Rentenbezugs. Die Weiterversicherungserklärung war unwiderruflich.
2. Zum 1. Januar 1995 löste das durch Art. 1 des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (Agrarsozialreformgesetz 1995 – ASRG 1995) vom 29. Juli 1994 (BGBl I S. 1890) eingeführte Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) das bisherige Recht ab.
a) Einer der Kernpunkte der Agrarsozialreform war die Einführung einer Pflichtversicherung für die Ehegatten von Landwirten nach § 1 Abs. 3 ALG. § 85 ALG enthielt Befreiungsrechte für die Betroffenen. Nach dem durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung (ASRG-ÄndG) vom 15. Dezember 1995 (BGBl I S. 1814) eingefügten – inzwischen aufgehobenen – § 85 Abs. 3 a ALG konnten sie sich befreien lassen, wenn ihr Ehepartner befreiter Nebenerwerbslandwirt war, einen Hof mit niedrigem Wirtschaftswert betrieb und über ein verhältnismäßig hohes außerlandwirtschaftliches Einkommen verfügte. Eine Befreiung war nach § 85 Abs. 3 a in Verbindung mit Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ALG ausgeschlossen, wenn der Landwirtsehegatte selbst am 31. Dezember 1994 in der landwirtschaftlichen Altershilfe versichert gewesen war. Das Befreiungsrecht sollte besondere Härten bei den neu versicherungspflichtig gewordenen Landwirtsehegatten abmildern. Es sollte aber nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eng begrenzt sein und nur eingreifen, wenn die wirtschaftliche Situation eines Landwirtsehegatten und seiner Familie dadurch gekennzeichnet war, dass die wirtschaftliche Existenz und die spätere Alterssicherung auf außerlandwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit des Partners beruhten (vgl. BTDrucks 13/2747, S. 12). Eine ausdrückliche Begründung für die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit auf Ehegatten ohne landwirtschaftliche Vorversicherung enthalten die Gesetzesmaterialien nicht.
b) Außerdem schaffte das neue Recht für die Zukunft die pflichtmäßige Weiterversicherung ab, weil ein Rentenbezug nunmehr keine Beitragszahlung bis zum 60. Lebensjahr, sondern nur noch bestimmte Wartezeiten voraussetzte. § 84 Abs. 2 ALG sah übergangsrechtlich die Fortsetzung der bestehenden Weiterversicherungen vor, räumte den Betroffenen aber ein Befreiungsrecht ein, sobald sie die 15-jährige Wartezeit für eine Altersrente erfüllt hatten.
3. Die Beschwerdeführerin wurde auf ihren Antrag hin nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ALG von der Versicherungspflicht als Weiterversicherte befreit, nachdem sie die 15-jährige Wartezeit für eine Altersrente erfüllt hatte. Ihr Antrag, nach § 85 Abs. 3 a Satz 1 ALG auch von der neuen Versicherungspflicht als Landwirtsehegatte befreit zu werden, wurde dagegen abgelehnt, weil sie am 31. Dezember 1994 als Weiterversicherte alten Rechts versicherungspflichtig gewesen sei.
4. Vor den Sozialgerichten hatte die Beschwerdeführerin im Ergebnis keinen Erfolg. Allerdings gab ihr das Landessozialgericht Recht. Sie müsse in entsprechender Anwendung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ALG endgültig auch von der Versicherungspflicht nach § 1 Abs. 3 ALG befreit werden. Zwischen der Befreiungsmöglichkeit von der Weiterversicherung und der Versicherungspflicht als Landwirtsehegatte bestehe ein ungerechtfertigter Wertungswiderspruch. Der Gesetzgeber habe allen Weiterversicherten eine Befreiungsmöglichkeit einräumen wollen. Offensichtlich habe er übersehen, dass diese ins Leere laufe, wenn der weiterversicherte ehemalige Landwirt zugleich Ehegatte eines aktiven Landwirts sei. Die Zwangsversicherung als Landwirtsehegatte verliere dort ihren Sinn, wo der Versicherte selbst bereits diejenige Alterssicherung erlangt habe, die § 1 Abs. 3 ALG erst schaffen wollte.
Das Bundessozialgericht gab der Revision der Alterskasse statt. Eine planwidrige Gesetzeslücke bestehe nicht. Die Ungleichbehandlung zwischen weiterversicherten und anderen Landwirtsehegatten verletze auch nicht Art. 3 Abs. 1 GG. Bei ersteren sei der Schwerpunkt ihrer Altersvorsorge immer die landwirtschaftlichen Alterssicherung gewesen. Es sei sachgerecht, diese Absicherung fortzuführen. Die Betroffenen seien davon nicht überrascht worden, denn auch nach altem Recht habe es für Weiterversicherte keine Befreiungsmöglichkeit gegeben.
5. Mit ihrer gegen die Entscheidung des Bundessozialgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht nach § 93 a Abs. 2 BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Entscheidung des Bundessozialgerichts verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Eine für die Anwendung des Maßstabs des Art. 3 Abs. 1 GG relevante Ungleichbehandlung besteht allein innerhalb der Gruppe der in § 85 Abs. 3 a Satz 1 ALG genannten Landwirtsehegatten. Diesen steht ein Befreiungsrecht zu. Davon ausgenommen sind aber Landwirtsehegatten, die am 31. Dezember 1994 – und zwar als Weiterversicherte – selbst beitragspflichtig waren. Dagegen besteht in Bezug auf das weitere Vergleichspaar, das die Beschwerdeführerin genannt hat – mit einem aktiven Landwirt Verheiratete im Gegensatz zu sonstigen Weiterversicherten – keine an Art. 3 Abs. 1 GG zu prüfende Ungleichbehandlung. Beide Gruppen von Weiterversicherten können sich nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ALG von der Versicherungspflicht befreien lassen. Ob sie außerdem Landwirtsehegatte sind, ist bei der Anwendung dieses Tatbestandes unerheblich.
2. Die Ungleichbehandlung entspricht jedoch den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 104, 126 ≪144 f.≫). Sie ist durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt.
a) Die Versicherungspflicht der Landwirtsehegatten sollte den Bäuerinnen eine selbstständige Absicherung im Alter geben, auf diese Weise ihre regelmäßig unentgeltliche und aus Sicht des Gesetzgebers häufige und intensive Mitarbeit auf den Höfen honorieren und landwirtschaftsspezifische Nachteile beim Aufbau einer eigenen außerlandwirtschaftlichen Altersabsicherung ausgleichen. Daneben stand der Zweck, die Zahl der Beitragszahler zu erhöhen, um auf diese Weise das ins Schwanken geratene System der Altershilfe alten Rechts zu stabilisieren (vgl. BTDrucks 12/5700, S. I, 62 ff.). Mit der nachträglich eingeführten Befreiungsregelung in § 85 Abs. 3 a ALG wollte der Gesetzgeber unbillige Härten abmildern, die sich bei der Einführung des neuen Rechts gezeigt hatten. Das Befreiungsrecht sollte aber eng begrenzt sein und nur in Fällen zugebilligt werden, in denen die wirtschaftliche Situation einer Landwirtsfamilie auf außerlandwirtschaftlicher Erwerbstätigkeit des Landwirts beruhte und dessen Einkommen auch für eine Alterssicherung des Ehegatten ausreichte (vgl. BTDrucks 13/2747, S. 12). Dieses Konzept ist angesichts der grundsätzlichen Schutzbedürftigkeit nicht erwerbstätiger Landwirtsehegatten legitim und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 9. Dezember 2003 (1 BvR 558/99, Umdruck S. 23 ff.) entschieden.
b) Die Beschränkung der Befreiungsmöglichkeit des § 85 Abs. 3 a Satz 1 ALG auf Landwirtsehegatten ohne eigene landwirtschaftliche Vorversicherung war eine sachgerechte Regelung, dieses Ziel zu erreichen. Sie schloss solche Landwirtsehegatten von der Befreiung aus, die selbst einmal in der Landwirtschaft gearbeitet und dort ihre Alterssicherung aufgebaut hatten, also nicht allein auf das außerlandwirtschaftliche Einkommen des Ehepartners vertraut hatten. Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass diese Ehegatten auch nach der Übergabe des Hofes an den Partner typischerweise im Betrieb mitgearbeitet haben und daher stärker am weiteren Aufbau einer eigenen Alterssicherung gehindert waren als Ehepartner außerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs.
c) Der Ausschluss von der Befreiungsmöglichkeit führte nicht zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung. Wirtschaftlich ist die Beitragslast wegen der steuerfinanzierten Beitragszuschüsse nach § 32 ALG maßvoll. Der Beitragslast entsprechen Gegenleistungen der Alterskassen, insbesondere die mit einer verhältnismäßig guten Rendite ausgestattete Altersrente (vgl. BVerfG, a.a.O., Umdruck S. 32). Auch wenn die betroffenen Weiterversicherten die Voraussetzungen für eine Rente schon erfüllt hatten, so führten die weitere Beitragszahlung zu einer höheren Rente. Dies ist wegen der nur als Teilsicherung konzipierten Alterssicherung der Landwirte durchaus sinnvoll. Auch ist unter dem Gesichtspunkt der hier vorzunehmenden Rechtfertigungsprüfung zu berücksichtigen, dass den Betroffenen keine Befreiungsmöglichkeit genommen wurde, die sie zuvor gehabt hatten. § 85 Abs. 3 a ALG wurde von Anfang an nicht auf die betroffene Gruppe erstreckt, zu der die Beschwerdeführerin gehört. Die Befreiungsmöglichkeit für Weiterversicherte aus § 84 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ALG, die für die Beschwerdeführerin im Ergebnis wirkungslos war, hatte es vor 1995 nicht gegeben. Weiterversicherte Landwirtsehegatten hatten sich unter der Geltung des früheren Rechts darauf einzustellen, bis zu ihrem Rentenbeginn Beiträge zahlen zu müssen. Ihre rechtliche Stellung verändert sich durch die Agrarsozialreform insoweit nicht nachteilig.
3. Im Übrigen wird von einer Begründung gemäß § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt
Fundstellen