Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 25.05.2011; Aktenzeichen 3 Ws 241/11 (StVollz)) |
LG Kassel (Beschluss vom 24.01.2011; Aktenzeichen 4 StVK 333/10) |
LG Kassel (Beschluss vom 09.09.2010; Aktenzeichen 4 StVK 333/10) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 2355/10 und 2 BvR 1443/11 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Der Beschluss des Landgerichts Kassel vom 9. September 2010 – 4 StVK 333/10 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes.
Der Beschluss des Landgerichts Kassel vom 24. Januar 2011 – 4 StVK 333/10 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Mai 2011 – 3 Ws 241/11 (StVollz) – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes. Die Beschlüsse werden aufgehoben und die Sachen an das Landgericht Kassel zurückverwiesen.
Das Land Hessen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für die Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerden betreffen die Ablösung des strafgefangenen Beschwerdeführers von seiner Arbeit.
I.
1. a) Der Beschwerdeführer war seit Juni 2008 in der sogenannten kalten Küche der Justizvollzugsanstalt Kassel I beschäftigt. Am 24. August 2010 wurde ihm mündlich eröffnet, dass er ab dem 1. September 2010 von seiner Arbeitsstelle abgelöst werden solle. In der Folge wurde ihm mitgeteilt, die Ablösung sei aufgrund eines Runderlasses des hessischen Ministeriums der Justiz vom 26. August 2005 und einer Verfügung des Leiters der Justizvollzugsanstalt Kassel I vom 15. Februar 2006 erfolgt, die jeweils die Befristung von Hilfstätigkeiten im Sinne des § 41 Abs. 1 StVollzG vorsähen.
b) Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer gerichtliche Entscheidung sowie den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihn bis zur Hauptsacheentscheidung weiter in der kalten Küche zu beschäftigen. Die Ablösung von der Arbeit oder der Entzug eines Arbeitsplatzes sei nur unter den Voraussetzungen möglich, die § 49 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG für den Widerruf rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakte formuliere. Die vorgesehene Befristung der Beschäftigung sei mit den Regelungen des Strafvollzugsgesetzes nicht vereinbar. Die mit dem Verlust des Arbeitsplatzes für ihn einhergehenden Nachteile seien immens; er verliere sein Einkommen und der ratenweise Abtrag seiner Schulden werde verhindert. Dass der Arbeitsplatz befristet sei, sei ihm nicht mitgeteilt worden. Eine nachträgliche Befristung sei unzulässig.
c) Die Justizvollzugsanstalt nahm dahingehend Stellung, dass dem Beschwerdeführer zugemutet werden könne, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, und dass der Beschwerdeführer zu Recht von seinem Arbeitsplatz abgelöst worden sei. Die zeitliche Befristung des Arbeitseinsatzes in Hilfstätigkeiten entspreche dem Grundgedanken des § 41 StVollzG. In Anbetracht verschiedener Gründe, die dies sinnvoll erscheinen ließen, werde die Beschäftigungszeit von Gefangenen in Hilfstätigkeiten grundsätzlich befristet. Dem Beschwerdeführer sei in der Vollzugsplankonferenz vom 12. August 2010 deutlich gemacht worden, dass er in Kürze mit der Beendigung seiner Arbeit in der kalten Küche rechnen müsse.
2. Mit Beschluss vom 9. September 2010 wies die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurück. Die Voraussetzungen für den Erlass einer solchen Anordnung nach §§ 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG, 123 Abs. 1 VwGO lägen nicht vor. Dem Beschwerdeführer könne zugemutet werden, den Ausgang des ordentlichen Verfahrens abzuwarten, weil für eine besondere Eilbedürftigkeit keine Anhaltspunkte bestünden und die beantragte Entscheidung zudem einer Vorwegnahme der Hauptsache gleichkomme.
3. Mit weiterem Beschluss vom 24. Januar 2011 wies die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache zurück. Es sei von einem Anfechtungsantrag auszugehen. Der Beschwerdeführer habe deutlich gemacht, dass er sich gegen die Verfügung der Justizvollzugsanstalt zur Wehr setze, die ihn von seiner Tätigkeit abgelöst habe. Nach unbestrittenem Vorbringen sei ihm am 24. August 2010 die Ablösung von der Arbeit zum 31. August 2010 eröffnet worden. Der Antrag müsse aber ohne Erfolg bleiben, weil die Ablösung den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletze. Die Befristung einer Hilfstätigkeit sei grundsätzlich zulässig. Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf die Zuweisung eines bestimmten Arbeitsplatzes.
4. a) Der Beschwerdeführer erhob Rechtsbeschwerde. Das Landgericht gehe von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die Justizvollzugsanstalt sei seiner Angabe, ihm sei zum Antritt des Arbeitsverhältnisses nicht mitgeteilt worden, dass es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handele, nicht entgegengetreten. Auch aus der Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt könne entnommen werden, dass ihm die Befristung seines Arbeitsverhältnisses erst unmittelbar vor dessen Beendigung mitgeteilt worden sei. Für eine dauerhafte Ablösung von der Arbeit verlange die obergerichtliche Rechtsprechung nicht nur eine ausreichende Sachverhaltsermittlung der Vollzugsbehörde, sondern auch eine Prüfung der Widerrufsvoraussetzungen nach den auch im Strafvollzugsrecht geltenden verwaltungsrechtlichen Grundsätzen über den Widerruf begünstigender Verwaltungsakte. Über den Widerruf habe die Vollzugsbehörde unter Abwägung der Belange der Anstalt und der Interessen des Gefangenen zu entscheiden.
b) Mit angegriffenem Beschluss verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde. Die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten. Eine Befristung von Hilfstätigkeiten sei grundsätzlich zulässig.
5. Mit seinen gegen die genannten Beschlüsse gerichteten Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG sowie einen Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Mit seiner Eilentscheidung habe das Landgericht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum effektiven Rechtsschutz bei beantragter Aussetzung belastender Maßnahmen ignoriert. Im Verfahren der Hauptsache sei mit der gerichtlichen Annahme, eine zeitliche Befristung von Hilfstätigkeiten sei generell zulässig, der Gegenstand des Verfahrens verfehlt, in dem es um die nachträgliche Befristung einer ursprünglich nicht befristet zugewiesenen Beschäftigung gegangen sei. Dem diesbezüglichen Sachverhaltsvortrag des Beschwerdeführers sei die Justizvollzugsanstalt nicht entgegengetreten.
6. Die Hessische Staatskanzlei hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie hat sich zur Frage der Zulässigkeit und Begründetheit der Verfassungsbeschwerden nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerden werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden. Die Kammer nimmt sie zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerden maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt. Nach diesen Grundsätzen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig und in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinne offensichtlich begründet.
1. Der Beschluss das Landgerichts vom 9. September 2010 im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.
a) Für die Gerichte ergeben sich aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes Anforderungen auch für den vorläufigen Rechtsschutz. Die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen muss darauf ausgerichtet sein, dass der Rechtsschutz sich auch im Eilverfahren nicht in der bloßen Möglichkeit der Anrufung eines Gerichts erschöpft, sondern zu einer wirksamen Kontrolle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht führt (vgl. BVerfGE 49, 220 ≪226≫; 77, 275 ≪284≫; BVerfGK 1, 201 ≪204 f.≫; 11, 54 ≪60≫). Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ist verletzt, wenn die Gewährung von Eilrechtsschutz zu Unrecht mit der entscheidungstragenden Begründung abgelehnt wird, sie komme wegen Nichtvorliegens der besonderen Voraussetzungen für eine Vorwegnahme der Hauptsache nicht in Betracht (vgl. BVerfGK 1, 201 ≪204 f.≫; 7, 403 ≪409≫; 11, 54 ≪60 f.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2009 – 2 BvR 2347/08 –, juris Rn. 12). Eine – nur in Ausnahmefällen zulässige – Vorwegnahme der Hauptsache liegt nur dann vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme. Dies ist nicht der Fall, wenn die einstweilige Aussetzung einer Maßnahme begehrt wird, die bei entsprechendem Ausgang des Hauptsacheverfahrens wieder in Geltung gesetzt werden kann. Die bloße Tatsache, dass die vorübergehende Aussetzung als solche nicht wieder rückgängig gemacht werden kann, macht die vorläufige Regelung nicht zu einer faktisch endgültigen. Die vorläufige Aussetzung ist vielmehr, sofern die Voraussetzungen für eine stattgebende Eilentscheidung im Übrigen vorliegen, gerade der typische, vom Gesetzgeber vorgesehene Regelungsgehalt des vorläufigen Rechtsschutzes gegen belastende Maßnahmen (vgl. BVerfG, jew. a.a.O.).
b) Danach wird der im Verfahren nach § 114 StVollzG ergangene Beschluss der Strafvollstreckungskammer dem Anspruch des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz nicht gerecht.
aa) Der angegriffene Beschluss geht zu Unrecht von einem Anwendungsfall des § 114 Abs. 2 Satz 2 StVollzG in Verbindung mit § 123 Abs. 1 VwGO statt von der nach § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG zu beurteilenden Konstellation einer beantragten vorläufigen Aussetzung einer belastenden Maßnahme aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 24. März 2009 – 2 BvR 2347/08 –, juris Rn. 12).
Die Beschäftigung des Beschwerdeführers in der kalten Küche war ihm nach seinem Antragsvorbringen ohne Befristung zugewiesen worden. Offenkundig ist, wie der Beschwerdeführer, so auch das Landgericht – nachvollziehbar – davon ausgegangen, dass die Justizvollzugsanstalt mit ihrer Stellungnahme diesem Vorbringen zum Sachverhalt nicht entgegengetreten war. Gegenteiliges kann schon deshalb nicht angenommen werden, weil auch das Landgericht dieses Vorbringen mit keinem Wort angezweifelt hat. Anderenfalls hätte es im Übrigen nicht ohne Weiteres von der Unrichtigkeit der Sachverhaltsdarstellung des Beschwerdeführers ausgehen dürfen (vgl. BVerfGK 1, 201 ≪207≫; 2, 318 ≪324 f.≫).
Auszugehen war demnach davon, dass das in der Hauptsache verfolgte Begehren sich – unabhängig von der Antragsformulierung, die im wohlverstandenen Interesse des Beschwerdeführers auszulegen war (vgl. BVerfGE 122, 190 ≪198≫; BVerfGK 7, 403 ≪408≫) – der Sache nach auf die Aufhebung einer belastenden Maßnahme, nämlich der Ablösung aus dem Arbeitsverhältnis, richtete (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 1993 – 2 BvR 2212/93 –, NJW 1994, S. 717 ≪718 f.≫ für die Ablösung von der Arbeit; BVerfGK 7, 403 ≪408 f.≫ für den Widerruf der Erlaubnis zum Besitz bestimmter Gegenstände; BVerfGK 11, 54 ≪61≫ für die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt). Dass der Beschwerdeführer im Falle der Aufhebung dieser Ablösungsentscheidung weiter zu beschäftigen wäre, macht aus seinem Begehren kein Verpflichtungsbegehren; vielmehr liegt darin lediglich eine Beseitigung der Vollzugsfolgen (vgl. BVerfGK 11, 54 ≪61≫).
Das Antragsbegehren im Eilverfahren war folglich auf die vorläufige Aussetzung der angegriffenen Maßnahme gerichtet. Das Gericht hätte daher, ohne insoweit durch den Gesichtspunkt einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache gebunden zu sein (s.o. unter a)), gemäß § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG prüfen müssen, ob die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung eines Rechts des Beschwerdeführers vereitelt oder wesentlich erschwert wird, und ob der Aussetzung ein höher zu bewertendes Interesse an dem sofortigen Vollzug nicht entgegensteht. Dabei kann auch eine Rolle spielen, ob nach einer summarischen Prüfung der Antragsteller mit seinem Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg haben wird (vgl. Arloth, StVollzG, 3. Auflage 2011, § 114 Rn. 3). Indem das Gericht die danach erforderliche Interessenabwägung unterlassen hat, ist es den verfassungsrechtlichen Anforderungen an einen effektiven vorläufigen Rechtsschutz nicht gerecht geworden.
bb) Der Ausfall der notwendigen Prüfung als Folge unzutreffend unterstellter Vorwegnahme der Hauptsache ist nicht deshalb unschädlich, weil das Landgericht zur Begründung seiner Entscheidung zusätzlich angeführt hat, der Beschwerdeführer habe zu einer besonderen Eilbedürftigkeit nichts vorgetragen, denn auch diese Erwägung ist nicht geeignet, den Beschluss zu tragen. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer auf eine besondere Dringlichkeit wegen bestehender finanzieller Verpflichtungen hingewiesen hatte, liegt in der nach § 114 Abs. 2 Satz 1 StVollzG zu beurteilenden Konstellation, in der eine den Betroffenen beeinträchtigende Maßnahme bereits vollzogen wird, die Notwendigkeit sofortigen richterlichen Handelns zur Abwehr eines Eingriffs in dessen Rechtsposition regelmäßig auf der Hand (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. September 1994 – 2 BvR 1958/93 –, ZfStrVo 1995, S. 371 ≪374≫).
2. Auch der Beschluss des Landgerichts vom 24. Januar 2011 im Hauptsacheverfahren, der im Ansatz zutreffend davon ausgeht, dass mit dem Antrag auf Aufhebung der Ablösungsentscheidung ein Anfechtungsantrag vorliege, hält einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Er verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
a) Soll eine einmal gewährte Rechtsposition wieder entzogen werden, so ist das – grundrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgende – Gebot des Vertrauensschutzes zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 59, 128 ≪164 f.≫ m.w.N.). Dieses fordert nicht, dass jegliche einmal erworbene Rechtsposition Bestand hat; es nötigt aber zu der an den Kriterien der Verhältnismäßigkeit und der Zumutbarkeit ausgerichteten, im Einzelfall vorzunehmenden Prüfung, ob jeweils die Belange des Allgemeinwohls oder das Interesse des Einzelnen am Fortbestand einer Rechtslage, auf die er sich eingerichtet hat und auf die er vertraute, den Vorrang verdienen (vgl. BVerfGE 59, 128 ≪166≫).
b) Diesen Grundsätzen, die auch für Maßnahmen im Strafvollzug gelten (vgl. BVerfGK 3, 105 ≪106 f.≫ m.w.N.), hat die Strafvollstreckungskammer nicht Rechnung getragen. Sie hat ausschließlich die rechtliche Möglichkeit einer Befristung der Zuteilung einer Hilfstätigkeit im Sinne des § 41 Abs. 1 Satz 2 StVollzG und die Ansprüche eines Gefangenen im Hinblick auf die Zuteilung von Arbeit thematisiert, ohne zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers in der kalten Küche ihm nach seinem Vortrag gerade ohne erkennbare Befristung zugewiesen worden war. Auf der Grundlage des diesbezüglich, soweit ersichtlich, zugrundegelegten Sachverhaltes (s.o. unter II.1.b)aa)) hätte das Landgericht prüfen müssen, ob es für eine nachträgliche Befristung als (Teil-)Widerruf einer den Beschwerdeführer begünstigenden Regelung eine Rechtsgrundlage gab, ob deren Voraussetzungen vorlagen und ob die nachträgliche Befristung den Interessen des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der Grundsätze des Vertrauensschutzes angemessen Rechnung trug (vgl. zur Bedeutung des Vertrauensschutzes bei der Ablösung vom Arbeitsplatz OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 3. August 2005 – 1 Ws 61/05 –, ZfStrVo 2006, S. 302 ≪302 f.≫, und vom 29. Juni 2005 – 1 Ws 291/04 –, NStZ-RR 2005, S. 389 ≪389 f.≫; bei anderen Widerrufsmaßnahmen KG, Beschlüsse vom 20. April 2006 – 5 Ws 598/05 Vollz –, StV 2007, S. 313 ≪314 f.≫, und vom 13. April 2006 – 5 Ws 70/06 Vollz –, NStZ 2006, S. 695 ≪695 f.≫; OLG Hamm, Beschluss vom 24. März 1995 – 1 Vollz (Ws) 226/94 –, NStZ 1996, S. 253 ≪254≫).
3. Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 25. Mai 2011 verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG.
a) Zwar fordert Art. 19 Abs. 4 GG keinen Instanzenzug. Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger auch insoweit eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 ≪274 f.≫; 54, 94 ≪96 f.≫; 122, 248 ≪271≫; stRspr). Die Rechtsmittelgerichte dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch die Art und Weise, in der sie die gesetzlichen Voraussetzungen für den Zugang zu einer Sachentscheidung auslegen und anwenden, ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen; der Zugang zu den in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanzen darf nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig gemacht oder in einer durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigenden Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 96, 27 ≪39≫; 117, 244 ≪268≫; 122, 248 ≪271≫; stRspr).
b) Nach diesem Maßstab ist der Beschluss des Oberlandesgerichts mit Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Der Beschwerdeführer hatte mit seiner Rechtsbeschwerde die Nichtbeachtung der Anforderungen an den Widerruf einer begünstigenden behördlichen Entscheidung gerügt und sogar auf hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und eines Oberlandesgerichts hingewiesen. Weshalb damit die besondere Zulässigkeitsvoraussetzung des § 116 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG nicht ausreichend dargelegt sein sollte, ist nicht erkennbar. Der mit der Rechtsbeschwerde zur Überprüfung gestellte landgerichtliche Beschluss vom 24. Januar 2011 wich erkennbar von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (zur Bedeutung einer solchen Abweichung für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde vgl. OLG Celle, Beschluss vom 7. Juli 2006 – 1 Ws 288/06 (StrVollz) –, StV 2007, S. 203 ≪203≫) wie auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung zum Vertrauensschutz ab. Anhaltspunkte dafür, dass eine Nachprüfung im Hinblick auf fehlende Erwartbarkeit eines erneuten Auftretens des Fehlers nicht geboten wäre (vgl. BVerfGK 13, 438 ≪441 f.≫; 15, 577 ≪583 f.≫), sind nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen überspannt die Annahme des Oberlandesgerichts, die Nachprüfung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung sei weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten (§ 138 Abs. 3, § 116 Abs. 1 StVollzG), die Anforderungen an die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in einer mit dem Grundrecht des Beschwerdeführers auf effektiven Rechtsschutz unvereinbaren Weise.
III.
1. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen auf den festgestellten Grundrechtsverstößen. Gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG sind sie aufzuheben und ist die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
2. Die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren sind dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG zu erstatten.
Unterschriften
Lübbe-Wolff, Huber, Kessal-Wulf
Fundstellen