Verfahrensgang
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.02.2008; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.01.2008; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.12.2007; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.10.2007; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 23.07.2007; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.03.2007; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.05.2005; Aktenzeichen 2 Ausl A 10/05) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft die weitere Fortdauer von Auslieferungshaft zur Sicherung der Auslieferung des Beschwerdeführers an die Republik Türkei.
I.
Der Beschwerdeführer wird in der Türkei wegen Mitgliedschaft in der PKK strafrechtlich verfolgt. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland im Februar 2005 wurde er aufgrund eines Haftbefehls des Bundesgerichtshofes in Untersuchungshaft genommen und im Dezember 2005 wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung als Rädelsführer zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Im Auslieferungsverfahren ordnete das Oberlandesgericht zunächst die vorläufige und – nach Eingang des Auslieferungsersuchens – die förmliche Auslieferungshaft an. Die Auslieferungshaft wird vollstreckt, seit das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 6. Februar 2007 die Vollstreckung des Strafrestes aus dem genannten Urteil zur Bewährung ausgesetzt hat.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 4. Mai 2005 erklärte das Oberlandesgericht die Auslieferung für zulässig. Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer im Juni 2005 Gegenvorstellung. Darin sowie in weiteren Schriftsätzen brachte er diverse Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung vor. Es bestehe Anlass zu einer Überprüfung des Tatverdachts nach § 10 Abs. 2 IRG, da die Auslieferungsunterlagen in sich unstimmig seien. Des Weiteren müsse er befürchten, im Falle seiner Auslieferung Folter oder sonstiger unmenschlicher Behandlung, nicht zuletzt aufgrund der in der Türkei vorherrschenden Haftbedingungen, ausgesetzt zu werden. Das Oberlandesgericht führte daraufhin weitere Ermittlungen durch und wies mit Beschluss vom 23. Mai 2007 die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Zulässigkeit der Auslieferung zurück. Zwei gegen die Zulässigkeitsentscheidungen gerichtete Verfassungsbeschwerden nahm die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts jeweils nicht zur Entscheidung an, weil sie unzulässig waren.
Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung ist Gegenstand einer von dem Beschwerdeführer bei dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anhängig gemachten Individualbeschwerde. Unter dem 3. Oktober 2007 entschied der Präsident der zuständigen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gemäß Art. 39 der Verfahrensordnung dieses Gerichtshofes, dass der Beschwerdeführer bis auf weiteres nicht ausgeliefert werden dürfe. Im weiteren Verlauf des Verfahrens teilte die Bundesregierung dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in einer Stellungnahme vom 13. Dezember 2007 unter anderem mit, dass das Bewilligungsverfahren derzeit durchgeführt werde, von einer Überstellung des Beschwerdeführers jedoch bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Individualbeschwerde abgesehen werde.
Einen ersten Antrag des Beschwerdeführers, den Auslieferungshaftbefehl auszusetzen, hilfsweise außer Vollzug zu setzen, lehnte das Oberlandesgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 1. März 2007 ab; zugleich ordnete es die Fortdauer der Auslieferungshaft an. Eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers nahm die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit nicht begründetem Beschluss vom 5. April 2007 (2 BvR 623/07) nicht zur Entscheidung an.
Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 23. Juli 2007 ordnete das Oberlandesgericht die weitere Fortdauer der Auslieferungshaft an. Es bestehe nach wie vor die Gefahr, dass sich der Beschwerdeführer dem Auslieferungsverfahren entziehen werde. Angesichts der Erheblichkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten und der in Kürze zu erwartenden Entscheidung über die Bewilligung sei die Verhältnismäßigkeit der Haftdauer noch gewahrt.
Unter dem 4. Oktober 2007 beantragte der Beschwerdeführer, „den Auslieferungshaftbefehl vom 20. April 2005 in Gestalt des Beschlusses vom 1. März 2007 aufzuheben”, hilfsweise den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls gegen Auflagen auszusetzen. Zur Begründung führte er aus, nach Angaben des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte werde das dortige Verfahren zwar vorrangig bearbeitet, eine endgültige Entscheidung könne jedoch nicht vor März 2008 erwartet werden. Wegen der Dauer dieses Verfahrens und der Anordnung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die Auslieferung zunächst nicht zu vollziehen, welche auch in einem eventuellen Berufungsverfahren erwartet werden könne, sei die weitere Aufrechterhaltung der Haft nicht zu verantworten. Außerdem könne der Zweck der Auslieferungshaft auch durch weniger einschneidende Maßnahmen sichergestellt werden.
Diesen Antrag lehnte das Oberlandesgericht mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 17. Oktober 2007, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers zugegangen am 25. Oktober 2007, ab. Zugleich ordnete es wiederum die Fortdauer der Auslieferungshaft an. Die Bewilligung der Auslieferung stehe nach wie vor im Raum. Angesichts der Erheblichkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten bestehe die Gefahr, dass er sich dem Auslieferungsverfahren entziehen werde. Dem könne durch weniger einschneidende Maßnahmen nicht begegnet werden. Auch wenn eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte nicht vor März 2008 zu erwarten sei, sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Die Fortdauer der Auslieferungshaft sei daher anzuordnen. Eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde nahm die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluss vom 6. Dezember 2007 nicht zur Entscheidung an, weil der Subsidiaritätsgrundsatz nicht gewahrt war (2 BvR 2316/07).
Mit weiterem, ebenfalls angegriffenem Beschluss vom 13. Dezember 2007, dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers ausweislich des Posteingangsstempels zugegangen am 20. Dezember 2007, ordnete das Oberlandesgericht wiederum die Fortdauer der Auslieferungshaft an, da nach wie vor die Gefahr bestehe, dass sich der Beschwerdeführer dem Auslieferungsverfahren entziehen werde. Die Verhältnismäßigkeit sei angesichts der Erheblichkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten gewahrt.
Unter dem 20. Dezember 2007 beantragte der Beschwerdeführer erneut, „den Auslieferungshaftbefehl vom 20. April 2005 in Gestalt des Beschlusses vom 4. Oktober 2007, vom 17. Oktober 2007 sowie 13. Dezember 2007 gemäß § 15 Abs. 2 IRG aufzuheben”, hilfsweise den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls gegen Auflagen auszusetzen. Dieser Antrag sei zugleich als gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 17. Oktober 2007 gerichtete Gehörsrüge im Sinne des § 77 IRG in Verbindung mit § 33a StPO anzusehen. Das Oberlandesgericht habe die vielfältigen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Auslieferung, insbesondere die nicht zuletzt durch gutachtliche Stellungnahmen eines sogenannten Asylsachverständigen gestützten Anhaltspunkte für eine Manipulation des gegen den Beschwerdeführer geführten Strafverfahrens nicht zur Kenntnis genommen. Insofern wiederholt der Beschwerdeführer die im früheren fachgerichtlichen Verfahren sowie in den früheren Verfassungsbeschwerden angeführten Gesichtspunkte. Vor dem Hintergrund dieser Einwände sei es nicht mehr nachvollziehbar und daher als willkürlich anzusehen, dass das Oberlandesgericht in dem Beschluss vom 1. März 2007 ausgeführt habe, Anlass zu einer Prüfung des Tatverdachts bestehe nicht. Auch sei es nicht mehr nachvollziehbar, dass das Oberlandesgericht in dem genannten Beschluss ausgeführt habe, angesichts der Verurteilung des Beschwerdeführers in Deutschland seien diesem die ihm in der Republik Türkei zur Last gelegten Vorwürfe „nicht fremd”. Das Oberlandesgericht hätte im Hinblick auf § 15 Abs. 2 IRG Anlass gehabt, vor der Entscheidung über den Antrag vom 4. Oktober 2007 zu prüfen, ob der Beschwerdeführer der ihm vorgeworfenen Tat hinreichend verdächtig ist. Darüber hinaus sei die Dauer der Haft unverhältnismäßig; insofern wiederholte der Beschwerdeführer den Vortrag aus dem Antrag vom 4. Oktober 2007. Ergänzend führte er aus, soweit das Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang auf die Erheblichkeit der dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Taten verweise, verletze es sein Gehörsrecht, da er umfassend vorgetragen habe, dass es sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit um manipulierte Vorwürfe handele. Schließlich spreche auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer fürchten müsse, nach der Haftentlassung als Dissident der PKK von Angehörigen dieser Organisation ermordet zu werden, und daher auf polizeilichen Schutz angewiesen sei, gegen die Annahme des Oberlandesgerichts, dass er untertauchen könnte.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 8. Januar 2008 lehnte das Oberlandesgericht diesen Antrag ab. Das Gericht halte die Auslieferung nach wie vor für zulässig. Der Beschwerdeführer sei in seinem Gehörsrecht nicht verletzt; die im Antrag vom 20. Dezember 2007 angeführten Umstände seien bereits bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung und die hiergegen erhobenen Einwände berücksichtigt worden. In Ermangelung neuer Umstände bestehe keine Veranlassung zu einer abweichenden Bewertung. Angesichts der Erheblichkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten sei die Fortdauer der Auslieferungshaft auch verhältnismäßig.
Mit Beschluss vom 7. Februar 2008 schließlich ordnete das Oberlandesgericht wiederum die Fortdauer der Auslieferungshaft an. Dabei verweis es auf die in den früheren Beschlüssen gegebene Begründung und führte ergänzend aus, die Bundesregierung werde den Ausgang des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abwarten, bevor über die Bewilligung entschieden werde. Die Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer sei angesichts der Erheblichkeit der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten gewahrt.
Entscheidungsgründe
II.
In seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer, die Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung des Haftbefehls im Beschluss vom 8. Januar 2008 verletze ihn in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Art. 104 Abs. 1 GG.
Das Grundrecht auf Freiheit der Person sei zum einen deshalb verletzt, weil eine Vielzahl von Gründen dafür spreche, dass die Auslieferung im Sinne von § 15 Abs. 2 IRG von vorne herein nicht zulässig sei. Das Auslieferungsersuchen sei missbräuchlich und dem Beschwerdeführer drohten in der Republik Türkei ein rechtsstaatswidriges Verfahren sowie die Anwendung von Folter. Die insoweit maßgeblichen Umstände seien im fachgerichtlichen Verfahren im Einzelnen dargelegt worden. In der Sache wiederholt der Beschwerdeführer in seiner Verfassungsbeschwerdeschrift teils wortgleich die bereits im fachgerichtlichen Verfahren über die Zulässigkeit der Auslieferung, den früheren Verfassungsbeschwerden und in seinen Anträgen vom 4. Oktober 2007 und 20. Dezember 2007 vorgebrachten Argumente einschließlich der in dem zuletzt genannten Antrag erhobenen Rüge einer Verletzung des Gehörsrechts des Beschwerdeführers.
Weiter verletze die „eingeschlagene Verfahrensweise” auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Auslieferung dürfe bis zu einer Entscheidung über die Individualbeschwerde nicht vollzogen werden. Mit dieser sei nunmehr nicht vor dem Sommer 2008 zu rechnen. Bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte würde der Beschwerdeführer „nahezu zwei Jahre Auslieferungshaft erlitten haben”. Dies sei unter keinem Gesichtspunkt verhältnismäßig.
Mit Schriftsatz vom 20. Februar 2008, eingegangen am 25. Februar 2008, hat der Beschwerdeführer den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 7. Februar 2008 vorgelegt und diesen „zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens” gemacht.
III.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG sind nicht erfüllt. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat (BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).
1. Soweit sie sich gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts vom 4. Mai 2005, vom 1. März 2007, vom 23. Juli 2007 sowie vom 13. Dezember 2007 richtet, ist die am 8. Februar 2008 eingegangene Verfassungsbeschwerde unzulässig, da insofern die Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG nicht gewahrt ist. Ob dies auch hinsichtlich des Beschlusses vom 17. Oktober 2007 gilt oder ob insofern der erst nach Ablauf der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG gestellte Antrag vom 20. Dezember 2007 auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 77 IRG in Verbindung mit § 33a StPO die Verfassungsbeschwerdefrist offen gehalten hat, kann hier dahinstehen (offen gelassen auch in BVerfGE 19, 198 ≪200≫; BVerfGK 3, 159 ≪163≫; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juni 1987 – 2 BvR 1389/86 –, JURIS; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. September 1997 – 2 BvQ 23/97 –, JURIS), denn die Verfassungsbeschwerde hat insofern sowie im Hinblick auf den Beschluss vom 8. Januar 2008 sowie den Beschluss vom 7. Februar 2008 jedenfalls in der Sache zurzeit keinen Erfolg.
2. Das Gehörsrecht des Beschwerdeführers ist nicht verletzt. Der Gehörsgrundsatz verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der von dem Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 ≪12≫; 87, 1 ≪33≫). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt auch keine Pflicht der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (vgl. BVerfGE 65, 293 ≪295≫; 86, 133 ≪145 f.≫; 96, 205 ≪216≫; stRspr). Art. 103 Abs. 1 GG schützt weiterhin auch nicht davor, dass das Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt bleibt, etwa weil es nach Ansicht des Gerichts für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist (BVerfGE 21, 191 ≪194≫; 69, 145 ≪148 f.≫; 70, 288 ≪294≫; 96, 205 ≪216≫; stRspr). Dabei ist die Anwendung der entsprechenden Vorschriften des einfachen Rechts grundsätzlich Sache der Fachgerichte und der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht weitgehend entzogen. Das Bundesverfassungsgericht kann erst eingreifen, wenn erkennbar wird, dass die Fachgerichte bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts die Bedeutung des in Rede stehenden Verfassungsrechts – hier also des Gehörsrechts des Art. 103 Abs. 1 GG – grundlegend verkannt haben (stRspr; vgl. etwa BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 99, 145 ≪160≫).
Gemessen an diesen Maßstäben ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht in den Beschlüssen vom 17. Oktober 2007, vom 8. Januar 2008 und vom 7. Februar 2008 die Frage, ob die Auslieferung im Sinne des § 15 Abs. 2 IRG von vornherein unzulässig ist, nicht erneut geprüft hat. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 4. Mai 2005 die Auslieferung für zulässig erklärt und die von dem Beschwerdeführer dagegen erhobenen Einwendungen mit Beschluss vom 23. Mai 2007 zurückgewiesen. Diese Beschlüsse sind mit innerstaatlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbar. Eine Abänderung ist nach der gesetzlichen Regelung im IRG nur möglich, wenn nachträglich neue entscheidungserhebliche Umstände entweder auftreten (§ 33 Abs. 1 IRG) oder aber bekannt werden (§ 33 Abs. 2 IRG). Wenn das Oberlandesgericht in seinem Beschluss vom 8. Januar 2008 ausführt, dass es „in Ermangelung neuer Umstände keine Veranlassung zu einer abweichenden Bewertung der Zulässigkeit der Auslieferung” sieht, greift es diese gesetzliche Wertung auf. Dass die Voraussetzungen des § 33 IRG hier erfüllt wären, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen. Es stellt daher keinen Gehörsverstoß dar, dass das Oberlandesgericht in den hier angegriffenen Haftentscheidungen die Zulässigkeit der Auslieferung nicht erneut thematisiert und den entsprechenden Vortrag des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen hat. Aus den gleichen Gründen ist auch das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG nicht verletzt, denn es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht auf der Grundlage der rechtskräftigen Zulässigkeitsentscheidung und in Ermangelung nachträglich eingetretener oder bekannt gewordener Umstände im Sinne des § 33 IRG den Ausschlusstatbestand des § 15 Abs. 2 IRG ohne weiteres als nicht erfüllt angesehen hat.
3. Eine Verletzung des Grundrechts auf Freiheit der Person aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG lässt sich derzeit auch nicht im Hinblick auf die Dauer der Auslieferungshaft von aktuell etwas über einem Jahr feststellen.
Die Aufrechterhaltung der Auslieferungshaft greift in das Grundrecht auf persönliche Freiheit ein. Sie darf nur aufgrund eines Gesetzes und nur dann angeordnet werden, wenn überwiegende Belange des Gemeinwohls dies zwingend gebieten (vgl. BVerfGE 61, 28 ≪32≫). Die gesetzliche Grundlage ist § 15 Abs. 1 IRG, wonach gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft dann angeordnet werden darf, wenn die Gefahr besteht, dass er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde. Die Auslieferungshaft ist als Maßnahme der internationalen Rechtshilfe Teil der gegen den Verfolgten durchgeführten Strafverfolgung insgesamt. Sie unterliegt von Verfassungs wegen dem Gebot größtmöglicher Verfahrensbeschleunigung. Ab einer notwendigen Mindestdauer des Verfahrens müssen besondere, das Auslieferungsverfahren selbst betreffende Gründe vorliegen, um die weitere Vollstreckung der Auslieferungshaft zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 61, 28 ≪34≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 3. Februar 2000 – 2 BvR 66/00 –, JURIS). Ob die Verzögerungen die Schwelle der Verhältnismäßigkeit überschreiten, richtet sich nach den Umständen des Falles, insbesondere dem Zeitaufwand für die Aufklärung der Auslieferungsvoraussetzungen (vgl. BVerfGE 61, 28 ≪34 f.≫). Auch die Mitwirkung des Verfolgten und die Schwere des Tatvorwurfs sind zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Juli 1999 – 2 BvR 898/99 –, NJW 2000, S. 1252). Eine starre Grenze kann wegen der zahlreichen Besonderheiten, die sich in einem Auslieferungsverfahren ergeben können, nicht gezogen werden (BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Februar 2006 – 2 BvR 155/06 –, JURIS; vgl. auch die Gesetzesbegründung zu § 26 – in der Zählung der Entwurfsfassung § 25 – IRG: BTDrucks 9/1338, S. 53).
An diesen Maßstäben gemessen ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht die Verhältnismäßigkeit der Dauer der Auslieferungshaft noch als gewahrt angesehen hat. Insbesondere begegnet es keinen Bedenken, dass es insofern maßgeblich auf die Erheblichkeit der in der Republik Türkei gegen den Beschwerdeführer erhobenen Vorwürfe abgestellt hat. Der Beschwerdeführer kann hiergegen nicht einwenden, dass die Vorwürfe in der Türkei manipuliert seien. Der Beschwerdeführer hat diesen Einwand bereits im Verfahren über die Zulässigkeit der Auslieferung erhoben. Das Oberlandesgericht hat gleichwohl die Zulässigkeit der Auslieferung bejaht und keine Anhaltspunkte für eine Prüfung des Tatverdachts im Sinne des § 10 Abs. 2 IRG gesehen. Verfassungsgerichtlichen Rechtsschutz hiergegen hat der Beschwerdeführer nicht rechtzeitig in zulässiger Weise gesucht. Das Oberlandesgericht war, wie oben ausgeführt, von Verfassungs wegen auch nicht gehalten, im Rahmen der angegriffenen Haftentscheidungen die Frage der Zulässigkeit der Auslieferung erneut zu prüfen. Es musste sich daher auch nicht (erneut) mit der Behauptung des Beschwerdeführers zu möglichen Manipulationen des Tatvorwurfs auseinandersetzen und war infolgedessen auch nicht daran gehindert, die Erheblichkeit des Tatvorwurfs in die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Haftfortdauer einzubeziehen. Dass der in der Republik Türkei gegen den Beschwerdeführer erhobene Vorwurf per se ungeeignet wäre, die derzeitige Dauer der Auslieferungshaft zu rechtfertigen, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen.
Auch im Übrigen sind auf der Grundlage des Vortrags des Beschwerdeführers keine Gesichtspunkte erkennbar, die die derzeitige Dauer der Auslieferungshaft als unverhältnismäßig erscheinen ließen. Die Entscheidung über die Zulässigkeit wurde endgültig mit dem Beschluss des Oberlandesgerichts vom 23. Mai 2007, mit dem die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den Beschluss vom 4. Mai 2005 zurückgewiesen worden waren, mithin nach einer Auslieferungshaft von weniger als vier Monaten getroffen. Die letzte hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde wurde mit Beschluss der 1. Kammer des Zweitens Senats vom 20. September 2007 (2 BvR 1539/07) nicht zur Entscheidung angenommen. Dass die Auslieferung trotz der mit innerstaatlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbaren Zulässigkeitsentscheidung bislang nicht vollzogen worden ist, gründet sich auch nach dem Vortrag des Beschwerdeführers maßgeblich darauf, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gemäß Art. 39 seiner Verfahrensordnung die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert hat, den Beschwerdeführer vorerst nicht an die Türkei auszuliefern. Anhaltspunkte dafür, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angesichts der Umstände des Falles nicht gerechtfertigt und die weitere Fortdauer der Auslieferungshaft daher aus diesem Grund nicht mehr als verhältnismäßig anzusehen wäre, hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen.
Allerdings wird das Oberlandesgericht diesen Gesichtspunkt bei künftigen Haftentscheidungen mit in den Blick nehmen müssen. Ebenso wird es der Frage, in welchem Stand sich das von der Bundesregierung betriebene Bewilligungsverfahren befindet, näher nachzugehen haben. Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verpflichtet auch die Bundesregierung zu einem Abschluss des Bewilligungsverfahrens innerhalb einer den jeweiligen Umständen des Einzelfalls angemessenen Zeit. Im vorliegenden Fall hat die Bundesregierung dabei zwar die auch sie bindende (vgl. BVerfGE 111, 307 ≪316≫), von dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bezeichnete vorläufige Maßnahme zu berücksichtigen und zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit diese einer Bewilligung wegen der damit verbundenen völkerrechtlichen Wirkungen (vgl. BVerfGE 50, 244 ≪248 f.≫) entgegensteht. Dies rechtfertigt aber jedenfalls nicht einen allgemeinen Stillstand des Bewilligungsverfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte über die Individualbeschwerde des Beschwerdeführers, zumal die vorläufige Maßnahme zumindest einer negativen Bewilligungsentscheidung, welche das Auslieferungsverfahren beenden würde (vgl. BVerfGE 50, 244 ≪249≫) und damit den Grund für die Auslieferungshaft entfallen ließe (§ 15 Abs. 1 IRG), nicht entgegensteht.
Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hassemer, Di Fabio, Landau
Fundstellen