Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbringung in psychatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Abs. 2 StGB zur Bewährung

 

Beteiligte

Rechtsanwalt Hans Meyer-Mews

 

Verfahrensgang

OLG Bremen (Beschluss vom 11.12.2001; Aktenzeichen Ws 140/01 (BL 172/01))

AG Bremerhaven (Beschluss vom 06.09.2001; Aktenzeichen (Gr.) StVK 118/00)

 

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

Die unter Würdigung vielfältiger Umstände zu treffende Entscheidung, ob die Maßregel der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 67d Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden kann, obliegt in erster Linie den Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht wacht nur darüber, dass der zuständige Richter der verfassungsrechtlichen Freiheitsgarantie des Untergebrachten bei seiner Entscheidungsfindung hinreichendes Gewicht beilegt; es hat nur dann einzuschreiten, wenn sich feststellen lässt, dass dies nicht der Fall war. Da es sich um eine wertende Entscheidung handelt, die nach ausfüllungsbedürftigen Kriterien und unter Prognosegesichtspunkten fällt, kann das Bundesverfassungsgericht sie nicht in allen Einzelheiten, sondern nur daraufhin nachprüfen, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat und ob die dabei zugrunde gelegten Bewertungsmaßstäbe der Verfassung entsprechen, insbesondere Inhalt und Tragweite des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht verkennen (vgl. BVerfGE 27, 211 ≪219≫; 70, 297 ≪314 f.≫).

Im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verlangt das Spannungsverhältnis zwischen dem Freiheitsanspruch des betroffenen Einzelnen und dem Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit vor zu erwartenden Rechtsgutsverletzungen nach gerechtem und vertretbarem Ausgleich. Je länger die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus andauert, umso strenger werden die Voraussetzungen für die Verhältnismäßigkeit des Freiheitsentzuges sein (BVerfGE 70, 297 ≪315≫). Daher haben sich die Gerichte eine ausreichende Tatsachengrundlage zu verschaffen und darzulegen, aufgrund welcher Tatsachen die Gefahr von Straftaten mit welcher Wahrscheinlichkeit besteht (BVerfGE 70, 297 ≪311 ff.≫).

Diesen Maßstäben genügen die angegriffenen Entscheidungen. Die Strafvollstreckungskammer hat sich eine ausreichende Tatsachengrundlage dadurch verschafft, dass sie einen anstaltsfremden Sachverständigen hinzuzog, der sich eingehend auch mit den in der Vergangenheit erstatteten Gutachten auseinander gesetzt hat. Sie ist insbesondere auf der Grundlage dieses Gutachtens und des Vollzugsverhaltens des Beschwerdeführers zu der Überzeugung gelangt, dass dieser in Folge seiner Persönlichkeitsstörung sowie einer multiplen Störung seiner Sexualpräferenz „höchst wahrscheinlich” im Falle seiner Entlassung binnen kurzer Zeit wieder Vergehen des sexuellen Missbrauchs und Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern begehen werde, und hat dies ausführlich begründet. Ferner hat sie sich eingehend mit der bisherigen Therapieuneinsichtigkeit des Beschwerdeführers auseinander gesetzt. Dass angesichts dieser Umstände der hohen Gefahr von erheblichen Straftaten durch Hilfen außerhalb des Maßregelvollzugs – insbesondere durch eine Therapieweisung im Rahmen der Führungsaufsicht – nicht in ausreichendem Maße begegnet werden kann, lag im konkreten Fall derart nahe, dass dies keiner ausdrücklichen Erörterung mehr in den Beschlussgründen bedurfte.

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Limbach, Hassemer, Mellinghoff

 

Fundstellen

Dokument-Index HI708123

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