Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschiedliche Berücksichtigung von Drittschenkungen und Ehegattenschenkungen
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 03.01.1990; Aktenzeichen 5 U 185/89) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Gründe
Das angefochtene Urteil verletzt die Beschwerdeführerin nicht in ihren Grundrechten aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Das Oberlandesgericht hat die Vorschrift des § 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgelegt und angewendet; insbesondere hat es die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG zutreffend bejaht.
Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet den Schutz von Ehe und Familie. Damit ist dem Staat die Aufgabe zugewiesen, Ehe und Familie vor Beeinträchtigung durch andere Kräfte zu bewahren und durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Zugleich verbietet das Grundrecht dem Staat, die Ehe zu schädigen oder sonst zu beeinträchtigen. Diesem Gebot des Ehe- und Familienschutzes widerspricht es aber nicht in jedem Falle, wenn der Staat die normalerweise vorauszusetzende Lebens- und Interessengemeinschaft der Ehegatten und die sich daraus ergebende wirtschaftliche Situation bei einer gesetzlichen Regelung berücksichtigt; das bedarf jedoch einleuchtender Sachgründe, die erkennen lassen, daß eine für Ehegatten ungünstigere Regelung ihren Grund in der durch die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekennzeichneten besonderen Situation der Ehegatten hat. Die Berücksichtigung dieser besonderen Lage muß gerade im konkreten Sachverhalt den Gerechtigkeitsvorstellungen der Allgemeinheit entsprechen und darf nicht als Diskriminierung der Ehe erscheinen (vgl. BVerfGE 24, 104 ≪109≫)
§ 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB beeinträchtigt diesen Gewährleistungsbereich nicht. Die Vorschrift bewirkt zwar eine unterschiedliche Berücksichtigung von Drittschenkungen und Ehegattenschenkungen im Rahmen der Pflichtteilsergänzung; diese trifft jedoch den Erben als Schuldner der Pflichtteilsergänzung und nicht den beschenkten Ehegatten. Das gilt auch, wenn der beschenkte Ehegatte zugleich Erbe des Erblassers geworden ist. Denn auch in diesem Falle schuldet er die Pflichtteilsergänzung als Erbe und nicht als der frühere Ehegatte des Erblassers. Eine für Ehegatten ungünstige Regelung, die den Gewährleistungsbereich des Art. 6 Abs. 1 GG berühren würde, liegt mithin nicht vor.
Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt. Dieses Grundrecht gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches nicht willkürlich gleich zu regeln. Das Verbot willkürlicher Regelungen wird nicht schon dadurch verletzt, daß der Gesetzgeber im konkreten Falle die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung verfehlt. Willkür liegt nur dann vor, wenn sich ein hinreichender, sachgerechter Grund für die gesetzliche Differenzierung nicht finden läßt (st. Rspr. vgl. BVerfGE 78, 232 ≪248≫).
§ 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB bewirkt keine willkürliche Ungleichbehandlung von Ehegattenschenkungen und Drittschenkungen im Rahmen der Pflichtteilsergänzung. Die in einer typisierenden Betrachtung der normalerweise vorauszusetzenden Lebens- und Interessengemeinschaft der Ehegatten vom Gesetzgeber angenommene Möglichkeit des Schenkers, den seinem Ehegatten geschenkten Gegenstand tatsächlich mitbenutzen zu können, durfte als wesentlicher Unterschied zur Drittschenkung gewertet und damit zur Grundlage der Ungleichbehandlung von Dritt- und Ehegattenschenkungen gemacht werden. Die gesetzliche Differenzierung ist auch deshalb sachgerecht, weil sie dem mit der Pflichtteilsergänzung verfolgten Zweck des Gesetzgebers, den Pflichtteilsberechtigten zu schützen, im Hinblick auf die für den Schenker unterschiedlichen tatsächlichen Auswirkungen von Drittschenkungen und Ehegattenschenkungen in geeigneter Weise Rechnung trägt.
Das gilt auch in Betracht der Schenkung an einen nichtehelichen Lebenspartner, die als Drittschenkung nicht von § 2325 Abs. 3 2. Halbsatz BGB erfaßt wird. Zwar können hier die für die Differenzierung maßgeblichen Normalverhältnisse einer ehelichen Gemeinschaft faktisch ebenfalls vorliegen; derartige Lebensgemeinschaften sind aber gerade durch den Mangel eherechtlicher Bindungen, Pflichten und Auflösungshemmnisse geprägt, der als ein weiteres sachliches Differenzierungskriterium in Betracht kommt.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Haufe-Index 602924 |
NJW 1991, 217 |