Verfahrensgang
BGH (Urteil vom 15.09.1995; Aktenzeichen 5 StR 642/94) |
LG Berlin (Urteil vom 21.04.1994; Aktenzeichen (520) 76 Js 681/92 Kls (68/92)) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage der Strafbarkeit von DDR-Richtern wegen Rechtsbeugung.
Mit dem angegriffenen Urteil erkannte das Landgericht gegen die Beschwerdeführerin wegen Rechtsbeugung (§ 244 StGB/DDR, Art. 315 Abs. 1 Satz 1 EGStGB i.V.m. § 2 Abs. 1, Abs. 3 StGB) in acht Fällen auf eine Freiheitsstrafe. Gegenstand der Verurteilung war die Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Vorsitzende und einzige Berufsrichterin des für politische Strafsachen erstinstanzlich zuständigen Ia-Strafsenats des Stadtgerichts Berlin in acht Strafverfahren in den Jahren 1978 bis 1986. Die Beschwerdeführerin trug dabei u.a. die folgenden Verurteilungen mit:
Fall II 3:
Im Juli 1982 erkannte das Stadtgericht gegen den Diplom-Mathematiker B.… wegen mehrfacher, teils gemeinschaftlich begangener staatsfeindlicher Hetze (§ 106 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 StGB/DDR vom 12. Januar 1968, § 106 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 4 StGB/DDR i.d.F. des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 28. Juni 1979) auf eine Freiheitsstrafe von acht Jahren. Die Verurteilung beruhte insbesondere auf dem Vorwurf, von Ende 1975/Anfang 1976 bis 1980 “Hetzschriften” hergestellt und/oder verbreitet zu haben. Hierbei handelte es sich namentlich um die in der Bundesrepublik gedruckte Zeitschrift “Roter Morgen” sowie verschiedene Flugblätter – im Tatzeitraum mehrere tausend Exemplare von Schriften.
In den Urteilsgründen begründete die Beschwerdeführerin die Strafzumessung u.a. mit folgender Würdigung des dem B.… vorgeworfenen Handelns:
“Über einen Zeitraum von fünf Jahren betrieb er mit sich steigernder Aktivität seine Straftaten, deren besondere Gesellschaftsgefährlichkeit darin besteht, daß sie teilweise unter Mißbrauch völkerrechtlicher Verträge begangen wurden, über die Landesgrenzen wirkten und den Entspannungsfeinden und Konfrontationspolitikern in die Hand arbeiteten. Gerade darin liegen auch die Folgen derartiger Verbrechen. Sie schaden nicht nur dem internationalen Ansehen der DDR, sondern sind – im Ausland organisiert – Bestandteil der stabsmäßig geführten, koordinierten Hetze gegen die sozialistische DDR mit dem Ziel, sie im Ergebnis zu beseitigen.”
Das Landgericht gelangte aufgrund der Urteilsgründe und des Inhalts der teilweise erhalten gebliebenen Schriften zu der Überzeugung, daß die Beschwerdeführerin mit der Verurteilung ausschließlich einen politischen Gegner ausschalten wollte.
Fall II 4:
Im März 1983 erkannte das Stadtgericht gegen die Eheleute D.… wegen landesverräterischer Nachrichtenübermittlung (§ 99 Abs. 1 StGB/DDR i.d.F. des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 28. Juni 1979) auf Freiheitsstrafen von zwei Jahren und zehn Monaten sowie zwei Jahren und vier Monaten. Die Verurteilung beruhte auf folgenden Vorwürfen:
Die Eheleute D.… hatten die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland aufgesucht und dort die Kopien von zwei Schreiben an den Rat des Stadtbezirks Treptow abgegeben, in denen sie unter Berufung auf Menschen- und Völkerrecht ihre Ausreise aus der DDR beantragt hatten. Weiterhin hatten sie die Weiterleitung eines ihre vergeblichen Ausreisebemühungen betreffenden Schreibens über eine in der Bundesrepublik wohnhafte Verwandte an das Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen vorbereitet.
Das Landgericht ging davon aus, der Beschwerdeführerin sei bei der Verurteilung bewußt gewesen, daß Mitteilungen von der hier erfolgten Art keine Nachricht zum Nachteil der Interessen der DDR sein konnten, da sie nicht geeignet waren, zuungunsten der DDR verwertet zu werden.
Fall II 5:
Im Mai 1983 erkannte das Stadtgericht gegen den Berufskraftfahrer S.… wegen landesverräterischer Agententätigkeit (§ 100 Abs. 1 StGB/DDR i.d.F. des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 28. Juni 1979) auf eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Die Verurteilung beruhte auf folgendem Sachverhalt:
S.… hatte sich entschlossen, in die Bundesrepublik auszureisen, um hier dem angestrebten Beruf des Taxifahrers nachgehen zu können. Er suchte im Dezember 1981 die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in der DDR auf, um sich nach den Bedingungen und der Aussicht für eine entsprechende Konzession zu erkundigen. Sein auf Anraten der Ständigen Vertretung gestellter Ausreiseantrag wurde abgelehnt. Daraufhin ließ er sich bei dem Ostberliner Büro des ZDF über eine mögliche Begründung für sein Ausreisebegehren informieren. Zeitgleich mit dem zweiten Ausreiseantrag, den er mit dem Wunsch auf Familienzusammenführung begründete, wandte er sich telefonisch und schriftlich wegen einer Taxikonzession an die Stadt Dortmund. Im Oktober 1982 berichtete er bei der Ständigen Vertretung über seine Verhandlungen mit der Stadtverwaltung Dortmund und füllte einen an das Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen gerichteten zweiseitigen Fragebogen mit Angaben zu seiner Person und zu seinen in der Bundesrepublik lebenden Angehörigen aus.
In den Urteilsgründen warf die Beschwerdeführerin dem S.… vor, er habe Verbindung zur Ständigen Vertretung der Bundesrepublik aufgenommen, um sie über seine Ausreiseabsicht zu informieren, sich beraten zu lassen und endlich eine seinem Willen entsprechende Entscheidung der DDR-Behörden herbeizuführen. Wie seine Hinwendung an die Stadtverwaltung Dortmund beweise, sei es ihm darauf angekommen, seine Anfragen und Bewerbungen bezüglich des Taxiunternehmens zu benutzen, um seinen Ausreisewunsch publik zu machen und “die Anmaßung der Personalhoheit durch Einrichtungen der BRD über DDR-Bürger” auszunutzen, um die Entscheidung staatlicher Organe der DDR zu korrigieren. Er habe auf die “völkerrechtswidrige Einmischung der BRD in die inneren Angelegenheiten der DDR” gesetzt, “welche immer die Interessen der Deutschen Demokratischen Republik schädige”.
Das Landgericht ging davon aus, die Beschwerdeführerin habe bei der Verurteilung erkannt, daß das Verhalten von S.… lediglich darin bestand, Auskunft über Ausreisemöglichkeiten und eine spätere Berufstätigkeit einzuholen, und deshalb nicht die Interessen der DDR schädigen konnte.
Mit dem angegriffenen Urteil faßte der Bundesgerichtshof auf die Revision der Beschwerdeführerin und auf die zu ihren Ungunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft den Schuldspruch dahin neu, daß die Beschwerdeführerin der Rechtsbeugung in drei Fällen schuldig sei (Fälle II 3 bis 5). Im übrigen hob der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts teils unter Freispruch der Beschwerdeführerin, teils unter Zurückverweisung der Sache auf. Zur Begründung des Schuldspruchs führte der Bundesgerichtshof aus:
Im Fall II 3 erscheine die verhängte Freiheitsstrafe als unerträglicher Willkürakt und offensichtlich schwere Menschenrechtsverletzung. Abgesehen von den erschwerenden Umständen des äußeren Tatbildes lasse das Urteil gegen den unbestraften, bis dahin sozial eingeordneten und geständigen Verfolgten keine wirklich gravierenden in seiner Person liegenden Strafschärfungsgründe erkennen. Demgemäß erschöpften sich die von der Beschwerdeführerin festgehaltenen Strafzumessungsgründe weitgehend in politischen Aussagen, die sich von einer eigentlichen Auseinandersetzung mit der “Persönlichkeit des Täters” (vgl. § 61 Abs. 2 StGB/DDR) gänzlich entfernten. Eine derart massive Freiheitsstrafe, die letztlich für ein bloßes Meinungsäußerungsdelikt verhängt werde, verstoße – nicht zuletzt angesichts der notorischen Härte des Strafvollzugs in der DDR – gegen das Verbot grausamer und übermäßig harter Strafen und entspreche nicht mehr sachlichen Erwägungen. Eine solche Art des Strafens erscheine willkürlich, weil sie allein darauf abziele, durch übermäßige Strenge politisch Andersdenkende einzuschüchtern und damit die Herrschaft der Machthaber zu sichern. Bei der Pönalisierung kritischer Meinungsäußerungen seien einem Staat jedenfalls auf der Rechtsfolgenseite engere Grenzen gezogen als dies bei Delikten der Fall sein möge, die über eine bloße Meinungsäußerung hinausgingen. Würden diese Grenzen überschritten, liege kein an der Verwirklichung von Gerechtigkeit (vgl. § 61 Abs. 1 StGB/DDR) orientierter Rechtsprechungsakt mehr vor, sondern willkürliche Unterdrückung und gezielte Ausschaltung eines politischen Gegners.
Im Fall II 4 habe die Annahme eines Verbrechens nach § 99 StGB/DDR die Grenzen möglicher Gesetzesinterpretation überschritten. Von einem Handeln “zum Nachteil der Interessen der Deutschen Demokratischen Republik” auszugehen, erscheine auch aus Sicht der DDR-Justiz nicht mehr nachvollziehbar. Ein Strafrahmen wie der des § 99 StGB/DDR sei außerhalb der Bestimmungen über “Staatsverbrechen” regelmäßig schwerwiegenden Delikten gegen allgemein anerkannte Rechtsgüter vorbehalten. Demgegenüber seien die tatbestandlichen Anforderungen der “landesverräterischen Nachrichtenübermittlung” überwiegend von uferloser Weite. Deshalb müsse bei der Auslegung der Vorschrift namentlich ihrer Systematik im Staatsschutzstrafrecht der DDR Rechnung getragen werden. Die Interessenverletzung i.S.v. § 99 StGB/DDR müsse sich, da es um ein Nachrichtenübermittlungsdelikt gehe, gerade aus dem Verrat von Informationen durch einen möglichen Wissenszuwachs auf der Empfängerseite ergeben. Der zur Vermeidung des Willkürvorwurfs erforderliche zurückhaltende Umgang mit dem unbestimmten Rechtsbegriff des “Interessennachteils” gebiete es, nur Nachteile als tatbestandlich anzusehen, die ein gewisses, im Einzelfall festzustellendes, im Zusammenhang mit dem Informationszuwachs beim Nachrichtenempfänger stehendes Gewicht aufwiesen. Daran fehle es hier offensichtlich. Daß das SED-Regime seinen Bürgern regelmäßig keine Ausreisefreiheit zuerkannt habe, sei allgemein bekannt gewesen. Die Betroffenen hätten lediglich einen nicht besonders gelagerten Einzelfall aus einer Vielzahl von Fällen dargestellt. Zwar hätte die Strafvorschrift des § 219 Abs. 2 Nr. 1 StGB/DDR i.d.F. des 3. Strafrechtsänderungsgesetzes vom 28. Juni 1979 hier möglicherweise ohne Überdehnung des Normtextes herangezogen werden können; in diesem Fall wäre aber in der Verhängung der ausgesprochenen Freiheitsstrafen eine offensichtliche schwere Menschenrechtsverletzung im Sinne willkürlicher Rechtsanwendung zu erblicken gewesen. Bei Fällen der vorliegenden Art habe sich die Annahme eines Verstoßes gegen § 219 Abs. 2 Nr. 1 StGB/DDR im Grenzbereich der Tatbestandlichkeit bewegt. Auf derartige “Bagatelldelikte” habe, angesichts der Öffnung des Strafrahmens nach unten auf Geldstrafe und Verurteilung auf Bewährung, regelmäßig nicht einmal mit vollstreckbaren Freiheitsstrafen reagiert werden dürfen, wenn nicht erschwerende Umstände vorgelegen hätten, die hier nicht ersichtlich seien.
Im Fall II 5 sei die herangezogene Strafbestimmung willkürlich überdehnt worden. Die Annahme, der Verfolgte habe gehandelt, “um die Interessen der Deutschen Demokratischen Republik zu schädigen”, sei – auch bei Zugrundelegen von in der DDR herrschenden Rechtsvorstellungen – in diesem Fall nicht mehr nachvollziehbar. Die von § 100 StGB/DDR geforderte staatsfeindliche Motivation der Verbindungsaufnahme lasse sich dem festgestellten Sachverhalt offensichtlich nicht entnehmen. Die Handlungen des Verfolgten hätten sich in einer schlichten Äußerung seines Ausreisewillens erschöpft, wovon auch die Beschwerdeführerin ausgegangen sei. Die von dem Verfolgten gegenüber der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in der DDR geäußerten Bitten um Hilfe bei der Verwirklichung seines Ausreisebegehrens hätten sich im wesentlichen auf die Suche nach Beratung beschränkt. Eine offensichtliche und schwere Menschenrechtsverletzung liege auch dann vor, wenn das Verhalten des Verfolgten – zumindest aus der Sicht der Beschwerdeführerin – wenigstens die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 219 Abs. 2 Nr. 1 StGB/DDR erfüllt haben sollte; denn in vergleichbaren Grenzfällen der “ungesetzlichen Verbindungsaufnahme” habe sich regelmäßig der Bagatellcharakter der Verfehlung aufdrängen müssen, der eine Ahndung der Tat mit vollstreckbarer Freiheitsstrafe verboten habe. Die gegen den unbescholtenen Verfolgten verhängte Strafe habe nicht mehr der Verwirklichung von Gerechtigkeit, sondern ausschließlich der rücksichtslosen Unterdrückung eines Ausreisewilligen gedient.
Nach Einlegung der Verfassungsbeschwerde ist die Beschwerdeführerin in der Sache rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden, die sie derzeit verbüßt.
Entscheidungsgründe
II.
Mit der fristgemäß eingelegten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung von Art. 1 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 103 Abs. 2 GG. Zur Begründung hat sie vorgetragen:
1. Die Verurteilung beruhe auf einer nachträglichen Tatbestandserweiterung des Rechtsbeugungstatbestandes des § 244 StGB/DDR. Die von dem Bundesgerichtshof entwickelten Fallgruppen zur Auslegung des § 244 StGB/DDR habe es in der DDR nicht gegeben. Auch habe im DDR-Recht nicht die vom Bundesgerichtshof herangezogene menschenrechtsfreundliche Gesetzesauslegung gegolten. Indem der Bundesgerichtshof bei der Fallgruppe, die auf ein unerträgliches Mißverhältnis der verhängten Strafe zu der abgeurteilten Handlung abstellt, allein auf die verhängte Strafe und nicht die von ihr bei der Entscheidung über die Strafzumessung auch berücksichtigte Dauer der Strafvollstreckung (§ 45 StGB/DDR und Freikauf) abgestellt habe, habe er das dem Betroffenen zugefügte Übel unzutreffend gewichtet. Im Fall II 3 habe der Bundesgerichtshof den Inhalt des § 61 Abs. 1 StGB/DDR unzulässigerweise verkürzt, indem er lediglich auf den Gesichtspunkt der Verwirklichung von Gerechtigkeit und nicht auf den Begriff der sozialistischen Gerechtigkeit abgestellt habe. Die Feststellung der Tatbestandsüberdehnung bei der Anwendung der §§ 99, 100 StGB/DDR beruhe auf einer Auslegung der Normen des DDR-Strafrechts nach bundesdeutschen Wertvorstellungen. Damit würden die Strafbestimmungen zu restriktiv ausgelegt. Anhaltspunkte für diese Auslegung fänden sich weder in der Kommentierung dieser Vorschriften noch in den “Orientierungen des Obersten Gerichts” oder den “Gemeinsamen Standpunkten”. Auch die Annahme, bei einer Verurteilung nach § 219 StGB/DDR habe in Fällen der vorliegenden Art nicht mit einer Freiheitsstrafe reagiert werden dürfen, entbehre jeder Begründung. Im Bereich des politischen Strafrechts fehle es im übrigen an der von dem Bundesgerichtshof angenommenen Unrechtskontinuität von § 244 StGB/DDR und § 336 StGB.
2. Sie habe sich als eine in der DDR ausgebildete und über Jahrzehnte in der Rechtswirklichkeit dieses Staates tätige Juristin nicht an den nunmehr durch den Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien zur Auslegung des § 244 StGB/DDR und der Bestimmungen des politischen Strafrechts der DDR orientieren können, mithin sich nicht bewußt für das Unrecht entschieden. Anders als bei dem elementaren Tötungsverbot beziehe sich der Unwertgehalt der Rechtsbeugung auf ein ausgesprochen vielschichtiges und ausdifferenziertes System von Normen. Der Richter in der DDR-Justiz, der durch seine Ausbildung überhaupt erst in den Stand habe versetzt werden müssen, die für die Rechtsbeugung relevante Verbotsmaterie erkennen zu können, habe nicht zugleich die Fähigkeit zu normtreuem Handeln im Sinn der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausbilden können.
3. Mit der Bildung der Fallgruppe, die auf ein unerträgliches Mißverhältnis der verhängten Strafe zu der abgeurteilten Handlung abstellt, sei der erkennende 5. Strafsenat von der zu derselben Rechtsfrage ergangenen Entscheidung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 1994 – 4 StR 23/94 – abgewichen. Die danach notwendige Anrufung des Großen Strafsenats habe der 5. Strafsenat unterlassen und die Beschwerdeführerin damit ihrem gesetzlichen Richter entzogen. Das Vorgehen sei willkürlich gewesen, da keine sachlichen Gründe für das Unterlassen der Vorlage ersichtlich seien.
Weiterhin hat die Beschwerdeführerin beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung die andauernde Vollstreckung der Freiheitsstrafe zu unterbrechen.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung. Diese ist nur gegeben, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten läßt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24≫). Die durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt (vgl. BVerfGE 95, 96 ff.; zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG: BVerfGE 13, 132 ff.; 17, 99 ff.; 76, 93 ff.).
Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte der Beschwerdeführerin nicht angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫). Die Verfassungsbeschwerde hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
1. a) Die angegriffenen Entscheidungen verletzen das Rückwirkungsverbot des Art. 103 Abs. 2 GG durch die ihnen zugrundeliegende Anwendung und Auslegung des § 244 StGB/DDR nicht.
Art. 103 Abs. 2 GG läßt die Bestrafung einer Tat nur zu, wenn sie im Zeitpunkt ihrer Begehung mit hinreichender Bestimmtheit in einem gesetzlichen Tatbestand mit Strafe bedroht ist. Der Verfassungssatz steht einer Anwendung von Strafgesetzen, durch die die Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat nachträglich zum Nachteil des Täters geändert wird, entgegen (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪131≫). Für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 244 StGB/DDR kann dahinstehen, ob und inwieweit einer zur Tatzeit in der Staatspraxis zum Ausdruck gekommenen Interpretation der Strafgesetze bei der Frage, ob die Strafbarkeit einer Tat vor ihrer Begehung gesetzlich bestimmt war, Bedeutung zukommt. Das Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten Interpretation von Strafgesetzen ist jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art nicht mehr durch Art. 103 Abs. 2 GG geschützt. Art. 103 Abs. 2 GG ist nicht anwendbar, wenn die der Rechtsanwendung zugrundeliegende Staatspraxis durch Aufforderung zu schwerstem kriminellen Unrecht und seiner Begünstigung die in der Völkergemeinschaft allgemein anerkannten Menschenrechte in schwerwiegender Weise mißachtet; denn hierdurch setzt der Träger der Staatsmacht extremes staatliches Unrecht, das sich nur solange behaupten kann, wie die dafür verantwortliche Staatsmacht faktisch besteht.
Dies hat das Bundesverfassungsgericht für die Inanspruchnahme eines – teils normierten, teils auf staatlicher Praxis beruhenden – Rechtfertigungsgrundes im Zusammenhang mit vorsätzlichen Tötungshandlungen von Grenzsoldaten der DDR entschieden (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪133≫). Für die Anwendung von Rechtsvorschriften durch Richter und Staatsanwälte der DDR kann nichts anderes gelten. Die Fälle einer schwerwiegenden Mißachtung von Menschenrechten beschränken sich nicht auf Eingriffe in Leib und Leben. Zu den in der Völkergemeinschaft allgemein anerkannten Menschenrechten gehören auch das Recht auf persönliche Freiheit und der Schutz vor grausamer und unmenschlicher Bestrafung. Dies ergibt sich aus Art. 7 Satz 1 und Art. 9 Abs. 1 Satz 1 IPbürgR, aber auch schon aus Art. 3 und Art. 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte in der von der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 beschlossenen Fassung. Bei der Beugung des Rechts durch Richter und Staatsanwälte handelt es sich jedenfalls dann, wenn die Rechtsbeugungshandlung zu Freiheitsentzug führt, um schwerstes kriminelles Unrecht.
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 244 StGB/DDR führt durch eine einschränkende Auslegung des Rechtsbeugungstatbestandes dazu, daß die dienstliche Tätigkeit von Richtern und Staatsanwälten der DDR nur dann von der Strafvorschrift erfaßt wird, wenn im Einzelfall allgemein anerkannte Menschenrechte in schwerwiegender Weise mißachtet worden sind. Einen für die Annahme des Rechtsbeugungstatbestandes erforderlichen elementaren Verstoß gegen die Rechtspflege bejaht der Bundesgerichtshof nur bei Maßnahmen der DDR-Justiz, die sich bei Zugrundelegen des insoweit maßgeblichen Rechts der DDR und unter Berücksichtigung der im SED-Staat herrschenden, von rechtsstaatlichen Grundsätzen abweichenden Wertvorstellungen als offensichtliche und unerträgliche Menschenrechtsverletzung darstellen. Orientierungsmaßstab für die Verletzung von Menschenrechten ist für die Zeit nach seinem Inkrafttreten mit Wirkung für die DDR am 23. März 1976 (vgl. GBl II S. 108) der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbürgR) vom 19. Dezember 1966.
Bei den beiden für die Verurteilung der Beschwerdeführerin maßgeblichen, von dem Bundesgerichtshof gebildeten Fallgruppen der Rechtsbeugung handelt es sich um unerträgliche Menschenrechtsverletzungen, für die sich ein daran beteiligter Richter der DDR nicht auf den strikten Schutz des Vertrauens durch Art. 103 Abs. 2 GG berufen kann.
Die Fallgruppe der Überdehnung von Straftatbeständen unter Überschreitung des Gesetzeswortlauts oder unter Ausnutzung ihrer Unbestimmtheit orientiert sich an Art. 15 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 IPbürgR, wonach niemand wegen einer im Zeitpunkt ihrer Begehung nach inländischem und nach internationalem Recht nicht strafbaren Handlung oder Unterlassung oder zu einer schwereren als der im Zeitpunkt der Begehung angedrohten Strafe verurteilt werden darf. Unter dem Gesichtspunkt der Erkennbarkeit und Verstehbarkeit der Strafvorschrift für den Normadressaten sind die gerade in der Gesetzgebung totalitärer Staaten besonders häufig verwendeten “offenen” Rechtsbegriffe ohnehin schon problematisch. Dies gilt verstärkt im Bereich des politischen Strafrechts. “Offene” Rechtsbegriffe ermöglichen es hier, Strafrecht als Mittel zu politischer Verfolgung einzusetzen. Dem muß durch ein Minimum an Restriktionsbemühungen bei der Auslegung dieser Begriffe begegnet werden. Nur dann bleibt die Rechtsprechung noch an Menschenrechten orientiert. Liegt eine diesen Mindestanforderungen nicht genügende Auslegung dann auch noch der Anwendung einer Vorschrift des politischen Strafrechts zugrunde, die extrem hohe Strafen vorsieht, werden Menschenrechte in schwerwiegender Weise mißachtet.
Die Fallgruppe, die durch ein unerträgliches Mißverhältnis zwischen der verhängten Strafe und der abgeurteilten Tat, mithin eine grob ungerechte Strafe gekennzeichnet ist, orientiert sich an Art. 7 Satz 1 IPbürgR, wonach es verboten ist, jemanden einer grausamen oder unmenschlichen Strafe zu unterwerfen, und an Art. 9 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 IPbürgR, wonach die willkürliche Festnahme sowie die nicht auf gesetzlichen Gründen beruhende Freiheitsentziehung untersagt sind. Der Bundesgerichtshof sieht die Voraussetzungen dieser Fallgruppe nur dann als erfüllt an, wenn sich die Bemessung der Strafe von dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz so deutlich entfernt, daß die Bestrafung in einer sich selbst einem politisch indoktrinierten Richter aufdrängenden Weise als Willkür und damit für das Gerechtigkeitsempfinden unerträglich erscheint (vgl. BGHR StGB § 336, DDR-Richter 2, S. 2). Angesichts der engen Beschränkung dieser Fallgruppe kann man auch für die von ihr erfaßten Verurteilungen von einer schwerwiegenden Mißachtung der Menschenrechte ausgehen.
b) Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 2 GG in seiner Ausgestaltung als spezielles Willkürverbot des Grundgesetzes für die Strafgerichtsbarkeit (vgl. BVerfGE 64, 389 ≪393 f.≫; 71, 108 ≪115≫) durch die den angegriffenen Entscheidungen zugrundeliegende Auslegung und Anwendung des § 244 StGB/DDR hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargetan. Insoweit bildet nicht die ständige Rechtsprechung der DDR-Strafgerichte, sondern der Wortlaut der Vorschrift die verfassungsrechtliche Grenze der Auslegung. Damit ist der Vortrag der Beschwerdeführerin schon im Ansatz ungeeignet, einen entsprechenden Verfassungsverstoß zu begründen.
c) Soweit die Beschwerdeführerin die Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter die dargestellten Fallgruppen der Rechtsbeugung angreift, handelt es sich, wie auch bei den weiteren von ihr unter dem Gesichtspunkt des Art. 103 Abs. 2 GG erhobenen Rügen, lediglich um die Beanstandung der Anwendung einfachen Rechts durch die Strafgerichte, die das Bundesverfassungsgericht nur eingeschränkt zu überprüfen hat.
Strafgerichtliche Entscheidungen unterliegen nicht einer unbeschränkten tatsächlichen und rechtlichen Nachprüfung auf die Richtigkeit der Tatsachenfeststellungen und auf die Ordnungsmäßigkeit der Rechtsanwendung. Die Gestaltung des Strafverfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des Strafprozeßrechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür zuständigen Strafgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen. Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann eingreifen, wenn die Gerichte Verfassungsrecht verletzt haben. Dies ist aber nicht schon dann der Fall, wenn eine Entscheidung, am Straf- oder Strafprozeßrecht gemessen, objektiv fehlerhaft ist. Der Fehler muß gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn ein Fehler sichtbar wird, der auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruht, oder wenn die fehlerhafte Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist. Diese Einschränkung der Prüfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts gilt auch, wenn es um die Feststellung, Auslegung und Anwendung von Normen einer fremden Rechtsordnung durch die Strafgerichte geht, von denen nach den Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland die strafrechtliche Beurteilung abhängt (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪127 f.≫).
Einen derartigen Fehler hat die Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt.
2. Der Schuldspruch verletzt nicht den Schuldgrundsatz (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).
Auf dem Gebiet der Strafrechtspflege bestimmt Art. 1 Abs. 1 GG das Wesen der Strafe und das Verhältnis von Schuld und Sühne. Der Grundsatz “Keine Strafe ohne Schuld” hat Verfassungsrang; er findet seine Grundlage im Gebot der Achtung der Menschenwürde sowie in Art. 2 Abs. 1 GG und im Rechtsstaatsprinzip. Aus diesem Grundsatz folgt für die Strafgerichte das Gebot schuldangemessenen Strafens im Einzelfall. Die Strafe ist im Gegensatz zur reinen Präventionsmaßnahme dadurch gekennzeichnet, daß sie – wenn nicht ausschließlich, so doch auch – auf Repression und Vergeltung für ein rechtlich verbotenes Verhalten abzielt. Mit der Strafe wird dem Täter ein rechtswidriges sozialethisches Fehlverhalten vorgeworfen. Eine solche strafrechtliche Reaktion wäre ohne Feststellung der individuellen Vorwerfbarkeit mit dem Rechtsstaatsprinzip unvereinbar (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪140≫ m.w.N.).
Danach sind die angegriffenen Entscheidungen von ihrem Ausgangspunkt her nicht zu beanstanden. Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Rechtsbeugungshandlungen aus den Jahren 1933 bis 1945 (vgl. BGHSt 10, 294 ≪300≫) folgend wird davon ausgegangen, daß der Rechtsbeugungsvorsatz auch Vorstellungen nach der Richtung umfassen muß, daß das Urteil mit der wahren Rechtslage im Widerspruch stehe. Die Strafgerichte haben dabei – auch insoweit der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHSt 10, 294 ≪299 f.≫) folgend – den Blickpunkt der Beschwerdeführerin als damals urteilende Richterin als maßgeblich angesehen.
In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht allerdings hinsichtlich der Tötung von Flüchtlingen an der innerdeutschen Grenze darauf hingewiesen, daß sich Bedenken gegen eine Erkennbarkeit des Strafrechtsverstoßes aus dem Umstand ergeben könnten, daß die Staatsführung der DDR den Rechtfertigungsgrund, der das Verhalten der Grenzsoldaten decken sollte, mit staatlicher Autorität ausgeweitet und den Soldaten so vermittelt hat. Dann sei es nicht selbstverständlich, daß sich dem durchschnittlichen Soldaten die richtige Grenze strafbaren Verhaltens zweifelsfrei erschließe, und es wäre unter dem Schuldgrundsatz unhaltbar, die Offensichtlichkeit des Strafrechtsverstoßes für den Soldaten allein mit dem – objektiven – Vorliegen eines schweren Menschenrechtsverstoßes zu begründen; es müsse näher dargelegt werden, warum der einzelne Soldat angesichts seiner Erziehung, der Indoktrination und der sonstigen Umstände in der Lage war, den Strafrechtsverstoß zweifelsfrei zu erkennen (vgl. BVerfGE 95, 96 ≪142≫).
Diese Bedenken bestehen bei der Beschwerdeführerin hinsichtlich der Feststellung des Rechtsbeugungsvorsatzes nicht. Die Beschwerdeführerin ist rechtskundig. Die Rechtsanwendung war für sie als Berufsrichterin keine ungewöhnliche Aufgabenstellung. Für die Methodik der Auslegung von Rechtsvorschriften galten in der DDR keine Besonderheiten. Ihre Situation ist mit der Lage des Grenzsoldaten, der die Vereinbarkeit eines ihm erteilten Befehls mit dem Strafrecht überprüfen sollte, nicht vergleichbar. Danach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß der Bundesgerichtshof angesichts der besonders hohen Anforderungen an den objektiven Rechtsbeugungstatbestand davon ausgeht, es erscheine von vornherein kaum vorstellbar, daß einem Berufsrichter die evidente Rechtswidrigkeit seiner Entscheidung in diesen Fällen verborgen geblieben sein könne (vgl. BGH, NJW 1996, S. 857 ≪862≫). Bei Berufsrichtern kann der Strafrichter auf die Schwere des Rechtsverstoßes regelmäßig die Feststellung stützen, der Betreffende habe wissentlich gegen das Gesetz verstoßen. Es unterliegt in diesem Zusammenhang auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Bundesgerichtshof davon ausgeht, daß der Richter, der in blindem Gehorsam gegenüber staatlichen Machthabern meint, sich auch dann im Einklang mit Recht und Gesetz zu befinden, wenn er über die Grenzen des gesetzlich Zulässigen hinaus den Willen der Staatsführung vollzieht und dabei Menschenrechte in schwerwiegender Weise verletzt, keinem den Vorsatz berührenden Irrtum unterliegt. Gleiches gilt für die Erwägung, daß ein möglicherweise vorliegender Verbotsirrtum nicht unvermeidbar sei und sich deshalb nicht der Strafrahmen verschiebt (vgl. BGH, NJW 1996, S. 857 ≪863≫).
3. Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt nicht vor.
Zwar kann jemand seinem Richter auch dadurch entzogen werden, daß ein Gericht die Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht außer acht läßt (vgl. BVerfGE 13, 132 ≪143≫); Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG schützt insoweit aber nur vor einem willkürlichen Absehen von der Vorlage, nicht dagegen vor der irrtümlichen Verletzung der Vorlagepflicht durch das Gericht (vgl. BVerfGE 17, 99 ≪104≫; 76, 93 ≪96≫). Die Beschwerdeführerin hat nicht dargetan, daß der 5. Strafsenat von der nach ihrer Auffassung gemäß § 132 Abs. 2 GVG erforderlichen Vorlage an den Großen Senat für Strafsachen willkürlich abgesehen habe. Ihrem Vortrag ist schon nicht zu entnehmen, daß die Divergenz zwischen der angegriffenen Entscheidung des 5. Strafsenats und der zitierten Entscheidung des 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, soweit sie tatsächlich besteht, Entscheidungsgründe betrifft, die die letztgenannte Entscheidung tragen. Nur dann kommt eine Vorlagepflicht überhaupt in Betracht (vgl. BGHSt 11, 159 ≪162≫).
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde gegenstandslos.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kruis, Winter, Hassemer
Fundstellen
Haufe-Index 1276494 |
NJW 1998, 2585 |
NStZ 1998, 347 |