Tenor
Der Antrag wird verworfen.
Tatbestand
A.
Das Verfahren betrifft einen Verfassungsstreit innerhalb eines Landes (Art. 99 GG, § 13 Nr. 10 BVerfGG). Es geht um die Frage, ob Art. 1 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur Neufassung des Landschaftspflegegesetzes (Gesetz zum Schutz der Natur – Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG –) und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften vom 16. Juni 1993 (GVOBl S. 215, kurz: Gesetz vom 16. Juni 1993) mit der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (Landesverfassung – LV –) vereinbar ist.
I.
Der Bund hat das Recht, über den Naturschutz und die Landschaftspflege Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder zu erlassen (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GG). Er hat hiervon durch Erlass des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege Gebrauch gemacht (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – vom 20. Dezember 1976, BGBl I S. 3574, nunmehr gültig in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1998, BGBl I S. 2994).
Zur Ausfüllung des bundesrechtlich vorgegebenen Rahmens ist vom schleswig-holsteinischen Landesgesetzgeber zunächst das Gesetz für Naturschutz und Landschaftspflege (Landschaftspflegegesetz – LPflegG –) vom 16. April 1973 (GVOBl S. 122) erlassen worden. Das Landschaftspflegegesetz wurde mit Art. 1 des Gesetzes vom 16. Juni 1993 als Gesetz zum Schutz der Natur (Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG –) inhaltlich geändert und neu gefasst. Die Gesetzesmaterialien (Gesetzentwurf der Landesregierung, LTDrucks 13/27, S. 3) nennen als Ziel,
den neuen Ansatz des biologischen Naturschutzes durchgehend zum Tragen zu bringen,
das Landesrecht dem Bundesrecht anzupassen und der Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes, das zurückhaltende Rahmengesetz landesrechtlich zu komplettieren, zu entsprechen.
Bei der Realisierung des aus dem Arten- und Ökosystemschutz folgenden Flächenanspruchs an Naturschutz wird von der Erwartung ausgegangen, daß die Ziele des Naturschutzes auf der Fläche vor allem eigenverantwortlich durch die Eigentümer bzw. Nutzungsberechtigten erreicht werden können und dafür die Hilfe der öffentlichen Hand durch Ankauf und andere Formen des Vertragsnaturschutzes im Rahmen der bereitgestellten Haushaltsmittel zugesagt wird.
Das Landesnaturschutzgesetz ist mit seinen wesentlichen Bestimmungen am 1. Juli 1993 in Kraft getreten. Es wurde zwischenzeitlich mehrfach – redaktionell – geändert (Landesverordnungen zur Anpassung von Rechtsvorschriften an geänderte Zuständigkeiten der obersten Landesbehörden und geänderte Ressortbezeichnungen vom 30. November 1994, GVOBl S. 527, und vom 24. Oktober 1996, GVOBl S. 652; Landesverordnung über den Fortfall der Bezeichnungen Magistrat und Kreisausschuss in Gesetzen und Verordnungen des Landes vom 16. Juni 1998, GVOBl S. 210).
II.
Mit Schriftsatz vom 1. Juli 1994 haben 37 Mitglieder des 13. Schleswig-Holsteinischen Landtages gemäß Art. 99 GG i.V.m. Art. 44 Nr. 2 LV beantragt:
Das Bundesverfassungsgericht möge Art. 1 des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes zur Neufassung des Landschaftspflegegesetzes (Gesetz zum Schutz der Natur – Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG –) und zur Anpassung anderer Rechtsvorschriften vom 16. Juni 1993 (GVOBl S. 215) für nichtig erklären.
Sie sind der Auffassung, dass zahlreiche Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes i.d.F. des Gesetzes vom 16. Juni 1993 teils förmlich, teils sachlich nicht mit der Landesverfassung vereinbar seien:
1. Nach Ansicht der Antragsteller verstoßen gegen die „Gefolgschaftspflicht des Landes gegenüber Bundesrecht”: § 1 Abs. 2 Nr. 4 Sätze 2 und 3, Nrn. 8, 9, 10 Satz 5 sowie Nr. 16, § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 1, § 3a Abs. 1 Satz 2, § 4 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 2 und 3, § 5 Abs. 3 Sätze 1 und 2, § 6 Abs. 4 Satz 1, § 7a Abs. 1, § 10 Abs. 2, § 13 Abs. 5 Satz 2, § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4, § 15b Abs. 2, § 16 Abs. 3 Satz 2, § 17 Abs. 2, § 21a Abs. 1, § 21b Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1, § 22 Nrn. 1 und 3, § 30 Abs. 1, § 39 Abs. 1, § 50 Abs. 2, § 51c Abs. 1 und schließlich § 59a Satz 2 LNatSchG.
Die Pflicht, die Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes als Rahmengesetz im Sinne von Art. 75 GG und des Baugesetzbuchs sowie des Bundesimmissionsschutzgesetzes als Normen der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 74 GG) einzuhalten, ergebe sich nicht nur aus dem Grundgesetz, sondern auch aus der Landesverfassung. Sie folge insoweit aus Art. 1 LV und aus der „apriorischen föderativen Eingebundenheit der Landesstaatlichkeit”; sie sei auch vom Bundesverfassungsgericht anerkannt (Verweis auf BVerfGE 60, 175 ≪205≫). Diese Gefolgschaftspflicht sei in mehrfacher und vielfältiger Weise verletzt.
2. Die Antragsteller sehen ferner einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG durch § 9a Abs. 2 Satz 5, § 10 Abs. 2, § 15a Abs. 2, § 17 Abs. 2, 3 und 4 Satz 2, § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 4 Satz 2, § 21b Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 40 Abs. 1, § 41, § 55 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 59a LNatSchG.
a) Das Grundrecht des Art. 14 GG sei zwar, wie auch die anderen Grundrechte des Grundgesetzes, nicht Maßstab des Landesverfassungsrechtsstreits; auch kenne die Landesverfassung keine Transformationsnorm, die die Grundrechte des Grundgesetzes zu solchen der Landesverfassung mache. Es bestehe aber eine Institutsgarantie, welche die individuell-subjektive (grundrechtliche) Eigentumsfreiheit auf objektiv-struktureller Seite zu einem Gesamtkomplex freiheitlicher Verbürgung ergänze. Diese Institutsgarantie müsse auch Element der Landesverfassung sein. Dies lasse sich schon aus der Einordnung Schleswig-Holsteins in den staatlichen „Gesamtstandard” der Bundesrepublik Deutschland gemäß Art. 1 LV herleiten und werde durch die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts (Verweis auf BVerfGE 66, 107 ≪114≫) belegt, wonach in die Verfassung der Gliedstaaten eines Bundesstaates auch gewisse Bestimmungen der Bundesverfassung hineinwirkten; hierzu zähle vor allem das Rechtsstaatsprinzip, das für die vermögenswerten Güter im Eigentumsrecht eine eigene Ausprägung und verfassungsrechtliche Ordnung erfahren habe. Auch über Homogenitätsaspekte müsse sich die landesverfassungsrechtliche Verbindlichkeit der objektiv-strukturellen Grundlinien der Gesamtordnung ergeben. Zur verfassungsmäßigen Ordnung in den Ländern im Sinne von Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG zählten die vom Grundgesetz garantierten „Einrichtungen”. Entsprechend hätten Judikatur und Literatur als ungeschriebene Bestandteile der Landesverfassungen etwa die institutionelle Garantie der Mitwirkung politischer Parteien, die kommunale Selbstverwaltung oder ein nach hergebrachten Grundsätzen gestaltetes Berufsbeamtentum anerkannt.
Selbst wenn man dem nicht folgen wolle, so wäre ein Fall der Vorlagepflicht nach Art. 100 GG gegeben. Sollte das als Landesverfassungsgericht angerufene Gericht Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG für verfassungswidrig halten, so müsste es das Verfahren aussetzen und gleichsam bei sich selbst eine Entscheidung als Bundesverfassungsgericht einholen; dies sei auch mit Blick auf Gesetze, die den Gegenstand des Normenkontrollverfahrens bildeten, in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (Verweis auf BVerfGE 69, 112 ≪116 f.≫) geklärt. Der Umstand, dass das Land Schleswig-Holstein kein eigenes Landesverfassungsgericht eingerichtet habe, dürfe nicht dazu führen, dass ein im Wege der abstrakten Normenkontrolle nicht kontrollierbarer Raum für den Umgang mit dem Eigentum Privater entstehe.
b) Die Abmessungen von Schutzgut und Schranken des landesverfassungsrechtlich geschützten Rechtsinstituts des „freien Eigentums” folgten denen beim Grundrecht aus Art. 14 GG. Beide Seiten der verfassungsmäßigen Eigentumsgewährleistung seien kongruent und komplementär. Die Institutsgarantie sichere – wie das Bundesverfassungsgericht (Verweis auf BVerfGE 52, 1 ≪31≫) entschieden habe – einen Grundbestand von Normen, die das Eigentum im Sinne der Grundrechtsbestimmung umschreiben. Das Landesnaturschutzgesetz greife in mannigfacher Hinsicht, teils durch Enteignungsvorschriften, teils durch Inhaltsbestimmungen, auf die in der Landesverfassung verbürgte Freiheit des Eigentums, verstanden als Ausschließungsanspruch eines Inhabers vermögenswerter Rechtspositionen gegenüber der Staatsgewalt, zu, ohne die jeweiligen Rechtfertigungsvoraussetzungen zu erfüllen.
3. Einen Verstoß gegen die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung erblicken die Antragsteller in § 6 Abs. 4 Sätze 1, 2 und 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15, § 6 Abs. 5 Satz 1, § 10 Abs. 2 (mit § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 sowie Abs. 2), § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 (mit Abs. 2) LNatSchG.
Die Landesverfassung garantiere in Art. 46 bis 49 in „realem Einklang” mit Art. 28 Abs. 2 GG die Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände. Hiergegen verstoße das Landesnaturschutzgesetz in zweierlei Hinsicht.
a) Zum verfassungsrechtlich garantierten Recht auf kommunale Selbstverwaltung zähle die Finanzhoheit. Art. 49 Abs. 2 LV nehme das allgemeine Prinzip der Konnexität von Aufgabenzuständigkeit und Ausgabenlast auf und bestimme ausdrücklich, dass die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zu regeln sei, „soweit den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben übertragen werden, aus denen Ausgaben erwachsen”. Dies sei missachtet worden.
Das Landesnaturschutzgesetz weise den Kreisen und kreisfreien Städten in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 die Aufgabe der unteren Naturschutzbehörde als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung zu. Dies bedeute mit Blick auf die Generalzuständigkeit der unteren Naturschutzbehörde (§ 45c Abs. 1 LNatSchG) vor allem einen massiven Schub an Verwaltungsaufgaben und damit -ausgaben. Zudem würden beachtliche Zweckaufgaben auf die Kommunen abgewälzt, etwa die nicht beitreibbaren Kosten für Wiederherstellungsarbeiten oder auch die notwendigen Entschädigungs- und Härteausgleichsleistungen. Für diese zusätzlich erwachsenden Ausgaben treffe das Landesnaturschutzgesetz entgegen Art. 49 Abs. 2 LV keinerlei Regelung. Die landesverfassungsrechtliche Deckungsgarantie dürfe nicht, wie das in der Rechtsprechung teilweise geschehe, etwa dergestalt relativiert werden, dass sie durch eine Mitberücksichtigung beim allgemeinen Finanzausgleich erfüllt werde. Vielmehr müsse formell zumindest irgendeine verbindliche Entscheidung über die Ausgabendeckung erfolgen. Das sei im Landesnaturschutzgesetz nicht geschehen.
b) Die gemeindliche Planungshoheit dürfe als Bestandteil der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie zu Gunsten einer gleich starken Verfassungsposition, wie sie der Naturschutz zweifellos darstelle, nur im geringstnötigen Umfang und angemessen zurückgedrängt werden. Diese Grenze sei in einigen Vorschriften missachtet worden:
aa) Das Landesnaturschutzgesetz verlange in § 6 Abs. 4 Sätze 2 und 4 (i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15) kompromisslos die Anpassung schon konkretisierter Planungsvorstellungen einer Gemeinde an die festgestellten Landschaftspläne und schließe die Verwirklichung fertig artikulierter, rechtsgültiger Planungsentscheidungen aus. Nach ihrem Wortlaut sei die Norm unverhältnismäßig, weil eine verfassungsrechtlich gebotene konkrete Abwägung zwischen landesfachplanerischer Feststellung und gemeindlicher Planungsvorstellung nicht vorgesehen sei.
bb) Ein nicht zu rechtfertigender Eingriff in die kommunale Planungshoheit liege zudem bereits darin, dass die Gemeinden durch § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG verpflichtet würden, die staatliche Landschaftsplanung „zu beachten”. Diese besondere Verbindlichkeit der Planung, die über die übliche Berücksichtigungspflicht weit hinausgehe, führe im Regelungszusammenhang mit den Vorschriften zur Übernahme landschaftsplanerischer Aussagen in die Bauleitplanung im Ergebnis zu einer Ausschaltung von „Abwägung” und nehme den Gemeinden jede Planungshoheit.
Die den Gemeinden in § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG auferlegte Pflicht, den von ihnen zu erstellenden Landschaftsplan dem staatlichen Landschaftsprogramm oder dem staatlichen Landschaftsrahmenplan anzupassen, greife in den unantastbaren Kernbereich der kommunalen Planungshoheit ein. Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenplan selbst stellten trotz gesteigerter Verbindlichkeit kein Gesetz im Sinne von Art. 46 Abs. 1 LV dar, das die Selbstverwaltungsgarantie ausgestalten könne.
cc) Ferner sei unverhältnismäßig, dass in § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG für Golfplätze eine gezielte baulich-raumordnerische Planungspflicht bestimmt werde und ein Bauleitplan aufgestellt werden müsse. Das bedeute eine übermäßige Reglementierung der gemeindlichen Planungshoheit, weil die betroffenen Belange nach dem Baugesetzbuch nur „normal” im Baugenehmigungsverfahren zu berücksichtigen seien; dieses Verfahren habe sich bewährt und reiche aus.
dd) Einen unverhältnismäßigen Eingriff in die gemeindliche Planungshoheit bedeute schließlich die Regelung des § 10 Abs. 2 (i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 sowie Abs. 2) LNatSchG, wonach Entwicklungsgebiete oder -flächen und Biotopverbundflächen unmittelbar und ausnahmslos von jeder Bebauung ausgenommen seien. Ein von vornherein bestehendes Übergewicht des Naturschutzes gegenüber der gemeindlichen Planungshoheit, das eine solche Regelung verfassungsrechtlich allein rechtfertigen könnte, bestehe nicht; denn diese – nicht unerheblichen – Flächen erfüllten ihrer Definition nach die besonderen Sicherungsbedürfnisse für eine förmliche Unterschutzstellung gerade (noch) nicht. Erfasst seien auch bauliche Anlagen, die keiner Baugenehmigung oder Bauanzeige bedürften. Durch den Zusatz „andere ökologisch bedeutsame Wald-, Ufer- und sonstige Flächen” könnten auch Flächen im Innenbereich betroffen sein.
4. Schließlich verstießen § 4a Abs. 3, § 8 Abs. 8, § 8b Abs. 4, § 10 Abs. 2, § 15a Abs. 4 und Abs. 7, § 21 Abs. 4 Satz 3 2. Halbsatz, § 21b Abs. 3 Satz 2, § 25 Abs. 1, § 36 Abs. 5, § 37 Abs. 4 Satz 1, § 38 Abs. 2, § 54a Abs. 2 Nr. 1, § 58 Satz 1, § 59 sowie § 59a Satz 2 LNatSchG gegen das Rechtsstaatsprinzip.
Auch wenn sich Schleswig-Holstein in seiner Verfassung nirgendwo ausdrücklich als Rechtsstaat bezeichne, sei völlig unbestritten, dass es nach seiner Verfassungsgestaltung ein Rechtsstaat sei und – normativ zwingend – sein wolle. Dies ergebe sich aus der föderativen Eingebundenheit der Landesstaatlichkeit und komme in einer Reihe von Einzelbestimmungen der Landesverfassung zum Ausdruck. Mit dem landesverfassungsimmanenten Rechtsstaatsprinzip in seinen allgemein anerkannten Ausprägungen seien einige Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes nicht zu vereinbaren.
a) Das Landesnaturschutzgesetz könne bereits insgesamt kaum dem rechtsstaatlichen Gebot der hinreichenden Bestimmtheit gesetzlicher Vorschriften genügen. Es sei in der Sprache „eher blumig und wortreich statt begrifflich präzise” und mache „den Eindruck äußerst mangelhafter juristisch-handwerklicher Durchbildung”. „Wolkige Tatbestandsumschreibungen” fänden sich bei den förmlichen Unterschutzstellungen in § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 LNatSchG, etwa mit den Begriffen „Entwicklung vielfältiger Pflanzen- und Tiergesellschaften”, „Entwicklung der Regenerationsfähigkeit der Naturgüter”, „Belebung des Landschaftsbildes”. Unklar sei, wann eine Nasswiese „binsen- und seggenreich” im Sinne des § 15a Abs. 1 Nr. 1 LNatSchG sei und wie viele Sumpfdotterblumen eine Sumpfdotterblumenwiese im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 9 LNatSchG haben müsse. Auch seien Streuwiesen nicht unbedingt, wie in § 7 Abs. 2 Nr. 9 LNatSchG vorausgesetzt, ein Feuchtgebiet. Selbst wenn dies alles nicht zu einem „vollen Verdikt” wegen Unbestimmtheit führen sollte, so lägen die Beanstandungen doch hart an der Grenze zum Verfassungsverstoß und führten jedenfalls zur Verfassungswidrigkeit, wenn weitere Fragwürdigkeiten hinzuträten.
b) Eindeutige Verfassungsverstöße lägen jedenfalls bei folgenden Bestimmungen vor:
aa) Unter dem Gesichtspunkt, dass der Normadressat über seine gesetzlichen Pflichten nicht im Unklaren gelassen werden dürfe, begegne § 15a Abs. 4 LNatSchG durchgreifenden Bedenken. Danach solle das umfassende Beeinträchtigungs- und Veränderungsverbot, das für gesetzlich geschützte, im Naturschutzbuch eingetragene Biotope gelte, auch auf besonders geschützte Biotope anzuwenden sein, wenn diese noch nicht eingetragen, bekannt gemacht, in den Plänen dargestellt oder in der Örtlichkeit kenntlich gemacht worden seien. Woran der im Freien sich bewegende Mensch erkennen solle, was, wo und wie von ihm zu unterlassen sei, bleibe völlig offen.
bb) Auch bei § 4a Abs. 3 LNatSchG könne der Normadressat das von ihm Geforderte nicht eindeutig erkennen. Die Normaussage sei widersprüchlich. Zum einen sollten die Vorgaben des Landschaftsprogramms „nach Maßgabe des Landesplanungsgesetzes” in die Raumordnungspläne übernommen werden, zum anderen „nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 und 3” LNatSchG. Bei Ersterem werde von einer Abwägungsparität der Belange ausgegangen, bei Letzterem hingegen von einer bedingten Priorität der Naturschutzbelange.
cc) Die Vorschrift des § 10 Abs. 2 LNatSchG schaffe mit dem Begriff „vorrangige Flächen für den Naturschutz” absichtsvoll eine „begriffliche Nähe” zu den Vorranggebieten im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Raumordnungsgesetzes (ROG). So stellten der Landesraumordnungsplan Schleswig-Holstein 1998 und der Landschaftsrahmenplan für den Planungsraum I in großem Umfang „Vorranggebiete für den Naturschutz” dar und führten zugleich aus, dass es sich bei diesen Gebieten um „vorrangige Flächen für den Naturschutz” gemäß § 15 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LNatSchG handele. Die Planungsbehörde greife also die sprachliche Verwandtschaft beider Begriffe auf, um die Rechtsfolgen des § 10 Abs. 2 LNatSchG in die Fläche zu bringen. Derartige Sprachspielereien seien mit dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot nicht vereinbar. Die in § 10 Abs. 2 LNatSchG ferner mit einem Überbauungsverbot belegten „anderen ökologisch bedeutsamen Wald-, Ufer- und sonstigen Flächen” seien zu unbestimmt bezeichnet.
dd) Dem speziellen, in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 LV geregelten Bestimmtheitsgebot für Verordnungsermächtigungen habe der Gesetzgeber nicht genügt. Das Landesnaturschutzgesetz enthalte nicht weniger als 37 Verordnungsermächtigungen, was schon für sich Beleg für die Relativität seiner Normierungsdichte sei. Den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Vorhersehbarkeit genügten im Besonderen nicht: § 8 Abs. 8, § 8b Abs. 4, § 15a Abs. 7, § 21 Abs. 4 Satz 3 2. Halbsatz, § 21b Abs. 3 Satz 2, § 25 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 36 Abs. 5, § 37 Abs. 4 Satz 1, § 38 Abs. 2 und § 58 Satz 1 LNatSchG. Dort werde die Landesregierung oder das Ministerium für Natur, Umwelt und Landesentwicklung für die betreffende Ausführungsverordnung lediglich auf einen bestimmten Gegenstandsbereich festgelegt und auch dies zum Teil nur sehr global. Die materiellen Abmessungen der erwarteten Detailregelung aber blieben offen.
c) Der verfassungsimmanente rechtsstaatliche Vertrauensgrundsatz werde durch diejenigen Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes verletzt, bei denen – wie unter dem Aspekt der Eigentumsgarantie ausgeführt – eine Unverhältnismäßigkeit des staatlichen Regelungszugriffs aufgetreten sei. Dieser Mangel hätte durch Übergangsvorschriften abgemildert werden können und müssen. Solche Übergangsvorschriften aber enthalte das Landesnaturschutzgesetz nicht. Im Gegenteil ordne § 59 LNatSchG ausnahmslos das Auslaufen innegehabter Rechtspositionen an und verstoße somit ebenfalls gegen das Rechtsstaatsprinzip.
Gegen das absolute Rückwirkungsverbot des Rechtsstaatsprinzips verstoße die in § 59a Satz 2 LNatSchG getroffene Übergangsregelung, wonach unbefristet oder langfristig erteilte Genehmigungen für Eingriffe spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten des neuen Landesnaturschutzgesetzes außer Kraft träten und nur auf Antrag über die Fortführung nach Maßgabe dieses Gesetzes zu entscheiden sei.
d) Schließlich verstoße die Regelung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG über die Unbeachtlichkeit von Verfahrens- und Formmängeln beim Erlass von Schutzverordnungen nach § 53 LNatSchG gegen das Rechtsstaatsprinzip. Verfahrens- und Formvorschriften seien ein unverzichtbares Mittel, staatliche Entscheidungen für die Betroffenen vorhersehbar zu machen und zur inhaltlichen Richtigkeit beizutragen. An Stelle der generellen Unbeachtlichkeitsregelung hätte zumindest, wie etwa in den §§ 214 ff. BauGB, nach wesentlichen und unwesentlichen Verfahrensschritten differenziert werden müssen.
III.
Landtag und Landesregierung sowie das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht haben Stellung genommen.
1. Der Schleswig-Holsteinische Landtag hält den Antrag für unzulässig, soweit eine Verletzung der „Gefolgschaftspflicht gegenüber Bundesrecht” und der Eigentumsgarantie gerügt wird, jedenfalls aber für insgesamt unbegründet.
a) Der Sache nach handele es sich zum überwiegenden Teil um eine abstrakte Normenkontrolle nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG in der Verpackung eines Landesverfassungsstreits. Für ein Landesverfassungsgericht, als das das Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Verfahren fungiere, sei Prüfungsmaßstab indessen allein die Landesverfassung. Soweit die Antragsteller die unmittelbare Anwendung von Normen des Grundgesetzes anstrebten, sei ihr Antrag grundsätzlich an Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG zu messen, das Landesnaturschutzgesetz also auf seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz und sonstigem Bundesrecht zu prüfen; zu einem solchen Antrag fehle ihnen allerdings die Antragsbefugnis. Das berechtige die Antragsteller nicht dazu, wegen der scheinbar günstigen Situation, dass das Bundesverfassungsgericht gleichzeitig als Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht fungiere, mit einem landesverfassungsrechtlichen Normenkontrollantrag letztlich doch als Hauptfrage ausschließlich die Vereinbarkeit des Landesnaturschutzgesetzes mit dem Grundgesetz zur Prüfung zu stellen. Eine – zulässige – Vorfragenprüfung, etwa in dem Sinne, ob Normen der Landesverfassung mit dem Grundgesetz vereinbar seien, strebten die Antragsteller gerade nicht an. Allerdings seien auch bei einem ausschließlich landesverfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab einige wenige bundesrechtliche Grundsätze zu prüfen, die mittelbar in die Landesverfassung „hineinwirkten”. Insoweit erfahre der Grundsatz der Trennung von Verfassungssphären des Bundes und der Länder Ausnahmen. Zu diesen Ausnahmen zählten allerdings nicht die Bestimmungen über die Gesetzgebungskompetenz und die Eigentumsgarantie, weshalb der Antrag insoweit unzulässig sei.
b) Der Antrag sei jedenfalls insgesamt unbegründet. Zur Vereinbarkeit der angegriffenen Vorschriften mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und mit dem Rechtsstaatsprinzip wird vor allem ausgeführt:
Die durch Art. 46 ff. LV i.V.m. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete kommunale Selbstverwaltung werde durch das Landesnaturschutzgesetz nicht verletzt.
Auch wenn das Rechtsstaatsprinzip in der Landesverfassung nicht ausdrücklich erwähnt sei, könne es als wesentliches staatsorganisationsrechtliches Prinzip aus der Verfassung herausgelesen werden. Zu seinen notwendigen Bestandteilen gehöre der Grundsatz der Messbarkeit und Verlässlichkeit staatlichen Handelns. Dem entspreche das Landesnaturschutzgesetz.
2. Die Landesregierung Schleswig-Holstein vertritt gleichfalls die Ansicht, dass der Antrag mit Blick auf die Rüge eines Verstoßes gegen Bundesrecht und die Institutsgarantie des Eigentums bereits unzulässig, jedenfalls aber insgesamt unbegründet sei.
3. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht hat zunächst mitgeteilt, dass sich die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit von Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes bislang noch nicht entscheidungserheblich gestellt habe. Nach einer späteren Mitteilung ist in wenigen, näher bezeichneten Verfahren die Vereinbarkeit der gesetzlichen Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes mit höherrangigem Recht ausdrücklich problematisiert worden, wobei die von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen in der Regel jedoch nicht diskutiert worden seien.
Entscheidungsgründe
B.
Das Bundesverfassungsgericht wird im vorliegenden Verfassungsrechtsstreit als Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein nach Maßgabe des Art. 44 Nr. 2 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein (LV in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Landessatzung für Schleswig-Holstein vom 13. Juni 1990, GVOBl S. 391) in Verbindung mit Art. 99 GG, § 13 Nr. 10 BVerfGG tätig. Art. 44 Nr. 2 LV weist dem Bundesverfassungsgericht die Entscheidung „bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung auf Antrag der Landesregierung oder eines Drittels der Mitglieder des Landtages” zu. Auf Grund dieser nach Art. 99 GG wirksamen Zuweisung (vgl. BVerfGE 38, 258 ≪267≫) wird das Bundesverfassungsgericht als Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein tätig. Das begrenzt von vornherein seinen Prüfungsmaßstab, der sich aus dem Umfang der Zuweisung des Art. 44 Nr. 2 LV ergibt. Prüfungsmaßstab ist nur die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein. Vorschriften des Grundgesetzes wie auch des einfachen Bundesrechts (ebenso des einfachen Landesrechts) scheiden deshalb als Maßstab aus.
I.
Der Antrag ist nach Art. 44 Nr. 2 LV statthaft. Die 37 Antragsteller erfüllen die Voraussetzungen des Art. 44 Nr. 2 LV: Der 13. Schleswig-Holsteinische Landtag hatte 89 Mitglieder; damit ist das erforderliche Drittel der Mitglieder des Landtages übertroffen. Ihr Antrag ist durch das Ende der Wahlperiode nicht unzulässig geworden (vgl. BVerfGE 79, 311 ≪327≫). Die Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes sind „Landesrecht” im Sinne von Art. 44 Nr. 2 LV und deshalb tauglicher Prüfungsgegenstand. Sie werden nicht dadurch zu Bundesrecht, dass sie zur Ausfüllung des durch das Bundesnaturschutzgesetz nach Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GG vorgegebenen Rahmens erlassen worden sind (vgl. BVerfGE 18, 407 ≪415≫).
II.
1. Soweit das Landesnaturschutzgesetz als Ganzes angegriffen wird, ist der Antrag unzulässig. Dem Begründungserfordernis der §§ 75, 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG ist insoweit nicht genügt. Die Vorschriften verlangen neben der genauen Bezeichnung der angefochtenen Norm eine substantiierte Darlegung, welche Voraussetzungen des Art. 44 Nr. 2 LV für die Einleitung des abstrakten Normenkontrollverfahrens vorliegen und aus welchen Gründen die Vereinbarkeit der Norm mit welcher Bestimmung der Landesverfassung bezweifelt wird. Eine Nichtigkeit des Gesetzes insgesamt käme nur dann in Betracht, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Landesnaturschutzgesetzes ergeben würde, dass die übrigen mit der Verfassung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbständige Bedeutung hätten oder wenn die nichtigen mit den übrigen Bestimmungen so verflochten wären, dass sie eine untrennbare Einheit bildeten, die nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden könnte (vgl. BVerfGE 65, 325 ≪358≫ und BVerfGE 100, 249 ≪263≫; stRspr). Hierfür ist jedoch nichts vorgetragen und auch nichts ersichtlich. Die (freilich große) Anzahl der zur Prüfung gestellten Normen allein lässt einen derartigen Rückschluss auf das Gesetz insgesamt nicht zu.
Die im Antrag angeführten Einzelbestimmungen sind grundsätzlich ausreichend genau bezeichnet. Soweit allerdings generalisierende Behauptungen zur Verfassungswidrigkeit von nicht näher bezeichneten Rechtsvorschriften des Landesnaturschutzgesetzes aufgestellt und diese dann beispielhaft für bestimmte Vorschriften konkretisiert werden, ist der Antrag allenfalls hinsichtlich der konkret benannten Vorschriften zulässig. Ausserhalb dessen ist zum Beispiel den Behauptungen, die Sprache des Gesetzes sei „eher blumig und wortreich statt begrifflich präzise”, Identisches werde „vielfach” mit unterschiedlichen Ausdrücken erfasst, „ungriffig” seien Definitionen, „die nahezu impressionistisch, ja poetisch daherkommen”, ein Angriff auf konkrete Einzelbestimmungen nicht zu entnehmen.
2. Teilweise fehlt eine auch nur grobe Skizzierung der rechtlichen Erwägungen, auf die die Antragsteller ihre Zweifel an der Vereinbarkeit der jeweils beanstandeten Bestimmung mit der Verfassung stützen.
a) Die Antragsteller behaupten, die Verordnungsermächtigungen der § 8 Abs. 8, § 8b Abs. 4, § 15a Abs. 7, § 21 Abs. 4 Satz 3 2. Halbsatz, § 21b Abs. 3 Satz 2, § 25 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 36 Abs. 5, § 37 Abs. 4 Satz 1, § 38 Abs. 2 und § 58 Satz 1 LNatSchG genügten nicht den Anforderungen des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 LV an eine hinreichend bestimmte Gesetzesgrundlage. Zur Begründung wird pauschal für alle angegriffenen Ermächtigungsnormen angeführt, die Verwaltung würde, zum Teil nur sehr global, auf bestimmte Gegenstandsbereiche festgelegt, die materielle Abmessung der Detailregelung bleibe offen. Dies ist aber nur eine rudimentäre Wiedergabe dessen, was abstrakt gesehen nach Maßgabe des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 LV die Unbestimmtheit einer Verordnungsermächtigung generell ausmacht. Für keine einzige der beanstandeten Verordnungsermächtigungen wird der Vorwurf der Unbestimmtheit konkretisiert. Es ist auch nicht so, dass die Ermächtigungen so offensichtlich unbestimmt wären, dass sich jede Begründung erübrigte. Somit ist der Antrag insoweit unzulässig.
b) Soweit die Antragsteller die Bestimmtheit von als „wolkig” bezeichneten Gesetzesbegriffen in § 15a Abs. 1 Nr. 1, § 17 Abs. 1, § 18 Abs. 1, § 19 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 LNatSchG bezweifeln, ist nicht dargelegt, weshalb die beanstandeten auslegungsbedürftigen Gesetzesbegriffe nicht der Auslegung fähig sein sollen. Auf die bloße Frage nach der Bedeutung hätten sich die Antragsteller schon deshalb nicht beschränken dürfen, weil sich zum Teil gleiche oder ähnliche Begriffe im Bundesnaturschutzgesetz finden (z.B. § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 20c Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), die eine Auslegung in Kommentarliteratur und Rechtsprechung (z.B. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Mai 1993 – 7 NB 8.92 –, NuR 1994, S. 83, zum Begriff „Belebung des Landschaftsbildes”) erfahren haben.
Zu pauschal und vage sind auch die Beanstandungen zu § 7 Abs. 2 Nr. 9 LNatSchG (Begriffe „Streuwiese” und „Sumpfdotterblumenwiese”), als dass eine verfassungsrechtliche Prüfung der Bestimmtheit dieser Vorschrift veranlasst sein könnte.
III.
Der Antrag ist ferner unzulässig, soweit die Antragsteller einen Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG durch § 9a Abs. 2 Satz 5, § 10 Abs. 2, § 15a Abs. 2, § 17 Abs. 2, 3 und 4 Satz 2, § 18 Abs. 2, § 19 Abs. 2 Satz 1, § 21 Abs. 4 Satz 2, § 21b Abs. 4, § 30 Abs. 1, § 40 Abs. 1, § 41, § 55 Abs. 1 Nr. 1 sowie § 59a LNatSchG rügen.
Die Landesverfassung von Schleswig-Holstein weist weder einen Grundrechtskatalog auf noch kennt sie eine „Institutsgarantie des freien Eigentums”. Mit Rücksicht auf die Verfassungsautonomie der Länder bedürfte es für das „Hineinlesen” einer grundgesetzlichen Bestimmung in die Landesverfassung einer besonderen Rechtfertigung, vor allem der Notwendigkeit eines „Hineinlesens”. Hieran fehlt es. Die Länder sind unmittelbar gemäß Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG an die in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG verbürgte Eigentumsgarantie als Grundrecht und als Rechtsinstitut gebunden. Einer weiteren Verbürgung in den Landesverfassungen bedarf es sonach nicht.
Darüber hinaus widerspräche eine stillschweigende Aufnahme der Gewährleistung des Eigentums in die Landesverfassung der Eigenart und Systematik der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein und dem ausdrücklich geäußerten Willen des Verfassunggebers. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Landessatzung am 12. Januar 1950 galt Schleswig-Holstein als Provisorium, das möglichst schnell durch eine Neugliederung der Länder seinen Status als selbständiges Land verlieren sollte (vgl. von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Bd. 1, Einführung I.). Die Verfassunggeber begnügten sich deshalb mit einem Organisationsstatut, verzichteten aber weitgehend auf programmatische Staatsziele und vor allem auf einen Grundrechtskatalog. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (zitiert in Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Einführung, S. 54) wurde dazu unter anderem ausgeführt, dass die im Grundgesetz verankerten Grundrechte auch in Schleswig-Holstein unmittelbar geltendes Recht seien und eine Wiederholung in der Landessatzung nicht nur überflüssig, sondern rechtlich wirkungslos wäre. Im Vorfeld der 1990 erfolgten Änderung der Landessatzung nahm die Enquete-Kommission Verfassungs- und Parlamentsreform trotz der inzwischen nicht mehr in Frage gestellten Selbständigkeit und Dauerhaftigkeit des Landes Schleswig-Holstein die Einführung eines Grundrechtskatalogs nicht in ihre Empfehlungen an den Landtag auf (vgl. Schlussbericht der Enquete-Kommission Verfassungs- und Parlamentsreform, 1. Aufl., 1989). Bis heute gewährt allein Art. 5 Abs. 1 LV (Nationale Minderheiten) ein subjektives öffentliches Recht. Über den Charakter eines reinen Organisationsstatuts hinaus gehen ferner die Art. 5 Abs. 2 bis Art. 7 und Art. 9 LV mit ihren auf bestimmte Themengebiete beschränkten Staatszielbestimmungen, Handlungsaufträgen, wertentscheidenden Grundsatznormen und programmatischen Erklärungen (ein noch in der ursprünglichen Fassung der Landessatzung enthaltener Artikel zur Bodenreform ≪Art. 8 a.F.≫ wurde bereits durch Änderungsgsetz vom 20. November 1950 wieder gestrichen). Nach dieser Entstehungsgeschichte und nach Inhalt und Charakter der Landesverfassung ist für die Annahme, die Gewährleistung des Eigentums als Grundrecht oder als Rechtsinstitut sei ein Grundsatz oder eine Grundentscheidung, die im Sinne des Urteils des Zweiten Senats vom 5. April 1952 (BVerfGE 1, 208 ≪227 f.≫) der Landesverfassung „vorausliege” oder etwa über Art. 1 LV (Gliedstaat) in die Landesverfassung hineinwirke, kein Raum. Die Eigentumsgarantie – einschließlich der in ihr enthaltenen besonderen Gewährleistung von Vertrauensschutz (vgl. BVerfGE 31, 275 ≪293≫; 58, 81 ≪121≫) – scheidet deshalb als Prüfungsmaßstab aus.
Entgegen der Ansicht der Antragsteller ergibt sich anderes auch nicht aus Homogenitätsgesichtspunkten. Art. 28 Abs. 1 GG fordert nur ein gewisses Maß an Homogenität. Es ist auf die dort genannten Staatsstruktur- und Staatszielbestimmungen und innerhalb dieser wiederum auf deren Grundsätze beschränkt (BVerfGE 90, 60 ≪84 f.≫). Die „Institutsgarantie des freien Eigentums” gehört nicht dazu. Auch wenn die verfassungsmäßigen Ordnungen der Länder keine die Gewährleistungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG missachtenden Vorschriften enthalten dürfen (vgl. Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 3, Art. 31, Art. 142 GG), so sind sie dennoch nicht verpflichtet, die Eigentumsgewährleistung als Grundrecht und/oder Institutsgarantie in ihre Verfassung – sei es auch nur als ungeschriebenen Bestandteil – aufzunehmen.
Da Art. 14 Abs. 1 GG als Prüfungsmaßstab ausscheidet, kommt auch nicht die von den Antragstellern geltend gemachte Verpflichtung in Betracht, das Bundesverfassungsgericht müsse als Landesverfassungsgericht an sich als Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 2 GG vorlegen.
IV.
Der Antrag ist auch unzulässig, soweit die Antragsteller die Verletzung einer „Gefolgschaftspflicht des Landes gegenüber Bundesrecht” behaupten. Die Bindung des Landes an Bundesrecht ergibt sich bereits aus Art. 31 GG. Diese Vorschrift der Bundesverfassung ist aber kein Bestandteil der Landesverfassung, die hier alleiniger Prüfungsmaßstab ist. Grundgesetzliche Bestimmungen und Grundsätze können nur dann auch Bestandteile der Landesverfassung sein, wenn eine parallele Regelung auf Bundes- und Landesebene möglich ist. Die Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder erfolgt in einem Bundesstaat nur auf der Ebene des Gesamtstaates. Eine Landesverfassung kann zwar eine eigenständige Anordnung dahingehend enthalten, dass die Landesstaatsgewalt die Verbandskompetenzordnung der Bundesverfassung zu beachten hat (vgl. BVerfGE 60, 175). Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein enthält aber keine solche ausdrückliche Anordnung. Sie ergibt sich auch nicht aus ihrem Art. 1, wonach das Land Schleswig-Holstein ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland ist, oder aus dem Rechtsstaatsprinzip der schleswig-holsteinischen Landesverfassung.
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, dass in einem betont föderativ gestalteten Staatswesen wie der Bundesrepublik Deutschland die Verfassungsbereiche des Bundes und der Länder grundsätzlich nebeneinander stehen; entsprechendes gilt für die Verfassungsgerichtsbarkeiten des Bundes und der Länder (BVerfGE 41, 88 ≪118 f.≫ m.w.N.; 96, 345 ≪368 f.≫). Nach Art. 28 Abs. 1 GG ist nur ein gewisses Maß an Homogenität der Bundesverfassung und der Landesverfassungen gefordert (BVerfGE 41, 88 ≪119≫). Soweit das Grundgesetz für die Verfassungen der Länder nichts bestimmt, können die Länder ihr Verfassungsrecht und ihre Verfassungsgerichtsbarkeit selbst ordnen (BVerfGE 96, 345 ≪368 f.≫). Dabei beschränken sie durch ihre Landesverfassung den Kompetenzbereich der Landesverfassungsgerichtsbarkeit ebenso wie das Grundgesetz den Kompetenzbereich der Bundesverfassungsgerichtsbarkeit begrenzt (BVerfGE 10, 285 ≪293≫). In ihrer Autonomie haben die Landesverfassunggeber die jeweilige Landesverfassung als den Kontrollmaßstab festgelegt, der in den landesverfassungsgerichtlichen Verfahren heranzuziehen ist (vgl. Art. 68 Abs. 1 Satz 2 BWVerf.; Art. 65 i.V.m. Art. 92, Art. 66 i.V.m. Art. 120, Art. 98 Satz 4 BayVerf.; Art. 84 Abs. 2 Berl.Verf.; Art. 113 Bbg.Verf.; Art. 140 Brem.Verf.; Art. 64 Abs. 2, Art. 65 Abs. 3 Hamb.Verf.; Art. 131 ff. Hess.Verf.; Art. 75 Verf.LSA; Art. 58 Verf.M-V; Art. 54 Nds.Verf.; Art. 75 NRWVerf.; Art. 130, Art. 135 Abs. 1 Rh.-Pf.Verf.; Art. 97 SLVerf.; Art. 81 Abs. 1 Sächs.Verf.; Art. 80 Abs. 1 Thür.Verf.). Dementsprechend haben Landesverfassungsgerichte und die Wissenschaft immer wieder bekräftigt, dass Prüfungsmaßstab für die Landesverfassungsgerichte als „oberste Hüter” ihrer Verfassung nur die Landesverfassung, nicht aber das Grundgesetz oder sonstiges Bundesrecht sei (vgl. Nachweise bei Rozek, Das Grundgesetz als Prüfungs- und Entscheidungsmaßstab der Landesverfassungsgerichte, 1993, S. 56, Fußnote 12 und S. 58, Fußnote 19, 20; a.A.: Burmeister, in: Landesverfassungsgerichtsbarkeit II, 1983, S. 435 bis 437). Auch das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Januar 1974 (BVerfGE 36, 342 ≪368≫) noch ausdrücklich festgestellt, dass die Landesverfassungsgerichte „als Maßstab ihrer Prüfung nur die Landesverfassung” besitzen.
Landesverfassungsrecht betreffen von den von den Antragstellern ferner erhobenen Rügen nur die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und das Rechtsstaatsprinzip. Erstere ist ausdrücklich in der Landesverfassung normiert (Art. 46 bis 49 LV), Letzteres kommt – auch nach Auffassung der Äußerungsberechtigten – als allgemeines Strukturprinzip in einer Reihe von einzelnen Verfassungsbestimmungen zum Ausdruck.
Mit ihrem weitergehenden Hinweis auf eine allgemeine Gefolgschaftspflicht rügen die Antragsteller der Sache nach die Unvereinbarkeit des Landesnaturschutzgesetzes mit dem Bundesnaturschutzgesetz und – damit zusammenhängend – mit der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GG); ferner soll auch gegen konkurrierende Gesetzgebung des Bundes verstoßen worden sein. Durch Art. 44 Nr. 2 LV sowie durch das Trennungsprinzip ist aber eine solche Prüfung ausgeschlossen. Der Normenkontrollantrag ist auch insoweit unzulässig.
Aus der Sicht des Landesverfassungsgerichts für Schleswig-Holstein sind hierzu folgende Überlegungen maßgeblich:
1. Das selbständige Nebeneinander der Verfassungsräume darf nicht als Bezugslosigkeit aufgefasst werden; ein grundgesetzliches Einwirken in den landesverfassungsrechtlichen Raum ist nicht ausgeschlossen (Bethge, in: Landesverfassungsgerichtsbarkeit II, 1983, S. 28 m.w.N. in Fußnote 76). Denkbar sind folgende Modifizierungen und Durchbrechungen des Trennungsprinzips: Prüfung der Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht als Vorfrage (a); Hineinwirken des Grundgesetzes in die Landesverfassung (b); Prüfung über das landesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip (c); Art. 100 Abs. 3 GG und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in BVerfGE 60, 175 (d).
a) Die Landesverfassungsgerichtsbarkeit hat auf die Grundgesetzmäßigkeit ihres Prüfungsmaßstabes zu achten und deshalb im Vorfeld die anzuwendenden Bestimmungen der Landesverfassung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz zu prüfen (Bethge, in: Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Ulsamer, BVerfGG, § 73 Rn. 47 m.w.N.). Darüber hinaus vertrat aber insbesondere der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner früheren Rechtsprechung (BayVerfGH 24, 1 ≪11 f.≫ m.w.N.) die Ansicht, dass als Vorfrage auch zu prüfen sei, ob der Prüfungsgegenstand einer Popularklage gemäß Art. 98 Satz 4 BayVerf. mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei (ebenso: Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I, 2. Aufl., 1984, § 19 III 5 d (). Denn für den Fall, dass die zu überprüfende Norm gegen das Grundgesetz (oder sonstiges Bundesrecht) verstoße, sei sie gemäß Art. 31 GG nichtig und deshalb kein tauglicher Gegenstand einer Popularklage. Nachdem diese Rechtsprechung kurzzeitig aufgegeben worden war (BayVerfGH 26, 28), wurde diese „Vorfrage” im Rahmen der Begründetheit geprüft (BayVerfGH 29, 191 ≪201 f.≫) und etwa für den Fall der Feststellung der Unvereinbarkeit der Landesnorm mit Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes eine Vorlagepflicht nach Art. 100 Abs. 1 GG angenommen. Inzwischen ordnet der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Prüfung in eingeschränktem Maße dem landesverfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip zu (dazu ≪c≫).
b) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in einer frühen Entscheidung (BVerfGE 1, 208 ≪232 f.≫) hervorgehoben, dass die Verfassung der Gliedstaaten eines Bundesstaates nicht in der Landesverfassungsurkunde allein enthalten sei, sondern in sie hinein auch Elemente der Bundesverfassung wirkten, so dass erst beide Elemente zusammen die Verfassung des Gliedstaates ausmachten. Dabei handele es sich „vielfach” (BVerfGE 1, 208 ≪233≫) um allgemeine verfassungsrechtliche Grundsätze, die im Grundgesetz formuliert seien, „aber als ungeschriebene Bestandteile auch der Landesverfassungen vorausgesetzt werden” könnten und müssten. So gelte beispielsweise die in Art. 20 Abs. 3 GG normierte Bindung des Gesetzgebers an die verfassungsmäßige Ordnung unmittelbar nur für den Bundesgesetzgeber; dieser selbstverständliche Satz eines demokratischen Rechtsstaates liege aber auch der Landessatzung für Schleswig-Holstein (nunmehr als Landesverfassung bezeichnet, vgl. Art. 60 Abs. 1 LV) zu Grunde. Gleiches gelte für den Primat des Völkerrechts vor dem innerstaatlichen Recht (Art. 25 GG) und die Gleichheit vor dem Gesetz. Für Art. 21 GG hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach festgestellt, dass diese Vorschrift über ihre Geltung innerhalb der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland als Gesamtstaat hinaus in die Verfassungsordnungen der Länder hineinwirke (BVerfGE 1, 208 ≪227≫; 4, 375 ≪378≫; 6, 367 ≪375≫; 23, 33 ≪39≫; 60, 53 ≪61≫; 66, 107 ≪114≫). Das Bundesverfassungsgericht hat die Fälle des Hineinwirkens als „selten” bezeichnet (BVerfGE 13, 54 ≪79≫), jedoch etwa auch die Garantie der Freiheit des Rundfunks (Art. 5 Abs. 1 GG) als einen solchen Fall angesehen (BVerfGE 13, 54 ≪80≫). Prüfungsmaßstab für die Landesverfassungsgerichte bleibt demnach zwar die Landesverfassung, deren „Bestandteil” aber auch Teile des Bundesverfassungsrechts sein können (vgl. Grawert, NJW 1987, S. 2329 ≪2331≫).
Zum Teil wird angenommen, auch die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG wirke in dieser Weise in das Landesverfassungsrecht hinein (HessStGH, ESVGH 32, 20 ≪24≫; NRWVerfGH, Urteil vom 19. Mai 1992, NVwZ 1993, S. 57 ≪59≫; Grawert, NJW 1987, S. 2329 ≪2331≫; Gehb, Verfassung, Zuständigkeiten und Verfahren des Hessischen Staatsgerichtshofs, 1987, S. 269; Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, 3. Aufl., 1991, § 11 Rn. 15 und § 15 Rn. 9; im Urteil vom 22. Oktober 1996 ≪NVwZ 1997, S. 790≫ prüft der Berliner Verfassungsgerichtshof in einer Normenkontrolle ohne Begründung die Gesetzgebungskompetenzen des Landes Berlin, lässt aber die Konsequenzen einer fehlenden Kompetenz offen). Für den Fall der Überprüfung des Volksbegehrens „Keine Startbahn West” sah deshalb der Hessische Staatsgerichtshof (ESVGH 32, 20 ≪24≫) die Hessische Landesregierung als befugt an zu prüfen, ob das Gesetz, auf dessen Erlass das Volksbegehren gerichtet war, überhaupt in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fiel (was wegen der ausschließlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes verneint wurde). In einer späteren Entscheidung (LVerfGE 6, 175) hat der Staatsgerichtshof allerdings offen gelassen, ob er im Fall der abstrakten Normenkontrolle eine derartige Prüfungskompetenz besitze. Die Annahme des Hessischen Staatsgerichtshofs hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 24. März 1982 (BVerfGE 60, 175) im Ergebnis bestätigt, wenngleich in diesem Zusammenhang von einem „Hineinwirken” des Grundgesetzes nicht gesprochen wurde (vgl. dazu unten ≪d≫).
Der Nordrhein-Westfälische Verfassungsgerichtshof begründete in seinem Urteil vom 19. Mai 1992 (NVwZ 1993, S. 57 ≪59≫) für einen Organstreit ein „Hineinwirken” der Art. 70 ff. GG in die Nordrhein-Westfälische Landesverfassung über Art. 1 Abs. 1 Satz 1 NRWVerf., wonach Nordrhein-Westfalen ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland ist (ebenso für Schleswig-Holstein: Art. 1 LV), ferner über Art. 68 Abs. 1 Satz 3 NRWVerf., wonach für den Fall der Gesetzgebung durch das Volk ausdrücklich die Gesetzgebungskompetenz des Landes als Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit normiert ist (ähnlich für Schleswig-Holstein: Art. 41 Abs. 1 LV, wonach ein Initiativrecht des Volkes nur im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit des Landtags besteht). Er sah sich demnach auch als befugt an, ein gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes verstoßendes Landesgesetz ohne Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG für nichtig zu erklären, da unmittelbarer Prüfungsmaßstab nur die Landesverfassung sei, als deren Teil indes die Kompetenzregeln der Art. 70 ff. GG fungierten.
c) Seit seiner Entscheidung vom 28. Juni 1988 (BayVerfGH 41, 59) prüft der Bayerische Verfassungsgerichtshof die Vereinbarkeit der mit der Popularklage beanstandeten Norm mit Bundesrecht über das in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayVerf. normierte Rechtsstaatsprinzip. Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege aber nur dann vor, wenn offensichtlich die Kompetenznormen des Grundgesetzes oder sonstiges Bundesrecht verletzt seien und deshalb der Landesnormgeber eindeutig ohne Rechtsetzungsbefugnis tätig geworden sei (BayVerfGH 43, 107 ≪120 f.≫; 45, 33 ≪40 f.≫; 51, 94 ≪99 f.≫). Es müsse außerdem ein schwer wiegender Eingriff in die Rechtsordnung vorliegen (BayVerfGH 45, 33 ≪41≫; 51, 94 ≪99 f.≫). Für den Fall eines solchen Verstoßes müsse der Verfassungsgerichtshof die Norm nicht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorlegen, da er sie nicht selbst anzuwenden habe und nicht das Grundgesetz, sondern die Landesverfassung Prüfungsmaßstab sei (BayVerfGH 45, 33 ≪41≫) und da auf Grund der eingeschränkten Prüfungsintensität nicht verbindlich über die Vereinbarkeit mit Bundesrecht entschieden werde (BayVerfGH 43, 107 ≪120 f.≫).
d) Gemäß Art. 100 Abs. 3 GG hat das Landesverfassungsgericht bei beabsichtigter Abweichung von der Auslegung des Grundgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht oder das Verfassungsgericht eines anderen Landes die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts setzt Art. 100 Abs. 3 GG geradezu voraus, dass auch die Auslegung des Grundgesetzes Gegenstand der Rechtsfindung des Verfassungsgerichts eines Landes sein und insbesondere bei Verfassungsstreitigkeiten innerhalb des Landes eine Rolle spielen kann (BVerfGE 1, 208 ≪232≫; 60, 175 ≪206 f.≫). Unter Bezugnahme auf BVerfGE 1, 208 (232) wurde im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Januar 1985 aus Art. 100 Abs. 3 GG geschlossen, den Landesverfassungsgerichten sei eine Prüfung am Maßstab des Grundgesetzes nicht verwehrt, die abschließende Entscheidungszuständigkeit habe aber das Bundesverfassungsgericht; für den Fall, dass der Gegenstand der Normenkontrolle für grundgesetzwidrig erachtet werde, sei das Landesverfassungsgericht deshalb zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht verpflichtet (BVerfGE 69, 112 ≪117 f.≫).
In seinem Beschluss vom 24. März 1982 (BVerfGE 60, 175) zum Volksbegehren „Keine Startbahn West” stellt das Bundesverfassungsgericht zwar fest, dass sich die verfassungsrechtlichen Grenzen, die der Landesstaatsgewalt auf dem Gebiet der Gesetzgebung gezogen sind, aus den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern ergeben (BVerfGE 60, 175 ≪205≫). Das habe der hessische Verfassunggeber in Art. 153 Hess.Verf. vorab anerkannt. Im Folgenden geht das Bundesverfassungsgericht aber davon aus, bei der Prüfung der Vereinbarkeit des Gesetzesentwurfs mit der Hessischen Verfassung (nach § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über Volksbegehren und Volksentscheid) sei auch zu prüfen, ob der Landesstaatsgewalt für die im Gesetzentwurf geregelte Materie nach den maßgeblichen Bestimmungen des Grundgesetzes und des Bundesrechts die Gesetzgebungsbefugnis zustehe (BVerfGE 60, 175 ≪206≫). Demnach seien sowohl die Landesregierung als auch der Hessische Staatsgerichtshof gehalten gewesen, diese Bestimmungen heranzuziehen und auszulegen, was für die Prüfung am Grundgesetz durch Art. 100 Abs. 3 GG bestätigt werde.
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dieser Entscheidung gemäß Art. 153 Hess.Verf. eine andere Verfassungsrechtslage zu Grunde lag, als sie nunmehr für das Bundesverfassungsgericht als Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein gilt. Art. 153 Hess.Verf. lautet:
(1) Die Zuständigkeiten zwischen der Deutschen Republik und Hessen sind von einer deutschen Nationalversammlung, die vom ganzen deutschen Volk zu wählen ist, verfassungsmäßig abzugrenzen.
(2) Künftiges Recht der Deutschen Republik bricht Landesrecht.
Damit weist die Hessische Verfassung anders als die Verfassung von Schleswig-Holstein nicht nur einen deutlichen Bezug zur späteren Verfassung des Bundes auf, sondern nimmt mit den Gesetzesbegriffen „Zuständigkeiten” und „abzugrenzen” ausdrücklich auch die Gesetzgebungskompetenzen in Bezug. Zudem anerkennt Art. 153 Abs. 2 Hess.Verf. ausdrücklich den Vorrang des Bundesrechts.
2. Als Landesverfassungsgericht für das Land Schleswig-Holstein ist auch das Bundesverfassungsgericht gehalten, sich im Rahmen der ihm von der Landesverfassung Schleswig-Holstein übertragenen Zuständigkeitsordnung zu bewegen. Es hat deshalb die Rechtsprechung von Verfassungsgerichten anderer Länder nicht zu bewerten, weil es auf seinen Kompetenzraum, d.h. die Landesverfassung von Schleswig-Holstein, beschränkt ist.
Die Landesverfassung von Schleswig-Holstein stellt in keiner ihrer Bestimmungen eine dem Art. 153 Hess.Verf. vergleichbare Beziehung zwischen dem Verfassungsrecht des Bundes und dem des Landes her. Verfassungsrecht des Bundes wirkt deshalb im Bereich der hier in Rede stehenden Kompetenzordnung für die Gesetzgebung in die Landesverfassung von Schleswig-Holstein nicht hinein.
Aus der Sicht eines Landes ist ferner zu berücksichtigen, dass seine Verfassungsautonomie und damit seine Staatlichkeit ganz nachhaltig beschädigt werden, je mehr an Prinzipien oder Normen der Bundesverfassung in eine Landesverfassung „hineingelesen” wird. Auf diese Weise wird letztlich ein Eckpfeiler des Staatswesens der Bundesrepublik Deutschland untergraben: das föderale Prinzip des Art. 20 Abs. 1 GG. Dieser Gesichtspunkt mag für Hessen so oder in abgeschwächter Form nicht gelten, weil der hessische Verfassunggeber in Art. 153 Hess.Verf. gleichsam eine Öffnung gegenüber dem Verfassungsrecht des Bundes und damit auch gegenüber dessen Regelungen über die Gesetzgebungskompetenzen zugesteht. Damit ist die Verfassungsrechtslage in Schleswig-Holstein nicht zu vergleichen.
Letztlich spricht schon die Kompetenzordnung der Art. 70 ff. GG selbst gegen ein „Hineinlesen” (oder Hineinwirken) der bundesverfassungsrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen in das Landesverfassungsrecht. Die Art. 70 ff. GG verteilen die Gesetzgebungsbefugnisse auf Bund und Länder. Dadurch werden Bund und Länder unmittelbar kraft Bundesverfassungsrechts berechtigt. Für die Länder bedarf es keiner Transformation auf der Ebene der Landesverfassung, um in dem ihnen belassenen vom Bund in der Verfassung geregelten Umfang tätig zu werden. Ihre Befugnisse und ihnen fehlende Befugnisse können die Länder unmittelbar aus dem Grundgesetz ablesen.
Aus den genannten Erwägungen können die Art. 30 und 70 ff. GG auch nicht in die Bezeichnung des Landes Schleswig-Holstein als Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland in Art. 1 LV „hineingelesen” oder über das landesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip mittelbar als Prüfungsmaßstab herangezogen werden. Ob die Verfassungsrechtslage in Nordrhein-Westfalen (vgl. NRWVerfGH, Urteil vom 19. Mai 1992, NVwZ 1993, S. 57 ≪59≫) oder in Bayern (vgl. BayVerfGH 45, 33 ≪41≫; 51, 94 ≪99 f.≫) insoweit von der Verfassungsrechtslage des Landes Schleswig-Holstein abweicht, mag dahinstehen.
Nach allem scheidet eine Überprüfung des Landesnaturschutzgesetzes von Schleswig-Holstein auf seine Vereinbarkeit mit Art. 74 und 75 GG sowie dem Bundesnaturschutzgesetz in diesem Verfahren aus.
C.
Soweit der Normenkontrollantrag zulässig ist, ist er im Sinne des § 24 BVerfGG offensichtlich unbegründet.
I.
Die von den Antragstellern gerügten Vorschriften des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 2, des Weiteren der § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1, § 6 Abs. 4 Satz 1, § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15, § 6 Abs. 5 Satz 1, § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 sowie Abs. 2 und § 10 Abs. 2 LNatSchG stehen mit der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach der Landesverfassung Schleswig-Holstein in Einklang.
Gemäß Art. 46 Abs. 1 LV sind die Gemeinden berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, in ihrem Gebiet alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung zu erfüllen, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Diese Bestimmung sichert den Gemeinden zunächst, wie Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich sowie die Befugnis zu eigenverantwortlicher Führung der Geschäfte in diesem Bereich (vgl. BVerfGE 91, 228 ≪236≫ m.w.N.). Hierzu zählen auch die Finanzhoheit (vgl. BVerfGE 71, 25 ≪36 f.≫; 83, 363 ≪382≫) und die Planungshoheit (vgl. BVerfGE 56, 298 ≪312 f.≫; 76, 107 ≪118≫); Erstere ist in den Art. 47 bis 49 LV näher ausgeformt. Die Frage, ob Art. 46 Abs. 1 LV mit der Formulierung „alle öffentlichen Aufgaben” in ihrem Gebiet über Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft”) hinausgeht (so Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Art. 39 Erl. C I. 1. a), bedarf keiner Antwort.
Die Gemeindeverbände, zu denen jedenfalls die Kreise gehören, haben nach Art. 46 Abs. 2 LV im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeit die gleichen Rechte und Pflichten. Die Befugnis zu eigenverantwortlicher Aufgabenerledigung bezieht sich somit zwar nur auf den Umkreis von Aufgaben, die der Gesetzgeber als Selbstverwaltungsaufgaben, also als kreiskommunale Aufgaben des eigenen Wirkungskreises, zuweist; in diesem Umkreis gilt für sie allerdings nichts grundsätzlich anderes als für die Gemeinden nach Art. 46 Abs. 1 LV (vgl. BVerfGE 83, 363 ≪383≫).
1. Nach Ansicht der Antragsteller verletzt das Landesnaturschutzgesetz die kommunale Finanzhoheit als Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts, weil es in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 2 den Kreisen und kreisfreien Städten die Zuständigkeit als untere Naturschutzbehörde als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung überträgt, aber keine verbindliche Entscheidung über die Ausgabendeckung enthält. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift lautet:
§ 45
Naturschutzbehörden
(1) Das Bundesnaturschutzgesetz, dieses Gesetz und die auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen führen die Naturschutzbehörden durch. Naturschutzbehörden sind
(…)
4. die Landrätinnen und Landräte und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der kreisfreien Städte als untere Naturschutzbehörde.
(2) Die Kreise und kreisfreien Städte nehmen diese Aufgabe als Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr.
Die Rüge der Antragsteller greift nicht durch.
Die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein enthält zur Finanzausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände als Grundvoraussetzung kommunaler Finanzhoheit unterschiedliche Regelungen, die die Vorgaben des Grundgesetzes (Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 3, Art. 106 Abs. 5 und 6 GG) teils aufgreifen, teils ergänzen. Den Gemeinden und Gemeindeverbänden fließen zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach Maßgabe der Steuergesetze Einnahmen aus den Realsteuern und den sonstigen Kommunalsteuern zu (Art. 48 LV). Um die Leistungsfähigkeit der finanzschwachen Gemeinden und Gemeindeverbände zu sichern, stellt das Land den Gemeinden und Gemeindeverbänden im Wege des Finanzausgleichs Mittel zur Verfügung (Art. 49 Abs. 1 LV).
Neben diesen allgemeinen Bestimmungen zur Absicherung einer finanziellen Mindestausstattung durch die Garantie originärer kommunaler Einnahmen und den kommunalen Finanzausgleich enthält die Landesverfassung in Art. 49 Abs. 2 eine besondere, von der Finanzkraft unabhängige Ausgleichsregelung, wenn die Kommunen für bestimmte öffentliche Aufgaben (landes)gesetzlich nach Art. 46 Abs. 4 LV in die Pflicht genommen werden.
Die zuletzt genannten Verfassungsnormen sind nach dem Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetzes (1. Juli 1993) – und nach Eingang des Normenkontrollantrages (4. Juli 1994) – durch Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 20. März 1998 (GVOBl S. 150, berichtigt S. 194) neu gefasst und dabei inhaltlich nicht unwesentlich verändert worden. Ursprünglich hatten sie folgenden Wortlaut (LV 1990):
(Art. 46 Abs. 4) Durch Gesetz können den Gemeinden und Gemeindeverbänden Landesaufgaben übertragen werden.
(Art. 49 Abs. 2) Soweit den Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben übertragen werden, aus denen Ausgaben erwachsen, ist die Bereitstellung der erforderlichen Mittel zu regeln.
Nunmehr lauten sie (LV 1998):
(Art. 46 Abs. 4) Durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung können die Gemeinden und Gemeindeverbände zur Erfüllung bestimmter Aufgaben verpflichtet werden.
(Art. 49 Abs. 2) Werden die Gemeinden oder Gemeindeverbände durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Verordnung zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet, so sind dabei Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden oder Gemeindeverbände, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.
Es kann dahingestellt bleiben, in welcher Fassung Art. 46 Abs. 4 und Art. 49 Abs. 2 LV der Prüfung zu Grunde zu legen und ob die jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind; jedenfalls ist die insoweit allein zur Prüfung gestellte Aufgabenübertragungsnorm des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 und Abs. 2 LNatSchG nicht zu beanstanden. Die Aufgabenübertragung als solche begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (a); Art. 49 Abs. 2 LV verlangt auf der Rechtsfolgenseite weder in alter (b) noch in neuer Fassung (c), dass der Gesetzgeber eine Regelung über den finanziellen Ausgleich bereits in demjenigen Gesetz trifft, in dem er den Kommunen Aufgaben zuweist; welchen materiellen Verpflichtungsgehalt Art. 49 Abs. 2 LV 1990 oder LV 1998 im Einzelnen enthält und ob dem der Gesetzgeber anderweitig, etwa im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs, hinreichend Rechnung getragen hat, bedarf wiederum keiner Entscheidung (d).
a) Die Aufgabenübertragung in § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 LNatSchG ist mit Art. 46 Abs. 4 LV alter wie neuer Fassung vereinbar. Diese Frage ist zu entscheiden, obwohl die Antragsteller sie nicht aufgeworfen haben. Die von ihnen zur verfassungsgerichtlichen Prüfung gestellte Frage, ob die Aufgabenübertragung ohne gleichzeitige Kostenregelung im Landesnaturschutzgesetz selbst mit Art. 49 Abs. 2 LV zu vereinbaren sei, wäre nämlich ohne Weiteres zu verneinen, wenn bereits die Aufgabenübertragung als solche gegen Art. 46 Abs. 4 LV verstieße (BWStGH, ESVGH 49, 5 ≪10≫; insofern anders: Bbg.VerfG, LVerfGE 7, 144 ≪157 f.≫).
Art. 46 Abs. 4 LV 1990 erlaubt, den Gemeinden und Gemeindeverbänden durch Gesetz Landesaufgaben zu übertragen. Zum einen bedarf es damit grundsätzlich eines förmlichen Gesetzes; dem ist genügt. Zum anderen muss Gegenstand der Übertragung eine „Landesaufgabe” sein. Auch das ist der Fall. Der den Kommunen zur Erfüllung nach Weisung übertragene Aufgabenbereich der unteren Naturschutzbehörde zählt zu den „Landesaufgaben” (vgl. Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Art. 39 Erl. C IV. 2.).
Auch in Art. 46 Abs. 4 LV 1998 sind beide Voraussetzungen der Sache nach enthalten, wenn auch neu formuliert. Die Verpflichtung der Gemeinden und Gemeindeverbände muss durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes durch Verordnung erfolgen; sie darf sich nur auf die Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben erstrecken. Auch diesen Anforderungen genügt § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 LNatSchG.
b) Art. 49 Abs. 2 LV 1990 verlangt entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht, dass der Gesetzgeber „die Bereitstellung der erforderlichen Mittel” in demselben Gesetz regelt, in dem er den Kommunen die entsprechende Aufgabe überträgt (Barschel/Gebel, Landessatzung für Schleswig-Holstein, 1976, Art. 42 Erl. C II. 2.; von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 49 Rn. 15).
Gegen ein derartiges formelles Junktim sprechen bereits Wortlaut und Systematik der Verfassung. Der Normtext beschränkt sich auf die schlichte Verknüpfung von Aufgabenübertragung und Kostenregelung „Soweit… übertragen werden, ist… zu regeln”) und enthält sich jeder Präzisierung, wie die Kostenregelung zu erfolgen hat. Entscheidend ist alleine, dass der Gesetzgeber die Bereitstellung der erforderlichen Mittel regelt. Dies kann gemeinsam mit der Aufgabenübertragung im selben Gesetz erfolgen oder aber auch in einem eigenständigen Gesetz oder – was der Regelfall sein wird – im nachfolgenden Finanzausgleichsgesetz. Die Gesetzessystematik belegt, dass der Verfassunggeber selbst den zuletzt genannten Fall vor Augen hatte: Während die Kompetenz des Landesgesetzgebers zur Aufgabenübertragung sich im Rahmen der allgemeinen Vorschrift zur kommunalen Selbstverwaltung findet (Art. 46 LV 1990), ist die Pflicht zur Kostenregelung in der Vorschrift über den kommunalen Finanzausgleich enthalten (Art. 49 LV 1990). Gerade diese Regelungstechnik unterscheidet die schleswig-holsteinische Landesverfassung von der Vielzahl funktional vergleichbarer Bestimmungen in anderen Landesverfassungen, die die Kompetenz zur Aufgabenübertragung und die daraus folgende finanzielle Ausgleichspflicht des Landes in einer Norm, teils sogar in einem Satz, zusammen fassen (vgl. Art. 71 Abs. 3 BWVerf.; Art. 97 Abs. 3 Bbg.Verf.; Art. 87 Abs. 3 Verf.LSA; Art. 72 Abs. 3 Verf.M-V; Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf.; Art. 78 Abs. 3 NRWVerf.; Art. 120 SLVerf.; Art. 85 Abs. 1, 2 Sächs.Verf.; eine der schleswig-holsteinischen Regelung vergleichbare Trennung findet sich in Art. 91 Abs. 3, Art. 93 Abs. 1 Satz 2 Thür.Verf. und Art. 11 Abs. 3, Art. 83 Abs. 3 BayVerf.) und hierdurch den Zusammenhang von Aufgabenübertragung und staatlicher Finanzierungspflicht besonders hervorheben. Allerdings nimmt die Rechtsprechung selbst für solche landesverfassungsrechtlichen Bestimmungen, die die Übertragung von Aufgaben an die Kommunen nur zulassen, „wenn gleichzeitig Bestimmungen über die Deckung der Kosten getroffen werden” (Art. 78 Abs. 3 NRW.Verf., Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf.), einhellig an, dass dies nur einen zeitlichen Zusammenhang fordere, der regelmäßig auch dann gewahrt sei, wenn die Kostenregelung in dem auf die Aufgabenübertragung folgenden Finanzausgleichsgesetz erfolge (NRWVerfGH, OVGE 38, 301 ≪303 f.≫; Nds.StGH, Nds.StGHE 3, 136 ≪160≫). Das gilt für die schleswig-holsteinische Landesverfassung mit Blick auf deren Wortlaut und Systematik erst recht.
Sinn und Zweck von Art. 49 Abs. 2 LV 1990 gebieten keine andere Sichtweise. Die Verfassungsbestimmung will den Landesgesetzgeber zum Schutze des kommunalen Handlungs- und Entfaltungsspielraums zwingen, sich vor jeder Aufgabenübertragung auf kommunale Gebietskörperschaften die entstehenden Mehrkosten zu vergegenwärtigen, überhaupt eine Kostenregelung zu treffen und bei alledem eine die kommunale Selbstverwaltung übermäßig aushöhlende Regelung zu unterlassen (von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 49 Rn. 15). Dem ist durch das Erfordernis eines zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs zwischen Aufgabenübertragungsnorm und Kostenregelung etwa im nachfolgenden Finanzausgleichsgesetz hinreichend Genüge getan.
c) Auch dem Art. 49 Abs. 2 LV 1998 lässt sich das von den Antragstellern vertretene formale Junktim nicht entnehmen.
Der Verfassunggeber hat sich mit der Neuregelung zur Gewährleistung eines strikten Konnexitätsprinzips an Stelle der bisherigen, eher unbestimmten Kostenregelungspflicht entschlossen. Gleichwohl hat er es bei der regelungstechnischen Trennung von Aufgabenübertragungskompetenz und Finanzierungspflicht belassen: Nimmt das Land seine Kompetenz aus Art. 46 Abs. 4 LV 1998 wahr und verpflichtet die Kommunen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, so sind nunmehr nach Art. 49 Abs. 2 Satz 1 LV 1998 Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden und Gemeindeverbände, so ist gemäß Satz 2 dieser Bestimmung dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Vorbild für diese differenzierte Regelung von Kostendeckung und Mehrlastenausgleich ist ausweislich der Gesetzesmaterialien (vgl. LTDrucks 14/1245, Anlage 3 S. 13 f.) Art. 71 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg (ähnlich auch Art. 85 Abs. 1 Sätze 1 und 3, Abs. 2 Sächs.Verf.), der nahezu wortgleich, nicht aber in der Zusammenfassung von Aufgabenübertragungskompetenz und Finanzierungspflicht in einer Norm übernommen wurde.
Die Ansicht, der Gesetzgeber müsse die Kostentragungs- und Ausgleichsregelung nicht im jeweiligen Aufgabenübertragungsgesetz treffen, hat in der Literatur überwiegend Zustimmung erfahren (vgl. Maurer, in: Henneke/Maurer/Schoch, Die Kreise im Bundesstaat, 1994, S. 139 ≪158≫ m.w.N.) und wird etwa vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof bei vergleichbarer Verfassungslage geteilt (Sächs.VerfGH, JbSächsOVG 2, 79 ≪92≫). Sie lässt sich – ohne Weiteres und mit Blick auf die systematischen Unterschiede zur baden-württembergischen Regelung erst recht – auf die schleswig-holsteinische Landesverfassung übertragen (im Ergebnis ohne weitere Begründung ebenso: von Mutius/Rentsch, Kommunalverfassungsrecht Schleswig-Holstein, 5. Aufl., 1998, GO § 3a Rn. 2).
Von einer solchen Sichtweise ist auch der verfassungsändernde Gesetzgeber bei Novellierung des Art. 49 Abs. 2 LV ausgegangen. In den einstimmig beschlossenen Erläuterungen des Sonderausschusses „Verfassungsreform”, dessen Beschlussempfehlung ohne Änderung in die Verfassung übernommen wurde, heisst es (LTDrucks 14/1245, S. 18):
Die rechtliche Verpflichtung zum „finanziellen Ausgleich” nach Artikel 49 Abs. 2 muß durch Gesetz erfolgen, wobei auch das Finanzausgleichsgesetz (FAG) für einen Ausgleich genutzt werden kann. … Zwischen Aufgabenübertragung und finanziellem Ausgleich muß ein zeitlicher, sachlicher und rechtlicher Kontext bestehen „dabei”). Wegen des Budgetrechts des Landtages reicht es aus, wenn bei spezialgesetzlicher Regelung der finanzielle Ausgleich im selben Haushaltsjahr erfolgt. Soll der finanzielle Ausgleich über den kommunalen Finanzausgleich (FAG) geregelt werden, hat er spätestens im folgenden Haushaltsjahr zu erfolgen, und zwar rückwirkend auf den Zeitpunkt der Aufgabenübertragung.
d) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der Gesetzgeber im Anschluss an die Aufgabenübertragung im Landesnaturschutzgesetz seiner verfassungsrechtlichen Finanzierungspflicht aus Art. 49 Abs. 2 LV 1990/1998 genügt hat. Diese Frage ist nicht Gegenstand der verfassungsgerichtlichen Prüfung. Der Normenkontrollantrag richtet sich insoweit allein gegen § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4, Abs. 2 LNatSchG, als hierdurch den Kommunen eine Aufgabe übertragen wird, ohne dass im selben Gesetz eine Regelung über den finanziellen Ausgleich getroffen werde. Da die Landesverfassung aber kein derartig striktes Junktim gebietet, hätte ein Verstoß gegen Art. 49 Abs. 2 LV 1990 wie LV 1998 infolge fehlender oder unzureichender Ausgleichsbestimmungen nicht die Verfassungswidrigkeit der Aufgabenübertragungsnorm zur Folge, sondern würde lediglich entsprechende Regelungs- und Ausgleichspflichten des Landes begründen (Sächs.VerfGH, JbSächsOVG 2, 79 ≪91 f.≫). Eine darauf abzielende Rüge wäre deshalb gegen das entsprechende Finanzausgleichsgesetz zu richten (vgl. BWStGH, ESVGH 12, 6 ≪9≫).
2. Soweit die von den Antragstellern gerügten Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes in die Planungshoheit der Gemeinden eingreifen, ist Art. 46 Abs. 1 und Abs. 2 LV nicht verletzt.
a) Art. 46 Abs. 1 LV gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Dieser Gesetzesvorbehalt überlässt dem Gesetzgeber allerdings nicht die beliebige Ausgestaltung des Bereichs kommunaler Selbstverwaltung; er findet seine Grenze am Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Das bedeutet, dass der Wesensgehalt der kommunalen Selbstverwaltung nicht ausgehöhlt werden darf (vgl. zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG: BVerfGE 76, 107 ≪118≫ m.w.N.). Ob und in welchem Umfang die Planungshoheit der Gemeinden zum unantastbaren Kernbereich der Selbstverwaltung gehört, ist bundesverfassungsrechtlich nicht geklärt. Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage bislang offen gelassen (BVerfGE 56, 298 ≪313≫; 76, 107 ≪118 f.≫). Der Kernbereich wäre jedenfalls betroffen, wenn die kommunale Selbstverwaltung völlig beseitigt oder derart ausgehöhlt wird, dass die Gemeinde keinen ausreichenden Spielraum zu ihrer Ausübung mehr hat (BVerfGE 56, 298 ≪312≫ m.w.N.), wenn also die Selbstverwaltung nur noch ein Scheindasein führen könnte (BVerfGE 79, 127 ≪155≫). Da der Kernbereich nur institutionell, nicht jedoch für einzelne Gemeinden gewahrt sein muss, ist er jedenfalls dann nicht verletzt, wenn die Planungshoheit einzelner Gemeinden in räumlich abgegrenzten Gebieten eingeschränkt wird (BVerfGE 56, 298 ≪313≫; 76, 107 ≪119≫). Aber auch, wenn (durch Gesetz) die Planungshoheit aller Gemeinden berührt wird, so bedeutet dies nicht unbedingt einen unzulässigen Angriff auf den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Denn selbst wenn der Kernbereich der Selbstverwaltung die Planungshoheit umfassen sollte, so kann dies wiederum nur für deren Wesensgehalt und nicht für die Planungshoheit in vollem Umfang und in all ihren Erscheinungsformen gelten.
Ob der Wesensgehalt der Planungshoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltung gehört, bedarf auch hier nicht der Klärung; denn die von den Antragstellern gerügten Bestimmungen des Landesnaturschutzgesetzes lassen den Gemeinden einen ausreichenden Planungsspielraum. Allerdings darf die Planungshoheit auch außerhalb des Kernbereichs durch den Gesetzgeber nicht beliebig eingeschränkt werden. Wird einzelnen Gemeinden hinsichtlich ihrer Planungshoheit eine besondere Einschränkung auferlegt, so ist zu prüfen, ob überörtliche Interessen von höherem Gewicht den Eingriff in die Planungshoheit erfordern (BVerfGE 56, 298 ≪313 f.≫; 76, 107 ≪119 f.≫). Auch, wenn der Gesetzgeber abstrakt-generell in die Planungshoheit eingreift, indem er für alle Gemeinden unmittelbar regelnde Vorgaben für die Art und Weise der Ausübung der Planungshoheit – außerhalb eines eventuell geschützten Kernbereichs – setzt (vgl. BVerfGE 83, 363 ≪382≫; auch: Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Januar 1999 – 2 BvR 929/97 –, NVwZ 1999, S. 520), ist der allgemeine verfassungsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und eine Güterabwägung vorzunehmen (zu den strengeren Anforderungen im Falle der Aufgabenentziehung vgl. hingegen BVerfGE 79, 127 ≪153≫).
b) Die Antragsteller behaupten, die Beachtenspflichten der § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG i.V.m. der Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG zur Übernahme landschaftsplanerischer Aussagen in die Bauleitplanung schalteten im Ergebnis eine Abwägung aus und nähmen jede Planungshoheit.
Gemäß § 4a Abs. 2, § 5 Abs. 3 Satz 1 und § 6 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG sind Landschaftsprogramm, Landschaftsrahmenpläne und Landschaftspläne „bei der Durchführung dieses Gesetzes und des Bundesnaturschutzgesetzes zu beachten”. Abgesehen davon, dass bei der Aufstellung von Bauleitplänen jedenfalls primär das Baugesetzbuch und nicht die Naturschutzgesetze „durchgeführt” werden, enthalten § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG sowie § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG für die Integration der Landschaftsplanung in andere Planungen eine Sonderregelung. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG sind die Inhalte der Landschaftsplanung in den Planungen und Verwaltungsverfahren anderer Behörden und Stellen, die sich auf die Natur im Planungsraum auswirken können, zu berücksichtigen. Abweichungen von den Ergebnissen der Landschaftsplanung sind im Falle erheblicher Beeinträchtigungen der Ziele des Naturschutzes nur zulässig, wenn andere Belange bei der Abwägung den Belangen des Naturschutzes bei Würdigung aller Umstände im Rang vorgehen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 LNatSchG). Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG sind die „zur Übernahme geeigneten Inhalte der Landschaftspläne nach Maßgabe des § 1 Abs. 6 des Baugesetzbuchs und des § 4 Abs. 2 und 3 als Darstellung in die Flächennutzungspläne, die Grünordnungspläne als Festsetzung in die Bebauungspläne zu übernehmen” (zur bundesgesetzlichen Ermächtigung vgl. § 6 Abs. 4 Sätze 2 und 3 BNatSchG). Damit besteht entgegen der Ansicht der Antragsteller keine Pflicht der Gemeinde zur Beachtung der Landschaftsplanung in der Bauleitplanung, sondern nur zur Berücksichtigung im Rahmen der Abwägung (ebenso: § 1a Abs. 2 Nr. 1 BauGB).
Durch § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG wird zwar trotz der Tatsache, dass Landschaftspläne und Grünordnungspläne als „detaillierte Landschaftspläne” von den Gemeinden selbst aufgestellt werden (§ 6 Abs. 1 LNatSchG), in die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden bei der Aufstellung von Bauleitplänen eingegriffen. Die Gemeinden müssen unter bestimmten Voraussetzungen Landschaftspläne zur Verwirklichung der durch das Landesnaturschutzgesetz vorgegebenen Ziele und auf der Grundlage des Landschaftsrahmenplans aufstellen (§ 6 Abs. 1 LNatSchG). Bei der Bauleitplanung ist das in den Landschaftsplänen erarbeitete Schutzkonzept sodann als Ganzes in die Abwägung einzustellen (Prinzip der Sekundärintegration; vgl. Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 6 Rn. 25). Den Gemeinden ist es somit verwehrt, die in der Landschaftsplanung herausgearbeiteten Belange des Naturschutzes gar nicht oder nur vereinzelt und aus dem Zusammenhang gerissen in die Abwägung einzustellen. Mit diesen Vorgaben für die Art und Weise der Ausübung der Planungshoheit wird außerhalb deren Wesengehalts die Gestaltungsfreiheit bei der gemeindlichen Bauleitplanung eingeschränkt. Dies ist jedoch verhältnismäßig. Bei der Güterabwägung ist zum einen die Geringfügigkeit des Eingriffs zu beachten, die darauf beruht, dass es die eigene Planung ist, die die Gemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen hat. Ferner hat die Übernahme der Inhalte der Landschafts- und Grünordnungspläne in die Bauleitplanung nicht zwingend zu erfolgen, sondern ausdrücklich nur dann, wenn und soweit sich nach Maßgabe des § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG und des § 1 Abs. 6 BauGB der zur Übernahme geeignete Inhalt in der Abwägung mit anderen Belangen durchsetzt (vgl. Mitschang, Die Belange von Natur und Landschaft in der kommunalen Bauleitplanung, 2. Aufl., 1996, S. 87). Der Pflicht zur „Übernahme” in die Bauleitplanung kommt lediglich insoweit eigenständige Bedeutung zu, als dadurch die Möglichkeit eröffnet wird, Darstellungen und Festsetzungen in Flächennutzungs- und Bebauungsplänen auch einen anderen als städtebaulichen Charakter (§ 1 Abs. 1 BauGB) zu verleihen (vgl. Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 1a Rn. 62).
Die Auffassung der Antragsteller, § 6 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 15 LNatSchG bewirke in verfassungswidriger Weise die Verhinderung konkretisierter Planungsvorstellungen oder fertig artikulierter rechtsgültiger Planungsentscheidungen, trifft nicht zu. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 und 2 LNatSchG ist ein Landschaftsplan zwar dann umgehend aufzustellen, wenn naturschutzrechtlich bedeutsame Planungen beabsichtigt sind. Nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 Satz 2 LNatSchG sollen aber Landschaftspläne gerade so frühzeitig erstellt werden, dass ihre Inhalte in dem neuen Bauleitplan hinreichend Berücksichtigung finden. Das Landesnaturschutzgesetz soll also die Konkretisierung einer den Naturschutz vernachlässigenden Bauleitplanung von vornherein verhindern. Im Übrigen ließe sich der Grad der Konkretisierung von Planungsabsichten, die schon vor der Landschaftsplanung bestanden, im Rahmen der Abwägung gemäß § 6 Abs. 4 Satz 2, § 4 Abs. 3 LNatSchG und § 1 Abs. 6 BauGB berücksichtigen, unter Umständen auch schon im Rahmen der bei der Landschaftsplanung vorzunehmenden Abwägung.
Der Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 15 LNatSchG, wonach bauliche Anlagen etc. der Natur und der Landschaft anzupassen sind, ist lediglich eine Maßgabe für die in der Landschaftsplanung zu verwirklichenden Ziele, die wiederum hauptsächlich dann auf die Bauleitplanung durchschlagen, wenn eine neue, naturschutzrechtlich bedeutsame Bauleitplanung beabsichtigt ist.
c) Gemäß § 6 Abs. 4 Satz 4 LNatSchG sind „die nach diesem Gesetz oder durch Verordnung oder Satzung nach dem IV. Abschnitt des Gesetzes geschützten Bereiche in die Bauleitpläne zu übernehmen”. Die Regelung ist mit § 5 Abs. 4 BauGB (für Flächennutzungspläne) und § 9 Abs. 6 BauGB (für Bebauungspläne) vergleichbar. Es handelt sich dabei um Vorschriften mit redaktionellem Charakter, die die Planungshoheit nicht berühren. Dass bei der Bauleitplanung verbindliche Rechtsvorschriften (hier: rechtsverbindlich festgesetzte geschützte Bereiche) zu beachten (und nicht nur in der Abwägung zu berücksichtigen) sind, ist nicht Regelungsinhalt des § 6 Abs. 4 Satz 4 LNatSchG, sondern ein für die Bauleitplanung selbstverständlicher rechtsstaatlicher Grundsatz (vgl. auch § 10 Abs. 2 Satz 2 und § 6 Abs. 2 BauGB). Der Zweck des § 6 Abs. 4 Satz 4 LNatSchG erschöpft sich darin, die bereits anderweitig verbindlich festgesetzten geschützten Bereiche in den Bauleitplänen sichtbar zu machen.
d) Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG sind die gemeindlichen Landschaftspläne dem Landschaftsprogramm und den Landschaftsrahmenplänen der obersten Naturschutzbehörde (oder des kommunalen Zweckverbands, vgl. § 5a LNatSchG) anzupassen. Diese Vorschrift beschränkt die Gestaltungsfreiheit der Gemeinden bei der Aufstellung von Landschaftsplänen, berührt jedoch nicht den Wesensgehalt der Planungshoheit und ist verhältnismäßig. Dabei kann offen bleiben, ob die Planungshoheit neben der Bauleitplanung auch weitere planerische Entscheidungen erfasst (offen gelassen auch im Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Januar 1999 – 2 BvR 929/97 –, NVwZ 1999, S. 520 ≪521≫). § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG dient, ebenso wie die in § 5 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG normierte Pflicht zur Anpassung der Landschaftsrahmenpläne an das Landschaftsprogramm, der Herstellung der inhaltlichen Kongruenz der Planwerke. Die drei Planungsebenen unterscheiden sich nach Maßstab sowie räumlicher und inhaltlicher Detaillierung. Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenpläne stellen die überörtlichen Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes auf Landes- und Regionalebene dar (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG), Landschaftspläne die örtlichen Erfordernisse auf Gemeindeebene. Dieses System ermöglicht es den Gemeinden, die Inhalte der übergeordneten Planwerke weiterzuentwickeln und zu konkretisieren. Zugleich werden die möglichen Inhalte des Landschaftsprogramms und der Landschaftsrahmenpläne nicht nur durch das Landesnaturschutzgesetz, sondern auch durch die Planungshoheit begrenzt: Parzellenscharfe Darstellungen in den übergeordneten Planwerken sind somit ausgeschlossen. Gemeindegebietsscharfe Darstellungen sind bei überörtlichem Interesse von höherem Gewicht zulässig (vgl. BVerfGE 76, 107 ≪121≫ für Ziele eines Raumordnungsprogramms, die ein Drittel des Gemeindegebiets als „Vorrangstandort für großindustrielle Anlagen” festlegen). Ferner sind die Gemeinden bei der Aufstellung der überörtlichen Planwerke zu beteiligen (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 und § 4a Abs. 1 Satz 3 LNatSchG). Sowohl die Beteiligungspflichten als auch die inhaltlichen Schranken für die überörtliche Planung stellen sicher, dass die zur Herstellung der Kongruenz der Planwerke erforderliche Einschränkung der Gestaltungsfreiheit angemessen ist.
Entgegen der Auffassung der Antragsteller kann der Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG auch nicht entgegengehalten werden, dass Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenpläne keine „Gesetze” im Sinne des Art. 46 LV seien und § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG wegen seiner „Schleusenfunktion” als gesetzliche Grundlage nicht ausreiche. Unabhängig von der Frage, ob Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenpläne zumindest rechtsnormähnlichen Charakter haben, ist für die die Anpassungspflicht begründende gesetzliche Vorschrift des § 6 Abs. 5 Satz 1 LNatSchG aus rechtsstaatlicher Sicht allein entscheidend, dass sie hinreichend bestimmt ist und – auch in Verbindung mit anderen Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes – die Gefahr beliebiger Planung durch die oberste Naturschutzbehörde ausschaltet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber für Planungsentscheidungen auf Grund der Natur der Planung nur begrenzt Vorgaben machen kann. Vorgegeben sind der obersten Naturschutzbehörde die Ziele (§ 1 Abs. 1 LNatSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 BNatSchG), die durch die Planung zu verwirklichen sind, die Beachtung der Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung, die Inhalte des § 6a LNatSchG, die inhaltliche und räumliche Reichweite (die wiederum durch die Auslegung im Lichte der Planungshoheit begrenzt wird) sowie die Beteiligungserfordernisse. Damit ist die Planung der obersten Naturschutzbehörde hinreichend gelenkt. Auch wenn es sich bei Landschaftsprogramm und Landschaftsrahmenplänen nicht um Rechtsnormen handeln sollte, stellen doch § 6 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1, § 4 Abs. 1, §§ 4a bis 5a und § 6a LNatSchG eine hinreichend bestimmte Grundlage für die Anpassungspflicht der Gemeinden dar.
e) Gemäß § 38 Abs. 1 LNatSchG darf die Genehmigung für die Errichtung oder wesentliche Änderung eines Golfplatzes nur erteilt werden, wenn der Golfplatz in einem Bebauungsplan oder, wenn öffentlich-rechtliche Belange nicht entgegenstehen, in einem Flächennutzungsplan ausgewiesen ist und die sonstigen Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2 bis 4 LNatSchG vorliegen. Die Antragsteller meinen, damit sei für die Gemeinde eine Planungspflicht geschaffen, die mangels Erforderlichkeit die Planungshoheit unzulässig einschränke.
Die Regelung des § 38 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG macht einen Bebauungsplan oder zumindest einen Flächennutzungsplan mit entsprechender Festsetzung oder Darstellung zur zwingenden Voraussetzung für die Zulassung des Golfplatzes. Der Struktur der Vorschrift nach handelt es sich um ein zulassungsrechtliches Planungserfordernis. Ein solches unterscheidet sich deutlich von der so genannten planungsrechtlichen Erforderlichkeit von Bauleitplänen, wie sie sich beispielsweise in § 1 Abs. 3 BauGB findet. Das dortige Gebot, erforderliche Bauleitpläne zu erlassen, begründet gegenüber der Gemeinde als Adressatin eine Planungspflicht und schränkt die Planungshoheit ein. Hingegen ist beim zulassungsrechtlichen Planungserfordernis die Erforderlichkeit des Planes Bestandteil nur des Tatbestandes. Die Rechtsfolge hingegen betrifft nicht die Planung, sondern die Zulässigkeit des Vorhabens. Im Gegensatz zur planungsrechtlichen Erforderlichkeit von Bauleitplänen schränkt das zulassungsrechtliche Planungserfordernis die Planungshoheit nicht ein, sondern schützt sie (Weyreuther, DVBl 1981, S. 369 ≪373≫).
Für die Errichtung oder wesentliche Änderung von Golfplätzen wirkt sich dies dahingehend aus, dass die Rolle der Gemeinde im Genehmigungsverfahren nicht mehr auf die (gebundene) Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens nach §§ 35 Abs. 2, 36 BauGB beschränkt ist, das notfalls ersetzt werden kann (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB). Ihr Einfluss auf die Genehmigung ist vielmehr gestärkt. Ohne eine gestalterische Planung ihrerseits (ggfs. mit Binnen- und Außenkoordination) ist keine Entwicklung möglich. Mittelbare Folge dieser Regelung ist freilich, dass eine Gemeinde, die die Errichtung eines Golfplatzes in ihrem Gebiet befürwortet, sich nicht auf die mit weniger Mühe verbundene Erteilung des Einvernehmens beschränken kann. Der Schutzzweck der Selbstverwaltungsgarantie zielt aber nicht darauf ab, den Gemeinden eine möglichst einfache, mühelose, aber schwache Mitwirkungsmöglichkeit zu verschaffen, sondern eine möglichst starke. Mit einer das Selbstverwaltungsrecht möglicherweise beeinträchtigenden Übertragung von Aufgaben auf die Gemeinde ist dieser Fall nicht vergleichbar, weil die Gemeinde keine neue, im Kern staatliche Aufgabe erhält.
Der Schutzbereich der Planungshoheit ist deshalb nicht berührt. Es kommt somit weder darauf an, ob die Regelung erforderlich ist, noch darauf, ob der Gesetzgeber auch oder in erster Linie die Stärkung der Einflussmöglichkeiten der Gemeinde oder allein den effektiveren und durch ein förmliches Verfahren abgesicherten Schutz der Natur bewirken wollte (vgl. dazu Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LTDrucks 13/27, S. 135).
f) Die Antragsteller behaupten, durch § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 und Abs. 2 LNatSchG würden erhebliche Flächen unmittelbar und kompromisslos von jeder Bebaubarkeit ausgenommen; damit werde in unzulässiger Weise in die Planungshoheit der Gemeinden eingegriffen.
Gemäß § 10 Abs. 2 LNatSchG dürfen vorrangige Flächen für den Naturschutz und andere ökologisch bedeutsame Wald-, Ufer- und sonstige Flächen nicht für eine Überbauung jedweder Art in Anspruch genommen werden. Zu den vorrangigen Flächen für den Naturschutz zählen neben den gesetzlich geschützten Biotopen und Nationalparken und den durch Verordnung oder Verordnung, Satzung oder Einzelanordnung unter Schutz gestellten Naturschutzgebieten (§ 17 LNatSchG) oder geschützten Landschaftsbestandteilen (§ 20 LNatSchG) auch solche Gebiete oder Flächen, die die Voraussetzung für eine Unterschutzstellung erfüllen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 LNatSchG), ferner Entwicklungsgebiete oder -flächen für Nationalparke, Naturschutzgebiete, geschützte Landschaftsbestandteile und Biotope im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 LNatSchG) sowie Biotopverbundflächen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LNatSchG (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG). Gemäß § 15 Abs. 3 LNatSchG sind vorrangige Flächen in den Landschaftsrahmenplänen, Landschaftsplänen sowie in den Flächennutzungs- und Regionalplänen entsprechend ihrer Funktion nach § 15 Abs. 1 LNatSchG darzustellen. Durch § 10 Abs. 2 LNatSchG sind die Gemeinden zwar nicht an der Aufstellung von Bauleitplänen für die entsprechenden Flächen gehindert (vgl. auch die Darstellungs- und Festsetzungsmöglichkeiten nach § 5 Abs. 2 Nr. 10 und § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB). Die Vorschrift hat jedoch Auswirkungen auf die Art und Weise der Planung. Sie schließt (grundsätzlich) aus, dass bei der Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB das Interesse an einer Bebauung vor dem Naturschutzinteresse Vorrang hat (vgl. Begründung der Landesregierung zum Gesetzentwurf, LTDrucks 13/27, S. 124). Die der Gemeinde zustehende planerische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wird insoweit ausgeschlossen. Damit ist der Schutzbereich der Planungshoheit berührt.
aa) Soweit das Bebauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG sich auf die vorrangigen Flächen für den Naturschutz im Sinne des § 15 LNatSchG erstreckt, ist der Wesensgehalt der Planungshoheit nicht betroffen (1). Der gesetzliche Eingriff in die Planungshoheit ist verhältnismäßig (2) und auch hinreichend bestimmt (3).
(1) Anders als im Falle der Bestimmung von Lärmschutzzonen für Flugplätze (BVerfGE 56, 298) und von „Vorrangstandorten für großindustrielle Anlagen” (BVerfGE 76, 107), von der nur einzelne Gemeinden in räumlich abgegrenzten Bereichen betroffen sind, kann die abstrakte Flächenbeschreibung des § 15 LNatSchG theoretisch auf räumliche Bereiche einer Vielzahl von Gemeinden zutreffen. Dies wird durch den Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 13 LNatSchG verdeutlicht. Danach ist auf mindestens 15 % der Landesfläche ein Vorrang für den Naturschutz zu begründen (vorrangige Flächen für den Naturschutz). Die Gemeinden haben sicherzustellen, dass dafür die geeigneten Flächen des Gemeindegebiets vorgesehen werden. Wie viele Gemeinden tatsächlich betroffen sind und in welchem Umfang, hängt von den tatsächlichen Gegebenheiten in der jeweiligen Gemeinde ab. Über eine abstrakt-generelle Einschränkung der Planungshoheit für eine Vielzahl von Gemeinden hinaus ist in § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 1 und 2 LNatSchG ferner die Möglichkeit angelegt, dass einzelne Gemeinden eine besondere Einschränkung erfahren, weil das gesamte Gemeindegebiet oder ein Großteil ihres Gebiets aus Flächen im Sinne des § 15 LNatSchG besteht; der Regelfall ist dies jedoch nicht.
Betrachtet man die Regelung des § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 LNatSchG von ihrer abstrakt-generellen Seite, so ist trotz der Möglichkeit, dass eine Vielzahl von Gemeinden nicht für ihr gesamtes Gebiet eine bauliche Nutzung vorsehen kann, der Wesensgehalt der Planungshoheit nicht angetastet. Der Gemeinde sind auch und gerade für die Art und Weise der Ausübung ihrer Planungshoheit Grenzen gesetzt, wie allein die zahlreichen inhaltlichen Vorgaben für bauplanerische Festlegungen im Baugesetzbuch zeigen. Selbst in einem Fall, in dem die Planungshoheit ihre besondere Ausprägung erfährt, so bei der gemeindlichen Gestaltung im Rahmen der Abwägung im engeren Sinne, erfolgt nicht nur eine Einschränkung durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz; vielmehr gibt es (auch außerhalb des Landesnaturschutzgesetzes) Bindungen, die durch Abwägung nicht überwunden werden können und sich insoweit einer gemeindlichen Gestaltung entziehen (z.B. Anpassungspflicht an Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB), ohne dass deren Verfassungsmäßigkeit anzuzweifeln wäre. Der Wesensgehalt der Planungshoheit garantiert somit den Gemeinden zwar grundsätzlich Gestaltungsfreiheit im Rahmen der Abwägung, nicht aber ausnahmslos und uneingeschränkt für jeden Bereich. Vor allem dort, wo das gemeindliche Ermessen in der Bauleitplanung schon seit jeher oder in zunehmendem Maße besonderen Einschränkungen unterworfen war, kann sich kein unantastbarer Wesensgehalt herausgebildet haben (vgl. auch BVerfGE 79, 127 ≪146≫).
Sind auf Grund der Bauleitplanung Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne des § 8 BNatSchG zu erwarten (gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG zählt dazu auch die erstmalige Bebauung außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile), so geht es im Rahmen der Abwägung gemäß § 8a Abs. 1 BNatSchG, § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB schon bei der Erarbeitung des Plankonzepts darum, Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft gar nicht erst eintreten zu lassen. So sollen etwa bei der Überplanung eines bestimmten Bereichs, der besonders schützenswerte Bestandteile von Natur und Landschaft aufweist, Baugebietsflächen von vornherein nicht auf diese Bereiche erstreckt werden.
Diese Rechtslage zeigt, dass in der Bauleitplanung ökologische Aspekte verstärkt zu berücksichtigen sind. Dies muss zwar nicht bedeuten, dass immer dort, wo Umweltschutzbelange berührt sein könnten, die Planungshoheit nicht in ihrem Wesensgehalt betroffen sein kann. Für die hier zu untersuchende Vorschrift des § 10 Abs. 2 LNatSchG kommt aber hinzu, dass schon vor Inkrafttreten des Landesnaturschutzgesetzes Schutzgebietsverordnungen mit ihren Ge- und Verboten und – in deren Vorfeld – Veränderungssperren als vorrangiges Recht bei der Bauleitplanung zu beachten waren, also nicht durch Abwägung zurückgedrängt werden konnten. Durch § 15 Abs. 1 und 2 LNatSchG ist der Schutz von Flächen im Hinblick auf deren Unterschutzstellung lediglich noch weiter vorverlagert. Gerade die Gebiete und Flächen des § 15 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG sind solche, die die erforderliche Wertigkeit besitzen, um später förmlich unter Schutz gestellt werden zu können (vgl. LTDrucks 13/27, S. 126, 2. Absatz zu § 15). Wenn aber bislang schon in Schutzgebieten – und auch vor der Unterschutzstellung (vgl. § 21 Abs. 1 Landschaftspflegegesetz in der Fassung vom 19. November 1982, GVOBl S. 256 ≪264≫) – die planerische Gestaltungsfreiheit der Gemeinde nahezu ausgeschlossen war, kann der Wesensgehalt der Planungshoheit auch dann nicht berührt sein, wenn dieser Schutzbereich nunmehr in seinen „Kernzonen” um für ökologisch bedeutsam erachtete Flächen erweitert wird.
Durch § 10 Abs. 2 LNatSchG ist nach allem, soweit vorrangige Flächen für den Naturschutz im Sinne des § 15 LNatSchG nicht überbaut werden dürfen, der Wesensgehalt der Planungshoheit nicht angetastet.
Soweit in § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 LNatSchG die Möglichkeit angelegt ist, dass einzelne Gemeinden in räumlich abgrenzbaren Bereichen eine besondere Einschränkung ihrer Planungshoheit erfahren, kommt auf Grund des institutionellen Charakters der Selbstverwaltungsgarantie eine Verletzung des Kernbereichs nicht in Betracht. Überörtliche Interessen von höherem Gewicht müssen jedoch den Eingriff in die Planungshoheit erfordern (BVerfGE 56, 298 ≪313 f.≫; 76, 107 ≪119 f.≫).
(2) Ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung vom 18. Mai 1992 soll das Landesnaturschutzgesetz langfristig (in einem Zeitraum von 20 bis 40 Jahren) ein landesweites Biotopverbundsystem ermöglichen (LTDrucks 13/27, S. 94, 105). Grundgerüst für dieses System sollen die vorrangigen Flächen für den Naturschutz sein (LTDrucks 13/27, S. 98). Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass nur durch Arealvergrößerungen und flächenhafte Arealkontakte ein wirksamer Artenschutz und -austausch erreicht werden kann, während der bisherige gezielte und inselartige Schutz in vereinzelten Schutzgebieten nicht ausreicht (LTDrucks 13/27, S. 94, 108, 120; vgl. auch Soell, NuR 1993, S. 301 m.w.N.). Auf der Grundlage des Umweltgutachtens des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen aus dem Jahr 1987 ist für das Biotopverbundsystem ein Anteil von 15 % der Landesfläche vorgesehen (Grundsatz des § 1 Abs. 2 Nr. 13 LNatSchG, LTDrucks 13/27, S. 105). Auf diesem Flächenanteil ist dem Naturschutz Vorrang vor anderen Nutzungen einzuräumen. Diese Art der Flächensicherung soll langfristig die erwünschte Vernetzung der Populationen ermöglichen (LTDrucks 13/27, S. 108).
Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieses überörtlichen Ziels bestehen keine Bedenken. Der Gesetzgeber kommt hier seinem durch Art. 7 LV begründeten Handlungsauftrag nach, bei dessen Umsetzung ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zuzugestehen ist (von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung Schleswig-Holstein, 1995, Art. 7 Rn. 6). Der Erweiterung vorhandener Kernzonen und dem Verbund von Biotopen dienen auch und gerade die Flächen des § 15 Abs. 1 Nr. 3 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Nr. 1) und Nr. 4 (i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2) LNatSchG. Nach der Absicht des Gesetzgebers sollen damit keine neuen rechtlichen Schutzkategorien eingeführt werden, vielmehr handelt es sich um eine Flächensicherung, die auf eine spätere förmliche Unterschutzstellung angelegt ist (LTDrucks 13/27, S. 108, 126). Ausgehend von dieser Funktion der Flächen des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG wäre deren Sicherungszweck gefährdet, würden sie (auf Grund entsprechender Bauleitpläne der Gemeinde) überbaut. Das Verbot der Überbauung im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG ist deshalb zur Erhaltung des Sicherungszwecks dieser Flächen und letztendlich zur Schaffung des Biotopverbundsystems geeignet und grundsätzlich erforderlich. Fehlt es im Einzelfall, vor allem für geringfügige Bauvorhaben, an der Erforderlichkeit, so kann Abhilfe über die Befreiungsmöglichkeit des § 54 Abs. 2 LNatSchG geschaffen werden.
Das Überbauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG für die Flächen des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG ist auch angemessen, soweit es sich auf die gemeindliche Planungshoheit auswirkt. Allein die gesetzliche Regelung des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 i.V.m. Abs. 2 LNatSchG greift noch nicht unmittelbar in die Planungshoheit der einzelnen Gemeinden ein, vielmehr ist zunächst der Flächenbedarf im Einzelnen regional-spezifisch zu ermitteln und sodann festzulegen, weil er stark von den lokalen Gegebenheiten abhängt (LTDrucks 13/27, S. 105, 126). Damit aber bleibt Raum für eine Abwägung im Einzelfall dahingehend, ob und in welchen konkreten Teilen eines bestimmten Gemeindegebiets tatsächlich der Nutzung „Naturschutz” der Vorrang zukommen soll (vgl. BVerfGE 56, 298 ≪315 f.≫; 76, 107 ≪120≫).
Wie schon bislang bei der Schaffung von Schutzgebieten kommt auch vor Erlass von Verordnungen nach § 16 Abs. 3 Satz 2, § 17 Abs. 2 und § 21 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG dem Verordnunggeber ein Ermessens- und Abwägungsspielraum zu. Damit gesellt sich zu der verfahrensrechtlichen Beteiligung von Gemeinden (§ 53 Abs. 1 LNatSchG) auch die inhaltliche Berücksichtigung der gemeindlichen Planungshoheit (vgl. Soell, NuR 1993, S. 301 ≪306 f.≫; Hönig, in: Stüer ≪Hrsg.≫, Planungsrecht, Bd. 2 ≪Planung von Großvorhaben≫, 1999, S. 143 ff., besonders S. 151 ff.). Erst wenn (nahezu) das gesamte Gemeindegebiet von dem räumlichen Geltungsbereich der Verordnung betroffen wäre, ist zum Beispiel bei der Festlegung der Grenzen des Schutzgebiets der Vorrang des Naturschutzes vor der gemeindlichen Planungshoheit besonders zu prüfen.
In den Fällen, in denen noch keine förmliche Unterschutzstellung eingeleitet ist, bedarf es der Spezifizierung der Entwicklungs- und Verbundflächen durch „Maßnahmen des Naturschutzes” (§ 15 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG: „Mit Hilfe von Maßnahmen des Naturschutzes”). Diese in Text und Karte darzustellen, ist Aufgabe der Landschaftsplanung (§ 6a Abs. 1 Nr. 4b, auch a und c LNatSchG; vgl. auch § 15 Abs. 3 LNatSchG). Im Hinblick darauf entfaltet jedenfalls vor einer Konkretisierung durch die Landschaftsplanung das Überbauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG noch keine unmittelbare Wirkung. Umstritten ist, ob im Rahmen der Landschaftsplanung Raum für eine Abwägung ist, die auch Belange außerhalb des Naturschutzes und der Landschaftspflege (z.B. das gemeindliche Interesse an einer Baulandausweisung) berücksichtigt. Teilweise wird aus § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 1 BNatSchG (vgl. auch die entsprechende Regelung in § 1 Abs. 3 LNatSchG) geschlossen, dass auch bei der Landschaftsplanung die Naturnutzungsinteressen der Allgemeinheit (z.B. Interesse an Baulandschaffung) in die Abwägung einzubeziehen seien (Nachweise bei Schütze, Aufgabe und rechtliche Stellung der Landschaftsplanung im räumlichen Planungssystem, 1994, S. 54 Fußnote 73). Dabei sollen auch die städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen der von der Landschaftsplanung betroffenen Gemeinde zu den Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft gehören (Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Bd. 1, Stand: Oktober 2000, § 6 Rn. 8). Nach anderer Ansicht (vor allem Schütze, Aufgabe und rechtliche Stellung der Landschaftsplanung im räumlichen Planungssystem, 1994, S. 53 ff.) soll § 1 Abs. 2 BNatSchG nicht für die Landschaftsplanung gelten; für sie gebe es keine spezialgesetzliche Abwägungsdirektive. Der Abwägungsauftrag folge deshalb aus dem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot. Da aber die Landschaftsplanung nur im eigenen fachlichen Bereich rechtlich relevante Vorwirkungen entfalte, nach außen hingegen eine verbindliche Entscheidung nur vorbereite und nicht selbst treffe, müsse nur ein Ausgleich zwischen den betroffenen Naturschutzbelangen herbeigeführt werden.
Letztere Ansicht lässt sich mit dem auch den Regelungen des Landesnaturschutzgesetzes von Schleswig-Holstein zur Landschaftsplanung zu Grunde liegenden Gedanken der Sekundärintegration eher vereinbaren. Danach sollen die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zunächst in einem eigenständigen Planwerk optimiert und erst dann der Abwägung mit anderen Planungen unterworfen werden (Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 5 Rn. 4). Dies ist auch die Vorgehensweise, die § 6 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG zu Grunde liegt.
Wird § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG dahingehend ausgelegt, dass mit der Darstellung von Entwicklungsgebieten und -flächen und von Biotopverbundflächen in der Landschaftsplanung eine Bauleitplanung, die eine Überbauung für diese Flächen vorsieht, nicht mehr möglich ist, so dass insoweit auch eine Abwägung nach § 6 Abs. 4 Satz 2, § 4 Abs. 3 LNatSchG und § 1 Abs. 6 BauGB ausgeschlossen ist, erlangen die Darstellungen der Landschaftsplanung für die Bauleitplanung über § 10 Abs. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG insoweit auch Verbindlichkeit. Auch wenn § 1 Abs. 2 BNatSchG für die Landschaftsplanung nicht gelten sollte, ließe sich jedenfalls aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Abwägungsgebot im Umfang der durch § 10 Abs. 2 LNatSchG geschaffenen Verbindlichkeit für die Bauleitplanung das Gebot herleiten, die gemeindlichen städtebaulichen Interessen mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die landschaftsplanerische Abwägung mit einzubeziehen. Verfahrensrechtlich ist dies für die Landschaftsrahmenpläne durch die in § 5 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG vorgesehene Beteiligung der Gemeinden abgesichert. Die Landschaftspläne werden ohnehin von der Gemeinde selbst aufgestellt. Sie darf in die Abwägung, welche Flächen als Entwicklungs- und Verbundflächen dargestellt werden, auch städtebauliche Interessen einbeziehen. Sonach verbleibt Raum für eine Abwägung im Einzelfall. Aus diesem Grund ist das Überbauungsverbot des § 10 Abs. 2 LNatSchG für die Flächen des § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 LNatSchG nicht unverhältnismäßig.
(3) § 15 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 i.V.m. Abs. 2 LNatSchG ist entgegen der Ansicht der Antragsteller hinreichend bestimmt. Aus der gesetzlichen Zwecksetzung der Arealvergrößerung und der Schaffung flächenhafter Arealkontakte für einen wirksamen Artenschutz lässt sich die Bedeutung der geeigneten Bereiche im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 LNatSchG und der ökologisch bedeutsamen und sonst geeigneten Flächen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 LNatSchG ohne Weiteres erschließen, ohne dass im Einzelnen die den Fachgerichten vorbehaltene Auslegung vorgezeichnet werden muss.
bb) Auch das Überbauungsverbot für „andere ökologische bedeutsame Flächen” in § 10 Abs. 2 LNatSchG ist bei der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt. Ein unzulässiger Eingriff in den Wesensgehalt der Planungshoheit der Gemeinden scheidet deshalb aus.
Im Naturschutzrecht sind auslegungsbedürftige Begriffe keine Seltenheit, weil oft nur so der Vielgestaltigkeit der Natur Genüge getan werden kann. Die Begründung des Gesetzentwurfs kann hierzu nicht unterstützend herangezogen werden, weil sie insoweit schweigt (LTDrucks 13/27). Bei dem Versuch der Auslegung der Merkmale „andere ökologisch bedeutsame Wald-, Ufer- und sonstige Flächen” im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG ergeben sich zunächst Schwierigkeiten: Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift besteht für diese Flächen ein striktes Überbauungsverbot, so dass nur die Befreiungsmöglichkeit des § 54 Abs. 2 LNatSchG verbleibt. Außerhalb dieses Korrektivs hat die Gemeinde keine Möglichkeit, bei der Bauleitplanung baulichen Nutzungsinteressen den Vorrang vor Belangen des Naturschutzes einzuräumen. Aus diesem Grunde bedarf es der Abgrenzung zu anderen Vorschriften des Landesnaturschutzgesetzes, die eine Bebauung von Wald-, Ufer- und sonstigen Flächen in größerem Umfang zulassen. So sind von dem Verbot des § 11 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG, bauliche Anlagen in einem Abstand von 50 m zur Uferlinie und von 100 m zur Küstenlinie zu errichten, die baulichen Anlagen des § 11 Abs. 1 Satz 2 LNatSchG ausgenommen. Für weitere bauliche Anlagen, ebenso unter Umständen für die Bauleitplanung, können Ausnahmen zugelassen werden (§ 11 Abs. 2 und 3 LNatSchG), wobei die Ermessensausübung die gebotene Abwägung der widersprechenden Interessen erlaubt (vgl. dazu auch § 11 Abs. 4 LNatSchG). § 11 LNatSchG, der nicht nur dem Erholungs-, sondern auch dem Gewässerschutz dient, geht von einer gewissen ökologischen Bedeutung der grundsätzlich nicht überbaubaren Uferflächen zumindest für die Gewässer aus. Probleme bereitet die Frage, ab wann von einer solchen ökologischen Bedeutsamkeit im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG auszugehen ist, dass die Ausnahmemöglichkeiten des § 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 LNatSchG wegfallen und nur noch eine Befreiung möglich ist.
Ähnlich stellt sich die Rechtslage bei Wald- und „sonstigen Flächen” dar. Nicht selten dürfte es sich bei „sonstigen Flächen” um bisher baulich nicht genutzte Grundflächen außerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile handeln. Die Errichtung von baulichen Anlagen auf diesen Flächen gilt als Eingriff in die Natur (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG). Gleiches gilt für die Umwandlung von Wald (§ 7 Abs. 2 Nr. 8 LNatSchG), also die Abholzung und Umwandlung in eine andere Nutzungsart. Gemäß § 7a Abs. 3 LNatSchG kann die erforderliche Genehmigung zum Beispiel dann erteilt werden, wenn die Beeinträchtigung unvermeidbar ist und ausgeglichen werden kann oder wenn die mit dem Eingriff verfolgten Belange im Rahmen der Abwägung den Belangen des Naturschutzes im Range vorgehen. Für die Bauleitplanung gilt insoweit über § 8a LNatSchG und § 8a Abs. 1 BNatSchG das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB i.V.m. § 1a Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Die §§ 7 ff. LNatSchG gehen somit zwar von einer jedenfalls potentiellen ökologischen Bedeutsamkeit der genannten Flächen aus, lassen aber Raum für eine Abwägung. Auch hier stellt sich die Frage, ab wann die ökologische Bedeutung einen solchen Grad erreicht hat, dass eine Abwägung durch § 10 Abs. 2 LNatSchG ausgeschlossen ist und nur noch eine Befreiungsmöglichkeit nach § 54 Abs. 2 LNatSchG verbleibt.
Der Begriff der ökologischen Bedeutsamkeit lässt sich vor diesem Hintergrund anhand der Ziele und der Grundsätze des Landesnaturschutzgesetzes erschließen. Die Regelungen der §§ 7 ff. und § 11 LNatSchG gehen auf Grund ihrer Spezialität vor. Des Weiteren gibt § 10 Abs. 2 LNatSchG mit der Inbezugnahme des § 15 LNatSchG einen weiteren Hinweis auf die Qualität der „anderen ökologisch bedeutsamen Wald-, Ufer- und sonstigen Flächen”. Es handelt sich hiernach um solche, die weder unter §§ 7 ff., § 11 noch § 15 LNatSchG fallen, aber von ihrer Bedeutung für den Naturschutz den in § 15 Abs. 1 LNatSchG besonders hervorgehobenen Flächen vergleichbar sind. Daraus folgt, dass sie mindestens ebenso „wertvoll” oder gar noch wertvoller sein müssen, wenn eine Abwägung außerhalb des § 54 Abs. 2 LNatSchG ausgeschlossen sein soll.
Allerdings dürfte die praktische Relevanz dieser Frage äußerst gering sein. Das wird auch durch die Auskunft des zuständigen Senats des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts bestätigt, nach der die hier in Rede stehenden Fragen in seiner Rechtsprechung bisher keine nennenswerte Rolle gespielt haben. „Andere ökologisch bedeutsame” Flächen dürfen weder die Voraussetzung für eine Unterschutzstellung erfüllen noch Entwicklungs- oder Verbundflächen sein, weil sie sonst bereits unter die vorrangigen Flächen des § 15 LNatSchG fielen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ökologischen Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung etwa nach § 17 Abs. 1 und § 20 LNatSchG relativ weit gefasst sind, dass ferner zum Beispiel Naturschutzgebiete je nach dem, welche Art geschützt werden soll und welcher Raum für einen wirksamen Schutz nötig ist, auch klein sein können.
Schließlich begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken auch nicht, dass eine konkretisierende Darstellung oder Festsetzung für die „anderen ökologisch bedeutsamen Flächen” im Sinne des § 10 Abs. 2 LNatSchG nicht vorgesehen ist. Die Konkretisierung muss im Einzelfall vor dem Hintergrund des oben dargelegten Regelungszusammenhangs vorgenommen werden.
II.
Der Antrag ist des Weiteren offensichtlich unbegründet, soweit die Antragsteller – zulässigerweise – eine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips behaupten. Das Rechtsstaatsprinzip hat in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein keine ausdrückliche Normierung erfahren. Jedoch kommt es als allgemeines Strukturprinzip in einer Reihe von einzelnen Verfassungsbestimmungen (z.B. Art. 38 Abs. 1, 39 Abs. 1, 40 Abs. 1 und 45 Abs. 1 LV) zum Ausdruck (vgl. z.B. von Mutius/Wuttke/Hübner, Kommentar zur Landesverfassung, 1995, Art. 38 Rn. 1, Art. 45 Rn. 1). Aus diesem Grunde besteht auch hier keine Notwendigkeit, es vom Grundgesetz in die Landesverfassung „hineinzulesen”; denn es ist in der Landesverfassung bereits selbst verbürgt. Ob das landesverfassungsrechtliche Rechtsstaatsprinzip mit dem des Grundgesetzes in jeder Hinsicht identisch ist, kann dahinstehen. Soweit die Rügen einer Verletzung des Rechtsstaatsprinzips überhaupt zulässig sind, stützen sie sich auf das Gebot der Normklarheit und der Vorhersehbarkeit sowie Messbarkeit hoheitlichen Handelns. Daran, dass dieses Gebot nicht nur dem Grundgesetz, sondern auch der Landesverfassung zu Grunde liegt, bestehen keine Zweifel.
Das auch in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein verbürgte Rechtsstaatsprinzip begründet das Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze (vgl. BVerfGE 49, 168 ≪181≫; 59, 104 ≪114≫; 78, 205 ≪212≫). Dieses zwingt den Gesetzgeber aber nicht, den Tatbestand mit genau erfassbaren Maßstäben zu umschreiben. Dass ein Gesetz unbestimmte, der Auslegung und Konkretisierung bedürftige Begriffe verwendet, verstößt allein noch nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz der Normklarheit und Justitiabilität (BVerfGE 37, 132 ≪142≫). Allerdings muss das Gesetz so bestimmt sein, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfGE 49, 168 ≪181≫; 59, 104 ≪114≫; 78, 205 ≪212≫; 87, 234 ≪263≫). Unvermeidbare Auslegungsschwierigkeiten in Randbereichen sind dann von Verfassungs wegen hinzunehmen (BVerfGE 78, 205 ≪213≫). Erforderlich ist allerdings, dass die von der Norm Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Sie müssen in zumutbarer Weise feststellen können, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Rechtsfolge vorliegen (BVerfGE 37, 132 ≪142≫).
1. § 15a Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 und 2 LNatSchG entspricht dem Gebot der Normklarheit. Gemäß § 15a Abs. 4 LNatSchG gilt das Verbot der in Absatz 2 bezeichneten Handlungen zum Nachteil der Biotope des Absatzes 1 auch schon vor Eintragung, Bekanntmachung, Darstellung in den Plänen oder Kenntlichmachung in der Örtlichkeit gemäß Absatz 3. Das Landesnaturschutzgesetz stellt auf diese Weise klar, dass die in § 15a Abs. 3 LNatSchG vorgesehenen Kenntlichmachungen nur deklaratorischer Natur sind, weil, wie in § 20c BNatSchG vorgesehen, die Biotope des § 15a Abs. 1 LNatSchG unmittelbar kraft Gesetzes geschützt sind (Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 20c Rn. 13). Das Gesetz geht davon aus, dass die genannten Biotope ohne weitere Konkretisierung erkennbar sind. Wenn die Antragsteller meinen, ohne die Kenntlichmachung im Sinne des Absatz 3 sei für den „im Freien sich bewegenden Menschen” nicht erkennbar, „was, wo und wie von ihm zu unterlassen” sei, bezweifeln sie im Ergebnis die Bestimmtheit der Regelungen des § 15a Abs. 1 LNatSchG über Biotope und der nach § 15a Abs. 2 LNatSchG verbotenen Handlungen. Diese Zweifel sind unbegründet. Die Biotope des § 15a Abs. 1 LNatSchG sind größtenteils identisch mit denen des § 20c Abs. 1 BNatSchG, zu denen als Auslegungshilfe eine von der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie erarbeitete Liste mit Definitionen und Erläuterungen existiert (abgedruckt bei Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, Anhang zu § 20c). Darüber hinaus gibt es inzwischen auf Grund der Ermächtigung des § 15a Abs. 7 LNatSchG eine die Biotope des § 15a Abs. 1 LNatSchG umschreibende Verordnung (Landesverordnung über gesetzlich geschützte Biotope vom 13. Januar 1998, GVOBl S. 72) und außerdem eine landesweite Biotopkartierung (vgl. Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. Juni 1997 – 1 L 283/95 –, NuR 1998, S. 558). Auch haben gemäß § 15a Abs. 4 Satz 2 LNatSchG für die Übergangszeit zwischen Inkrafttreten des Gesetzes und Kenntlichmachung nach Absatz 3 die Grundeigentümer und Nutzungsberechtigten ein Recht auf Auskunft.
Es ist nicht ersichtlich, warum es diesen Personen im Zweifelsfall vor einer Beseitigung, Beschädigung, sonst erheblichen Beeinträchtigung oder Veränderung des charakteristischen Zustands der geschützten Biotope (§ 15a Abs. 2 LNatSchG) unzumutbar sein soll, von ihrem Recht auf Auskunft Gebrauch zu machen und sich über das geltende Recht zu vergewissern. Schließlich ist das Risiko einer Fehleinschätzung im Einzelfall auch deshalb zumutbar (vgl. BVerfGE 81, 70 ≪88≫), weil vor einer Eintragung des Biotops in das Naturschutzbuch oder einer Bekanntmachung nach § 15a Abs. 3 LNatSchG eine Handlung nach Absatz 2 keine Ordnungswidrigkeit darstellt (§ 57 Abs. 1 Nr. 6 LNatSchG).
2. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist § 4a Abs. 3 LNatSchG mit seinem Verweis auf das Landesplanungsgesetz (LPlG) und auf § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG nicht in sich widersprüchlich. Nach dieser Vorschrift werden die raumbedeutsamen Erfordernisse und Maßnahmen des Landschaftsprogramms unter Abwägung mit den anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen nach Maßgabe des Landesplanungsgesetzes und des § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG in die Raumordnungspläne übernommen.
Gemäß § 2 Abs. 1 LPlG in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Februar 1996 (GVOBl S. 232) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 2 Landesentwicklungsgrundsätzegesetz (LEntwGrdsG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Oktober 1995 (GVOBl S. 364) sind die Grundsätze des § 2 Abs. 1 ROG und die in §§ 3 bis 13 LEntwGrdsG enthaltenen Grundsätze von der Landesverwaltung einschließlich der Landesplanungsbehörden bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen „gegeneinander und untereinander” abzuwägen (vgl. auch § 4 Abs. 2, § 7 Abs. 7 Satz 1 ROG).
Für die Abstimmung von anderen Planungen durch die Landesplanung (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 LPlG) geben weder das Landesplanungsgesetz noch das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz mehr als jenes allgemeine Gebot zur Abwägung der Grundsätze an die Hand. Auch ohne Verweis auf § 4 Abs. 2 und 3 LNatSchG enthält demgegenüber § 4a Abs. 3 LNatSchG bereits eine Konkretisierung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 1 Satz 2 LEntwGrdsG dahingehend, dass im Wege der so genannten Sekundärintegration (vgl. Gassner, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 5 Rn. 4) die im Landschaftsprogramm bereits optimierten Erfordernisse und Maßnahmen in die Abwägung einzubeziehen sind (so auch § 5 Abs. 2 BNatSchG und § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ROG). Die in dem Planwerk zusammengefassten Naturschutzbelange werden also als Ganzes und nicht in der Gestalt vereinzelter Grundsätze in die Abwägung eingestellt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, LTDrucks 13/27, S. 116); durch § 4 Abs. 2 Satz 2 LNatSchG wird dies lediglich verdeutlicht.
Eine weitere Konkretisierung erfährt das landesplanerische Abwägungsgebot des § 1 Abs. 1 Satz 2 LEntwGrdsG schließlich durch den Verweis des § 4a Abs. 3 LNatSchG auf § 4 Abs. 3 LNatSchG. Abweichungen von den „Ergebnissen der Landschaftsplanung” durch andere Planungen (einschließlich Raumordnungsplanung) sind bei erheblichen Beeinträchtigungen von Zielen des Naturschutzes danach nur zulässig, wenn andere Belange im Rang vorgehen. Über das allgemeine Verbot der Abwägungsdisproportionalität hinaus bedeutet dies für den (praktisch eher seltenen) Fall, dass den gegenläufigen Interessen bei der Abwägung im engeren Sinne unter Berücksichtigung aller Umstände der gleiche Rang zukommt, dass die Naturschutzbelange jedenfalls dann nicht zurückgesetzt werden dürfen, wenn dies eine Abweichung von den Ergebnissen der Landschaftsplanung bedeuten würde.
Eine Zusammenschau der genannten Vorschriften des Landesplanungsgesetzes, des Landesentwicklungsgrundsätzegesetzes und des Landesnaturschutzgesetzes ergibt nach allem, dass sie für die vorzunehmende Abwägung nicht in sich widersprüchliche, sondern lediglich nach dem jeweiligen Grad ihrer Konkretisierung abgestufte Regelungen vom Allgemeinen ins Besondere enthalten. Für den Adressaten des § 4a Abs. 3 LNatSchG ist deshalb der Inhalt des Abwägungsgebots erkennbar.
3. Auch die auf das Rechtsstaatsprinzip unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes gestützten Rügen zu § 59 Abs. 1 bis 6 LNatSchG und § 59a Satz 2 LNatSchG greifen nicht durch. Soweit diese Vorschriften durch Art. 14 GG geschützte Rechtspositionen betreffen, sind Beanstandungen der Antragsteller aus den oben unter B. III. 2. genannten Gründen bereits unzulässig. Im Übrigen sind sie unbegründet.
Denn es ist nicht ersichtlich, dass das durch die Eingriffsregelungen des Landesnaturschutzgesetzes verfolgte gesetzgeberische Anliegen für den Naturschutz hinter dem Schutz des Vertrauens des Einzelnen in innegehabte Rechtspositionen zurücktreten müsste und weshalb die Regelung trotz der relativ großzügigen Frist von zehn Jahren unzumutbar sein sollte.
4. Entgegen der Ansicht der Antragsteller ordnet § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG nicht bedingungslos die Unbeachtlichkeit von Form- und Verfahrensfehlern an. Die Auslegung der Vorschrift ergibt vielmehr, dass ein solcher Fehler erst dann sanktionslos hinzunehmen ist, wenn er ein Jahr lang nicht gerügt worden und der Hinweis nach § 54a Abs. 3 LNatSchG erfolgt ist (a). Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich (b).
a) § 54a Abs. 2 LNatSchG lautet:
Unbeachtlich sind
1. eine Verletzung der in § 53 bezeichneten Verfahrens- und Formvorschriften,
2. Mängel der Abwägung, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres gegenüber der Naturschutzbehörde geltend gemacht worden sind, die die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das gleiche gilt für Mängel in der Beschreibung des Schutzzwecks. Der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen.
Das Druckbild vermittelt den Eindruck, als beziehe sich der Halbsatz „wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres gegenüber der Naturschutzbehörde geltend gemacht worden sind…” nur auf Abwägungsmängel. Eine Auslegung der Vorschrift ergibt jedoch, dass es sich bei dieser Gestaltung des Druckbildes, also der Tatsache, dass nach „Mängel der Abwägung,” kein Absatz folgte, um ein Versehen handelt.
§ 54a Abs. 2 LNatSchG des ursprünglichen Gesetzentwurfs vom 18. Mai 1992 lautet (LTDrucks 13/27, S. 76):
Eine Verletzung der in § 53 genannten Verfahrens- und Formvorschriften ist unbeachtlich, wenn sie nicht schriftlich innerhalb eines Jahres gegenüber der Naturschutzbehörde geltend gemacht worden ist, die die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das gleiche gilt für Mängel bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Unterschutzstellung oder einzelner Anordnungen, wenn die Voraussetzungen für die Unterschutzstellung im übrigen bei Inkrafttreten der Verordnung vorgelegen haben. Der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen.
Die einjährige Rügemöglichkeit sollte es also auch für Form- und Verfahrensfehler geben. Ihre heutige Fassung hat die Vorschrift durch die Ausschüsse erhalten, denen der Gesetzentwurf durch Plenarbeschluss vom 4. Juni 1992 überwiesen worden ist (LTDrucks 13/966, S. 120). Durch die Aufgliederung in 1. und 2. (ähnlich in § 215 Abs. 1 BauGB) ergab sich hier erstmals die drucktechnische Notwendigkeit, Absätze zu bilden. Dass inhaltlich hinsichtlich der Rügemöglichkeit für Form- und Verfahrensfehler nichts geändert werden sollte, ergibt eine systematische Auslegung: Gemäß § 54a Abs. 3 LNatSchG ist „auf die Frist nach Absatz 2” aufmerksam zu machen. Bezöge sich die Frist nur auf Abwägungsmängel, wäre die entsprechende Passage in § 54a Abs. 3 LNatSchG wohl in „Frist nach Absatz 2 Nr. 2” umformuliert worden. Am deutlichsten ergibt sich der drucktechnische Fehler in Absatz 2 aber aus Absatz 4. Nicht nur, dass die Naturschutzbehörde „einen Fehler, der sich aus Absatz 2 ergibt”, beheben kann, was bei von vornherein unbeachtlichen Form- und Verfahrensfehlern nicht nötig wäre; gerade wenn die Verordnung oder Satzung an einem Form- oder Verfahrensfehler leidet, kann sie „mit rückwirkender Kraft” durch die neue Vorschrift ersetzt werden. Wären Form- und Verfahrensfehler stets unbeachtlich, bedürfte es keiner Rückwirkung.
Schließlich wären auch Sinn und Zweck der §§ 53, 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG nicht gewahrt, wenn einerseits in § 53 LNatSchG ausführliche Verfahrensvorschriften entwickelt werden, ein Verstoß gegen sie jedoch in § 54a Abs. 2 LNatSchG ohne jede Einschränkung für unbeachtlich erklärt würde. Die hier vorgenommene Auslegung entspricht somit der Gesetzesgeschichte, Gesetzessystematik, dem Gesetzeszweck und auch dem Wortlaut; ihr widerspricht lediglich das Druckbild.
b) § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG bewirkt, dass unter den Voraussetzungen eines Hinweises nach § 54a Abs. 3 LNatSchG und einer einjährigen Rügelosigkeit formell rechtswidrige Schutzverordnungen und -satzungen (vgl. § 53 Abs. 9 LNatSchG) in „Bestandskraft” erwachsen. Als rechtsstaatliches Prinzip der Landesverfassung ist damit im Schwerpunkt die Kontrolle der Verwaltung durch die Rechtsprechung (vgl. Art. 2, 43 f. LV) betroffen. Zugleich berührt, auch wenn die Naturschutzbehörden weiterhin uneingeschränkt an die Vorschriften des § 53 LNatSchG gebunden sind, der Fortbestand einer formell rechtswidrigen Verordnung den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns (vgl. Art. 45 Abs. 1 LV).
Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist der Grundsatz der Vorhersehbarkeit des Verwaltungshandelns nicht berührt. Sollte die Verwaltung entgegen § 53 LNatSchG etwa eine Bürgerbeteiligung vor Erlass der Schutzverordnung unterlassen, macht es für die (fehlende) Vorhersehbarkeit keinen Unterschied, ob dieser Fehler später unbeachtlich wird. § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG regelt nur die Fehlerfolge und befreit die Verwaltung nicht von der Beachtung der Verfahrensvorschriften.
Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung besteht nicht einschränkungslos (aa). Die Einschränkung durch § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG ist gerechtfertigt (bb).
aa) Es besteht heute weitgehend Einigkeit darüber, dass das traditionelle Nichtigkeitsdogma, also der Grundsatz der Nichtigkeit rechtswidriger Verordnungen oder Satzungen, zwar verfassungsrechtlichen Gehalt hat, nicht aber verfassungsrechtlich geboten ist (Ossenbühl, NJW 1986, S. 2805 ≪2807≫ m.w.N.).
bb) Die Regelung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG ist vom Motiv „der Rechtssicherheit und der Verfahrensbeständigkeit” getragen (vgl. Begründung in LTDrucks 13/27, S. 141). Die Einschränkung des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist hieran gemessen verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie keine unzumutbare und unverhältnismäßige Rechtsverkürzung bedeutet.
Einerseits kommt Schutzausweisungen Planungscharakter zu, weil die sachliche und räumliche Reichweite des Schutzes unter Abwägung aller berührten Interessen festzulegen ist. Damit haben Verfahrensvorschriften, vor allem zur Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und der Bürger, besondere Bedeutung für die materielle Richtigkeit. Zugleich können die Verfahrensvorschriften nicht nur dem Grundrechtsschutz (der hier außer Acht zu bleiben hat), sondern auch dem gemäß Art. 46 LV beachtlichen Schutz der Planungshoheit dienen.
Andererseits hat sich der Gesetzgeber bei seiner Abwägung um einen Ausgleich der widerstreitenden verfassungsrechtlichen Gebote bemüht, indem er keines der Prinzipien völlig zurückgesetzt hat. Die Kontrolle der Verwaltung bleibt mindestens ein Jahr lang erhalten. Die zeitliche Befristung der Rügemöglichkeit ist ebenso wie die zeitliche Befristung von Rechtsbehelfen jedenfalls dann zumutbar, wenn der Norm eine ausreichende Publizität zukommt. Während dies sonst bei abstrakt-generellen Normen zweifelhaft sein mag (vgl. Maurer, DÖV 1993, S. 184 ≪193 f.≫), erregen Schutzverordnungen wegen ihres Inhalts und ihrer Auswirkungen und auch schon wegen der vorgesehenen Öffentlichkeitsbeteiligung in der Regel erhöhte Aufmerksamkeit. Sollte hingegen die Öffentlichkeit völlig ausgeschlossen werden, so ist die Rüge unbefristet möglich (§ 54a Abs. 3 LNatSchG). Damit ist auch der Fall, dass eine von der Schutzgebietsausweisung in ihrer Planungshoheit betroffene, aber nicht beteiligte Gemeinde von diesem Verfahrensmangel nicht rechtzeitig erfährt, praktisch ausgeschlossen. Auch im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Gehalt der Verfahrensvorschrift des § 53 Abs. 1 Satz 1 LNatSchG (Beteiligung öffentlicher Planungsträger) ist die Regelung des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG deshalb unbedenklich. An die Rügeobliegenheit sind keine überhöhten Anforderungen gestellt (nur: Schriftlichkeit und Darlegung des Sachverhalts).
Nach alledem hat der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nur eine relativ geringfügige Einschränkung erfahren. Diese findet ihre Rechtfertigung im Prinzip der Rechtssicherheit. Naturschutzverordnungen sind nicht selten – ähnlich wie Bauleitpläne – auf Verwirklichung einer planerischen Konzeption angelegt. Sie können und sollen auch die Regenerierung oder Weiterentwicklung der Natur fördern. Dieser Prozess wäre gefährdet, wenn „nur” wegen eines Verfahrensfehlers, der unter Umständen erst nach Jahren aufgedeckt wird, der Fortbestand der Verordnung angezweifelt werden könnte.
Der Klarstellung bedarf aber, dass § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG nur für solche Vorschriften des § 53 LNatSchG gilt, die die Form oder das Verfahren betreffen. So konkretisiert § 53 Abs. 7 LNatSchG das rechtsstaatliche Gebot der inhaltlichen Bestimmtheit, bezogen auf den Schutzgegenstand (vgl. dazu Schmidt-Räntsch, in: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 1996, § 12 Rn. 15; BVerwGE 26, 129; 17, 192), und ist somit keine Vorschrift im Sinne des § 54a Abs. 2 Nr. 1 LNatSchG.
Unterschriften
Limbach, Sommer, Jentsch, Hassemer Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff
Fundstellen
Haufe-Index 1267235 |
BVerfGE, 332 |
NVwZ 2001, 1385 |
JA 2002, 23 |
DVBl. 2001, 1415 |
NordÖR 2001, 291 |