Entscheidungsstichwort (Thema)

Stattgebender Kammerbeschluß: fehlerhafte Gewichtung des Wohnbedarfs des Vermieters beim Verweis auf Alternativräume bei Eigenbedarfskündigung verletzt Eigentumsgarantie - Nutzungswunsch des Eigentümers bei nicht überhöhtem Wohnbedarf ist grundsätzlich zu achten

 

Orientierungssatz

1. Im Rahmen der Eigenbedarfskündigung nach BGB § 564b Abs 2 Nr 2 ist das Festhalten des Eigentümers am Nutzungswunsch für eine bestimmte Wohnung trotz anderweit frei gewordener Wohnungen nicht mißbräuchlich, wenn der Eigentümer hierfür vernünftige und nachvollziehbare Gründe anführen kann, insbesondere sein Wohnbedarf nicht weit überhöht ist. Er kann auf ein Alternativobjekt nur verwiesen werden, wenn der von ihm selbst bestimmte Wohnbedarf darin ohne wesentliche Abstriche zu verwirklichen ist; die Dritträume müssen nach Größe, Lage und Zuschnitt geeignet sein, die von ihm bestimmten Funktionen zu erfüllen. Dabei darf das Gericht seine eigene Planung nicht an die Stelle derjenigen des Eigentümers setzen (vgl BVerfG, 1989-02-14, 1 BvR 308/88, BVerfGE 79, 292 ≪305f≫).

2. Danach kann nicht als weit überhöhter Wohnbedarf angesehen werden, wenn ein jung verheiratetes Ehepaar eine etwa 74 qm große 3-Zimmer-Wohnung beziehen möchte und sich nicht auf eine deutlich kleinere 2-Zimmer-Wohnung verweisen lassen will, ohne daß darüber hinaus geprüft werden darf, ob ein konkreter Nachwuchswunsch vorliegt. Ein verfassungsrechtlich unzulässiger Maßstab ist es auch, eine Alternativwohnung nach ihrer "generellen Eignung" für den geltend gemachten Wohnbedarf zu beurteilen.

 

Normenkette

GG Art. 14 Abs. 1 S. 1; BGB § 564b Abs. 2 Nr. 2; BVerfGG § 93b Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Hannover (Urteil vom 05.03.1990; Aktenzeichen 20 S 171/89)

 

Fundstellen

Haufe-Index 543654

NJW 1991, 158

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