1. Sozietätsverbote für Anwaltsnotare sind Regelungen der Berufsausübung, die an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen sind; dies hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden (BVerfGE 54, 237 ≪246≫; 80, 269 ≪278≫).
2. Nach Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG kann die Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden.
a) An einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung fehlt es. Weder das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer oder der Anwälte noch das der Notare ordnet in einer besonderen Vorschrift ein entsprechendes Sozietätsverbot für Anwaltsnotare an. § 9 Abs. 1 BNotO gilt allein für den Nur-Notar. Das vom Bundesgerichtshof angenommene Sozietätsverbot wird nach dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung aus der Gesamtregelung der Bundesnotarordnung und des Beurkundungsgesetzes unter Berücksichtigung ihrer Auslegung in Rechtsprechung und Schrifttum abgeleitet.
Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung bedeutet allerdings nicht notwendig, daß eine die Berufsausübung einschränkende Gerichtsentscheidung den Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG widersprechen müßte. Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß, die Grenzen richterlicher Rechtsauslegung und Rechtsfortbildung bei Einschränkungen der freien Berufsausübung allgemein und abschließend festzulegen.
Die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts einschließlich der Wahl der hierbei anzuwendenden Methode ist Sache der Fachgerichte. Auch aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG angeordneten Vorrang des Gesetzes folgt kein Verbot für den Richter, vorhandene Lücken im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Schließung einer festgestellten Gesetzeslücke findet ihre Rechtfertigung unter anderem darin, daß Gesetze altern und daß sie in einem veränderlichen Umfeld sozialer Verhältnisse, gesellschaftpolitischer Anschauungen und rechtlicher Rahmenbedingungen stehen, das Auswirkungen auf ihr Verständnis haben kann (vgl. BVerfGE 82, 6 ≪11 f.≫; 34, 269 ≪288 f.≫). Umgekehrt kann sich aus derartigen Veränderungen auch ergeben, daß einer bisherigen Gesetzesinterpretation oder Rechtsfortbildung die Grundlage entzogen wird. Das gilt in besonderem Maße, wenn bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen Gesetzesänderungen den ursprünglich zur Begründung herangezogenen Kontext in wesentlicher Hinsicht ändern.
b) Die Erwägungen, mit denen der Bundesgerichtshof das Sozietätsverbot begründet, genügen nicht (mehr) den Anforderungen, die sich aus dem Gesetzesvorbehalt in Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben. Aus dem jetzt geltenden Regelwerk des Gesetzgebers läßt sich nicht entnehmen, daß die Unabhängigkeit des Notars, der im Hauptberuf Rechtsanwalt ist, mit dem Mittel des Sozietätsverbots gesichert werden soll.
(1) Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht in den Jahren 1980 und 1989 der Rechtsprechung noch zugestanden, Sozietätsverbote aus dem Gesamtzusammenhang des notariellen Berufsrechts und aus den hergebrachten Berufsbildern abzuleiten (vgl. BVerfGE 54, 237 ≪246 ff.≫; 80, 269 ≪279≫).
Daran ist aus heutiger Sicht im Ergebnis nicht festzuhalten. Seit den Entscheidungen zu den anwaltlichen Standesrichtlinien (vgl. BVerfGE 76, 171 ≪184≫; 76, 196 ff.) ist zunehmend die gesetzgeberische Verantwortung für empfindliche Einschränkungen der Berufsfreiheit, zu denen auch die Sozietätsverbote gehören, eingefordert worden. Je stärker in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen wird, desto deutlicher muß das gesetzgeberische Wollen zum Ausdruck kommen (vgl. BVerfGE 87, 287 ≪317≫). Schon bei der Überantwortung der Rechtsetzungskompetenz an einen Satzungsgeber muß der Gesetzgeber die Einschränkungen um so deutlicher vorgeben, je empfindlicher Berufsangehörige in ihrer freien beruflichen Betätigung beeinträchtigt werden (vgl. BVerfGE 94, 372 ≪390≫). Da es dem Gesetzgeber obliegt, die Gefährdung von Rechtsgütern einzuschätzen, ihre Schutzwürdigkeit zu bewerten und die Mittel zu ihrem Schutz zu bestimmen, legt Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG dem Richter besondere Zurückhaltung auf, wenn er vornehmlich aus bloßen gesetzgeberischen Zielsetzungen die Wahl des geeigneten und erforderlichen Mittels abzuleiten sucht. Nach diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben können einzelne Bestimmungen über Beurkundungsverbote in Verbindung mit dem Schweigen der Bundesnotarordnung zur besonderen Pflichtenbindung des Anwaltsnotars nicht länger als ausreichende gesetzliche Grundlage für die gerichtliche Festlegung der Mittel angesehen werden, die zur Gewährleistung der Unabhängigkeit des Anwaltsnotars erforderlich erscheinen.
(2) Darüber hinaus haben sich das Berufsrecht der Wirtschaftsprüfer und das der Rechtsanwälte in den letzten Jahren verändert. Der Gesetzgeber hat – in der Erkenntnis, daß die bisherigen Berufsausübungsregelungen rechtsstaatlichen Anforderungen nicht immer genügten (vgl. BTDrucks 12/4993, S. 22; BTDrucks 12/5685, S. 16 f. und BTDrucks 13/4184, S. 19) – unter anderem die Unvereinbarkeitsregelungen im anwaltlichen Berufsrecht entsprechend den Vorgaben in der Entscheidung BVerfGE 87, 287 neu formuliert. Das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz, § 44b WPO und § 59a BRAO geben den Sozietätsmöglichkeiten der Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte nunmehr einen klaren gesetzlichen Rahmen.
Es bedarf hier keiner Entscheidung dazu, wie § 59a Abs. 1 BRAO zu verstehen ist. Möglicherweise regelt er bereits positiv, daß der Anwaltsnotar in seiner Eigenschaft als Anwalt, in der er allein sozietätsfähig ist, die Verbindung mit dem Wirtschaftsprüfer eingehen darf; möglicherweise läßt die Vorschrift bewußt eine Lücke, indem sie für den Anwaltsnotar eine abweichende Regelung im Notarrecht noch vorbehält. Keinesfalls aber hat der Gesetzgeber ein von der Rechtsprechung angenommenes Sozietätsverbot bestätigt oder selbst geregelt. Er war sich vielmehr der Notwendigkeit ergänzender Rechtsetzung im Notarrecht bewußt. Das ergibt sich auch aus dem gleichsinnigen Vorbehalt in § 1 Abs. 2 PartGG (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf in BTDrucks 12/6152, S. 10 f. unter Hinweis auf §§ 27 ff. WPO und die geplanten gesetzlichen Änderungen).
Jedenfalls können die durch Änderungen des Berufsrechts der Anwälte und sonstiger freier Berufe aufgeworfenen Fragen durch Richterrecht nicht mehr beantwortet werden. Das gilt nicht zuletzt deshalb, weil ein Sozietätsverbot empfindlich in die Berufsausübungsfreiheit eingreift. Es verlangt dem Anwaltsnotar die Aufgabe einer gewünschten Sozietät oder aber dem Anwalt unter Beibehaltung der Sozietät die Aufgabe seines Zweitberufes als Notar ab. Wie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars gesichert wird und mit welchen Mitteln dies geschieht, wenn Gefahren drohen, hat vielmehr der Gesetzgeber zu entscheiden. Bis zu einer Reform des Notarrechts fehlt es daher an einer Legitimation für das früher in der Rechtsprechung entwickelte Sozietätsverbot zwischen dem Anwaltsnotar und dem Wirtschaftsprüfer.
Auch inhaltlich hält das Verbot einer Sozietät zwischen Wirtschaftsprüfern und Anwaltsnotaren der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht stand, solange der Anwaltsnotar selbst Steuerberater sein darf und auch nicht gehindert ist, sich mit kaufmännisch vorgebildeten Steuerberatern zur gemeinsamen Berufsausübung zusammenzuschließen. Zwar steht es dem Gesetzgeber im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG weitgehend frei, wie er erkennbaren Gefährdungen für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Notare vorbeugt. Es ist bereits dargestellt worden, daß es ihm obliegt, diese Gefährdungen einzuschätzen und ihnen durch Berufsausübungsregelungen zu begegnen. Sofern er Gefahren befürchtet und ihnen durch Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit oder durch die Prägung einheitlicher Berufsbilder begegnen will, müssen die Berufsausübungsregelungen allerdings so ausgestaltet werden, daß der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gewahrt wird (vgl. BVerfGE 75, 166 ≪177 f.≫). Dies ist in der Entscheidung zu den Sozietäten zwischen Anwaltsnotaren und Kammerrechtsbeiständen oder Nur-Steuerberatern deutlich herausgestellt worden (vgl. BVerfGE 80, 269 ≪279≫). Der Richter ist bei Auslegung und Anwendung des Gesetzes an dieselben Maßstäbe gebunden, die nach Art. 3 Abs. 1 GG auch den Gestaltungsraum des Gesetzgebers beschränken (vgl. BVerfGE 54, 224 ≪234 f.≫). Dem werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht.
1. Die Unterschiede zwischen einem Steuerberater und einem Wirtschaftsprüfer sind nicht von solcher Art und solchem Gewicht, daß sie – unter Berücksichtigung des Normzwecks – die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl. zum Prüfungsmaßstab BVerfGE 95, 267 ≪316 f.≫; stRspr).
a) Die große Nähe zwischen den Tätigkeiten der Steuerberater und derjenigen der Wirtschaftsprüfer hat der Bundesgerichtshof bereits in einer früheren Entscheidung zutreffend dargestellt (BGHZ 78, 237 ≪242 f.≫).
Den Steuerberatern ist neben der Beratung und Vertretung in Steuersachen (§ 33 StBerG) die wirtschaftsberatende, gutachtliche oder treuhänderische Tätigkeit sowie die Erteilung von Bescheinigungen über die Beachtung steuerlicher Vorschriften in Vermögensübersichten und Erfolgsrechnungen (§ 57 Abs. 3 Nr. 3 StBerG) und auch die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer (§ 57 Abs. 3 Nr. 1 StBerG) erlaubt. Der Rahmen der Tätigkeiten der Wirtschaftsprüfer umfaßt den gesamten Aufgabenbereich des Steuerberaters. Zu den Vertretungs- und Beratungsaufgaben der Wirtschaftsprüfer gehören Beratung und Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten (§ 2 Abs. 2 WPO), die Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Wahrung fremder Interessen (§ 2 Abs. 3 Nr. 2 WPO), aber auch das Auftreten als Sachverständiger auf den Gebieten der wirtschaftlichen Betriebsführung (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 WPO) und die treuhänderische Verwaltung (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 WPO). Tätigkeiten der letztgenannten Art, wie Vermögensverwaltung, Testamentsvollstreckung, Konkursverwaltung und treuhänderische Aufgaben, zählen auch zu den genehmigungsfreien Nebentätigkeiten der Nur-Notare. Beratungsleistungen können Notare, Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erbringen, wobei Notare und Rechtsanwälte auf allen Gebieten beraten dürfen, die auch dem Steuerberater und dem Wirtschaftsprüfer erlaubt sind; Steuerberater und Wirtschaftsprüfer dürfen nur in begrenztem Umfang Rechtsberatung betreiben (§ 4 Abs. 3, § 5 Nr. 2 RBerG). Die Steuerberatung ist allen drei Berufsgruppen und auch den Notaren uneingeschränkt erlaubt (§ 3 Nr. 2 StBerG, § 2 Abs. 2 WPO, § 3 BRAO, § 24 BNotO/§ 4 Nr. 1 StBerG), ebenso wie die Beratung auf wirtschaftlichem Gebiet.
Auch die einseitige Interessenwahrnehmung, die den Wirtschaftsprüfern außerhalb der Vorbehaltsaufgaben erlaubt ist, unterscheidet sie nicht von Steuerberatern oder Anwaltsnotaren. Sie alle nehmen rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Interessen ihrer Mandanten wahr. Die Grenze zwischen rechtlicher und wirtschaftlicher Beratung ist oft fließend; die wirtschaftliche Beratung muß die rechtlichen Rahmenbedingungen beachten und die Rechtsberatung hat auf die wirtschaftlichen Folgen Bedacht zu nehmen. Mit Rücksicht hierauf ist Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern auch die Rechtsberatung erlaubt (§ 4 Abs. 3, § 5 Nr. 2 RBerG). Befürchtete der Gesetzgeber, daß einseitige Interessenwahrnehmung die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars in Frage stellte, wäre nicht nur ein Sozietätsverbot, sondern in erster Linie die Einführung des Nur-Notariats geboten. Der Gefährdung kann jedenfalls nicht mit der unterschiedlichen Behandlung von Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern begegnet werden. Sie vermag sie daher auch nicht zu rechtfertigen.
b) Auch Stellung und Organisation der Steuerberater und der Wirtschaftsprüfer gleichen sich. Bei beiden ist ausdrücklich geregelt oder anerkannt, daß sie neben der Interessenvertretung eine unabhängige Organstellung in der Rechtspflege einnehmen. Sowohl Steuerberater als auch Wirtschaftsprüfer sind in Kammern zusammengeschlossen, die im Rahmen der ihnen eingeräumten Selbstverwaltung die Einhaltung der beruflichen Pflichten überwachen (§§ 57 ff. WPO; §§ 73 ff. StBerG). Daneben sind sie gleichermaßen einer Berufsgerichtsbarkeit unterworfen (§§ 67 ff. WPO; §§ 89 ff. StBerG). Die sie treffenden Berufspflichten sind überwiegend parallel geregelt und decken sich weitgehend (§§ 43 ff. WPO; §§ 57 ff. StBerG). Angehörigen beider Berufsgruppen ist eine gewerbliche Tätigkeit untersagt (§ 43a Abs. 3 Nr. 1 WPO; § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG). Das verbindet sie zusätzlich mit Rechtsanwälten und Notaren, die ebenfalls nicht gewerblich tätig werden dürfen (vgl. § 43a BRAO; § 8 BNotO).
c) Die verbleibenden Unterschiede, die sich allein aus den Vorbehaltsaufgaben der Wirtschaftsprüfer nach § 2 Abs. 1 WPO oder ihrer spezifischen Berufsstruktur ergeben könnten, rechtfertigen die Ungleichbehandlung nicht.
Solche Unterschiede in der Aufgabenstellung und -wahrnehmung von freiberuflich Tätigen können Unterschiede bei den Sozietätsmöglichkeiten nach sich ziehen. Das hängt davon ab, ob sich aus den durch eine berufliche Verbindung verursachten Wechselwirkungen Unterschiede von solchem Gewicht ergeben, daß der mit dem Sozietätsverbot verfolgte Zweck anderenfalls nur unvollständig erreicht würde.
(1) Im Zusammenhang mit den Vorbehaltsaufgaben sind aber keine spezifischen Rechte oder Pflichten des Wirtschaftsprüfers zu erkennen, die tatsächlich oder dem Anschein nach auf die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des mit ihm verbundenen Anwaltsnotars Einfluß nähmen. Bei den Vorbehaltsaufgaben ist den Wirtschaftsprüfern die Durchführung betriebswirtschaftlicher Prüfungen, insbesondere solche von Jahresabschlüssen großer Wirtschaftsunternehmen, und die Erteilung von Bestätigungsvermerken über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen unter Führung eines Siegels vorbehalten. Gerade in diesem Bereich unterliegt der Wirtschaftsprüfer aber besonders strengen Anforderungen an seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit. Hat er schon allgemein seinen Beruf unabhängig, gewissenhaft, verschwiegen und eigenverantwortlich auszuüben und sich jeder Tätigkeit zu enthalten, die mit seinem Beruf oder mit dem Ansehen des Berufs unvereinbar ist, so hat er sich nach § 43 Abs. 1 Satz 2 WPO insbesondere bei der Erstattung von Prüfberichten und Gutachten unparteiisch zu verhalten und sich nach § 43 Abs. 2 Satz 2 WPO der besonderen Berufspflichten bewußt zu sein, die ihm aus der Befugnis erwachsen, gesetzlich vorgeschriebene Bestätigungsvermerke zu erteilen. Daraus wird deutlich, daß Wirtschaftsprüfer im öffentlichen Interesse mit einer Verantwortung vor der Öffentlichkeit besondere Aufgaben wahrnehmen, was die Anforderung rechtfertigt, auch außerhalb des Berufs darauf zu achten, sich des ihnen entgegengebrachten Vertrauens würdig zu erweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 3 WPO). Solche Gesetzesbindung weist nicht auf ein gegenüber dem Steuerberater überschießendes Gefährdungspotential im Hinblick auf den in derselben Sozietät tätigen Anwaltsnotar hin.
Angesichts der Verpflichtung zu Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ähneln sich vielmehr die den Rechtsanwälten jeweils zusätzlich möglichen Berufe des Notars und des Wirtschaftsprüfers. Auch der Notar ist hierzu nach § 14 Abs. 1 BNotO nicht nur bei der Beratung und Beurkundung im Zusammenhang mit Verträgen – wegen möglicher Divergenzen in den Interessen der Vertragspartner – verpflichtet. Die Verpflichtung trifft den Notar gerade auch, wenn er etwa im Zusammenhang mit Testamenten, Schenkungen oder einer Vermögensverwaltung einseitig tätig wird. In eben dieser Weise muß sich auch der Wirtschaftsprüfer im öffentlichen Interesse einer Parteinahme zugunsten seines Mandanten enthalten, wenn er im Bereich der Vorbehaltsaufgaben tätig wird. Der Notar ist Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 Abs. 1 BNotO); auch der Wirtschaftsprüfer, der zwar kein öffentliches Amt bekleidet, ist öffentlich eingebunden, wie seine Bestellung (§ 1 WPO), die Ableistung des Berufseides (§ 17 WPO), das Recht und die Pflicht zur Siegelführung (§ 48 WPO) und die Berufsaufsicht durch die Wirtschaftsprüferkammer zeigen.
Es ist deshalb fernliegend, im Hinblick auf diese besondere Pflichtenbindung des Wirtschaftsprüfers objektive Gefahren für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Anwaltsnotars oder einen Ansehensverlust zu besorgen. Eine solche Gefahr ist auch in den Stellungnahmen nicht aufgezeigt worden. Anhaltspunkte dafür, daß es für den Anwaltsnotar in der Sozietät mit einem Steuerberater zu anderen und weniger schwerwiegenden Konfliktlagen kommt als bei derjenigen mit einem Wirtschaftsprüfer, sind auch von den Berufsverbänden nicht dargelegt worden.
(2) Wesentliche – das Sozietätsverbot rechtfertigende – Unterschiede zwischen Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sehen die Stellungnahmen allerdings gerade darin, daß die Wirtschaftsprüfer häufig in großen Gesellschaften organisiert sind und auch ihrerseits nur den Anschluß an besonders große Rechtsanwaltskanzleien suchten.
Soweit hierdurch eine Gefährdung des unabhängigen Notariats wegen der Abhängigkeit von wirtschaftlich einflußreichen Mandanten befürchtet wird, wäre eine solche mit Sozietätsverboten nicht behebbar. Sie kann jeden Freiberufler treffen und entsteht durch die wirtschaftliche Macht des die notarielle Dienstleistung nachfragenden Mandanten; sie nimmt nicht ab, wenn dem Auftraggeber ein Nur-Notar, eine kleine Sozietät oder jedenfalls eine Sozietät ohne Wirtschaftsprüfer gegenübersteht.
Ebenso ist die behauptete Gefährdung durch Dauermandate nicht von einer Sozietät zwischen Anwaltsnotaren und Wirtschaftsprüfern abhängig. Wesentliche Unterschiede bestehen zwischen den Berufsgruppen insoweit nicht; denn auch Rechtsanwälte und Steuerberater haben nicht selten langjährige umfassende Mandatsbeziehungen, die gerade bei Großmandaten auch gepflegt werden. Mittelständische Unternehmen wiederum überlassen häufig einem Steuerberater dauerhaft Teilbereiche der Personalverwaltung und wenden sich hinsichtlich aller anfallenden Rechtsfragen und Rechtsstreitigkeiten an nur eine Anwaltskanzlei. Entwicklungen dieser Art sind – soweit erkennbar – nicht davon abhängig, daß den Kanzleien auch Wirtschaftsprüfer angehören.
d) Der vom Bundesgerichthof ergänzend genannte Differenzierungsgrund, daß die Sozietät zwischen Anwaltsnotar und Wirtschaftsprüfer eine unerwünschte Änderung im allgemeinen Rechtsbewußtsein bewirken könnte, kann das Sozietätsverbot ebenfalls nicht tragen.
(1) Es ist schon zweifelhaft, ob im vorliegenden Fall beim Bürger der Eindruck eines umfassenden Dienstleistungsangebots erweckt wird, wenn der als Wirtschaftsprüfer qualifizierte Steuerberater nach außen mit seiner zusätzlichen Berufsqualifikation nicht auftritt und auch die Vorbehaltsaufgaben nicht innerhalb der Sozietät wahrnimmt. Wird die Qualifikation bekannt, was man bei dauerhaften Mandatsbeziehungen unterstellen kann, wäre der Eindruck einer umfassenden Beratung nicht einmal irreführend. Diese wäre unter Hinzuziehung aller Berufsgruppen tatsächlich möglich. Irreführend wäre allein der Eindruck, daß in ein und derselben Angelegenheit beraten und beurkundet werden könnte. Diese Irreführung hängt aber nicht davon ab, ob der Sozietät Wirtschaftsprüfer angehören. Sie beruht schon auf der Doppelstellung des Anwaltsnotars, der durch Mitwirkungsverbote gebunden ist.
(2) Zutreffend ist allerdings, daß sich das Berufsbild des Anwaltsnotars von dem des Nur-Notars durch die Zulassung einer Sozietät mit Wirtschaftsprüfern noch weiter entfernt. Diesem Gesichtspunkt kommt aber kein solches Gewicht zu, daß er die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnte.
Die Bundesnotarordnung läßt unterschiedliche Ausgestaltungen des Notarberufs zu. Nach § 3 BNotO stehen das Nur-Notariat und das Anwaltsnotariat als gleichberechtigte Notariatsformen nebeneinander. Daneben gibt es in den Bezirken der Oberlandesgerichte Karlsruhe und Stuttgart noch landesrechtliche Sonderformen (§§ 114, 115 BNotO). Durch die Zulassung überörtlicher Sozietäten im Jahre 1989 (BGHZ 108, 290) haben sich die Berufsbilder des Anwaltsnotars und des Nur-Notars noch weiter voneinander entfernt, weil letztere auf einen engen örtlichen Wirkungskreis beschränkt sind. Da es inzwischen praktisch keine großen überörtlichen Sozietäten mehr gibt, denen nicht auch Anwaltsnotare angehören, hat diese Berufsform in gewisser Weise auch Eingang in die Bundesländer gefunden, in denen das Nur-Notariat gilt, obwohl auch der Anwaltsnotar Beurkundungen weiterhin nur im eigenen Amtsbereich vornehmen darf (§ 10a Abs. 2 BNotO).
Zwar ist den Berufsbildern des Notars, dem des Nur-Notars und dem des Anwaltsnotars, die Ausübung eines öffentlichen Amtes gemeinsam (§ 1 BNotO). In Anbetracht der unterschiedlichen gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltungen des Notarberufs ist es aber darüber hinaus kaum möglich, von einem einheitlichen Berufsbild des Notars auszugehen. Dies bedarf aber keiner Vertiefung. Jedenfalls kann die Beurteilung des beruflich zulässigen Verhaltens sich nicht allein am Berufsbild des Nur-Notars orientieren, wenn das Anwaltsnotariat als eine von der Bundesnotarordnung zugelassene Form des Notarberufs Besonderheiten nach sich zieht. Zu diesen Besonderheiten gehören insbesondere die Möglichkeiten, sich mit Angehörigen anderer (freier) Berufe zur gemeinsamen Berufsausübung zu verbinden.
e) Sonstige Gründe, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer hinsichtlich der Sozietätsfähigkeit mit Anwaltsnotaren unterschiedlich zu behandeln, ergeben sich auch nicht aus den von den Berufsverbänden offengelegten Mißbrauchs- und Umgehungsmöglichkeiten oder dem von den Justizverwaltungen eingeräumten Vollzugsdefizit bei der Notaraufsicht.
(1) Die vom Deutschen Notarverein und von der Bundesnotarkammer aufgeführten Möglichkeiten, die gesetzlichen Mitwirkungsverbote nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BeurkG, § 16 BNotO und § 45 Abs. 3 in Verbindung mit § 45 Abs. 2 Nr. 2 BRAO zu umgehen, hängen nicht davon ab, ob ein Sozius nur Steuerberater oder ob er auch Wirtschaftsprüfer ist. Die Erfahrungen wurden vielmehr mit den bisher bestehenden Sozietäten gewonnen. Es ist nicht einsichtig, warum diese Defizite nicht etwa durch verschärfte Mitwirkungsverbote, sondern allein durch das hier angegriffene Sozietätsverbot behoben werden könnten (so aber die genannten Berufsverbände: vgl. BTDrucks 13/4184, S. 36 ff. und die Stellungnahme der Bundesnotarkammer hier im Verfahren). An den beschriebenen Mißständen würde sich bei Beibehaltung der bisherigen Rechtslage nichts ändern.
(2) Die Dienstaufsicht über die Notare (§§ 92 ff. BNotO) wird durch die Öffnung der Sozietäten für Wirtschaftsprüfer nicht erheblich erschwert.
Zwar nimmt die Anzahl der Personen, mit denen sich Anwaltsnotare zur gemeinsamen Berufsausübung verbinden können, um den Anteil der Steuerberater zu, die anderenfalls die Sozietät zugunsten der Wirtschaftsprüfertätigkeit aufgäben. Ein rein zahlenmäßiger Vergleich greift aber zu kurz. Denn jede Aufsicht wird durch die Offenlegung von Verflechtungen erleichtert. Das gilt nicht nur für die Aufsicht über die Notare, sondern gleichermaßen für die berufsrechtliche Kontrolle der Wirtschaftsprüfer. Eine solche Berufsaufsicht wird aber durch die von den Beschwerdeführern installierten und in Großkanzleien zur Vermeidung des Parteiverrats (§ 356 StGB) auch notwendigen Computerprogramme zur Prüfung von Kollisionen eher verbessert. Ohnedies erschließt sich aus den Stellungnahmen nicht, inwiefern die feste Kooperation zwischen Notaren und Wirtschaftsprüfern, die üblich ist und sich der Kenntnis der Dienstaufsicht entzieht, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Notars weniger gefährdet als eine Sozietät.