Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Die Beschwerdeführerin ist ein Unternehmen des professionellen Basketballsports. Sie wendet sich gegen die sie betreffende Beitragsfestsetzung für das Jahr 2001.
I.
Die Aufbringung der Mittel der gesetzlichen Unfallversicherung ist im Sechsten Kapitel des SGB VII (§§ 150 ff. SGB VII) normiert. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung werden nachträglich als Umlage nach dem Aufwand des Vorjahres erhoben (§ 152 Abs. 1 SGB VII). Die Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind grundsätzlich der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Das Arbeitsentgelt der Versicherten wird bis zur Höhe des Höchstjahresarbeitsverdienstes zugrunde gelegt (§ 153 Abs. 2 SGB VII). Die Gefahrklassen ergeben sich aus dem Gefahrtarif, dessen Festsetzung als autonomes Recht durch den Unfallversicherungsträger in § 157 SGB VII geregelt ist.
Einfluss auf die Beitragsberechnung haben seit der Herstellung der deutschen Einheit auch die Rentenaltlasten aus dem Beitrittsgebiet (sog. „Altlasten-Ost”). Damit sind die Entschädigungsleistungen der Unfallversicherungsträger für die bis zum 31. Dezember 1990 im Beitrittsgebiet eingetretenen Arbeitsunfälle gemeint. Nach Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe c Abs. 8 Nr. 2 des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag – EinigVtr) wurden die bis zum 31. Dezember 1990 eingetretenen Arbeitsunfälle auf alle Unfallversicherungsträger nach einem Schlüssel verteilt, der sich (vereinfacht ausgedrückt) an deren Leistungsaufwendungen für Renten sowie dem der Beitragsberechnung zugrunde gelegten Entgelt und den Rentenzahlbeträgen für in den Jahren 1985 bis 1989 erstmals entschädigte Arbeitsunfälle jeweils bezogen auf das Jahr 1989 orientierte. Die Verteilung der Einzelfälle erfolgte – unabhängig vom sachlich zuständigen Gewerbezweig – numerisch nach den Geburtsdaten der Leistungsempfänger, innerhalb eines Geburtstages alphabetisch.
Zur Finanzierung dieser Rentenaltlasten aus dem Beitrittsgebiet ermöglichte § 1157 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) es den Trägern der Unfallversicherung – abweichend von der allgemeinen Regelung des § 725 Abs. 1 RVO – in einer Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1994 bei der Beitragsberechnung von der Berücksichtigung des Grades der Unfallgefahr in den Unternehmen abzusehen. Anschließend fanden die allgemeinen Vorschriften über die Berechnungsgrundlagen für die Beiträge Anwendung (§ 725 Abs. 1 RVO bis 31. Dezember 1996, § 153 Abs. 1 SGB VII ab 1. Januar 1995). Mit Wirkung zum 1. August 2003 schuf der Gesetzgeber mit § 215 Abs. 9 SGB VII erneut die Möglichkeit, bei der Beitragsberechnung von der Berücksichtigung des Grades der Unfallgefahr in den Unternehmen abzusehen.
Der vorliegend streitigen Beitragsberechnung für 2001 lag der ab 1. Januar 2001 geltende Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft zugrunde, der für Sportunternehmen drei Gefahrklassen vorsah. Diese unterschieden sich danach, ob es sich bei den Beschäftigten um bezahlte Sportler aus der 1. oder 2. Fußballbundesliga oder der Fußballregionalliga (Gefahrtarifstelle 54.1: Gefahrklasse 47,75), um sonstige bezahlte Sportler (Gefahrtarifstelle 54.2: Gefahrklasse 18,01) oder um übrige Versicherte (Gefahrtarifstelle 54.3: Gefahrklasse 1,98) handelte. Die Beschwerdeführerin war in die Gefahrtarifstellen 54.2 und 54.3 eingruppiert. Die Rentenaltlasten aus dem Beitrittsgebiet flossen entsprechend der Regelung des § 153 Abs. 1 SGB VII in die Beitragsberechnung ein. Die Arbeitsentgelte der Beschäftigten wurden bis zur Höhe des Höchstjahresarbeitsverdienstes berücksichtigt. Die Rechtsbehelfe der Beschwerdeführerin gegen die Höhe des Beitrages blieben ohne Erfolg.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen sowie die zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Die „Altlasten-Ost” müssten aus Steuermitteln getragen werden, jedenfalls aber müsste die Berechnung dieser Sonderumlage unter Berücksichtigung der Arbeitsentgelte, nicht des Grades der Unfallgefahr erfolgen. Eine gleichheitswidrige Belastung entstehe ferner dadurch, dass der Beitragsberechnung auch für nicht ganzjährig beschäftigte Sportler der ungekürzte Höchstjahresarbeitsverdienst zugrunde gelegt werde.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Annahmegründe gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
1. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechenden Weise begründet wurde. Die Vorschriften enthalten Mindestanforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde. So muss ein Beschwerdeführer innerhalb der Beschwerdefrist die Grundrechtsverletzung durch Bezeichnung des angeblich verletzten Rechts und des die Verletzung enthaltenden Vorgangs substantiiert und schlüssig vortragen. Dabei hat er auch darzulegen, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 ≪87≫ m.w.N.) bzw. mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 ≪386≫). Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, so muss sich der Beschwerdeführer auch mit deren Gründen auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪345≫; 105, 252 ≪264≫).
Die Auslegung einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür zuständigen Fachgerichte. Sie unterliegen einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht nur insoweit, als Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere des Umfangs seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 19, 303 ≪310≫; 75, 302 ≪313≫).
2. Zu den „Altlasten-Ost” hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 8. Mai 2007 (BSGE 98, 229) und unter Hinweis auf seine grundlegende Entscheidung vom 24. Februar 2004 (BSGE 92, 190) dargelegt, es verstoße grundsätzlich nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn der Finanzbedarf für die Entschädigung der in der Deutschen Demokratischen Republik eingetretenen Arbeitsunfälle in gleicher Weise wie der übrige Finanzbedarf der Unfallversicherungsträger unter Berücksichtigung des für den jeweiligen Gewerbezweig ermittelten Grades der Unfallgefahr auf die Mitgliedsunternehmen umgelegt wird und wenn deshalb Unternehmen mit einer höheren Gefahrklasse anteilig stärker zur Tragung der Altlasten herangezogen werden als solche mit einer niedrigeren Gefahrklasse. Die ungleiche Belastung der Unternehmen lasse sich aufgrund des besonderen Finanzierungssystems der gesetzlichen Unfallversicherung sachlich begründen; das Gewicht der Rechtfertigungsgründe stehe zur Bedeutung dieser Belastung in einem angemessenen Verhältnis. Wenn die heutigen Unternehmen über ihr in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommendes zeitnahes Unfallrisiko die Altlasten-West finanzierten, ohne Rücksicht darauf, inwieweit sie ihnen zurechenbar sind, so sei nicht zu erkennen, wieso bei den Altlasten-Ost etwas Anderes geboten sein sollte.
Auch die ungekürzte Berücksichtigung des Höchstjahresarbeitsverdienstes bei Versicherten, die nicht ganzjährig beschäftigt sind, hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 8. Mai 2007 (BSGE 98, 229) nicht beanstandet. Es hat hierzu dargelegt, dass die unterschiedliche Berücksichtigung von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst bereits aus Wortlaut und Systematik der Regelung (§ 153 Abs. 2 und 3 SGB VII) folge. Zudem bestehe zwischen der Berechnung der Beiträge und der Berechnung der Leistungen kein derart unmittelbarer Zusammenhang, dass das entsprechende Unternehmen berechtigt sei, nur einen Teil des Entgelts der Beitragsberechnung zugrunde zu legen.
3. Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerdeführerin nicht hinreichend auseinander. Sie beschränkt sich auf die Wiederholung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung.
Soweit sie darüber hinaus hinsichtlich der Rentenaltlasten aus dem Beitrittsgebiet in Abgrenzung zu Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 14, 221; BVerfGE 23, 12; BVerfGE 36, 383; BVerfGE 75, 108 ≪157 ff.≫; BVerfGE 113, 167 ≪203, 213 ff.≫) ohne nähere Begründung behauptet, es handele sich vorliegend eben doch um „Fremdlasten” und nicht um den „Binnenbereich” der westdeutschen Unfallversicherung, genügt dies den dargestellten Anforderungen ebenfalls nicht. Soweit die Verfassungsbeschwerde eine besondere Rechtfertigung verlangt, weil es sich um die Finanzierung eines Versicherungsschutzes für Dritte handele, setzt sie sich nicht damit auseinander, dass die gesetzliche Unfallversicherung insbesondere durch die Haftungsbeschränkung der Unternehmer auch den Arbeitgebern zugute kommt und somit insgesamt nicht allein fremdnützig ist.
Letztlich zeigt die Verfassungsbeschwerde nicht auf, warum die Verteilung der Rentenaltlasten aus dem Beitrittsgebiet nach den Arbeitsentgelten die bessere oder sogar einzig sachgerechte Lösung sein sollte, die nicht ihrerseits wiederum zu Ungleichbehandlungen führen würde (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 1996 – 2 RU 17/95 – BSGE 79, 23).
Soweit die Beschwerdeführerin eine anteilige Berücksichtigung des Höchstjahresarbeitsverdienstes bei saisonalen Beschäftigungen fordert, stellt sie die Argumentation des Bundessozialgerichts ohne Begründung in Abrede. Sie geht auch nicht auf folgende Aspekte ein: Geldleistungen des versicherten Beschäftigten aus der gesetzlichen Unfallversicherung (z.B. Verletztengeld oder -rente) berechnen sich selbst dann nach dem Jahresarbeitsverdienst (begrenzt auf den Höchstjahresarbeitsverdienst), wenn dieser Verdienst nur in einem Teil des Jahres erzielt worden ist (wobei Jahr hier – anders als bei der Beitragsberechnung – zudem nicht das Kalenderjahr ist, sondern die zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist). Darüber hinaus zählen zum Jahresarbeitsverdienst nicht nur Entgelte aus Tätigkeiten, die dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterliegen (§ 81, § 82 Abs. 1 und 2, § 85 Abs. 2 SGB VII; vgl. Schmitt, SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, 4. Aufl. 2009, § 82 Rn. 9). Im Übrigen weist die Berücksichtigung der Arbeitsentgelte bei der Beitragsberechnung keinen Bezug zur Unfallgefahr auf. Letztlich fließt die Entgeltsumme in die Bildung der Gefahrklassen ein; wird sie gekürzt, erhöht sich die Gefahrklasse.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Schluckebier, Baer
Fundstellen