Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung von bestimmten Investitionen von Nutzern fremnder Grundstücke im Beitrittsgebiet in den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes
Verfahrensgang
Brandenburgisches OLG (Urteil vom 14.05.1998; Aktenzeichen 5 U 214/97) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Einbeziehung bestimmter baulicher Investitionen von Nutzern fremder Grundstücke im Beitrittsgebiet, die das Grundstück aufgrund eines Überlassungsvertrags vom staatlichen Verwalter erhalten haben, in den Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes.
I.
1. Die Beschwerdeführerin ist in ungeteilter Erbengemeinschaft mit zwei weiteren Personen Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks im Beitrittsgebiet. Die Kläger des Ausgangsverfahrens bewohnen das Grundstück aufgrund eines mit dem Rat der Gemeinde als staatlichem Verwalter geschlossenen Überlassungsvertrags, der auf Lebenszeit der Nutzer gilt und unkündbar ist. Mit vertraglicher Gestattung und staatlicher Bauzustimmung unterkellerten die Kläger das Einfamilienhaus teilweise und erweiterten es. Die Grundfläche des Hauses betrug nach einer Wertermittlung von 1971 47,52 qm, nach der Erweiterung 100,25 qm. Die Kläger begehren den Ankauf des Grundstücks nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz (SachenRBerG) vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2457).
Das Landgericht hat ihre Ankaufsberechtigung gemäß § 61 SachenRBerG festgestellt, das Oberlandesgericht die dagegen eingelegte Berufung der beklagten Grundstückseigentümer zurückgewiesen (vgl. ZOV 1998, S. 368). Die Kläger seien nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c, § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe c und § 12 Abs. 2 SachenRBerG anspruchsberechtigt. Das Ankaufsrecht des Nutzers nach diesen Vorschriften verstoße nicht gegen Art. 14 GG. Die Regelung dieses Rechts stelle eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, auch wenn der Grundstückseigentümer sein Eigentum verliere. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten nicht angenommen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und die Revision im Endergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg habe.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts. Sie rügt die Verletzung von Art. 14 GG.
Das Oberlandesgericht habe verkannt, dass bei der hier zu entscheidenden Rechtsfrage zwei Bereiche zu unterscheiden seien. Im ersten gehe es um die dinglichen Rechte der Eigentümer und die gegebenenfalls im öffentlichen Interesse zur Herstellung der Rechtseinheit notwendige Bereinigung dieser Rechte durch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz. Der zweite Bereich betreffe das individuelle Interesse der Nutzer an der Sicherung ihrer schuldrechtlich begründeten Rechte und Investitionen, die Gegenstand des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994 (BGBl I S. 2538) seien. Ein Regelungsbedarf zur Herstellung der Rechtssicherheit und zur Schaffung verkehrsfähiger und beleihbarer Grundstücke sei nur gegeben, wenn infolge Bebauung eines zuvor unbebauten Grundstücks mit einem Eigenheim durch die Nutzer nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik unterschiedliches Eigentum an Grundstück und Haus entstanden sei. Dies sei beim Um- und Ausbau eines vom Nutzer übernommenen Eigenheims nicht der Fall. Hier lägen Grundstücks- und Gebäudeeigentum in einer Hand, und das Grundstück sei – wenn auch zu Lasten des Eigentümers eingeschränkt – verkehrsfähig und beleihbar, so dass die Notwendigkeit einer sachenrechtlichen Regelung nicht gegeben sei.
Zur Wahrung des Bestandsinteresses des Nutzers sei eine schuldrechtliche Regelung völlig ausreichend und im Schuldrechtsanpassungsgesetz auch vorgenommen worden. Hinsichtlich der notwendigen Sicherung getätigter Investitionen könne das Interesse des Nutzers nur dann gewichtiger sein als dasjenige des Eigentümers, wenn sein Beitrag zum derzeitigen Umfang des Eigenheims wesentlich höher sei als der des Eigentümers für Eigenheim und Grundstück. Denn neben diesen Beiträgen des Eigentümers müsse bei der Gewichtung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung auch das größere Gewicht des Eigentumsrechts gegenüber dem Besitzrecht berücksichtigt werden.
Die Nutzer hätten nicht darauf vertrauen können, dass ihnen und ihren Erben das Grundstück „für immer” zur Nutzung verbleibe, weil es ihnen immer nur – wenn manchmal auch auf Lebenszeit – für eine begrenzte Zeit überlassen worden sei. Dagegen habe der Grundstückseigentümer davon ausgehen dürfen, dass ihm die Deutsche Demokratische Republik zwar die Nutzung seines Grundstücks, nicht aber sein Eigentum entziehe. Er habe aufgrund der Präambel des Grundgesetzes ferner darauf vertrauen können, dass er einmal im Zuge der Wiedervereinigung auch die Nutzung seines Eigenheims wiedererlangen würde. Nach Beitritt könne er mindestens auf den Erhalt des ihm grundgesetzlich gewährleisteten Eigentums vertrauen.
Eigentümer von Eigenheimen, die § 12 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG unterlägen, dürften nicht schlechter gestellt werden als in der Deutschen Demokratischen Republik enteignete Eigentümer, die das Eigentum an ihrem Eigenheim wieder zurückerhalten hätten. Der in der Gemeinsamen Erklärung beider deutscher Regierungen zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 (BGBl II S. 1237) festgelegte Grundsatz „Rückgabe vor Entschädigung” gelte nach seinem Sinn und Zweck gleichermaßen für durch die Deutsche Demokratische Republik enteignetes und ausgehöhltes Eigentum.
Beim Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG verliere der Eigentümer sein Eigentumsrecht, ohne dass diese Enteignungsregelung durch die Allgemeinwohlklauseln des Art. 14 Abs. 3 GG gerechtfertigt wäre. Zwar seien Enteignungen zugunsten Privater nicht schlechthin ausgeschlossen, doch müsse das Allgemeinwohl Vorrang haben, so dass sich Begünstigungen Dritter nur als Reflex darstellten. Nach allgemeiner Ansicht gehe es bei § 12 SachenRBerG nur um einen inter-partes-Ausgleich zwischen Eigentümer und Nutzer. Das Anliegen des Gesetzgebers allein, Rechtsfrieden zu schaffen, könne den Eingriff in das Eigentumsgrundrecht nicht rechtfertigen.
3. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz namens der Bundesregierung, das Ministerium der Justiz und für Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg für die Landesregierung Brandenburg und der Präsident des Bundesgerichtshofs Stellung genommen. Die beiden Ministerien halten die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Der Bundesgerichtshof hat sich zu den verfassungsrechtlichen Fragen nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Der Verfassungsbeschwerde kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu, weil die für ihre Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind (vgl. vor allem BVerfGE 98, 17; 101, 54). Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des von der Beschwerdeführerin als verletzt bezeichneten Eigentumsgrundrechts angezeigt. Denn die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Die angegriffene Entscheidung verstößt nicht gegen Art. 14 GG.
1. Die vom Oberlandesgericht angewandten Regelungen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c, § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe c und § 12 Abs. 2 SachenRBerG sind mit der Eigentumsgarantie vereinbar.
a) Das dem Nutzer eines fremden Grundstücks in § 15 Abs. 1 in Verbindung mit § 19 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2, 3 Nr. 1, Abs. 3, § 61 und § 68 SachenRBerG eingeräumte Ankaufsrecht steht mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang. Zur Begründung kann auf den als Anlage beigefügten Nichtannahmebeschluss der Kammer vom 22. Februar 2001 – 1 BvR 198/98 – verwiesen werden. Die Reglung über dieses Recht bestimmt danach in zulässiger Weise im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Inhalt und die Schranken des (Grundstücks-)Eigentums, und zwar unabhängig davon, ob der Nutzer an dem von ihm errichteten, renovierten oder in der Nutzungsart veränderten Gebäude (vgl. § 12 Abs. 1 SachenRBerG) selbständiges Eigentum erworben hat.
b) Nichts anderes gilt in den Fällen, in denen der Nutzer, der das Grundstück aufgrund eines Überlassungsvertrags erhalten hat, Aus- und Umbauten vorgenommen hat, durch die die Wohn- oder Nutzfläche des bei der Überlassung des Grundstücks bereits vorhandenen Gebäudes um mehr als 50 % vergrößert wurde, oder Aufwendungen für bauliche Investitionen getätigt hat, deren Wert die Hälfte des Sachwerts des Gebäudes ohne Berücksichtigung der baulichen Investitionen des Nutzers zum Zeitpunkt der Vornahme der Aufwendungen überstieg (§ 12 Abs. 2 SachenRBerG).
Mit der Einbeziehung dieser baulichen Maßnahmen in das Sachenrechtsbereinigungsgesetz und der damit verbundenen Ausdehnung des Ankaufsrechts verfolgt der Gesetzgeber dasselbe legitime Regelungsziel wie in den übrigen vom Sachenrechtsbereinigungsgesetz erfassten Fällen (vgl. dazu den Kammerbeschluss vom 22. Februar 2001 unter II 1 a cc bbb ≪1≫). Sie führt auch zu einem angemessenen, die Belange des Grundstückseigentümers hinreichend berücksichtigenden Interessenausgleich.
aa) Der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland konnte bei der nach der Wiedervereinigung notwendig gewordenen Angleichung in der Deutschen Demokratischen Republik begründeter dinglicher, schuldrechtlicher oder auch nur faktisch entstandener Nutzungsverhältnisse an das Rechtssystem des Bürgerlichen Gesetzbuchs Nutzungen aufgrund so genannter Überlassungsverträge nicht ignorieren. Bei diesen handelt es sich um vor dem 3. Oktober 1990 geschlossener Verträge, durch die bisher staatlich verwaltete (§ 1 Abs. 4 des Vermögensgesetzes) Grundstücke durch den staatlichen Verwalter oder die von ihm beauftragte Stelle gegen Leistung eines Geldbetrags für das Grundstück sowie etwa aufstehende Gebäude und gegen Übernahme der öffentlichen Lasten einem anderen zur Nutzung überlassen wurden (vgl. Art. 232 § 1 a EGBGB). Die Verträge wurden für 20 oder 30 Jahre, in Einzelfällen auch auf Lebenszeit des Überlassungsnehmers, abgeschlossen. Dem Nutzer wurde während der Vertragsdauer ein grundbuchlich gesichertes Vorkaufsrecht eingeräumt und unverbindlich die Möglichkeit zum Erwerb des Grundstücks nach dem Ende der Vertragszeit in Aussicht gestellt. Er hatte die üblicherweise einem Grundstückseigentümer zustehenden Rechte und Pflichten. Aus diesem Grund haben die Überlassungsnehmer häufig in der Erwartung, das Grundstück über die Vertragszeit hinaus behalten und später einmal kaufen zu können, wie ein Eigentümer das Grundstück bebaut oder Verwendungen in ein schon aufstehendes Gebäude vorgenommen. Ohne die Aufwendungen wäre das Gebäude oftmals verfallen (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 103 zu § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe c, S. 110 zu § 11 Abs. 2; BVerfGE 101, 54 ≪56≫; Zank/Simon, NJ 1999, S. 57 ≪58≫).
Die Überlassungsverträge vermittelten demnach trotz ihrer nur schuldrechtlichen Natur den Nutzern eine eigentümerähnliche Rechtsstellung. Die Nutzer konnten darauf vertrauen, die von ihnen errichteten, aus- und umgebauten Gebäude auf lange Zeit, in einzelnen Fällen, wie auch hier, bis an ihr Lebensende, nutzen zu können. Dieses Vertrauen und die eigentümerähnliche Rechtsstellung waren Grundlage für von ihnen – oft mit erheblichem Aufwand – getätigte Investitionen.
bb) Vor diesem Hintergrund kann es verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden, dass der Gesetzgeber die erforderliche Rechtsangleichung in Bezug auf die Überlassungsverträge nicht ausschließlich im Schuldrechtsanpassungsgesetz vorgenommen, sondern über die Einbeziehung dieser Verträge in dieses Gesetz oder in die Sachenrechtsbereinigung anhand der Art des Überlassungszwecks und des Umfangs der vom Nutzer getätigten baulichen Investitionen entschieden hat.
Überlassungsverträge zu Erholungs- und Freizeitzwecken sind vom Gesetzgeber generell in die Schuldrechtsanpassung einbezogen worden (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG), weil er diesen Zwecken für die Nutzer nicht dieselbe Bedeutung wie der Nutzung eines fremden Grundstücks zu Wohnzwecken beigemessen und es daher für nicht sachgerecht erachtet hat, dem Interesse der Nutzer am dauernden Fortbestand der Nutzung zu Freizeitzwecken grundsätzlich Vorrang vor den Eigentümerinteressen auf Herausgabe des Grundstücks zu geben (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 98 zu § 2 Abs. 1 Nr. 1). Bei Überlassungsverträgen zu Wohnzwecken hat der Gesetzgeber demgegenüber nach dem Umfang der baulichen Investitionen des Nutzers differenziert.
Hat dieser auf dem ihm unbebaut überlassenen Grundstück ein Eigenheim (vgl. § 5 Abs. 2 SachenRBerG) errichtet, stehen ihm die Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c, § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe c, § 12 Abs. 1 SachenRBerG). Er hat das gleiche schutzwürdige Interesse an der weiteren Nutzung des von ihm errichteten Eigenheims wie jeder andere Nutzer, der ein fremdes Grundstück berechtigterweise bebaut hat. Da der Gesetzgeber dem Interesse dieser Nutzer am Fortbestand ihrer Nutzungsbefugnis gegenüber dem Interesse der Grundstückseigentümer, die volle Verfügungs- und Nutzungsbefugnis über ihre Grundstücke wiederzuerlangen, Vorrang geben und daher den Nutzern ein Wahlrecht zwischen einer Erbbaurechtsbestellung und dem Ankauf des Grundstücks einräumen durfte (vgl. den Kammerbeschluss vom 22. Februar 2001 unter II 1 a cc bbb ≪2≫ ≪b≫ ≪aa≫), kann auch die Einbeziehung der Überlassungsnehmer, die auf dem ihnen überlassenen Grundstück ein Eigenheim errichtet haben, in die Sachenrechtsbereinigung von Verfassungs wegen nicht beanstandet werden. In den Fällen, in denen der Überlassungsnehmer dagegen ein auf dem Grundstück bereits aufstehendes Haus nur bewohnt und kleinere Reparaturen ausgeführt hat, die üblicherweise auch ein Mieter vornimmt, hat der Gesetzgeber dagegen keinen Grund für eine Verdinglichung und eine Beteiligung des Nutzers am Bodenwert gesehen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 34 ff. SchuldRAnpG; BTDrucks 12/5992, S. 111 zu § 11 Abs. 2; BTDrucks 12/7135, S. 61 zu § 34).
Für die mehrheitlich zwischen diesen beiden Extremen liegenden Fälle beurteilt sich die Frage, ob dem Nutzer die Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zustehen oder er nur einen bestimmten Kündigungsschutz genießt (vgl. §§ 38, 39 SchuldRAnpG), anhand der in § 12 Abs. 2 SachenRBerG genannten Kriterien. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass Um- und Ausbauten, die die Wohn- oder Nutzfläche des Gebäudes um mehr als 50 % vergrößern, und bauliche Aufwendungen, die die Hälfte des seinerzeitigen Gebäudewerts überstiegen, so erheblich sind, dass sie einer Neuerrichtung gleichzustellen sind. Dies ist im Hinblick auf den weiten Regelungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. BVerfGE 101, 54 ≪75 f.≫) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Solche Maßnahmen übersteigen in aller Regel die Aufwendungen, die ein Mieter oder sonst nur schuldrechtlich Nutzungsberechtigter in Bezug auf das von ihm genutzte Objekt tätigt. Dies beruhte – wie oben unter II 1 b aa bereits dargelegt – auf der eigentümerähnlichen Rechtsstellung, die den Nutzern aufgrund des Überlassungsvertrags vermittelt wurde. Mit Rücksicht auf diese Stellung haben die Nutzer in den Fällen des § 12 Abs. 2 SachenRBerG erhebliche wirtschaftliche Werte in dem Bewusstsein geschaffen, diese sehr langfristig nutzen und schließlich sogar erwerben zu können. Der Gesetzgeber durfte unter diesen Umständen das schutzwürdige Vertrauen der Nutzer an der weiteren Nutzung dieser Werte bei der Neugestaltung der Eigentumsordnung berücksichtigen, ihm gegenüber dem Interesse der Eigentümer an der Wiedererlangung der vollen Verfügungs- und Nutzungsbefugnisse über ihre Grundstücke stärkeres Gewicht beimessen und infolgedessen den Nutzern ein Wahlrecht zwischen einer Erbbaurechtsbestellung und dem Ankauf des Grundstücks einräumen.
Dies gilt umso mehr, als den Grundstückseigentümern bis zur Wiedervereinigung im Wesentlichen keine Verwertungs- und Nutzungsbefugnisse mehr zustanden. Sie konnten auch nicht damit rechnen, diese Befugnisse jemals wiederzuerlangen. Ihnen sind solche Befugnisse auch nicht in der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 eingeräumt oder zumindest in Aussicht gestellt worden. Diese Erklärung betrifft die Wiedergutmachung für rechtsstaatswidrige Vermögensverluste in der Deutschen Demokratischen Republik (vgl. BVerfGE 95, 48 ≪58≫), während das Sachenrechtsbereinigungsgesetz der endgültigen Angleichung der in der Deutschen Demokratischen Republik entstandenen Nutzungsverhältnisse an das Immobiliarsachenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs dient (vgl. BTDrucks 12/5992, S. 59 f.; BVerfGE 98, 17 ≪23≫). Aus der Erklärung kann daher nichts für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes hergeleitet werden. Gleiches gilt für die Präambel des Grundgesetzes in der Fassung bis zum Wirksamwerden des Beitritts (BGBl 1949 I S. 1). Sie enthielt keine Aussagen zur Neugestaltung der privatrechtlichen Eigentumsordnung nach der Wiedervereinigung.
2. Dass das Oberlandesgericht bei der Auslegung und Anwendung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c, § 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe c, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und § 12 Abs. 2 SachenRBerG Bedeutung und Tragweite des Art. 14 Abs. 1 GG verkannt haben könnte (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 79, 292 ≪303≫), ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 93 d Abs. 1 Satz 2 BVerfGG).
Unterschriften
Jaeger, Hömig, Bryde
Fundstellen
Haufe-Index 567592 |
NJW 2001, 2393 |
VIZ 2001, 328 |
WM 2001, 785 |
NJ 2001, 528 |