Entscheidungsstichwort (Thema)
Spielbankenrecht. Spielbankabgabe. Troncabgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Der Ausdruck „Recht” in Art. 126 GG bezeichnet Rechtsnormen jeglicher Art.
2. Der Ausdruck „Gesetz” in § 86 Abs. 2 BVerfGG umfaßt nicht nur Gesetze im formellen Sinn, sondern auch Rechtsverordnungen. Auch Rechtsverordnungen können deshalb Gegenstand einer Gerichtsvorlage im Normenqualifizierungsverfahren sein.
3. Das Spielbankenrecht gehört zum Recht zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Abschöpfung eines Teils des Tronc ist als Abgabe besonderer Art zu verstehen, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Konzessionierung der Spielbank steht, und zwar insofern, als das Aufkommen, von dem ein Teil für gemeinnützige Zwecke abgeschöpft wird, durch die Konzessionierung überhaupt erst möglich wird.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob gleiches auch für die Vorschriften über die Spielbankabgabe (Abgabe vom Bruttospielertrag) und die Steuerbefreiung der Spielbanken gilt. Denn die Heranziehung des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke ist nicht identisch mit der Abschöpfung von (in der Regel) 80 v.H. des Bruttospielertrages durch die in § 5 der Verordnung, in den Konzessionsverträgen und in Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG geregelte Spielbankabgabe, deren Qualifizierung als Steuer hier ebenso offenbleiben kann wie ihre Einordnung in das Steuersystem.
3. Das Spielbankenrecht gehört weder zum Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) noch zum Arbeitsrecht (Art. 74 Nr. 12 GG) oder zum Steuerrecht des Art. 105 Abs. 2 GG.
Normenkette
GG Art. 14, 74 Nrn. 11-12, Art. 105 Abs. 2, Art. 123-126, 129 Abs. 3; BVerfGG § 13 Nr. 14, § 86 Abs. 2; SpielbkV 1944 §§ 1, 7 Abs. 2 S. 2; SpielbkG § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Vorlegungsbeschluss vom 15.03.1965; Aktenzeichen 2 Ca 639/64) |
Gründe
A.-I.
1. Nach § 1 des Gesetzes, betreffend die Schließung und Beschränkung der öffentlichen Spielbanken vom 1. Juli 1868 (Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes S. 367) durften im Norddeutschen Bund und später im Deutschen Reich öffentliche Spielbanken weder konzessioniert noch geduldet werden. Dieses Verbot wurde im Jahr 1933 gelockert. Nach § 1 Satz 1 des Gesetzes über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 480) – im folgenden: Spielbankengesetz 1933 – konnte der Reichsminister des Innern unter bestimmten Voraussetzungen in Kur- und Badeorten öffentliche Spielbanken zulassen.
Nach § 1 Satz 2 des Gesetzes ist das Aufkommen aus den Spielergebnissen für gemeinnützige Zwecke zu verwenden, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Spielbankunternehmer belassen ist. Gemäß § 2 finden, soweit öffentliche Spielbanken nach § 1 zugelassen sind, das Gesetz vom 1. Juli 1868 und die Vorschriften der §§ 284 bis 285a des Reichsstrafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes gegen das Glücksspiel vom 23. Dezember 1919 (RGBl. S. 2145) keine Anwendung. § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 lautete:
Der Reichsminister des Innern wird ermächtigt, zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften zu erlassen sowie für Zuwiderhandlungen gegen die erlassenen Durchführungs- oder Ergänzungsvorschriften Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten oder Geldstrafe allein oder in Verbindung miteinander anzudrohen.
2. Auf Grund von § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 erließ der Reichsminister des Innern die Verordnung über öffentliche Spielbanken vom 27. Juli 1938 (RGBl. I S. 955) – im folgenden: Spielbanken-VO 1938 –, in der die Regelungen früherer, in den Jahren 1933 und 1934 erlassener Verordnungen zusammengefaßt wurden.
a) Nach § 5 der Verordnung ist der Spielbankunternehmer verpflichtet, an das Reich eine Abgabe (Spielbankabgabe) zu entrichten, deren Höhe und Art der Verwendung der Reichsminister des Innern im Benehmen mit dem Reichsminister der Finanzen bestimmte. Der Unternehmer ist für den Betrieb der Spielbank von den laufenden Steuern, die vom Einkommen, vom Vermögen und vom Umsatz erhoben werden, sowie von der Lotteriesteuer und von der Gesellschaftsteuer befreit; er kann auch von Landes- und Gemeindesteuern befreit werden (§ 6). Nach 1945 wurde die Spielbankabgabe durch die Länder in Anspruch genommen. Kraft ausdrücklicher grundgesetzlicher Bestimmung steht ihnen diese Abgabe zu seit der Änderung des Art. 106 GG durch das Finanzverfassungsgesetz vom 23. Dezember 1955 (BGBl. I S. 817). Die Höhe der Spielbankabgabe wird von den Ländern im Rahmen eines zeitlich befristeten Vertrages mit dem Spielbankunternehmer festgelegt; sie beträgt z. Zt. in der Regel 80 v.H. des Bruttospielertrages. Durch ein Verwaltungsabkommen zwischen dem Bund und einigen Ländern über die Zahlung von Ausgleichsbeträgen bei dem Betrieb von Spielbanken vom 30. November 1954 (veröffentlicht bei Vogels-Mittelstaedt-Müller, Das Landesrecht in Nordrhein-Westfalen, D II 16) haben sich die „Spielbankländer” (Länder, in denen eine Spielbank betrieben wird) zu Ausgleichszahlungen für den Steuerausfall an den Bund und an die Länder, in denen sich keine Spielbank befindet, dagegen Unternehmer einer Spielbank Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, verpflichtet. Das Verwaltungsabkommen von 1954 wird ab 1. April 1959 mit der Maßgabe angewandt, daß der Bund als Ausgleichszahlung 5 v.H. der Bruttospielerträge erhält. Im Bundeshaushalt 1969 ist hierfür im Einzelplan 60 (Allgemeine Finanzverwaltung) bei Kapitel 02 Titel 252 02 eine Einnahme von 6 Millionen DM veranschlagt, woraus sich für 1969 als Bruttospielergebnis aller Spielbanken in der Bundesrepublik Deutschland ein Betrag von 120 Millionen DM errechnen läßt, von denen rund 96 Millionen DM als Spielbankabgabe abzuführen sind, während rund 24 Millionen DM den Unternehmern verbleiben. Ein erheblicher Teil der Spielbankabgabe wird von den Ländern den Spielbankgemeinden überlassen (siehe Hans G. Schmitz, Die Spielbankabgabe in der Bundesrepublik Deutschland, Finanzarchiv n.F. Bd. 24 [1965] S. 472).
b) Nach § 7 Abs. 1 Spielbanken-VO 1938 ist es den einzelnen bei einer Spielbank beruflich beschäftigten Personen verboten, Geschenke oder ähnliche Zuwendungen, die ihnen mit Rücksicht auf ihre berufliche Tätigkeit gemacht werden, insbesondere sogenannte Trinkgelder, anzunehmen. Dieses Verbot wurde durch § 7 Abs. 2 Spielbanken-VO 1938 modifiziert, der lautete:
Von diesem Verbot werden solche Zuwendungen nicht betroffen, die von Besuchern der Spielbank den bei der Spielbank beruflich beschäftigten Personen für die Gesamtheit oder bestimmte Teile der Gefolgschaft oder für die Spielbank oder ohne ersichtliche Zweckbestimmung gegeben und von diesen Personen den für solche Spenden besonders aufgestellten Behältern unverzüglich zugeführt werden. Solche Zuwendungen sind ebenso wie die von Besuchern der Spielbank den Behältern unmittelbar zugeführten Zuwendungen ohne Rücksicht auf einen etwaigen anderweitigen Willen des Spenders an den Spielbankunternehmer abzuliefern und von diesem ausschließlich zugunsten der Gefolgschaft (für Arbeitsentgelt, Besoldung, Wohlfahrtszwecke) zu verwenden; das Nähere bestimmt die höhere Verwaltungsbehörde in einer Satzung.
Die Summe dieser Zuwendungen wird gemeinhin als „Tronc” bezeichnet.
Durch § 1 der ebenfalls auf Grund von § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 vom Reichsminister des Innern erlassenen Verordnung über öffentliche Spielbanken vom 31. Januar 1944 (RGBl. S. 60) – nachfolgend: Spielbanken-VO 1944 – wurde § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938 wie folgt gefaßt:
Derartige Spenden sind ebenso wie die von Besuchern der Spielbank den Behältern unmittelbar zugeführten Zuwendungen ohne Rücksicht auf einen etwaigen anderen Willen des Spenders an den Spielbankunternehmer abzuliefern und von diesem zugunsten der Gefolgschaft (für Besoldung, sonstiges Arbeitsentgelt, Wohlfahrtszwecke) sowie für gemeinnützige Zwecke zu verwenden; das Nähere bestimmt der Reichsminister des Innern in einer Satzung, die allen übrigen Vorschriften und Verträgen über die Spenden und deren Verwendung vorgeht.
Das Spendenaufkommen ist erheblich. Es beträgt erfahrungsgemäß zwischen 45 und 55 v.H. des Bruttospielertrages. Geht man für 1969 von einem Bruttospielertrag – für alle Spielbanken zusammen – von 120 Millionen DM aus, so läge das Troncaufkommen zwischen 54 und 66 Millionen DM. Die Verwendung des Tronc – oder doch seines größten Teils – für die Besoldung der Beschäftigten ist bei Spielbanken seit jeher üblich.
c) § 10 der Spielbanken-VO 1938 sieht vor, daß – soweit nicht nach anderen Vorschriften eine schwerere Strafe verwirkt ist – mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft wird, wer vorsätzlich oder fahrlässig den §§ 1 bis 4 oder dem § 7 Abs. 1 der Verordnung zuwiderhandelt.
3. Gestützt auf § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Erlaß von Rechtsvorschriften vom 11. März 1948 (Hessisches GVBl. S. 47) erließ die Hessische Landesregierung mit Wirkung vom 1. Juli 1964 die Verordnung über die Verwendung des Tronc der öffentlichen Spielbanken in Bad Homburg v. d. H. und Wiesbaden vom 6. März 1964 (GVBl. S. 22) – im folgenden: hess. Tronc-VO 1964 –. § 1 dieser Verordnung hat folgenden Wortlaut:
Zuwendungen im Sinne dieser Verordnung sind alle Spenden, die von Besuchern der Spielbanken für die bei den Spielbanken beruflich beschäftigten Personen, für die Spielbanken oder ohne ersichtliche Zweckbestimmung gegeben werden und den für solche Zuwendungen aufgestellten Behältern zuzuführen sind.
§ 2 Abs. 1 und 2 bestimmt:
(1) 4 v.H. der Zuwendungen sind für gemeinnützige Zwecke zu verwenden.
(2) Übersteigen die Zuwendungen innerhalb eines Kalenderjahres 50 v.H. des im gleichen Zeitraum in der Spielbank erzielten Bruttospielgewinns, so sind 5 v.H. der Zuwendungen nach Abs. 1 zu verwenden. Übersteigen die Zuwendungen 60 v.H. des Bruttospielgewinns, so erhöht sich der Hundertsatz, der nach Abs. 1 zu verwenden ist, für den übersteigenden Teil auf 6 v.H.
Nach § 2 Abs. 3 der Verordnung sind die nach Abs. 1 und 2 für gemeinnützige Zwecke zu verwendenden Beträge je zur Hälfte an das Land Hessen und an die Spielbankgemeinde abzuführen, die jeweils das Nähere über die Verwendung der ihnen zustehenden Beträge bestimmen.
§ 1 des hessischen Gesetzes über den Erlaß von Rechtsvorschriften vom 11. März 1948 lautet:
(1) Soweit noch geltende Vorschriften des Reichs- oder Landesrechts aus der Zeit vor dem 12. Dezember 1945 (Tag des Inkrafttretens des Staatsgrundgesetzes vom 22. November 1945, GVBl. S. 23) eine Ermächtigung enthalten, Rechtsvorschriften zu ihrer Ausführung und Durchführung zu erlassen, wird diese Befugnis von der Landesregierung ausgeübt. Die Landesregierung kann diese Befugnis für bestimmte Sachgebiete oder im Einzelfall auf einen Minister übertragen.
(2) Soweit Vorschriften nach Absatz 1 eine Ermächtigung zu ihrer Änderung, Ergänzung, Verlängerung oder Aufhebung enthalten, ist diese Befugnis erloschen.
II.
1. Das Land Hessen hat der Stadt Bad Homburg v.d.H. die Erlaubnis zum Betrieb einer Spielbank erteilt und sie berechtigt, den Spielbetrieb durch dritte Personen ausüben zu lassen. Die Stadt hat der Spielbank Bad Homburg v.d.H. Hermann Heidtmann KG den Spielbankbetrieb gestattet.
Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist Croupier bei dieser Spielbank. Seine Vergütung bemißt sich – wie beim spieltechnischen Personal üblich – nach einer Punktbeteiligung am Tronc. Er hat beim Arbeitsgericht Frankfurt/Main Klage gegen die Spielbank erhoben und u. a. beantragt:
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 403,56 DM nebst 4 v.H. Zinsen hieraus seit 1. Oktober 1964 zu zahlen;
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Zahlungen für die Punktebeteiligung des Klägers aus dem Tronc vorzunehmen, ohne daß vorher vom Tronc 4 oder 5 v.H. einbehalten und an das Land Hessen abgeführt werden.
Der Betrag von 403,56 DM ist die Differenz zwischen den Bezügen, die der Kläger für die Monate Juli, August und September 1964 erhalten hat und denen, die er erhalten hätte, wenn die Spielbank nicht gemäß § 2 hess. Tronc-VO 1964 Teile des Tronc an das Land und die Spielbankgemeinde abgeführt hätte. Der Kläger hat dem Land Hessen und der Stadt Bad Homburg v.d.H. den Streit verkündet.
2. Durch den Beschluß vom 15. März 1965 hat das Arbeitsgericht Frankfurt/Main den Rechtsstreit gemäß Art. 126 GG, § 86 Abs. 2 BVerfGG ausgesetzt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber eingeholt, ob § 7 der Verordnung vom 27. Juli 1938 in der Fassung der Verordnung vom 31. Januar 1944 als Bundesrecht oder als sonstiges Recht fortgilt.
Das Gericht ist der Auffassung, § 7 Spielbanken-VO 1938 in der Fassung von 1944 gelte gemäß Art. 125 Nr. 1 GG als Bundesrecht fort. Die Norm habe arbeitsrechtlichen Charakter und betreffe damit Recht, das zur konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes gehöre (Art. 74 Nr. 12 GG); sie regle die Art und Weise der Behandlung und Verwendung des Tronc zugunsten der Bediensteten der Spielbank. Da die Norm alles Erforderliche für die Behandlung und Verwendung des Tronc bestimme und es zu ihrer Anwendung keiner weiteren Bezugnahme auf andere Bestimmungen der Verordnung bedürfe, enthalte sie eine in sich abgeschlossene Regelung und sei also „Recht” im Sinn des Art. 125 GG. Der Umstand, daß die Strafandrohung für Zuwiderhandlungen gegen das Verbot der Annahme von Geldern durch die Bediensteten in einer anderen Vorschrift der Verordnung enthalten sei, könne an dieser Beurteilung nichts ändern. Die Strafandrohung betreffe die Komplexe der Sicherheit und Ordnung des Spielbetriebes, der primär von der Troncregelung nicht erfaßt werde. Wenn auch bei Erlaß des § 7 Spielbanken-VO 1938 und der Änderung dieser Vorschrift im Jahr 1944 Gesichtspunkte der allgemeinen Ordnung und Sicherheit des Spielbetriebes eine Rolle gespielt hätten, so komme solchen Erwägungen doch nur zweitrangige Bedeutung zu gegenüber der grundsätzlichen Regelung der Art und Weise der Verwendung des Tronc als Entgelt der Bediensteten.
Die Frage, ob die vorgelegte Bestimmung als Bundesrecht fortgelte, sei streitig. Die Ansicht des vorlegenden Gerichts widerspreche der durch den Erlaß der Verordnung von 1964 offenkundig gewordenen Auffassung der Hessischen Landesregierung. Die Frage sei für das Ausgangsverfahren auch erheblich; ohne Antwort könne das Arbeitsgericht nicht über die Klage entscheiden.
III.
1. a) Der Hessische Ministerpräsident hat sich wie folgt geäußert:
Die Zulässigkeit der Vorlage sei zweifelhaft, da sie Vorschriften einer Rechtsverordnung betreffe. § 86 Abs. 2 BVerfGG begründe eine Vorlagepflicht der Gerichte nur bei Gesetzen im formellen Sinn. Das Wort „Gesetz” in § 86 Abs. 2 BVerfGG enthalte gegenüber dem „Recht” im Sinn von Art. 126 GG eine vom Gesetzgeber gewollte und zulässige Einschränkung. Art. 126 GG sei bereits durch § 86 Abs. 1 BVerfGG voll ausgeführt. Die in § 86 Abs. 2 BVerfGG vorgesehene weiterreichende Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts beruhe auf der Ermächtigung des Art. 93 Abs. 2 GG. Wie in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG werde in § 86 Abs. 1 BVerfGG nur bestimmten obersten Verfassungsorganen des Bundes und der Länder ein Antragsrecht eingeräumt. Diese Beschränkung der Antragsteller entspreche der Bedeutung des Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle und der des vergleichbaren Verfahrens nach Art. 126 GG. Verfassungsorgane könnten die Prüfung jeder Rechtsnorm verlangen. Wenn demgegenüber § 86 Abs. 2 BVerfGG die Vorlagepflicht der Gerichte auf „Gesetze” beschränke, folge er dem Vorbild des Art. 100 Abs. 1 GG.
Der Vorlagebeschluß genüge ferner nicht den Anforderungen der §§ 86 Abs. 2, 80 Abs. 2 BVerfGG. Das Gericht habe nicht dargelegt, inwiefern seine Entscheidung von der Vorlagefrage abhänge.
Die Frage, ob § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 als Bundes- oder Landesrecht fortgelte, sei zwar streitig, jedoch für das Ausgangsverfahren nicht erheblich. Selbst wenn die Verordnung als Bundesrecht gelten sollte, sei die Ermächtigung des § 7 Abs. 2 nach Art. 129 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 1 des hessischen Gesetzes über den Erlaß von Rechtsvorschriften vom 11. März 1948 auf die Hessische Landesregierung übergegangen.
Unabhängig davon sei die Rechtsetzungsbefugnis des Landes Hessen auch deshalb gegeben, weil § 7 der Verordnung zur Materie des Spielbankenrechts gehöre, für die den Ländern die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zustehe. Die Vorschrift könne nicht aus der Materie des Spielbankenrechts herausgenommen und einem anderen Rechtskreis – etwa dem Strafrecht, dem Gewerbe- oder dem Arbeitsrecht – zugeordnet werden. Das Recht der Zulassung von Glücksspielen im Sinn des Spielbankenrechts sei kein Annex des Strafrechts. Es gehöre auch nicht zum Gewerberecht. § 7 Abs. 2 könne ferner nicht dem Bereich des Arbeitsrechts (Art. 74 Nr. 12 GG) zugeordnet werden, denn er ermächtige nicht zur Regelung von Arbeitsbedingungen und zur Festsetzung von Löhnen und Gehältern. Die Erzielung von Einnahmen für den Staat falle unter die Zuständigkeitsregelung der Art. 105 und 106 GG. Dort sei die Spielbankabgabe als Einnahmequelle sui generis gesondert aufgeführt (Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG), ohne daß durch Art. 105 GG eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes begründet werde.
b) Der Bayerische Ministerpräsident hält die Vorlage für unzulässig. Aus dem im Vorlagebeschluß geschilderten Sachverhalt sei nicht ersichtlich, inwiefern es für die Entscheidung des Rechtsstreits darauf ankomme, ob § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 als Bundes- oder als Landesrecht fortgelte. In beiden Fällen sei die Hessische Landesregierung zum Erlaß der Verordnung von 1964 ermächtigt gewesen.
Das Spielbankenrecht – und damit auch § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 – gehöre zum Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung; das ergebe sich nicht nur aus der Strafandrohung in § 10 der Verordnung, sondern auch aus § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933, wonach zum Erlaß von Durchführungs- und Ergänzungsverordnungen der Reichsminister des Innern ermächtigt worden sei. Zwar habe § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/ 1944 auch arbeitsrechtlich bedeutsame Auswirkungen. Daraus folge jedoch nicht, daß die Vorschrift eine selbständige, in sich abgeschlossene arbeitsrechtliche Regelung im Sinn von Art. 125 GG darstelle. Bei den Rechtsvorschriften über die Spielbanken handle es sich um eine einheitliche Materie, die sich nicht in verschiedene Sachkomplexe aufteilen lasse.
2. Der für Entscheidungen über Streitigkeiten aus dem Gewerberecht und dem Polizeirecht zuständige II. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat wie folgt Stellung genommen:
§ 7 Spielbanken-VO 1938/1944 gelte als Bundesrecht fort. Schon in der amtlichen Begründung zum Spielbankengesetz 1933 sei auf die wirtschaftliche Seite der Zulassung von Spielbanken hingewiesen worden. Das Spielbankengesetz von 1933 nebst den zu seiner Durchführung und Ergänzung ergangenen Rechtsverordnungen regle eine Materie des Gewerberechts. Spielbanken seien auf Gewinnerzielung gerichtete Unternehmen. Das Gesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen regelten die Voraussetzungen, unter denen Spielbanken ihre Tätigkeit aufnehmen durften, sowie die Durchführung des Spielbetriebes. Für den Erlaß dieser Normen seien zwar auch Gesichtspunkte der Gefahrenabwehr maßgebend gewesen; sie enthielten jedoch vorwiegend gewerberechtliche Regelungen. Dies gelte auch für § 7 Spielbanken-VO 1938/1944. Wie die verschiedenen als Teilgebiete des Rechts der Wirtschaft in Art. 74 Nr. 11 GG genannten Materien erkennen ließen, sei der Begriff „Recht der Wirtschaft” weit zu fassen. Deshalb müsse auch „Gewerbe” umfassend verstanden werden.
3. a) Der Kläger des Ausgangsverfahrens ist der Ansicht, Gerichtsvorlagen nach § 86 Abs. 2 BVerfGG seien nur dann zulässig, wenn Streit über die Fortgeltung eines Gesetzes im formellen Sinn als Bundesrecht entstanden sei. § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 erfülle diese Voraussetzungen nicht.
Halte man die Vorlage für zulässig, so komme es für die Entscheidung im Ausgangsverfahren auf die vorgelegte Frage an. Die Auffassung der Hessischen und der Bayerischen Landesregierung, derzufolge die in § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 vorgesehene Ermächtigung auch dann auf die Hessische Landesregierung übergegangen sei, wenn die Norm als Bundesrecht fortgelte, könne nicht geteilt werden. § 1 des hessischen Gesetzes über den Erlaß von Rechtsvorschriften von 1948 sei durch Art. 129 GG modifiziert worden.
Im übrigen sei zweifelhaft, ob § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 geltendes Recht sei. Durch § 1 Abs. 2 Spielbankengesetz 1933 sei die Verpflichtung der Spielbanken, Beträge für gemeinnützige Zwecke abzuführen, auf solche Mittel beschränkt worden, die sich als Überschüsse aus dem Spielbetrieb ergäben. Diese Regelung sei abschließend. Wenn das Spielbankengesetz weitere Abschöpfungen – insbesondere vom Tronc – nicht vorsehe, so schließe es sie aus. Zu einer Änderung des Spielbankengesetzes sei der Reichsminister des Innern nicht befugt gewesen. § 7 Abs. 2 Satz 2 sei auch deshalb ungültig, weil die Vorschrift dem Grundgesetz widerspreche. Verletzt sei vor allem Art. 14 Abs. 3 GG. Als Folge der gesetzlich vorgeschriebenen Verkürzung des Troncaufkommens um die für gemeinnützige Zwecke abzuführenden Beträge werde die Höhe des Einkommens der Spielbankbediensteten beeinträchtigt, ohne daß dies im Interesse des Gemeinwohls geboten sei. Der Wille der Spender, zugunsten eines bestimmten Personenkreises zu verfügen, dürfe nicht als unverbindlich behandelt werden. Mit der Zahlung einer Spende an den Tronc erwerbe jeder Bedienstete der Spielbank gegen diese einen Anspruch in der dem Verteilungsschlüssel entsprechenden Höhe. Die Nichtigkeit von § 7 Abs. 2 Satz 2 ergebe sich ferner aus dem Fehlen einer Entschädigungsregelung. Die Vorschrift sei schließlich nicht vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern eine besondere und durch nichts zu rechtfertigende Sondersteuer auferlegt werde.
Halte man jedoch § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 für gültig, so gelte die Vorschrift als Bundesrecht fort, da die Norm eine in sich abgeschlossene arbeitsrechtliche Regelung im Sinn des Art. 74 Nr. 12 GG enthalte.
b) Die Beklagte des Ausgangsverfahrens hat dargelegt:
Die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegte Frage sei nicht entscheidungserheblich für das Ausgangsverfahren. Die Klage müsse in jedem Fall abgewiesen werden, da die Spielbank die hessische Verordnung von 1964 so lange zu beachten habe, als sie formell in Kraft sei, und weil die Hessische Landesregierung nach Art. 129 Abs. 1 GG zum Erlaß von Rechtsverordnungen selbst dann zuständig gewesen sei, wenn § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 als Bundesrecht fortgelte.
Als Grundlage für den Erlaß der hessischen Verordnung von 1964 komme zwar nach ihrer Präambel in erster Linie § 7 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung in Frage; damit sei aber mittelbar auch auf die Bestimmungen von § 1 Abs. 2 und § 3 Spielbankengesetz 1933 Bezug genommen, so daß letztlich ein Streit über ein Gesetz im formellen Sinn, nämlich über das Spielbankengesetz 1933, vorliege.
§ 1 Abs. 2 Spielbankengesetz 1933 gebe dem Staat die Befugnis, Abgaben von allen Spielergebnissen zu fordern. Zu ihnen müßten alle wirtschaftlichen Erträgnisse der Spielbank gerechnet werden; dazu gehöre auch das Spendenaufkommen. Die Gültigkeit von § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 könne nicht in Zweifel gezogen werden. § 3 Spielbankengesetz 1933 habe – was nach dem bis zum Jahre 1945 geltenden Staatsrecht möglich gewesen sei – nicht nur zur Durchführung, sondern auch zur Ergänzung des Gesetzes ermächtigt. § 7 Abs. 2 Satz 2 widerspreche auch nicht dem Grundgesetz. Insbesondere würden weder Art. 14 Abs. 3 noch Art. 3 GG verletzt.
Das Spielbankenrecht stelle eine begrifflich selbständige, in sich abgeschlossene Regelung dar, an deren einheitlichem Charakter nicht dadurch etwas geändert werde, daß andere Rechtsgebiete – so das Strafrecht, das Arbeitsrecht und das Wirtschaftsrecht – berührt würden. Insbesondere sei eine Spielbank kein Gewerbebetrieb im Sinn der Gewerbeordnung. Das Spielbankenrecht werde an keiner Stelle des Grundgesetzes besonders aufgeführt. Es sei daher nach Art. 30 und 70 GG dem Landesrecht zuzurechnen. Sachlich gehöre das Spielbankenrecht schon nach seiner historischen Entwicklung zum Recht der Ordnungs- und Sicherheitspolizei. Das Herausgreifen kleiner Teilgebiete aus einem Sachgebiet und die Zuweisung dieser Teilgebiete zum Bundesrecht entspreche nicht dem Sinn des Art. 125 GG.Gliedere man die Bestimmung von § 7 Abs. 2 Satz 2 dennoch aus dem Spielbankenrecht aus, so könnte diese Bestimmung hinsichtlich der Abschöpfung für gemeinnützige Zwecke allenfalls dem Steuerrecht zugeordnet werden. Das Spendenaufkommen würde zu den Spielergebnissen im Sinn von § 1 Abs. 2 Spielbankengesetz 1933 gehören. Die Troncabgabe wäre eine die Spielbankabgabe im engeren Sinn ergänzende Abgabe. Beide Abgaben wären Steuern, die nach Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG den Ländern zustünden, für die dem Bund jedoch nach Art. 105 GG die Gesetzgebungskompetenz fehle. Sehe man – was nicht gerechtfertigt sei – Teile von § 7 als selbständige Rechtsmaterie an, die dem Arbeits- oder dem Gewerberecht zuzurechnen seien, so sei § 7 nach Art. 125 GG dennoch nur dann Bundesrecht geworden, wenn und soweit die Bedingungen des Art. 72 Abs. 2 GG für eine Gesetzgebung des Bundes erfüllt seien und wenn ein neuer gesetzgebender Akt des Bundes die Rechtsmaterie für den Bund in Anspruch genommen hätten; daran fehle es.
c) Die Stadt Bad Homburg v.d.H. hat vorgetragen:
Die Vorlage sei unzulässig. § 86 Abs. 2 BVerfGG sehe Gerichtsvorlagen nur bei Gesetzen im formellen Sinn, nicht bei Rechtsverordnungen vor. Art. 126 GG überlasse die Regelung der Initiativbefugnis dem einfachen Gesetzgeber, dem damit die Möglichkeit eingeräumt worden sei, die Voraussetzungen für eine Vorlage durch die Gerichte im Sinn des § 86 Abs. 2 BVerfGG zu bestimmen. Der Gesetzgeber hätte sich mit der Regelung des § 86 Abs. 1 BVerfGG begnügen und von einer Vorlagepflicht der Gerichte überhaupt Abstand nehmen können. Es sei deshalb unbedenklich, wenn ihre Vorlagebefugnis auf Gesetze im formellen Sinn beschränkt worden sei. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts sei die Hessische Landesregierung zum Erlaß der Verordnung von 1964 auch dann befugt gewesen, wenn die Ermächtigungsnorm als Bundesrecht fortgelte. Der Wortlaut des Art. 129 Abs. 1 GG zwinge dazu, anzunehmen, daß nunmehr sachlich zuständig diejenige Stelle sei, der die Verwaltungskompetenz für die betreffende Materie zustehe. Diese Kompetenz liege für das Spielbankenwesen gemäß Art. 83 GG bei den Ländern.
Die nach damaligem Staatsrecht wirksam zustandegekommene Verordnung von 1938/1944 betreffe im wesentlichen eine Materie des allgemeinen Polizeirechts, nicht des Arbeits- oder Gewerberechts. Das ergebe sich bereits aus § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933, der den Reichsminister des Innern und nicht den Wirtschafts- oder den Arbeitsminister zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtige. Die in der Verordnung geregelte Verteilung des Troncaufkommens habe zwar für die Spielbankbediensteten auch arbeitsrechtliche Auswirkungen. Dabei handle es sich jedoch nur um einen Reflex. Der eigentliche Zweck der Verordnung liege darin, einen nach den Grundsätzen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgerichteten Spielbetrieb zu gewährleisten. Das Spielbankenrecht gehöre insgesamt zum Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Es dürfe nicht außer acht gelassen werden, daß Art. 125 GG nur für selbständige und in sich abgeschlossene Regelungen eines Sachgebietes gelte. Einzelne Vorschriften innerhalb eines größeren Normengebiets nähmen grundsätzlich an der rechtlichen Qualifizierung des Ganzen auch dann teil, wenn sie für sich betrachtet Materien aus dem Kompetenzbereich eines anderen Gesetzgebers beträfen. Deshalb könne dahingestellt bleiben, ob § 7 der Verordnung dem jetzigen Bereich der Bundesgesetzgebung nach Art. 105 GG zugehören würde. Die Verordnung von 1938/1944 lasse sich nicht in mehrere selbständige Materien zerlegen.
B.-I.
Die Vorlage ist zulässig.
1. Sie betrifft zwar Vorschriften einer Rechtsverordnung. Der Ausdruck „Gesetz” in § 86 Abs. 2 BVerfGG umfaßt jedoch nicht nur Gesetze im formellen Sinn, sondern auch Normen, die in Rechtsverordnungen enthalten sind. Auch hinsichtlich solcher Vorschriften kann deshalb im Normenqualifizierungsverfahren eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt werden.
a) Unter dem nationalsozialistischen Regime, das die Teilung der Gewalten beseitigte, ist die spezifisch rechtsstaatliche Rangabstufung zwischen Gesetz und Verordnung zwar weitgehend eingeebnet worden (vgl. BVerfGE 3, 407 [417]). Zumindest die auf Grund gesetzlicher Ermächtigung erlassenen gesetzesabhängigen Verordnungen standen jedoch dem Gesetz im Rang nach. Auch unter dem nationalsozialistischen Regime ist die Unterscheidung zwischen Gesetz und Verordnung nicht völlig aufgegeben worden. Die Verordnungen von 1938 und 1944 sind auf Grund der Ermächtigung von § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 vom Reichsminister des Innern erlassen worden. Ihre Bestimmungen standen nach damaligem Staatsrecht im Rang unter den Gesetzen. Es geht deshalb nicht an, die Verordnungen heute als Gesetze im formellen Sinn anzusehen.
b) Nach § 86 Abs. 2 BVerfGG haben die Gerichte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn in einem gerichtlichen Verfahren streitig und erheblich ist, ob ein „Gesetz” als Bundesrecht fortgilt. Im Sprachgebrauch des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes umfaßt der Ausdruck „Gesetz” jedenfalls in der Regel auch Rechtsverordnungen (vgl. z. B. § 78 Satz 2, § 89, § 91 Satz 1, § 95 Abs. 3). Es liegt also nahe anzunehmen, daß „Gesetz” auch in § 86 Abs. 2 BVerfGG Rechtsverordnungen mitumfaßt. Diese Auslegung ist jedoch nicht zwingend. Ihr könnte entgegengehalten werden, daß das Bundesverfassungsgericht nach Art. 126 GG über das Fortgelten von „Recht” als Bundesrecht entscheidet. Der Ausdruck „Recht” in Art. 126 GG bezeichnet jedoch Rechtsnormen jeglicher Art (vgl. BVerfGE 8, 143 [155]). Das ergibt sich zwingend aus dem systematischen Zusammenhang von Art. 126 GG mit den Bestimmungen der Art. 123, 124, und 125 GG, in denen „Recht” ohne Zweifel alle Rechtsnormen umfaßt. Meinungsverschiedenheiten im Sinn des Art. 126 GG können nur darüber entstehen, ob die Voraussetzungen der Art. 124 und 125 GG für das Fortgelten von Recht als Bundesrecht vorliegen. Die Verschiedenheit des Ausdrucks „Recht” in Art. 126 GG, „Gesetz” in § 86 Abs. 2 BVerfGG) bedeute – so könnte gefolgert werden –, daß Gerichtsvorlagen im Normenqualifizierungsverfahren nur bei Gesetzen im formellen Sinn zulässig sein sollen. § 86 Abs. 2 BVerfGG enthielte dann eine dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 Abs. 2 GG durch Bundesgesetz zugewiesene zusätzliche Kompetenz; Gerichtsvorlagen wären danach – ohne Widerspruch zu Art. 126 GG – nur bei Gesetzen im formellen Sinn zulässig.
c) Auch die Bestimmungen des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes über Gerichtsvorlagen im Normenqualifizierungsverfahren sind jedoch zur Ausführung von Art. 126 GG ergangen (offengelassen in BVerfGE 4, 358 [368]; vgl. auch BVerfGE 3, 357 [359]). Der Ausdruck „Gesetz” in § 86 Abs. 2 BVerfGG ist deshalb verfassungskonform dahin auszulegen, daß er Rechtsverordnungen umfaßt.
Das folgt zwingend aus der Systematik des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. In der Begründung zum Regierungsentwurf dieses Gesetzes (BTDrucks. I/1949 Nr. 788) wird dargelegt, daß Art. 126 GG die Antragsberechtigung für das Normenqualifizierungsverfahren nicht regle. Deshalb bestimme § 86 (damals § 80), wer antragsberechtigt sei. Der Regierungsentwurf sah auch die Antragsberechtigung der Gerichte vor und ging als selbstverständlich davon aus, daß § 86 auch insofern der Ausführung von Art. 126 GG dient. Das Gesetz zählt in § 13 auf, in welchen Fällen das Bundesverfassungsgericht entscheidet, und nennt dort unter Nr. 14 die „Meinungsverschiedenheiten über das Fortgelten von Recht als Bundesrecht (Art. 126 des Grundgesetzes)” und unter Nr. 15 die dem Bundesverfassungsgericht „sonst durch Bundesgesetz zugewiesenen Fälle (Art. 93 Abs. 2 des Grundgesetzes)”. Der Vierzehnte Abschnitt des Gesetzes hat die Überschrift „Verfahren in den Fällen des § 13 Nr. 14”, zählt also auch die Gerichtsvorlagen nach § 86 Abs. 2 zu den Entscheidungen nach Art. 126 GG und gibt dadurch eindeutig zu erkennen, daß auch § 86 Abs. 2 zur Ausführung von Art. 126 GG erlassen ist.
Für das Verständnis des § 86 Abs. 2 als einer Ausführungsvorschrift zu Art. 126 GG spricht weiterhin, daß die Qualifizierung von fortgeltendem Recht als Bundesrecht aufs engste mit der Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen auf Bund und Länder zusammenhängt. Zu jeder Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nach Art. 126 GG bedarf es einer Auslegung der Art. 70 ff. GG. Eine solche Entscheidung schafft Klarheit, wo Unklarheit über die kompetente Stelle zum Erlaß von Gesetzen (Bund oder Land) unzuträglich ist.
Das gilt entsprechend für die Rechtsetzung durch die Exekutive auf Grund vorkonstitutioneller Ermächtigungen.
Es entspricht dem Sinn von Art. 126 GG, Meinungsverschiedenheiten über die Qualität fortgeltenden Rechts möglichst umfassend der gebotenen Klärung durch das Bundesverfassungsgericht zuzuführen. Auch diese Erwägungen zwingen dazu, § 86 Abs. 2 BVerfGG als Ausführungsvorschrift zu Art. 126 GG anzusehen.
d) Unter Hinweis auf Ähnlichkeiten zwischen dem Normenqualifizierungsverfahren und dem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle ist die Ansicht vertreten worden, § 86 Abs. 2 BVerfGG könne nicht als Ausführungsvorschrift zu Art. 126 GG angesehen, müsse vielmehr als Begründung einer zusätzlichen Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts durch Bundesgesetz gemäß Art. 93 Abs. 2 GG verstanden werden, weil sich die Meinungsverschiedenheiten des Art. 126 GG beschränkten auf solche zwischen obersten Verfassungsorganen des Bundes und der Länder (so Maunz-Dürig-Herzog, Grundgesetz, Rdnr. 21 zu Art. 126).
Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Ziele des Normenkontrollverfahrens und des Verfahrens der Normenqualifizierung sind verschieden. Es handelt sich um unabhängig nebeneinander stehende Verfahren, die zwar gewisse Parallelen aufweisen, die aber nicht in jeder Hinsicht übereinstimmend ausgestaltet sind und ausgestaltet sein müssen. Entscheidend ist, daß für das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle schon das Grundgesetz in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 die Antragsberechtigung geregelt und begrenzt hat. Eine entsprechende Regelung fehlt in Art. 126 GG. Diese Bestimmung überläßt die Regelung der Antragsberechtigung dem Gesetz gemäß Art. 94 Abs. 2 GG. Die „Parallelisierung” der beiden Verfahren wird zu weit getrieben, wenn man schon in den Begriff Meinungsverschiedenheiten in Art. 126 GG die in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG vorgesehene Beschränkung der Meinungsverschiedenheiten auf solche zwischen Verfassungsorganen oder Organteilen hineininterpretiert und damit die Regelung der Antragsberechtigung in Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG grundsätzlich auch für Art. 126 GG verbindlich macht (vgl. Geiger, BVerfGG, Anm. 1 zu § 86).
e) Auch § 86 Abs. 2 BVerfGG ist also zur Ausführung des Art. 126 GG ergangen. Nach Art. 94 Abs. 2 GG kann das Ausführungsgesetz das Verfahren des Bundesverfassungsgerichts regeln. Da Art. 126 GG – anders als Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG – eine Regelung der Antragsberechtigung nicht enthält, stand es dem Gesetzgeber frei, diese Regelung im Bundesverfassungsgerichtsgesetz zu treffen. Er hat es in § 86 getan: antragsberechtigt sind Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung und die Landesregierungen sowie die Gerichte. Diese Bestimmung hält sich im Rahmen der dem Gesetzgeber durch Art. 94 Abs. 2 GG eingeräumten Freiheit zur Ausgestaltung des Verfahrens des Bundesverfassungsgerichts. Gleiches gilt für die in § 87 und § 86 Abs. 2 enthaltene nähere Regelung der Zulässigkeit der Anträge. Dem Bundesgesetzgeber ist es jedoch verwehrt, durch Gesetz nach Art. 94 Abs. 2 GG den Gegenstand des Normenqualifizierungsverfahrens zu regeln, denn der Gegenstand dieses Verfahrens ist bereits durch Art. 126 GG festgelegt: „Fortgelten von Recht als Bundesrecht”. Da „Recht” in Art. 126 GG auch Rechtsverordnungen umfaßt, steht § 86 Abs. 2 BVerfGG nur dann in Einklang mit Art. 126 GG, wenn unter „Gesetz” in § 86 Abs. 2 auch Rechtsverordnungen verstanden werden. „Gesetz” in § 86 Abs. 2 muß deshalb verfassungskonform dahin interpretiert werden, daß auch Rechtsverordnungen zu den „Gesetzen” gehören.
f) Zwingt das Verhältnis von § 86 Abs. 2 BVerfGG zu Art. 126 GG anzunehmen, daß auch Rechtsverordnungen Gegenstand einer Vorlage nach § 86 Abs. 2 sein können, so kann der Hinweis auf die Ähnlichkeit der Vorlagen nach Art. 126 GG, § 86 Abs. 2 BVerfGG einerseits und Art. 100 Abs. 1 GG, §§ 80 ff. BVerfGG andererseits nicht mehr zum Zuge kommen.
2. Die Frage, ob § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 als Bundesrecht fortgilt, ist streitig und für die Entscheidung im Ausgangsverfahren erheblich.
a) Die Frage, ob eine Norm als Bundesrecht fortgilt, ist unter anderem dann streitig, wenn die Ansicht des vorlegenden Gerichts der eines Landesverfassungsorgans widerspricht (BVerfGE 13, 367 [371]; 23, 288 [319]). Das ist hier der Fall. Das vorlegende Gericht hält § 7 für Bundesrecht. Die Hessische Landesregierung hingegen hält die Vorschrift für Landesrecht, wie sich aus dem Erlaß der auf § 7 Abs. 2 gestützten hessischen Verordnung von 1964 ergibt.
b) Die Frage, ob § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 als Bundesrecht fortgilt, ist für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts auch erheblich.
Nach §§ 86 Abs. 2, 80 Abs. 2 BVerfGG muß die Begründung des Vorlagebeschlusses angeben, inwiefern die Entscheidung des Gerichts davon abhängt, ob die Norm als Bundesrecht fortgilt. Aus dem Zusammenhang des Vorlagebeschlusses (vgl. BVerfGE 18, 305 [308] mit Nachweisen) kann entnommen werden, daß das Gericht die vorgelegte Frage auf Grund folgender Erwägungen für entscheidungserheblich hält: sei § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 Bundesrecht geworden, so sei die Hessische Landesregierung nicht befugt gewesen, die Verordnung von 1964 zu erlassen. Diese Verordnung sei dann nichtig. Der Klage müsse stattgegeben werden, weil ein Abzug vom Troncaufkommen mangels Rechtsgrundlage nicht zulässig gewesen sei. Sei § 7 hingegen Landesrecht geworden, so seien die Vorschriften der hessischen Verordnung von 1964 gültig; der Abzug vom Troncaufkommen sei zu Recht vorgenommen worden. Dann müsse die Klage abgewiesen werden.
Auch im Normenqualifizierungsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht bei der Zulässigkeitsprüfung von der Auffassung des vorlegenden Gerichts zur Frage der Entscheidungserheblichkeit auszugehen, sofern diese Auffassung nicht offensichtlich unhaltbar ist (BVerfGE 7, 18 [24 f.]; 23, 113 [122]). Die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts zur Entscheidungserheblichkeit ist nicht offensichtlich unhaltbar.
Seiner Ansicht kann nicht entgegengehalten werden, auch bei Nichtigkeit der hessischen Verordnung von 1964 und also in jedem Fall müsse die Klage abgewiesen werden, weil schon § 7 Abs. 2 Spielbanken-VO 1938/1944 bestimme, daß der Tronc nicht nur zugunsten der „Gefolgschaft”, sondern auch für gemeinnützige Zwecke zu verwenden sei. Denn § 7 Abs. 2 läßt offen, in welcher Höhe der Tronc für gemeinnützige Zwecke herangezogen werden soll. Die dem Vorlagebeschluß zugrunde liegende Auffassung, es sei dem Gericht verwehrt, § 7 Abs. 2 von sich aus zu ergänzen und festzulegen, welcher Teil des Tronc gemeinnützigen Zwecken zuzuführen sei, ist nicht offensichtlich unhaltbar (wie das vorlegende Gericht auch BAGE 19, 14 [33]).
Dem vorlegenden Gericht kann weiterhin nicht entgegengehalten werden, es müsse die Klage in jedem Fall deshalb abweisen, weil die Hessische Landesregierung auch dann zum Erlaß der Verordnung von 1964 berechtigt gewesen sei, wenn § 7 als Bundesrecht fortgelten sollte. Dem Vorlagebeschluß liegt die Auffassung zugrunde, im Fall des Fortgeltens von § 7 als Bundesrecht sei die in § 7 Abs. 2 enthaltene Ermächtigung zur Rechtsetzung nach Art. 129 Abs. 1 Satz 1 GG auf einen Bundesminister als der „nunmehr sachlich zuständigen Stelle” übergegangen, so daß die Hessische Landesregierung zum Erlaß der Verordnung von 1964 nicht befugt gewesen sei, woran auch das hessische Gesetz über den Erlaß von Rechtsvorschriften vom 11. März 1948 nichts ändere. Diese Ansicht ist keinesfalls offensichtlich unhaltbar.
Schließlich kann die Zulässigkeit der Vorlage auch nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, das vorlegende Gericht müsse der Klage in jedem Fall deshalb stattgeben, weil die in § 7 Abs. 2 Satz 2 zweiter Halbsatz enthaltene Ermächtigung nicht gültig erlassen worden oder wegen Widerspruchs zum Grundgesetz unwirksam und die hessische Verordnung von 1964 aus diesem Grunde, also mangels rechtswirksamer Ermächtigungsgrundlage, nichtig sei. Das vorlegende Gericht meint, § 7 Abs. 2 sei nach dem im Zeitpunkt seines Erlasses geltenden Staatsrecht gültig zustandegekommen und widerspreche auch nicht dem Grundgesetz. Diese Ansicht ist ebenfalls nicht offensichtlich unhaltbar. Das Arbeitsgericht hat dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 als Bundesrecht fortgilt. Für die Entscheidung des vorlegenden Gerichts kommt es jedoch lediglich darauf an, ob § 7 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung als Bundesrecht fortgilt. Nur dort finden sich Bestimmungen über die Verwendung des Tronc. Die Vorlagefrage ist entsprechend zu beschränken.
II.
Im Rahmen einer zulässigen Vorlage nach Art. 126 GG, § 86 Abs. 2 BVerfGG ist das Bundesverfassungsgericht nicht nur berechtigt, sondern gehalten, als Vorfrage zu prüfen, ob die Norm, deren Qualität als Bundesrecht streitig ist, noch gilt (BVerfGE 1, 162 [165 f.]; 2, 341 [345 f.]; 8, 186 [190]; 16, 82 [89]). Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, daß § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 nach wie vor gilt.
1. Das Spielbankengesetz 1933 ist als sogenanntes Regierungsgesetz auf Grund des Ermächtigungsgesetzes vom 24. März 1933 erlassen worden. Das allein berührt weder den rechtswirksamen Erlaß noch das Fortgelten dieses Gesetzes (vgl. BVerfGE 6, 389 [413 ff.]; 7, 29 [37]; 10, 354 [360 f.]; 21, 292 [295]). Es enthält keine Regelungen, die in evidentem Widerspruch zu den alles formelle Recht beherrschenden Prinzipien der Gerechtigkeit stehen (vgl. BVerfGE 3, 58 [119]; 6, 132 [198 f.]; 23, 98 [106]).
Auch die in § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 enthaltene Ermächtigung, zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes Rechtsverordnungen zu erlassen, war rechtswirksam. Solche Ermächtigungen zum Erlaß gesetzesergänzender Verordnungen waren seinerzeit zulässig; sie waren die Regel.
§ 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 ist also nicht deshalb ungültig, weil schon das Spielbankengesetz 1933 und dessen § 3 Abs. 1 nicht wirksam erlassen worden sind.
2. a) Bei Ermächtigungen zu gesetzesergänzenden Verordnungen war der ermächtigte Minister befugt, „in dem durch das Gesetz gezogenen allgemeinen Rahmen auch solche Bestimmungen im Verordnungswege zu erlassen, die im Gesetz keine unmittelbare Grundlage haben”. Die gesetzesergänzenden Rechtsverordnungen durften jedoch nicht von den „festgestellten Grundsätzen des Gesetzes abweichen”, da eine Durchbrechung des Gesetzes keine Ergänzung sei (E. R. Huber, Verfassungsrecht des Großdeutschen Reiches, 1937/1939, S. 256).
§ 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 hält sich im Rahmen des Gesetzes.
Das Spielbankengesetz 1933 selbst erwähnt das Aufkommen aus dem Tronc nicht ausdrücklich; dabei kann offenbleiben, ob es zu dem „Aufkommen aus den Spielergebnissen” im Sinn von § 1 Abs. 2 gehört. Denn jedenfalls sind Regelungen über die Verwendung des Troncaufkommens gesetzesergänzende Regelungen, die sich in dem durch das Gesetz gezogenen allgemeinen Rahmen halten und die nicht von den „festgestellten Grundsätzen des Gesetzes abweichen”. § 1 Abs. 2 des Gesetzes ist nicht als abschließende Regelung in dem Sinn zu verstehen, daß nur das Aufkommen aus den eigentlichen Spielergebnissen, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Spielunternehmer zu belassen ist, für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist. Eine Regelung, nach der auch das Spendenaufkommen für gemeinnützige Zwecke heranzuziehen ist, enthält eine sachgerechte Ergänzung von § 1 Abs. 2 des Gesetzes unter Wahrung des Grundgedankens, der in § 1 Abs. 2 seinen Niederschlag gefunden hat: das Aufkommen aus der Spielbank soll für gemeinnützige Zwecke verwendet werden, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Unternehmer oder diesem zur angemessenen Entlohnung der Beschäftigten zu belassen ist.
Der Reichsminister des Innern konnte also nach damaligem Recht in der Verordnung von 1938 bestimmen, daß der Tronc ausschließlich zugunsten der „Gefolgschaft” zu verwenden ist. Er konnte diese Regelung aber auch dahin abändern, daßder Tronc für Zwecke der „Gefolgschaft” sowie für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist.
b) Der letzte Halbsatz von § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 enthält eine sogenannte Selbstermächtigung. Der Reichsminister des Innern, der schon durch § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 zum Erlaß von Rechtsnormen ermächtigt war, „ermächtigte” sich im letzten Halbsatz von § 7 Abs. 2 Satz 2 nochmals zum Erlaß von Satzungen, die Näheres über den Tronc bestimmen können. Bei dieser Selbstermächtigung handelt es sich jedoch nicht um eine konstitutive, sondern um eine deklaratorische Selbstermächtigung, also um eine Selbstbestätigung, bei der der Delegator einen Ausschnitt aus der ihm ohnehin zustehenden Hauptermächtigung herausgreift und sich selbst zuweist (vgl. Bullinger, Die Selbstermächtigung zum Erlaß von Rechtsvorschriften, 1958, S. 12). Solche rein deklaratorischen Selbstermächtigungen sind unbedenklich (siehe BVerfGE 2, 307 [318 f., 324] sowie Bullinger, a.a.O., S. 46, 52).
3. § 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 ist rechtswirksam geblieben.
a) § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 steht nicht in Widerspruch zum Grundgesetz, soweit die Vorschrift anordnet, daß ein Teil des Tronc für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist. Dabei ist davon auszugehen, daß diese Verwendung eines Teils des Troncaufkommens jedenfalls grundsätzlich zwingend vorgeschrieben ist (ebenso BAGE 19, 14 [29]).
Die Regelung ist mit Art. 14 GG vereinbar. Zwar gehören zum Eigentum im Sinn von Art. 14 GG auch Forderungen. Art. 14 GG schützt jedoch lediglich Rechtspositionen, die einem Rechtssubjekt bereits zustehen (BVerfGE 20, 31 [34]). Forderungen der Beschäftigten einer Spielbank darauf, daß der gesamte Tronc ohne Abzug an sie ausgeschüttet wird, sind jedoch nicht entstanden. Ansprüche der einzelnen Beschäftigten gegen die Spender sind durch das sachgerechte Verbot in § 7 Abs. 1 der Verordnung, Geschenke oder ähnliche Zuwendungen (Trinkgelder) anzunehmen, ausgeschlossen. Dem Verbot widersprechende Zuwendungen wären nichtig (§ 134 BGB). § 7 Abs. 2 modifiziert dieses Verbot dahin, daß solche Zuwendungen an den Unternehmer abzuliefern sind, der sie zugunsten der Beschäftigten sowie für gemeinnützige Zwecke zu verwenden hat, und zwar ohne Rücksicht auf einen etwaigen anderen Willen des Spenders. Ansprüche der einzelnen Beschäftigten entstehen also nur gegen den Unternehmer, und zwar nach Maßgabe einzel- oder tarifvertraglicher Vereinbarungen über die Aufteilung des für die Beschäftigten zu verwendenden Teils des Troncs. Diese Ansprüche der Beschäftigten sind jedoch von vornherein durch die Regelung des § 7 Abs. 2 auf einen Teil des Troncaufkommens beschränkt. Forderungen der Beschäftigten gegen den Unternehmer entstehen nur nach Maßgabe dieser Regelung. Sie beschränkt oder entzieht keine Forderungen, so daß Art. 14 GG nicht verletzt sein kann. Art. 14 GG will das Eigentum so schützen, wie es das bürgerliche Recht und die gesellschaftlichen Anschauungen geformt haben (BVerfGE 11, 64 [70]). Interessen, Chancen, Verdienstmöglichkeiten werden durch Art. 14 GG nicht geschützt (vgl. BAGE 19, 14 [23]). Die Auferlegung von Geldleistungspflichten (hier: die Verpflichtung des Unternehmers, Teile des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke abzuführen) läßt die Garantie des Eigentums (des Unternehmers oder seiner Beschäftigten) grundsätzlich unberührt (ständige Rechtsprechung, zuletzt BVerfGE 23, 288 [314 f.]).
Die Regelung des § 7 Abs. 2, derzufolge nur ein Teil des Tronc auf die Beschäftigten verteilt wird, läßt möglicherweise im Einzelfall den Willen des Spenders unberücksichtigt. Das ist rechtsstaatlich unbedenklich. Die Rechtsordnung kann vorsehen, daß private Willenserklärungen ausnahmsweise als rechtlich unverbindlich erachtet werden.
Eine Vorschrift, die die Verpflichtung auferlegt, Teile des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke abzuführen, verstößt offensichtlich auch weder gegen Art. 9 Abs. 3 GG noch gegen Art. 12 Abs. 1 GG oder den allgemeinen Gleichheitssatz.
b) Die Ermächtigung des § 3 Abs. 1 Spielbankengesetz 1933 zum Erlaß gesetzesergänzender Rechtsverordnungen ist nach Art. 129 Abs. 3 GG erloschen.
Der Fortfall der Ermächtigung ist jedoch ohne Einfluß auf den Rechtsbestand der Verordnungen von 1938 und 1944, die auf Grund der seinerzeit gültigen Ermächtigung erlassen wurden (vgl. BVerfGE 9, 3 [12]; 12, 341 [346 f.]; 14, 245 [249]; 22, 1 [12]). Rechtswirksam geblieben ist demzufolge auch die in § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 enthaltene Ermächtigung. Diese Ermächtigung ist nicht nach Art. 129 Abs. 3 GG erloschen. Denn sie ermächtigt nicht zur Änderung oder Ergänzung der Regelungen von § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 Spielbanken-VO 1938/1944 oder gar zum Erlaß von Rechtsvorschriften an Stelle von Gesetzen, sondern lediglich dazu, Näheres über den Tronc und seine Verwendung zugunsten der Gefolgschaft und für gemeinnützige Zwecke zu bestimmen, insbesondere also dazu, den für gemeinnützige Zwecke zu verwendenden Teil des Tronc festzusetzen. Die Selbstbestätigung der Ermächtigung des § 3 Abs. 1 des Gesetzes ist in der Verordnung – trotz der Bestimmung, die Satzung gehe allen übrigen Vorschriften und Verträgen über die Spenden und deren Verwendung vor – beschränkt auf Durchführungsvorschriften über den Tronc, die nicht den Rang von Gesetzen haben können, vielmehr der Verordnung gleich- oder nachgeordnet sind.
Auch der Umstand, daß diese Ermächtigung in einer Verordnung enthalten ist, steht ihrem Fortgelten nicht entgegen, wie schon die Verwendung des Ausdrucks „Rechtsvorschriften” in Art. 129 Abs. 1 bis 3 GG erweist (vgl. auch BVerfGE 2, 307 [318 f.]).
Als vorkonstitutionelle Ermächtigung hängt der Fortbestand der Ermächtigung des § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 auch nicht davon ab, ob sie sich im Rahmen von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG hält. Vorkonstitutionelle Ermächtigungen erlöschen nur unter den besonderen Voraussetzungen des Art. 129 Abs. 3 GG (BVerfGE 2, 307 [328]; 15, 268 [272]).
Mit den Satzungen, zu deren Erlaß § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 der Verordnung ermächtigt, sind Rechtsvorschriften gemeint, nicht Allgemeinverfügungen. Denn nur durch eine Rechtsnorm kann bestimmt werden, welcher Teil des Tronc für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist. Es handelt sich nicht um Satzungen im präzisen Sinn, also um Rechtsvorschriften, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie erlassen werden. § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 enthält vielmehr eine Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsvorschriften, und zwar von Rechtsverordnungen zur Durchführung von § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 (vgl. BVerfGE 10, 20 [49 f.]).
III.
§ 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 gilt nicht als Bundesrecht fort. Die Vorschrift betrifft ohne Zweifel nicht einen Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes (Art. 124 GG). Sie galt zwar am 7. September 1949 (Tag des Zusammentritts des Ersten Deutschen Bundestages; vgl. BVerfGE 11, 23 [28]) einheitlich in allen Besatzungszonen, ist aber auch nach Art. 125 Nr. 1 GG nicht Bundesrecht geworden, weil sie nicht Recht ist, das Gegenstände der konkurrierenden Bundesgesetzgebung betrifft.
1. Art. 125 Nr. 1 GG verfolgt den Zweck, einer Rechtszersplitterung auf solchen Gebieten vorzubeugen, für die eine bundeseinheitliche Regelung jedenfalls grundsätzlich in Betracht kommen kann. Der Begriff „Recht” in Art. 125 GG kann daher nicht jede einzelne Rechtsvorschrift meinen, weil dann auf vielen Rechtsgebieten ein unübersichtliches Nebeneinander von bundes- und landesrechtlichen Vorschriften entstehen würde. Ebensowenig ist „Recht” schlechthin gleichbedeutend mit „Gesetz”. Eine dem Zweck des Art. 125 Nr. 1 GG und den praktischen Bedürfnissen Rechnung tragende Auslegung muß vielmehr zu dem Ergebnis führen, daß jeweils nur die gesamte Regelung eines bestimmten Sachgebietes, also einer begrifflich selbständigen, in sich abgeschlossenen Rechtsmaterie den Rang von Bundesrecht erhalten soll. Es muß im Einzelfall ermittelt werden, was als eine selbständige und in sich abgeschlossene Materie anzusehen ist (BVerfGE 4, 178 [183 f.]).
Das vorlegende Gericht meint, § 7 Spielbanken-VO 1938/1944 stelle eine in sich abgeschlossene Rechtsmaterie im Sinn von Art. 125 GG dar. Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Vorschriften des § 7 stehen in derart engem Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften der Verordnung und des Spielbankengesetzes von 1933, daß sie nicht als begrifflich selbständige und in sich abgeschlossene Rechtsmaterie angesehen werden können. Eine solche Materie und damit „Recht” im Sinn von Art. 125 GG ist vielmehr nur das Spielbankenrecht insgesamt.
Mit der behördlichen Zulassung einzelner Spielbanken unter Dispensierung von dem in Kraft bleibenden generellen Verbot des Gesetzes von 1868 geht die Verpflichtung des Staates einher, Vorsorge für einen ordnungsgemäßen Spielbetrieb zu treffen. Diesem Zweck dienen die Vorschriften darüber, welche Personen vom Spiel ausgeschlossen sind (§ 1 der Verordnung), an welchen Tagen und zu welchen Stunden nicht gespielt werden darf (§§ 2 und 3), welche Spiele allein zugelassen sind (§ 4) und wem die Spielbankaufsicht zusteht (§ 8). Diesem Zweck dient jedoch auch das Verbot der Annahme von Geschenken und Zuwendungen (Trinkgeldern) in § 7 Abs. 1, das Unredlichkeiten seitens des Personals zugunsten oder zuungunsten einzelner Spieler ausschließen und dem Spieler von vornherein den Verdacht nehmen soll, das Personal könne geneigt sein, Gewinn oder Verlust der Spieler je nach Höhe des Trinkgeldes zu manipulieren. Dieses Verbot, das durch § 7 Abs. 2 Satz 1 modifiziert und in § 10 unter Strafsanktion gestellt wird, steht in so engem Zusammenhang mit den übrigen die Ordnungsmäßigkeit des Spielbetriebes sichernden Vorschriften, daß es nicht von ihnen getrennt und einer besonderen Materie „Troncrecht” zugeordnet werden kann. Entsprechendes gilt auch für die Vorschriften in § 7 Abs. 2 Satz 2 über die Verwendung des Tronc. Soweit die Bestimmung vorschreibt, daß ein Teil des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist, verwirklicht sie ebenso wie § 1 Abs. 2 Spielbankengesetz 1933 und §§ 5, 6 und 9 der Verordnung einen für die Zulassung von Spielbanken maßgeblichen Grundgedanken, daß nämlich das Aufkommen aus der Spielbank abzuschöpfen und für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist, soweit es nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Unternehmer oder diesem zur angemessenen Entlohnung der Beschäftigten zu belassen ist.
2. Das Spielbankenrecht gehört weder zum Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) noch zum Arbeitsrecht (Art. 74 Nr. 12 GG) oder zum Steuerrecht des Art. 105 Abs. 2 GG.
a) Recht der Wirtschaft im Sinn von Art. 74 Nr. 11 GG ist in einem weiten Sinn zu verstehen; auch das Gewerbe als Teilgebiet der Wirtschaft muß umfassend verstanden werden (BVerfGE 5, 25 [28 f.]). Unter Recht der Wirtschaft werden alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Normen zu begreifen sein. Es liegt nahe, vor allem diejenigen Vorschriften zum Recht der Wirtschaft zu rechnen, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen (BVerfGE 8, 143 [148 f.]). Sind wirtschaftsrechtliche Vorschriften mit Normen verknüpft, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen, so können sich die ordnungsrechtlichen Bestimmungen als Annex darstellen, die jeweils dem Sachbereich zuzurechnen sind, zu dem sie in einem notwendigen Zusammenhang stehen (BVerfGE 8, 143 [149 f.]).
Mit der Zulassung einer Spielbank entsteht jedoch nicht ein Gebilde des wirtschaftlichen Lebens und ihr Betrieb ist nicht wirtschaftliche Betätigung. Die ordnungsrechtlichen Bestimmungen des Gesetzes von 1933 und der Verordnung von 1938/1944 sind kein Annex zu Vorschriften, die zum Recht der Wirtschaft gehören. Das Spielbankenrecht ist vielmehr insgesamt Recht zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.
Ohne Zweifel ist allerdings der Betrieb einer Spielbank auf Gewinn gerichtet. Die in den Spielbanken zugelassenen Glücksspiele sind so angelegt, daß jedenfalls in aller Regel die Bank letztlich gewinnt. Nur deshalb finden sich Unternehmer, die Spielbanken betreiben. Dieser Umstand und die damit geschaffene Einnahmequelle für die öffentliche Hand war eines der Motive des Gesetzgebers von 1933. Für ihn spielten auch wirtschaftliche Erwägungen eine Rolle: die Steigerung des Devisenaufkommens durch Anlockung von Ausländern, insbesondere aber die Förderung des Fremdenverkehrs ganz allgemein und die Förderung bestimmter Kur- und Badeorte im besonderen, in denen auf mannigfache Weise eine Vielzahl von Gewerbetreibenden vom Spielbankbetrieb und von den Spielbankbesuchern profitieren, die aber auch insofern einen beträchtlichen Nutzen aus dem Spielbankbetrieb ziehen, als der Staat ihnen seit jeher einen Teil der Spielbankabgabe zur Erhaltung und zum Ausbau ihrer Kur- und Badeanlagen zur Verfügung gestellt hat.
Diese wirtschaftlichen Aspekte erfassen jedoch nur Rand- und Folgeerscheinungen des Spielbankbetriebes, nicht seinen Kern. Es kann schon keine Rede davon sein, daß sich der Spielbankbetrieb mit der Erzeugung, Herstellung oder Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs befaßt. Spielbanken decken keinen wirtschaftlichen Bedarf. Der Gewinn der Spielbank ist auch nicht – wie der Gewinn eines Gewerbetreibenden – das Ergebnis der Tätigkeit des Unternehmers, sondern das Zufallsprodukt des wechselnden Spielverlaufs, der nur dadurch zustandekommt, daß die Bank gegenüber der Gesamtheit der Spieler, aus deren Einsätzen sich das Spielkapital zusammensetzt, die besseren Chancen hat (siehe Schmölders, Die Besteuerung des Glücksspiels, in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 2. Aufl., 2. Band, 1956, § 21, S. 701 ff.). Der „Umsatz” am Spieltisch ist nicht die Summe der vereinnahmten oder gar vereinbarten Entgelte für gewerbliche Lieferungen oder Leistungen (Schmölders, a.a.O., S. 703).
Die Zulassung von Spielbanken kann vielmehr nur dahin verstanden werden, daß durch sie die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarer Ausbeutung geschützt werden soll (vgl. §§ 284 ff. StGB); der vornehmlich in Kurorten mit internationalem Publikum im Grunde nicht zu verhindernde Spielbetrieb soll unter staatliche Kontrolle gestellt werden; die Gewinne aus dem Spielbankbetrieb sollen nicht illegal in die Taschen von Privatleuten fließen, sondern zum wesentlichen Teil für gemeinnützige Zwecke abgeschöpft werden. Diese Erwägungen waren auch bei Erlaß des Spielbankengesetzes 1933 maßgebend (vgl. Schack, JW 1933, S. 2631 f.; Krause, RVBl. 1933, S. 726). Sie stehen bei der Konzessionierung von Spielbanken so sehr im Vordergrund, daß es sich verbietet, den Spielbankbetrieb als wirtschaftlichen Vorgang zu kennzeichnen. Dem entspricht es, daß die Regelungen der Gesetze von 1868 und 1933 nicht zu verstehen sind als Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, sondern als repressives Verbot mit Dispensierungsvorbehalt: der Betrieb einer Spielbank bleibt als an sich unerwünschte Tätigkeit generell nach dem Gesetz von 1868 verboten und wird nur aus besonderen Gründen im Einzelfall zugelassen. Durch die Konzessionierung einer Spielbank wird also nicht eine Gelegenheit zu wirtschaftlicher Betätigung eröffnet. Sie wird vielmehr wesentlich und entscheidend bestimmt durch die öffentliche Aufgabe, das illegale Glücksspiel um Geld einzudämmen und dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschen staatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zu verschaffen. Die staatliche Kontrolle gewährleistet dem Spieler, daß Gewinn und Verlust nur von seinem Glück und nicht von Manipulationen des Unternehmers oder seiner Beschäftigten abhängen.
Für die Zugehörigkeit des Spielbankenrechts zum Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung spricht ferner, daß das Gesetz von 1933 und die Ausführungsverordnungen die Zuständigkeit des Reichsministers des Innern, nicht die des Reichswirtschaftsministers vorsehen. Bei der Zuständigkeit der Innenminister ist es bis heute geblieben. Die Verwaltungspraxis gibt also den Aspekten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beim Spielbankbetrieb den Vorrang vor wirtschaftlichen Aspekten.
Ob der Betrieb einer Spielbank bei anderer, etwa steuerrechtlicher, Betrachtungsweise als Gewerbe anzusehen ist, kann dahinstehen. Hier kommt es nur darauf an, ob das Spielbankenrecht zum Recht der Wirtschaft im Sinn von Art. 74 Nr. 11 GG gehört. Das ist zu verneinen.
b) Ist die zu qualifizierende Rechtsmaterie nicht – wie das vorlegende Gericht meint – § 7 Spielbanken-VO 1938/1944, sondern das Spielbankenrecht insgesamt, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es sich nicht um Arbeitsrecht im Sinn von Art. 74 Nr. 12 GG handelt.
Auch bei isolierter Betrachtung könnte § 7 nicht dem Arbeitsrecht zugeordnet werden. Das verbietet schon der Umstand, daß das Verbot der Annahme von Trinkgeldern in § 7 Abs. 1 zur Sicherung eines ordnungsmäßigen Spielbetriebes, nicht aber zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der bei der Spielbank beschäftigten Personen erlassen worden ist. Das Verbot wirkt sich auf die Arbeitsverhältnisse nur als Reflex aus. Gleiches gilt für die Modifizierung des Verbots in § 7 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2. Ferner gehört die Bestimmung in Satz 2, daß Teile des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke zu verwenden sind, sicher nicht zum Arbeitsrecht. Satz 2 könnte nur insoweit dem Arbeitsrecht zugerechnet werden, als er anordnet, daß der nicht für gemeinnützige Zwecke abgeschöpfte Teil des Tronc vom Unternehmer zugunsten seiner Beschäftigten zu verwenden ist, so daß ihnen ein Anspruch gegen den Unternehmer auf Verteilung dieses Teils des Tronc zusteht. Der arbeitsrechtliche Charakter dieser einen Teilnorm des § 7 kann es jedoch nicht rechtfertigen, die Regelung des § 7 insgesamt als Arbeitsrecht anzusehen.
c) Es bedarf keiner näheren Begründung, daß das Spielbankenrecht nicht der Materie „Steuern” zugerechnet werden kann. Entsprechendes gilt auch dann, wenn man lediglich § 7 der Verordnung in Betracht zieht. Als steuerrechtlich könnte allein § 7 Abs. 2 Satz 2 qualifiziert werden und diese Regelung auch nur insoweit, als ihr Halbsatz 1 bestimmt, daß das Troncaufkommen auch für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist, und als ihr Halbsatz 2 eine Ermächtigung enthält, hierüber Näheres zu bestimmen (also zu bestimmen, welcher Teil des Tronc für gemeinnützige Zwecke zu verwenden ist). Es geht jedoch nicht an, aus § 7 die vier Worte „sowie für gemeinnützige Zwecke” herauszulösen und diese Worte (einschließlich der sich hierauf beziehenden Ermächtigung) gesondert von den übrigen Bestimmungen der Verordnung und des Spielbankengesetzes 1933 dem Bundes- oder dem Landesrecht einzuordnen. Die in § 7 Abs. 2 Satz 2 enthaltenen Vorschriften über die Heranziehung von Teilen des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke können nicht aus ihrem Zusammenhang mit den übrigen Bestimmungen des § 7 über den Tronc und mit denen des Spielbankengesetzes von 1933 herausgenommen werden. Bei der Zulassung der Spielbanken nach diesem Gesetz steht im Vordergrund, das Glücksspielwesen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung staatlicher Kontrolle zu unterwerfen. Dieser Zweck gebietet es, die Konzessionierung des Betriebes einer Spielbank mit allen Bedingungen und Auflagen als Einheit zu verstehen, zu der auch die Inanspruchnahme des Troncaufkommens gehört. Die Abschöpfung eines Teils des Tronc wird als Abgabe besonderer Art zu verstehen sein, die in untrennbarem Zusammenhang mit der Konzessionierung der Spielbank steht, und zwar insofern, als das Aufkommen, von dem ein Teil für gemeinnützige Zwecke abgeschöpft wird, durch die Konzessionierung überhaupt erst möglich wird.
Es kann dahingestellt bleiben, ob gleiches auch für die Vorschriften über die Spielbankabgabe (Abgabe vom Bruttospielertrag) und die Steuerbefreiung der Spielbanken gilt. Denn die Heranziehung des Troncaufkommens für gemeinnützige Zwecke ist nicht identisch mit der Abschöpfung von (in der Regel) 80 v.H. des Bruttospielertrages durch die in § 5 der Verordnung, in den Konzessionsverträgen und in Art. 106 Abs. 2 Nr. 6 GG geregelte Spielbankabgabe, deren Qualifizierung als Steuer hier ebenso offenbleiben kann wie ihre Einordnung in das Steuersystem.
Das Spielbankenrecht betrifft somit nicht einen Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes.
IV.
§ 7 Abs. 2 Satz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 gilt nicht als Bundesrecht fort. Aus denselben Gründen, die für § 7 Abs. 2 Satz 2 maßgebend sind, sind auch die übrigen Bestimmungen des § 7 nicht Bundesrecht geworden. Das war in die Entscheidungsformel aufzunehmen (§§ 88, 82 Abs. 1, 78 Satz 2 BVerfGG).
V.
Zwei Richter waren der Ansicht, daß der letzte Satzteil in § 7 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 Spielbanken-VO 1938/1944 („… Satzung, die allen übrigen Vorschriften und Verträgen über die Spenden und deren Verwendung vorgeht.”) zum Erlaß von Rechtsvorschriften an Stelle von Gesetzen ermächtigt und daß deshalb die Ermächtigung insgesamt nach Art. 129 Abs. 3 GG erloschen ist. Im übrigen ist die Entscheidung einstimmig ergangen.
Fundstellen