Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 10.07.1992; Aktenzeichen 25 UF 242/91) |
Tenor
Das Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Juli 1992 – 25 UF 242/91 – verletzt den Beschwerdeführer in seinen Rechten aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes. Es wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zurechnung fiktiven Einkommens nach Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses wegen Kinderbetreuung.
1. a) Der Beschwerdeführer und seine frühere Ehefrau trennten sich im Frühjahr 1990. Die Ehefrau zog mit dem 1985 geborenen Sohn und der 1989 geborenen Tochter zunächst zu ihren Eltern. Nach einem Besuchswochenende brachte der Beschwerdeführer am 15. Juli 1990 die Kinder nicht zu seiner Ehefrau zurück. Mit Beschluß vom 18. Juli 1990 wies das Amtsgericht den Antrag der Mutter zurück, dem Beschwerdeführer das Aufenthaltsbestimmungsrecht im Wege der einstweiligen Anordnung zu entziehen und ihr zu übertragen. Mit weiterem Beschluß vom 3. August 1990 entzog das Amtsgericht vorläufig der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und übertrug es bis zur Entscheidung in der Hauptsache dem Beschwerdeführer zur alleinigen Ausübung. Gleichzeitig ordnete es in der Hauptsache die Einholung eines Sachverständigengutachtens an und regelte vorläufig das Umgangsrecht der Mutter. Die von der Mutter gegen die zwei Beschlüsse erhobenen Beschwerden wurden vom Oberlandesgericht zurückgewiesen. In dem Beschluß heißt es unter anderem, das Amtsgericht habe seine Entscheidung zutreffend damit begründet, daß die vorläufige Regelung zur Vermeidung unnötiger und für das Wohl der Kinder schädlicher – möglicherweise mehrfacher – Aufenthaltswechsel bis zur Entscheidung über die beiderseitigen Sorgerechtsanträge erforderlich sei. Zu billigen sei auch, daß nicht die Mutter als bisherige Hauptbezugsperson der Kinder das Aufenthaltsbestimmungsrecht erhalten habe, sondern der Vater, bei dem sich die Kinder im vormaligen Elternhaus befänden. Dagegen spreche auch nicht eine mangelnde Versorgung der Kinder durch den Beschwerdeführer. Für dessen Verantwortungsbewußtsein spreche vielmehr, daß er seine berufliche Tätigkeit in Abstimmung mit seiner Arbeitgeberfirma derzeit so eingerichtet habe, daß er seine Arbeit weitgehend zu Hause und unter freier Einteilung der Arbeitszeit erledigen könne. Der Beschwerdeführer, der von Beruf Programmierer ist, hatte mit seiner Arbeitgeberin vereinbart, daß er von seiner bis dahin ausgeübten Tätigkeit als Leiter der Datenverarbeitungsabteilung entbunden wurde und im wesentlichen zu Hause EDV-Programme entwickelte.
Mit Beschluß vom 13. August 1991 wurde die elterliche Sorge für die Zeit des Getrenntlebens der Mutter übertragen. Die Kinder, die bis zu diesem Tage beim Beschwerdeführer gelebt hatten, kehrten daraufhin zur Mutter zurück.
b) Im Ausgangsverfahren verklagte die Ehefrau den Beschwerdeführer auf Zahlung von Trennungsunterhalt sowie von Kindesunterhalt. Der Beschwerdeführer erkannte einen monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.000 DM und einen Kindesunterhalt von je 480 DM monatlich an. Das Amtsgericht verurteilte ihn zur Zahlung von Trennungsunterhalt in Höhe von monatlichen Beträgen zwischen 1.141,20 und 1.269,77 DM.
Auf die Berufung der Ehefrau verurteilte das Oberlandesgericht den Beschwerdeführer mit dem angegriffenen Urteil, Trennungsunterhalt in Höhe von monatlichen Beträgen zwischen 1.842,36 und 2.000 DM und Kindesunterhalt in Höhe von monatlichen Beträgen zwischen 480 und 599,50 DM zu zahlen. Dabei ging es davon aus, daß der Beschwerdeführer aus seiner beruflichen Tätigkeit ein monatliches Nettoeinkommen von 4.542,07 DM erzielte. Darüber hinaus rechnete es ihm – zum überwiegenden Teil fiktiv – Einkünfte in Höhe von monatlich rund 2.560 DM zu, die der Beschwerdeführer im Jahre 1990 aus einer weiteren Tätigkeit erzielt hatte. Insoweit seien nicht nur Beträge in Höhe der 1991 tatsächlich vereinnahmten Nettoeinkünfte von 2.562 DM in Ansatz zu bringen. Denn der Beschwerdeführer wäre als Unterhaltsschuldner der Ehefrau und der beiden Kinder verpflichtet gewesen, das früher erzielte Arbeitseinkommen auch weiter einzubringen. Die endgültige Einschränkung oder Umgestaltung seiner bisherigen Arbeitsverhältnisse mit der Folge nachhaltiger deutlicher Einkommensminderung sei von den Unterhaltsberechtigten nicht hinzunehmen. Das könne der Beschwerdeführer auch nicht mit der zeitweiligen Betreuung der beiden gemeinschaftlichen Kinder rechtfertigen. Denn die in dem einstweiligen Anordnungsverfahren getroffene Regelung über ein vorübergehendes Aufenthaltsbestimmungsrecht des Beschwerdeführers für die beiden Kinder sei noch nicht endgültiger Natur gewesen und habe jedenfalls die vom Beschwerdeführer geschaffene endgültige und angeblich nicht mehr rückgängig zu machende Änderung seines Arbeitsverhältnisses nicht gerechtfertigt. Vielmehr stelle es eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit dar, wenn der Beschwerdeführer in der Vergangenheit regelmäßig erzielte Einkünfte unwiderruflich aufgegeben habe.
2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 12 Abs. 1 und 2 sowie Art. 103 Abs. 1 GG durch das Urteil des Oberlandesgerichts.
Die im Juli 1990 mit seiner Arbeitgeberin getroffene Vereinbarung habe vorgesehen, daß er sein bis dahin bezogenes Gehalt von jährlich rund 95.000 DM brutto weiter erhalten solle. Finanzielle Einbußen habe er nur insoweit erlitten, als eine Jahresprämie von zuletzt 35.000 DM entfallen sei, die er zuvor für Programmierungsarbeiten außerhalb der Arbeitszeit erhalten habe. Seither habe er nur noch 2.562 DM jährlich für die Wartung eines Computerprogramms erhalten.
Wegen der Zurechnung der fiktiven Einkünfte bleibe dem Beschwerdeführer nach Abzug der ausgeurteilten Unterhaltsverpflichtungen nur noch ein Betrag von 162 DM monatlich für die Zeit bis Juni 1992 und 657 DM monatlich für die Zeit danach zur Deckung seines eigenen Bedarfs.
Seine Entscheidung, seine Arbeitstätigkeit umzustellen, um seinen Kindern tagsüber zur Verfügung zu stehen und möglichst viel Zeit für sie zu haben, habe er in Ausübung seines Elternrechts getroffen. Die daran vom Oberlandesgericht geknüpfte Sanktion, daß er sich das frühere Einkommen weiter zurechnen lassen müsse, sei als Eingriff in das Elternrecht nicht gerechtfertigt. Als er sich zur Umgestaltung seines Arbeitsverhältnisses entschlossen habe, sei noch nicht absehbar gewesen, wann und mit welchem Ergebnis über die wechselseitigen Sorgerechtsanträge entschieden werden würde. Ihm könne nicht vorgeworfen werden, daß er sich angesichts dieser Ungewißheit dazu entschieden habe, „hier und jetzt” eine den Interessen der Kinder an möglichst weitgehender Betreuung durch einen Elternteil entsprechende Lösung zu schaffen.
Eine andere Beurteilung werde auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß die Arbeitsumstellung zu einer Minderung der den Kindern und der sie wieder betreuenden Mutter zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel geführt habe, zumal auch nach Wegfall der Jahresprämie für die Familie immerhin noch ein ausreichendes Einkommen zur Verfügung gestanden habe. In dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse der Kinder, wenigstens von einem Elternteil betreut zu werden, und ihrem Interesse, möglichst wenig wirtschaftliche Nachteile zu erleiden, habe er sich dazu entschieden, dem Interesse an der Betreuung den Vorrang zu geben. Darin liege eine zulässige Ausübung seiner Elternverantwortung, zumal die damit verbundenen finanziellen Nachteile für alle Betroffenen nicht existenzbedrohend seien.
Durch das Urteil werde Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, weil es für die Zurechnung fiktiven Einkommens keinen vernünftigen, sachlich einleuchtenden Grund gebe. Voraussetzung für eine solche Zurechnung sei nach gefestigter Rechtsprechung die Ursächlichkeit vorwerfbaren Verhaltens für die Leistungsunfähigkeit. Davon könne hier aber nicht ausgegangen werden. Im übrigen habe er lediglich ein Einkommen aus Nebentätigkeit eingebüßt, die er außerhalb der normalen Arbeitszeit erledigt habe.
Mit seiner Entscheidung übe das Oberlandesgericht zudem mittelbaren Zwang auf den Beschwerdeführer aus, seinen Beruf weiterhin in der früheren Art und Weise auszuüben, und verletze damit sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 und 2 GG.
Art. 103 Abs. 1 GG sei verletzt, weil der Beschwerdeführer nicht damit habe rechnen können, daß das Oberlandesgericht ihm die Umgestaltung seiner Arbeit vorwerfen werde, zumal es im Verfahren über die einstweilige Sorgerechtsregelung sein Verantwortungsbewußtsein hervorgehoben habe.
3. Die Äußerungsberechtigten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Der Bundesgerichtshof hat auf die Rechtsprechung des XII. Zivilsenats zu der Rechtsfrage hingewiesen, ob und inwieweit eine Verminderung der Leistungsfähigkeit, die der auf Unterhalt in Anspruch Genommene selbst herbeigeführt hat, bei der Beurteilung seiner Unterhaltspflicht zu beachten ist.
Entscheidungsgründe
II.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der im Tenor genannten Grundrechte angezeigt ist (§ 93 a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die entscheidungserheblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach den sich daraus ergebenden Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet (§ 93 c Abs. 1 BVerfGG).
1. a) Die Auferlegung von Unterhaltsleistungen schränkt den Verpflichteten in seiner durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Handlungsfreiheit ein. Diese ist allerdings nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung gewährleistet, zu der auch die Vorschriften über Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt sowie über Kindesunterhalt gehören (vgl. BVerfGE 57, 361 ≪378≫; 68, 256 ≪266 ff.≫).
Bei der Ausgestaltung des Unterhaltsrechts nach Trennung und Scheidung ist der Gesetzgeber im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 Satz 2 und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gehalten, Regelungen zu vermeiden, die sich für die Entwicklung der Kinder nachteilig auswirken können. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die ohnehin mit der Trennung der Eltern für die Kinder verbundenen nachteiligen Folgen noch erheblich verstärkt werden können, wenn sie in dieser Zeit auf die persönliche Betreuung durch einen Elternteil wegen dessen Erwerbstätigkeit verzichten müssen (vgl. BVerfGE 57, 361 ≪382≫; 55, 171 ≪184≫). Auslegung und Anwendung der Vorschriften über Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt dürfen ebenfalls nicht zu verfassungswidrigen Ergebnissen führen (vgl. BVerfGE 80, 286 ≪294≫).
b) Wird bei Trennung oder Scheidung das Sorgerecht insgesamt oder ein Teil des Sorgerechts einem Elternteil zugeordnet, so stehen sowohl dieses Recht als auch die Rechte des anderen Elternteils, insbesondere das Umgangsrecht, unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 31, 194 ≪206≫; 64, 180 ≪187 f.≫). Bei einem Konflikt zwischen den Eltern muß die Lösung am Wohl des Kindes ausgerichtet sein. Dabei sind unter anderem auch die Betreuungsmöglichkeiten beider Elternteile zu berücksichtigen. Ein Primat des vorher nicht oder nur eingeschränkt berufstätigen Elternteils besteht aber bei der Sorgerechtsregelung nicht von vornherein (vgl. BVerfGE 55, 171 ≪184≫). Vielmehr müssen alle Umstände des Einzelfalles und die gleichermaßen geschützten Rechtspositionen beider Eltern in die Betrachtung einbezogen werden. Im übrigen wäre die Festschreibung der Rollenverteilung, nach der Erziehung und Pflege der Kinder Sache der Mutter ist, mit Art. 3 Abs. 2 GG nicht vereinbar (vgl. BVerfGE 87, 1 ≪42≫).
2. Nach diesen Maßstäben verstößt das angegriffene Urteil gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, soweit das Oberlandesgericht in die Bemessung des vom Beschwerdeführer an seine Ehefrau und seine Kinder zu zahlenden Unterhalts Einkünfte einbezogen hat, die der Beschwerdeführer nach den gerichtlichen Feststellungen tatsächlich nicht mehr bezieht. Bei dieser Beurteilung kann dahingestellt bleiben, inwieweit sich schon aus der allgemeinen Handlungsfreiheit für sich genommen Grenzen für die Berücksichtigung fiktiven Einkommens bei der Unterhaltsbemessung ergeben. Bei der Einbeziehung von Einkünften, die wegen der Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses im Hinblick auf die Betreuung von Kindern entfallen sind, muß jedenfalls der Bedeutung und Tragweite des Elternrechts Rechnung getragen werden.
Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Das Oberlandesgericht hat die Umgestaltung der beruflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers als unterhaltsrechtlich nicht gerechtfertigt angesehen, weil der Beschwerdeführer nicht schon aufgrund der vorläufigen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts eine endgültige und „angeblich nicht mehr rückgängig zu machende” Änderung des Arbeitsverhältnisses hätte vereinbaren dürfen. Dabei hat das Gericht nicht darauf abgestellt, ob der Beschwerdeführer überhaupt von seiner Arbeitgeberin eine vorläufige Regelung hätte erreichen können, die nach der endgültigen Sorgerechtsregelung noch rückgängig gemacht werden konnte. Den Entscheidungsgründen ist vielmehr zu entnehmen, daß das Gericht dem Beschwerdeführer fiktive Einkünfte ohne weiteres schon deshalb entsprechend seinen früheren Einkünften zugerechnet hat, weil der Beschwerdeführer eine nicht nur vorläufige Vereinbarung getroffen hat.
Diese Beurteilung trägt nicht ausreichend der Tatsache Rechnung, daß der Beschwerdeführer die Umgestaltung seines Arbeitsverhältnisses vereinbart hat, um seiner Elternverantwortung gegenüber den damals etwa eineinhalb und vier Jahre alten Kindern gerecht zu werden. Seine Entscheidung, die Kinder, für die ihm vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wurde, weitgehend persönlich zu betreuen, entsprach, wie das Oberlandesgericht selbst in seinem früheren Beschluß zur vorläufigen Regelung des Aufenthaltsbestimmungsrechts angenommen hat, dem Kindeswohl. Unter diesen Umständen durfte das Gericht nicht ohne nähere Prüfung der Umstände des Einzelfalles davon ausgehen, daß die Ehefrau, deren Rechte ebenfalls durch die Elternverantwortung geprägt sind, und die Kinder, deren Betreuung die berufliche Umstellung zugute kommen sollte, sich die damit verbundenen finanziellen Nachteile schon deshalb nicht entgegenhalten lassen müssen, weil der Beschwerdeführer sich nur auf eine vorläufige Sorgerechtsregelung stützen konnte.
Allerdings ist es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, wenn von dem Elternteil, der vorher durch seine Erwerbstätigkeit für den finanziellen Familienunterhalt Sorge getragen hat, bei einer Umstellung seiner beruflichen Tätigkeit besondere Rücksichtnahme gefordert wird. Auch in diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß sowohl die Unterhaltspflicht gegenüber dem (später wieder) betreuenden Elternteil als auch die Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern durch die Elternverantwortung geprägt wird (vgl. BVerfGE 57, 361 ≪381 ff.≫; 68, 256 ≪267≫). Das rechtfertigt es aber nicht, dem vorher berufstätigen Elternteil die Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses mit Rücksicht auf die Betreuung der Kinder stets schon dann zu verwehren, wenn dies zu einer später nicht mehr rückgängig zu machenden Verminderung des Einkommens führt. Eine solche Beurteilung läßt nicht nur das Interesse der Kinder an persönlicher Betreuung durch den Elternteil, dem sie zugeordnet sind, außer acht, sondern beeinträchtigt auch das Elternrecht des berufstätigen Elternteils in erheblichem Maße. Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß die Möglichkeit zur Wahrnehmung der Elternverantwortung aufgrund einer vorläufigen Sorgerechtsregelung faktisch die endgültige Sorgerechtsregelung beeinflussen kann. Eine dem Elternrecht genügende Entscheidung kann daher nur aufgrund der Abwägung aller Umstände des Einzelfalles getroffen werden.
3. Es ist nicht auszuschließen, daß das Oberlandesgericht bei ausreichender Berücksichtigung des Elternrechts des Beschwerdeführers zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Da die Verfassungsbeschwerde schon aus diesem Grunde Erfolg hat, braucht auf die weiteren Rügen des Beschwerdeführers zur Umgestaltung seines Arbeitsverhältnisses wegen Kinderbetreuung nicht eingegangen zu werden. Soweit er rügt, die aus der früheren Tätigkeit erzielten Einkünfte hätten ihm auch deshalb nicht fiktiv zugerechnet werden dürfen, weil es sich um überobligationsmäßige Einkünfte gehandelt habe, ist ein Verfassungsverstoß nicht ersichtlich.
4. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Seidl, Seibert, Hömig
Fundstellen
Haufe-Index 1134538 |
NJW 1996, 915 |
NVwZ 1996, 579 |