Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde betrifft vornehmlich die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Minderheitsaktionären gegen Barabfindung (Squeeze out) im Stadium der Abwicklung einer Aktiengesellschaft.
I.
1. Die Beschwerdeführer und Kläger des Ausgangsverfahrens waren Minderheitsaktionäre der beklagten Aktiengesellschaft. Hauptaktionärin mit einem Anteil von über 97 % am Grundkapital ist die Streithelferin der Beklagten im Ausgangsverfahren, die D… AG. Durch Beschluss ihrer Hauptversammlung wurde die Beklagte zum Ende des Jahres 2000 aufgelöst. Sie befindet sich seither in der Abwicklung. Im Juli 2003 beschloss die Hauptversammlung der Beklagten die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin gegen Barabfindung (§ 327a AktG). Die Höhe der Barabfindung war zuvor von einer durch die Beklagte beauftragten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ermittelt und von einem auf Vorschlag der Hauptaktionärin gerichtlich bestellten sachverständigen Prüfer (§ 327c Abs. 2 Satz 3 AktG), der zeitgleich tätig war, geprüft und bestätigt worden. Die Beschwerdeführer erhoben Klage gegen den Beschluss der Hauptversammlung über ihren Ausschluss als Minderheitsaktionäre.
Das Landgericht wies die Klagen ab. Die Berufungen der Beschwerdeführer blieben ohne Erfolg (OLG Köln, DStR 2005, S. 1953). Die vom Oberlandesgericht zugelassenen Revisionen wies der Bundesgerichtshof zurück (veröffentlicht in ZIP 2006, S. 2080 ff.). Zur Begründung führte er unter anderem aus, der Ausschluss von Minderheitsaktionären gegen Barabfindung im Stadium der Abwicklung einer Gesellschaft sei auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Durch die Abwicklung ändere sich nur der Gesellschaftszweck; die Gesellschaft bleibe als solche bestehen. Auch nach der Änderung des Gesellschaftszwecks seien unternehmerische Entscheidungen erforderlich, die durch die Wahrnehmung von Aktionärsrechten durch Minderheitsaktionäre behindert und verzögert werden könnten. Zudem sei selbst nach der Auflösung der Gesellschaft bis zum Beginn der Verteilung des Gesellschaftsvermögens eine erneute Zweckänderung hin zur werbenden Gesellschaft möglich.
2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG durch die angegriffenen Entscheidungen sowie mittelbar durch die §§ 327a-f AktG, § 305 Abs. 3 Satz 3 AktG und § 15 Abs. 2 UmwG.
II.
Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde, der grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zukommt, hat keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die Vorschriften über den Ausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze out) nach den §§ 327a ff. AktG sind mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 – 1 BvR 390/04 –, ZIP 2007, S. 1261). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer begegnet es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die Fachgerichte den Squeeze out auch im Stadium der Abwicklung einer Gesellschaft für zulässig erachten.
a) Das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) gewährleistet das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist (vgl. BVerfGE 25, 371 ≪407≫; 50, 290 ≪339≫; 100, 289 ≪301≫). Der Schutz erstreckt sich auf die mitgliedschaftliche Stellung in einer Aktiengesellschaft, die das Aktieneigentum vermittelt. Aus dieser Stellung erwachsen dem Aktionär im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Gesellschaftssatzung sowohl Leitungsbefugnisse als auch vermögensrechtliche Ansprüche (vgl. BVerfGE 14, 263 ≪276≫; 100, 289 ≪301 f.≫).
Das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) schließt es indessen nicht grundsätzlich aus, Aktien einer Minderheit auch gegen deren Willen auf den Hauptaktionär zu übertragen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. August 2000 – 1 BvR 68/95, 1 BvR 147/97 –, NJW 2001, S. 279 f.). Bei den Vorschriften zum Squeeze out (§§ 327a ff. AktG) handelt es sich um eine verhältnismäßige und somit verfassungsrechtlich zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums. Der Gesetzgeber verfolgt damit einen legitimen Zweck. Dieser liegt darin, Behinderungen des Hauptaktionärs, dem Aktien in Höhe von wenigstens 95 % des Grundkapitals gehören müssen (§ 327a AktG), bei der Unternehmensführung durch die Inhaber von Klein- und Kleinstbeteiligungen zu vermeiden (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BTDrucks 14/7034, S. 31 f.). Dabei musste er die Möglichkeit des Ausschlusses nicht davon abhängig machen, ob im Einzelfall konkrete unternehmerische Gründe hierfür vorliegen würden. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass die Minderheitsaktionäre vollen Wertersatz für den Verlust der Aktien erhalten und zudem effektiven Rechtsschutz in Anspruch nehmen können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 – 1 BvR 390/04 –, ZIP 2007, S. 1261, unter Bezugnahme auf BVerfGE 100, 289 ≪303≫).
b) Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlich zulässiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums sind vornehmlich Sache der Zivilgerichte. Diese müssen allerdings dem durch die zivilrechtlichen Normen ausgestalteten und eingeschränkten Grundrecht Rechnung tragen, damit dessen wertsetzende Bedeutung auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGK 1, 265, ≪268≫).
c) Daran gemessen begegnet die Anwendung der Vorschriften zum Squeeze out auch im Stadium der Abwicklung einer Gesellschaft keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie steht im Einklang mit den vom Bundesverfassungsgericht zum Squeeze out im Allgemeinen herausgearbeiteten Grundsätzen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 30. Mai 2007 – 1 BvR 390/04 –, ZIP 2007, S. 1261) und lässt die wertsetzende Bedeutung des Eigentumsgrundrechts nicht außer Acht. Die in den angegriffenen Entscheidungen angestellten Erwägungen hierzu sind überdies gut vertretbar, so dass auch eine Verletzung des allgemeinen Gleicheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) ersichtlich nicht in Betracht kommt.
aa) Dem Wortlaut der aktienrechtlichen Regelung über den Squeeze out und der Gesetzesbegründung lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Verfolgung seines generellen Ziels die Möglichkeit des Squeeze out auf die werbende Gesellschaft beschränken wollte. Die Auslegung und Anwendung der Squeeze-out-Vorschriften auf die Gesellschaft in Abwicklung steht vielmehr systematisch im Einklang mit § 264 Abs. 3 AktG: Danach sind mangels besonderer Regelungen auf die abzuwickelnde Gesellschaft weiter die Vorschriften für die nicht aufgelöste Gesellschaft anzuwenden, sofern der Zweck der Abwicklung nicht entgegensteht.
bb) Das Verständnis der Regelung, das die Fachgerichte ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben, entspricht dem generellen legitimen Zweck der Vorschriften; es ist zudem mit dem Zweck der Abwicklung der Gesellschaft nicht unvereinbar.
Der Bundesgerichtshof hat dies überzeugungskräftig näher ausgeführt und hervorgehoben, der legitime Zweck des Squeeze out komme auch in der Situation der Abwicklung einer Gesellschaft zum Tragen; ein Ausschluss von Minderheitsaktionären könne zugleich der Abwicklung förderlich sein. Begründet wird diese von den Beschwerdeführern beanstandete Auffassung vornehmlich damit, dass die Auflösung der Gesellschaft zunächst lediglich eine Änderung des Gesellschaftszwecks zur Folge habe, nicht jedoch den Wegfall der Gesellschaft bewirke. Demgemäß seien auch im Stadium der Abwicklung noch unternehmerische Entscheidungen zu treffen, die durch die Wahrnehmung minderheitsschützender Rechte verzögert und erschwert werden könnten. Dass es sich so verhält, liegt auf der Hand: Denn die Abwickler haben die laufenden Geschäfte zu beenden, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen. Dazu dürfen grundsätzlich auch neue Geschäfte eingegangen werden (vgl. § 268 Abs. 1 AktG).
Auch gegen die weitere Erwägung des Bundesgerichtshofs, dass nach § 274 AktG vor Beginn der Vermögensverteilung die Fortsetzung der Gesellschaft beschlossen werden kann und auch mit Blick darauf ein beachtliches Interesse an einer möglichst einfachen Unternehmensführung bestehen kann, ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern. Soweit die Beschwerdeführer demgegenüber darauf hinweisen, dass eine solche erneute Zweckänderung nicht dem Regelfall entspreche, mag dies zutreffen. Es ändert aber an der Tragfähigkeit dieses Gesichtspunktes nichts, da es insoweit nur auf die bestehende Möglichkeit einer erneuten Zweckänderung ankommt. Zudem könnte vor dem Beginn der Vermögensverteilung die von den Beschwerdeführern angestrebte Differenzierung zwischen einem Squeeze out im werbenden Zustand und einem Squeeze out während der Abwicklung der Gesellschaft leicht dadurch umgangen werden, dass nach einer erneuten Zweckänderung der abzuwickelnden Gesellschaft hin zu einer werbenden ohnehin die Möglichkeit eröffnet wäre, die Minderheitsaktionäre auszuschließen.
Das Grundrecht der Beschwerdeführer auf Eigentum wird mithin – wie beim Ausschluss aus einer werbenden Gesellschaft – dadurch gewahrt, dass ihnen eine Barabfindung zusteht, die vollen Wertersatz sicherstellen muss, und sowohl der Übertragungsbeschluss der Hauptversammlung als auch die Höhe der Barabfindung richterlicher Überprüfung zugänglich sind.
cc) Sonstige Gründe, die die Anwendung der Vorschriften über den Ausschluss von Minderheitsaktionären auf einen Übertragungsbeschluss der Hauptversammlung einer in Abwicklung befindlichen Aktiengesellschaft als nicht vertretbar erscheinen lassen könnten (Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Willkürverbot), sind nicht erkennbar. Dies entspricht im Übrigen der ganz herrschenden Auffassung in der Literatur (MünchKommAktG/Grunewald, 2. Aufl., § 327a Rn. 4; Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 327a Rn. 6; Fleischer, in: Großkomm. z. AktG, 4. Aufl., § 327a Rn. 5; Habersack, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 3. Aufl., § 327a Rn. 12; Buchta, sj 2007, S. 42; ders., sj 2006, S. 43 ≪45≫; Bungert, BB 2006, S. 2761; Wilsing/Siebmann, DB 2006, S. 2509; Döser, LMK 2006, 204395; Goslar, EWiR 2006, S. 673; Buchta/Sasse, DStR 2004, S. 958 ≪960 f.≫; a.A. Koppensteiner, in: Kölner Komm. z. AktG, 3. Aufl., Vor § 327a Rn. 6). Anhaltspunkte für einen an treuwidrigen Zielen orientierten Ausschluss konnten im Ausgangsverfahren nicht festgestellt werden.
2. Soweit die Beschwerdeführer sich gegen die Beurteilung der Gerichte wenden, wonach Auswahl, Bestellung und Tätigkeit des sachverständigen Prüfers (§ 327c Abs. 2 Satz 3 AktG) nicht zu beanstanden sei, genügt ihr Vorbringen mangels hinreichend differenzierter (vgl. BVerfGE 82, 43 ≪49≫; 83, 82 ≪83 f.≫) und insbesondere verfassungsrechtlich erheblicher Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen nicht den gesetzlichen Begründungserfordernissen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG (vgl. BVerfGE 6, 132 ≪134≫; 9, 109 ≪114 f.≫; 81, 208 ≪214≫).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Bryde, Eichberger, Schluckebier
Fundstellen