Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung des Gewerbeertrags bei Grundstücksgesellschaften
Leitsatz (redaktionell)
Soweit Grundstücksgesellschaften die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nur vornehmen dürfen, wenn Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes die Haupttätigkeit bilden und Errichtung und Veräußerung von Eigentumswohnungen nur von untergeordneter Bedeutung sind, ist dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 S. 2; GG Art. 3 Abs. 2
Verfahrensgang
Gründe
1. Die Beschwerdeführerin rügt die Auslegung und Anwendung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG 1961/62 durch den Bundesfinanzhof im angefochtenen Urteil vom 7. April 1967 (BStBl. 1967 III S. 559) und fühlt sich dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, daß ihr diese Steuervergünstigung versagt worden sei, weil sie im Erhebungszeitraum nur ganz unbedeutenden eigenen Grundbesitz verwaltet und genutzt habe.
Nach der Rechtsprechung des VI. Senats setzt die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG voraus, daß die Haupttätigkeit des die Vergünstigung begehrenden Unternehmens die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes ist. Der IV Senat (Urteil vom 26. Oktober 1967, BStBl. 1968 II S. 16) und der I. Senat (Vorbescheid vom 10. Juli 1968 – I 218/65 –) haben sich dieser. Auffassung angeschlossen.
2. Das BVerfG kann nicht nachprüfen, ob diese vom Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung vorgenommene Auslegung richtig ist (vgl. BVerfGE 13, 318 [325]; 18, 85 [92]; 21, 209 [216]; Beschluß vom 14. Januar 1969 – 1 BvR 136/62 –). Die verfassungsrechtliche Prüfung muß sich vielmehr darauf beschränken, ob das angefochtene Urteil des Bundesfinanzhofs das geltend gemachte Grundrecht verletzt oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Grundrechts beruht, insbesondere ob das Auslegungsergebnis des Bundesfinanzhofs unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG willkürlich ist oder den in dieser Vorschrift verbürgten Grundsatz der Steuergerechtigkeit verletzt.
a) Die vom Bundesfinanzhof vorgenommene Auslegung des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG stellt eine nach Wortlaut, Sinnzusammenhang und Zweckbestimmung der Vorschrift mögliche und mit guten Gründen vertretbare Gesetzesanwendung dar, die der Systematik des Gewerbesteuergesetzes und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift gerecht und auch im Schrifttum überwiegend gebilligt wird (vgl. Lenski/Steinberg, 1.-2. Aufl., § 9 Ziff. 1 GewStG, Anm. 15; Littmann, FR 1968 S. 219; Hartz/v. Bornhaupt, FR 1968 S. 34 f.; Grieger, BB 1968 S. 201). Sie ist schon deshalb nicht willkürlich (vgl. BVerfGE 24, 112 [117]). Ob daneben vom einfachen Recht her gesehen noch eine andere Auslegung möglich und welcher der Vorrang zu geben ist, kann vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht geprüft werden.
b) Dieses Auslegungsergebnis verletzt auch nicht den in Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Grundsatz der Steuergerechtigkeit und der Praktikabilität.
§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG enthält für Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Kaufeigenheime, Kleinsiedlungen und Eigentumswohnungen i. S. des Ersten Teils des Wohnungseigentumsgesetzes vom 15. März 1951 (BGBl. I S. 175) errichten und veräußern, eine selbständige Steuervergünstigung. Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers sollten diese Unternehmen, wenn sie den sozialen Wohnungsbau in der angeführten Weise fördern und ihren Bestand an Grundbesitz hierfür einsetzen, gewerbesteuerlich genau so gestellt werden wie die gemeinnützigen Wohnungsunternehmen, mit denen sie dann in Wettbewerb treten.
Allerdings treten die Grundstücks(verwaltungs)unternehmen in diesem begrenzten Tätigkeitsbereich auch mit den freien Wohnungs(bau)unternehmen in Wettbewerb, die wegen ihrer andersartigen (Haupt-)Tätigkeit und Zielsetzung (Errichtung und Veräußerung von Wohnungsbauten) von der Steuervergünstigung ausgeschlossen sind. Sie besitzen jedoch durch die Gewerbesteuervergünstigung der Veräußerungserträge keine nennenswerten Vorteile, da die Errichtung und Veräußerung von Kaufeigenheimen etc. nur von ganz untergeordneter Bedeutung sein dürfen. Geringfügiges kann auch im Steuerrecht außer Betracht bleiben. Diese Differenzierung nach dem überwiegenden Unternehmenszweck ist von der Sache her vertretbar und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen