Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

 

Gründe

Annahmegründe sind nicht gegeben. Bestimmten Fragen, die im Zusammenhang mit den Datenerhebungs- und -verarbeitungsbestimmungen des Polizeigesetzes Baden-Württemberg (PolG BW) aufgeworfen werden, kommt zwar grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil sie nicht den Begründungsanforderungen der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG genügt.

Die für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde erforderliche Beschwerdebefugnis setzt voraus, daß sich aus dem Sachvortrag mit hinreichender Deutlichkeit die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ergibt. Wird eine Verfassungsbeschwerde gegen gesetzliche Bestimmungen eingelegt, ist die gesonderte Darlegung einer eigenen, unmittelbaren und gegenwärtigen Betroffenheit erforderlich (vgl. BVerfGE 1, 97 ≪101 ff.≫; 18, 1 ≪11 ff.≫; 60, 360 ≪369 ff.≫; 74, 297 ≪318 ff.≫; 91, 294 ≪305≫; stRspr). Diese Voraussetzungen sollen sicherstellen, daß eine Verfassungsbeschwerde zulässigerweise erst erhoben werden kann, wenn eine konkrete Beschwer vorliegt (vgl. BVerfGE 90, 128 ≪136≫). Kann ein Grundrechtsträger nach der gesetzlichen Ausgestaltung und nach dem tatsächlichen Geschehensablauf nicht wissen, ob er tatsächlich von gesetzlich zugelassenen Eingriffsmaßnahmen betroffen ist, reicht es aus, wenn er darlegt, daß er mit einiger Wahrscheinlichkeit in seinen Grundrechten verletzt sei (BVerfGE 67, 157 ≪169 f.≫). Dadurch werden die Anforderungen an die Begründung mit Rücksicht auf den erreichbaren Kenntnisstand modifiziert. Ein substantiiertes Vorbringen wird aber keineswegs in jeder Hinsicht entbehrlich.

Die Anforderungen an eine substantiierte Begründung erfüllt das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht. Das gilt bereits deshalb, weil der Beschwerdeführer ohne jegliche Differenzierung sämtliche Bestimmungen der §§ 19 bis 25, 37 bis 46 PolG BW rügt. Werden Gesetzesvorschriften mit einer Verfassungsbeschwerde angegriffen, reicht es aber nicht aus, das gesamte Gesetz undifferenziert zu deren Gegenstand zu machen. Vielmehr müssen die einzelnen Bestimmungen, durch die ein Beschwerdeführer seine Grundrechte verletzt sieht, exakt bezeichnet werden (vgl. Kley, in: Umbach/Clemens ≪Hrsg.≫, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 1992, zu § 92 Rn. 12).

Seine umfassende Rüge begründet der Beschwerdeführer damit, die angegriffenen Regelungen ließen die Grenzen der Eingriffsmöglichkeiten nicht hinreichend bestimmt erkennen, deshalb könne er nicht mehr wissen, welche Daten polizeiliche Stellen über ihn sammelten und womöglich noch übermittelten. Es ist aber zum einen unzutreffend, daß Personen, die von den mit den angegriffenen Vorschriften zugelassenen polizeilichen Maßnahmen betroffen sind, von diesen grundsätzlich nichts erfahren. Im Grundsatz sind vielmehr Kenntnischancen vorgesehen (vgl. etwa §§ 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 22 Abs. 8 Satz 1, 23 Abs. 4, 25 Abs. 4, 45 PolG BW), selbst wenn sich daran zahlreiche Einschränkungen anschließen. Die gerügten Eingriffsermächtigungen sind darüber hinaus jeweils an mehr oder weniger weitreichende tatbestandliche Voraussetzungen geknüpft. Auch wenn der Beschwerdeführer Kenntnisregelungen und Eingriffsbefugnisse für unzureichend und für zu unbestimmt hält, entbindet ihn dies nicht von einem Vortrag, mit dem er darlegt, daß gerade er unter die entsprechende Vorschrift fällt, ohne von den entsprechenden polizeilichen Maßnahmen zu erfahren.

Mit seiner Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer auch Bestimmungen an, die für den Fall, daß er überhaupt von den in einer Norm geregelten Maßnahmen betroffen ist, ausschließlich günstige Folgen hätten. Das gilt insbesondere für die – gegebenenfalls an Voraussetzungen geknüpften und mit Einschränkungen verbundenen – Löschungsvorschriften (vgl. §§ 21 Abs. 3, 22 Abs. 7, 23 Abs. 3 Satz 2, 25 Abs. 3 PolG BW) sowie die allgemeine – ebenfalls angegriffene – Vorschrift des § 46 PolG BW über die Löschung, Sperrung und Berichtigung von Daten.

Der Beschwerdeführer setzt sich mit den gesetzlichen Regelungen so gut wie nicht auseinander. Damit legt er seine Betroffenheit aber nicht in einer den Begründungsanforderungen entsprechenden Weise dar. Selbst die Landesbeauftragte für den Datenschutz Baden-Württemberg geht davon aus, daß die Voraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen ein Gesetz allenfalls insoweit erfüllt seien, als diese sich gegen die §§ 22 und 23 PolG BW wende. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, sich aus einer pauschalen Rüge einer Vielzahl von Normen diejenigen herauszusuchen, die der Beschwerdeführer bei hinreichendem Vortrag unter Umständen zulässigerweise rügen könnte.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Papier, Grimm, Hömig

 

Fundstellen

Haufe-Index 1276101

NJW 1999, 1390

NVwZ 1998, 1287

DVP 1999, 306

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