Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 12.11.2008; Aktenzeichen 2 A 2918/07) |
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 27.09.2007; Aktenzeichen 2 A 2894/05) |
VG Köln (Urteil vom 16.06.2005; Aktenzeichen 13 K 4411/01) |
Tenor
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 16. Juni 2005 – 13 K 4411/01 – verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Die Sache wird an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.
Damit werden die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. September 2007 – 2 A 2894/05 – und vom 12. November 2008 – 2 A 2918/07 – gegenstandslos.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft einen Rechtsstreit aus dem Bereich des Vertriebenenrechts.
I.
1. Das Bundesverwaltungsamt erteilte dem Beschwerdeführer, seiner zweiten Ehefrau und zwei weiteren Personen unter dem 20. Oktober 1994 einen Aufnahmebescheid. Sie reisten am 8. April 1995 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Im Ausgangsverfahren begehrte der Beschwerdeführer zuletzt die Einbeziehung seines am 30. Oktober 1978 in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Sohnes R. S. in seinen Aufnahmebescheid auf der Grundlage von § 27 des Bundesvertriebengesetzes (BVFG).
2. a) Am 22. Juni 1995 stellte der Beschwerdeführer einen Aufnahmeantrag für seinen Sohn R. S. und beantragte für den Fall, dass die Erteilung eines eigenen Aufnahmebescheids nicht möglich sein sollte, die Einbeziehung seines Sohnes in seinen (des Beschwerdeführers) Aufnahmebescheid. Zwischen den Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist streitig, ob der Beschwerdeführer bereits vor seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland einen Antrag gestellt hatte, in den auch sein Sohn R. S. aufgenommen war. Dabei geht es nicht nur darum, ob im Juli 1992 oder im Jahre 1993 überhaupt ein auf R. S. bezogener Antrag gestellt wurde, sondern auch darum, ob diesem weiteren Antrag eine Geburtsurkunde für R. S. beigefügt war.
b) Das Bundesverwaltungsamt lehnte den Aufnahmeantrag vom 22. Juni 1995 ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob R. S. zunächst selbst eine Verpflichtungsklage, die ab dem Jahr 2005 von dem Beschwerdeführer fortgeführt wurde. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 16. Juni 2005 stellte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mehrere Hilfsbeweisanträge. Einer dieser Anträge war darauf gerichtet, den Beschwerdeführer „über die Umstände der Einreichung des 2. Antragsformulars und über dessen Inhalt zum gleichen Sachverhalt zu hören und Frau U. S. (die zweite Ehefrau des Beschwerdeführers) als Zeugin zu hören”.
c) Das Verwaltungsgericht Köln wies die Klage mit dem angegriffenen Urteil vom 16. Juni 2005 ab. Zur Begründung heißt es unter anderem: Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf die begehrte Einbeziehung, als deren Rechtsgrundlage nur § 27 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 BVFG in Betracht komme. Die Einbeziehung des R. S. erfordere daher das Vorliegen einer besonderen Härte. Deren Voraussetzungen seien aber nicht erfüllt. Zwar könnten auch im Aufnahmeverfahren selbst liegende Gründe eine Härte im Sinne dieser Vorschrift darstellen. So könne es grundsätzlich eine verfahrensbedingte Härte darstellen, dem Einzubeziehenden bezüglich seines Anspruchs auf Einbeziehung die vorzeitige Ausreise der Bezugsperson entgegenzuhalten, wenn bei objektiver Betrachtungsweise dem Bundesverwaltungsamt im Rahmen der ihm obliegenden Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen eine Zusammenführung der Aufnahmeverfahren möglich gewesen wäre und eine Einbeziehung noch hätte erfolgen können, bevor die Bezugsperson das Aussiedlungsgebiet verlassen habe. Dabei sei der Behörde eine angemessene Bearbeitungszeit zuzubilligen. Eine solche Einbeziehung binnen angemessener Bearbeitungszeit setze freilich stets voraus, dass der Einbeziehungsantrag entscheidungsreif sei. Da bei einer Einbeziehung von Abkömmlingen im Wesentlichen das Abkömmlingsverhältnis zu prüfen sei, sei für einen solchen entscheidungsreifen Antrag auf Einbeziehung zumindest die Darlegung und Glaubhaftmachung des Abkömmlingsverhältnisses etwa durch Vorlage der Geburtsurkunde oder vergleichbarer Dokumente erforderlich. Gemessen an diesen Maßstäben lägen die Voraussetzungen für eine verfahrensbedingte Härte nicht vor. Die Stellung eines zweiten Aufnahmeantrags im Jahre 1992, der auch auf R. S. erstreckt sei, könne prozessual als wahr unterstellt werden. Dieser als wahr unterstellte Aufnahmeantrag sei jedoch nicht entscheidungsreif gewesen. Denn die Abstammung des R. S. von dem Beschwerdeführer sei nicht glaubhaft gemacht worden, da diesem Antrag nicht – wie zur Annahme einer verfahrensbedingten Härte erforderlich – eine Geburtsurkunde des Sohnes R. beigefügt gewesen sei, die die Abstammung nachgewiesen hätte. Soweit mit dem in der mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag auf Anhörung des Beschwerdeführers und seiner jetzigen Frau zu den Umständen der Einreichung des zweiten Antragsformulars und dessen Inhalt auch unter Beweis gestellt werden sollte, dass dem zweiten Aufnahmeantrag die Geburtsurkunde von R. S. beigefügt gewesen sei, sei diesem Antrag nicht zu entsprechen gewesen. Denn ein dahingehender Inhalt könne dem Wortlaut des zweiten Antrags nicht entnommen werden. Zudem wäre ein solcher Beweisantrag auch auf eine unzulässige Ausforschung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau gerichtet. Denn die Prozessbevollmächtigen des Beschwerdeführers hätten zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht, dass dem hier prozessual unterstellten zweiten Aufnahmeantrag die Geburtsurkunde des Sohnes R. beigefügt gewesen sei. Das gelte sowohl für das Verwaltungsverfahren als auch für das gerichtliche Verfahren. Dann könne eine solche Tatsache aber nicht durch eine Beweisaufnahme erst ermittelt werden.
3. a) Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. September 2007 lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab. Der Beschwerdeführer habe keinen Anspruch auf Einbeziehung seines Sohnes in den Aufnahmebescheid, da sich nicht feststellen lasse, dass die Versagung des Einbeziehungsbescheides eine besondere Härte darstellen würde. Es fehle an der Stellung eines entscheidungsreifen Einbeziehungsantrags vor der Ausreise des Beschwerdeführers. Das Verwaltungsgericht sei auch nicht gehalten gewesen, dem im Termin zur mündlichen Verhandlung hilfsweise gestellten Beweisantrag nachzugehen. Denn abgesehen davon, dass es sich bei diesem Antrag lediglich um eine bloße Beweisanregung gehandelt habe, die das Verwaltungsgericht mangels Benennung konkreter Tatsachen nicht zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen habe veranlassen müssen, wäre selbst einem entsprechenden unbedingten Beweisantrag nicht nachzugehen gewesen. Es hätte sich nämlich mangels Benennung konkreter unter Beweis gestellter Tatsachen insoweit um einen unzulässigen, auf Ausforschung gerichteten Beweisantrag gehandelt. Die Beweisaufnahme müsse daher nicht in einem Berufungsverfahren nachgeholt werden.
b) Der Beschwerdeführer erhob eine Anhörungsrüge, die das Oberverwaltungsgericht mit dem angegriffenen Beschluss vom 12. November 2008 zurückwies.
Entscheidungsgründe
II.
1. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 103 Abs. 1 GG. Der Zulassungsantrag habe nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden dürfen, der Eingang der Unterlagen bei dem Bundesverwaltungsamt sei nicht nachgewiesen worden, denn das Verwaltungsgericht habe den Eingang der Unterlagen als wahr unterstellt. Seine Beweisanträge seien keine Ausforschungsanträge gewesen.
2. Das Bundesverwaltungsgericht, das Bundesverwaltungsamt und das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hatten Gelegenheit, zu der Verfassungsbeschwerde Stellung zu nehmen.
III.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung an und gibt ihr, da die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 BVerfGG vorliegen, statt, soweit sich der Beschwerdeführer gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wendet. Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts werden damit gegenstandslos.
Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es seinem Hilfsbeweisantrag nicht nachgegangen ist (1). Dieser Verfassungsverstoß ist durch den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 27. September 2007 nicht geheilt worden (2). Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auch auf dem Verfassungsverstoß (3).
1. Das Verwaltungsgericht hat dadurch, dass es den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag in den Gründen seines Urteils abgelehnt und weder den Beschwerdeführer angehört noch seine Frau als Zeugin vernommen hat, gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Denn mit dieser Vorgehensweise hat das Verwaltungsgericht den Tatsachenstoff, den ihm der Beschwerdeführer unterbreitet hat, in einem entscheidenden Punkt nicht ausreichend berücksichtigt, ohne dass dafür eine tragfähige Grundlage gegeben wäre.
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Damit das Bundesverfassungsgericht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen kann, müssen im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 47, 182 ≪187 f.≫; 70, 288 ≪293≫; 80, 269 ≪286≫). Ferner gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen. Gleichwohl ist auch in Verfahren, in denen wie im Verwaltungsprozess der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, das Gericht zwar nicht verpflichtet, Beweisanträge zu berücksichtigen, wenn es die angebotenen Beweise nach dem sonstigen Ermittlungsergebnis für nicht sachdienlich oder aus Rechtsgründen für unerheblich hält, darf aber eine derartige Nichtberücksichtigung nicht auf sachfremde Erwägungen stützen (vgl. BVerfGE 79, 51 ≪62≫), einen Beweisantrag also nicht aus Gründen ablehnen, die im Prozessrecht keine Stütze finden (vgl. BVerfGE 50, 32 ≪36≫). Für hilfsweise für den Fall ihrer Entscheidungserheblichkeit gestellte Beweisanträge gilt insoweit nichts anderes, als Art. 103 Abs. 1 GG auch verletzt wird, wenn ihnen nicht nachgegangen wird, obgleich dies im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Februar 1992 – 2 BvR 633/91 –, NVwZ 1992, S. 659 ≪660≫ sowie etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 1999 – BVerwG 9 B 81.99 –, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 302). Dass diese Beweisanträge nicht unbedingt gestellt sind, entbindet das Gericht lediglich von der verfahrensrechtlichen Pflicht des § 86 Abs. 2 VwGO, über sie vorab durch Gerichtsbeschluss zu entscheiden, nicht aber von den sonst für die Behandlung von Beweisanträgen geltenden verfahrensrechtlichen Bindungen, wenn sie sich als erheblich erweisen (vgl. Dawin, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 86 Rn 86).
b) Sachfremde Erwägungen ohne tragfähige Grundlage im Prozessrecht liegen hier vor.
Dies gilt zunächst für die Ablehnung des auf Anhörung des Beschwerdeführers und Vernehmung seiner Ehefrau gerichteten Hilfsbeweisantrags im Urteil des Verwaltungsgerichts. Der Antrag war darauf gerichtet, „die Umstände der Einreichung des 2. Antragsformulars und … dessen Inhalt” näher aufzuklären. Dabei handelt es sich nicht um einen auf Ausforschung gerichteten und damit als unzulässig ablehnbaren Beweisantrag, denn er bezog sich auf einen klar umrissenen Tatsachenkomplex und nicht darauf, dass – wie es für einen Ausforschungsbeweisantrag kennzeichnend wäre – die tatsächlichen Grundlagen für das Begehren des Beschwerdeführers auf Behauptungen hin, für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, erst ermittelt werden sollten (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 –, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60, m.w.N.). Die Formulierung „Umstände der Einreichung des 2. Antragsformulars” in dem Hilfsbeweisantrag bezeichnet mit der „Einreichung” einen tatsächlichen Sachverhalt – die Erstellung eines Einbeziehungsantrags und seine Übermittlung an das Bundesverwaltungsamt –, dessen Ablauf im Einzelnen näher ermittelt werden sollte. Auch wenn sich diese Aufklärungsmaßnahmen auf zusätzliche Tatsachen – die Einzelheiten der Fertigung und Versendung des Antrags, gegebenenfalls mit beigefügten Urkunden – beziehen sollten, liegt ihnen mit der „Einreichung” doch jedenfalls ein bestimmter Tatsachenkern zugrunde. Der Hilfsbeweisantrag war damit nicht allein auf eine bloße Ermittlung weiterer Tatsachen gerichtet, auf die Art. 103 Abs. 1 GG den Prozessbeteiligten keinen Anspruch gibt (vgl. BVerfGE 63, 45 ≪60≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 1988 – 2 BvR 1324/87 –, BayVBl. 1988, S. 268 ≪270≫). Ein derartiges Verständnis des Hilfsbeweisantrags liegt auf der Hand und war im Hinblick auf die in § 86 Abs. 3 VwGO normierten Pflichten des Gerichts auch verwaltungsprozessrechtlich geboten.
Dass der Beschwerdeführer sein Begehren hinreichend substantiiert geltend gemacht hat, wird im Grunde schon aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts selbst deutlich, das die Stellung des Einbeziehungsantrags als solche ausdrücklich als wahr unterstellt hat; eine „Wahrunterstellung” kann sich, soweit sie verwaltungsprozessual überhaupt zulässig ist, indessen ihrerseits nur auf Tatsachen beziehen (vgl. BVerwGE 77, 150 ≪155 ff.≫). Es entbehrt jedoch jeder Überzeugungskraft, einerseits diese Antragstellung und damit eine Tatsache als gegeben anzunehmen und zur Grundlage der rechtlichen Würdigung zu machen, andererseits aber hinsichtlich der näheren Umstände dieses Geschehens das Fehlen hinreichend substantiierten tatsächlichen Vortrags anzunehmen und aus diesem Grunde die beantragte Sachverhaltsaufklärung zu unterlassen.
Vielmehr drängt es sich auf, dass bereits in dem in Rede stehenden Hilfsbeweisantrag die – vom Verwaltungsgericht vermisste – Geltendmachung der Vorlage auch der Geburtsurkunde zu sehen ist. Die einfach- wie verfassungsrechtlich gebotene sachdienliche Deutung des Hilfsbeweisantrags ergibt hier ohne weiteres, dass mit ihm die Einreichung eines vollständigen und entscheidungsreifen Einbeziehungsantrags unter Beweis gestellt werden sollte, gerade weil nach den Entscheidungsgründen des verwaltungsgerichtlichen Urteils die Voraussetzungen der von der Einreichung einer Geburtsurkunde abhängigen Entscheidungsreife des Einbeziehungsantrags offenbar Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung waren. Das Verwaltungsgericht konnte daher schwerlich davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Hilfsbeweisantrag nicht auch eine Aufklärung dieser ihm günstigen Umstände erstrebte. Schon gar nicht durfte es die lebensfremd wirkende „Spaltung” des Hilfsbeweisantrags in den als wahr unterstellten Teil (Stellung des Antrags) und in den vermeintlich nicht hinreichend substantiierten Teil (Beifügung der Geburtsurkunde) vornehmen.
2. Dieser Mangel des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist im Berufungszulassungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht nicht geheilt worden, denn auch die Begründung, mit der das Oberverwaltungsgericht eine nähere Aufklärung des Sachverhalts ablehnt, ist in sich nicht schlüssig und findet im Prozessrecht keine Stütze.
Das Oberverwaltungsgericht zitiert selbst das Vorbringen des Beschwerdeführers im Zulassungsverfahren, dieser habe einen Antrag unter Beigabe der Geburtsurkunde an das Bundesverwaltungsamt „abgegeben”. Dies stellt eine nahe liegende Präzisierung des schon im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Lebenssachverhalts dar. Damit aber hat der Beschwerdeführer den von ihm bewirkten Zugang eines vollständigen Antrags beim Bundesverwaltungsamt geltend gemacht. Ein tragfähiger Grund dafür, weshalb der Beschwerdeführer und seine Ehefrau zu den Umständen der Stellung des zweiten Antrags nicht zu befragen sein sollten, zumal es sich dabei um Vorgänge handelt, die sich ausschließlich in der Sphäre des Beschwerdeführers abgespielt haben (vgl. zu diesem Gesichtspunkt auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Juni 1993 – 2 BvR 1815/92 –, NVwZ 1994, S. 60 ≪61≫), wird vom Oberverwaltungsgericht nicht aufgezeigt und ist auch nicht erkennbar.
3. Das angegriffene Urteil beruht auch auf dem Gehörsverstoß. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Verwaltungsgericht bei einer Erhebung des angebotenen Beweises die rechtzeitige Stellung eines entscheidungsreifen Einbeziehungsantrags festgestellt hätte und auf dieser Grundlage zu einer dem Beschwerdeführer günstigen Entscheidung gekommen wäre.
Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.
Unterschriften
Papier, Eichberger, Masing
Fundstellen