Entscheidungsstichwort (Thema)

Angriff von Zwischenentscheidungen

 

Beteiligte

Rechtsanwalt Harald Martin

 

Verfahrensgang

OLG Koblenz (Zwischenurteil vom 23.10.2001; Aktenzeichen 1 Ws 1269, 1270/01)

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

 

Gründe

Die einstweilige Anordnung kann nicht ergehen.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Wegen ihrer Funktion, die Wirkung und Bedeutung einer noch zu erwartenden Entscheidung in der Hauptsache zu sichern, ist für ihren Erlass dann kein Raum, wenn eine – noch zu erhebende – Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen würde.

So liegt es hier. Eine Annahme der gegen die Ablehnung der Verlegung des Hauptverhandlungstermins gerichteten Verfassungsbeschwerde käme nicht in Betracht. Sie wäre unzulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können Zwischenentscheidungen, zu denen auch Terminsladungen zählen, grundsätzlich nicht mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden (vgl. BVerfGE 78, 58 ≪67 f.≫; 101, 106 ≪120≫). Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nur in Fällen, in denen ein dringendes schutzwürdiges Interesse daran besteht, dass über die Verfassungsmäßigkeit der Zwischenentscheidung sofort und nicht erst in Verbindung mit der Überprüfung der Endentscheidung erkannt wird, weil bereits die Zwischenentscheidung einen bleibenden rechtlichen Nachteil für den Betroffenen zur Folge hat, der sich später nicht mehr oder nicht mehr vollständig beheben lässt (vgl. BVerfGE 51, 324 ≪342 ff.≫).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Antragsteller wird im Rahmen der Hauptverhandlung Gelegenheit haben, wegen Verhinderung seines Wahlverteidigers gemäß § 265 Abs. 4 StPO die Aussetzung der Hauptverhandlung zu beantragen. Im Falle fehlerhafter Ablehnung dieses Antrags wird er eine mögliche Beeinträchtigung seines Rechts, sich durch einen Verteidiger seines Vertrauens vertreten zu lassen, durch Erhebung einer auf die Verletzung von §§ 265 Abs. 4, 338 Nr. 8 StPO gestützten Verfahrensrüge geltend machen können. Damit wäre der behauptete Grundrechtsverstoß im fachgerichtlichen Verfahren beseitigt, ohne dass ein Nachteil für den Antragsteller bestehen bliebe. Bei dieser Sachlage muss es beim Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) bleiben.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

 

Unterschriften

Limbach, Hassemer, Mellinghoff

 

Fundstellen

Haufe-Index 667105

NStZ-RR 2002, 113

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