Am 13. Mai 1996 begab sich der 1959 geborene Beschwerdeführer von seinem bei Luckenwalde in Brandenburg gelegenen Wohnort in die HNO-Ambulanz des Universitätsklinikums Magdeburg, da er von der ihn behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie dorthin überwiesen worden war. Er hat die Vorstellung, daß ihm 1964 “Wanzen” in beide Ohren eingepflanzt worden seien, deren Entfernung er im Klinikum begehrte. Aufgrund dieses Vorbringens wurde er unverzüglich in die psychiatrische Ambulanz verbracht und am gleichen Tag auf der Grundlage von §§ 13 Abs. 1 Nr. 2, 15 PsychKG LSA in die geschlossene Einrichtung eingewiesen, da er eine stationäre Aufnahme ablehnte. Die behandelnden Ärzte sahen eine akute Fremdgefährdung, da der Beschwerdeführer erklärt hatte, er wolle mit dem Arzt, der ihm die Abhörwanzen implantiert haben soll, “abrechnen”. Der Beschwerdeführer behauptet, er sei 28 Stunden in voller Straßenkleidung und ohne Nahrungsaufnahme an das Bett gefesselt gewesen.
Am nächsten Tag regte der behandelnde Arzt beim Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – die Bestellung eines Betreuers an. Der zuständige Vormundschaftsrichter begab sich daraufhin am Nachmittag desselben Tages in die Klinik und hörte – nach Bestellung einer Verfahrenspflegerin – den Beschwerdeführer an. Dieser wiederholte seine Vorstellung zu den implantierten Wanzen und lehnte die Einrichtung einer Betreuung sowie einen Verbleib in der Klinik ab. Der behandelnde Arzt erstattete ein Kurzgutachten, in dem er eine paranoide Psychose mit Wahngedanken diagnostizierte und von einer dringenden Behandlungsnotwendigkeit ausging, eine Eigengefährdung allerdings ausschloß und eine akute Fremdgefährdung derzeit nicht als explorierbar ansah. Die Krankheitsuneinsichtigkeit des Beschwerdeführers lasse eine Behandlung auf einer offenen Station oder eine ambulante medizinische Betreuung zum derzeitigen Zeitpunkt nicht zu. Daraufhin bestellte der Vormundschaftsrichter im Wege einer einstweiligen Anordnung einen vorläufigen Betreuer und bestimmte als Aufgabenkreis insbesondere die Aufenthaltsbestimmung und die Entscheidung über die Unterbringung.
Auf den Antrag des Betreuers genehmigte das Amtsgericht durch den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluß vom 14. Mai 1996 vormundschaftsgerichtlich im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Unterbringung des Beschwerdeführers in einer geschlossenen Einrichtung bis längstens 24. Juni 1996. Gemäß §§ 70h Abs. 1 Satz 2, 70g Abs. 3 Satz 2 FGG ordnete das Amtsgericht die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung an. Es bestünden dringende Gründe für die Annahme, daß die Voraussetzungen für eine Unterbringungsmaßnahme gegeben seien und mit einem Aufschub eine so erhebliche Gefahr für den Beschwerdeführer verbunden wäre, daß er sofort untergebracht werden müsse. Zu seinem Wohl sei es notwendig, ihn sofort zu behandeln. Diese Maßnahme könne ohne Unterbringung nicht durchgeführt werden, da der Beschwerdeführer ihre Notwendigkeit nicht erkennen und nicht einsichtsgemäß handeln könne.
Die sofortige Beschwerde gegen den Genehmigungsbeschluß wies das Landgericht nach Anhörung des Beschwerdeführers durch den ebenfalls mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluß vom 23. Mai 1996 zurück. In dem Anhörungstermin hatte der behandelnde Arzt erklärt, er könne nicht beurteilen, ob eine akute Fremdgefährdung vorliege. Er halte eine Behandlung für erforderlich. Der Leidensdruck des Beschwerdeführers nehme zu; wenn er die Medikamente nehme, sei mit einer Besserung zu rechnen. In seinem Beschluß führte das Landgericht aus, daß der Behandlungsbedarf des Beschwerdeführers aufgrund der Verfestigung des Wahnsystems zweifellos gegeben sei. Der Beschwerdeführer erkenne krankheitsbedingt seine Behandlungsbedürftigkeit nicht. Die Behandlung könne daher ohne eine Unterbringung nicht durchgeführt werden. Sie sei zum Wohl des Beschwerdeführers erforderlich, um drohende gewichtige Gesundheitsschäden von ihm abzuwenden. Die Intensität des Wahns drohe zuzunehmen, was zum Aufbau eines regelrechten Wahngebäudes führen könne, wenn nicht eine Heilbehandlung durchgeführt werde.
Am 13. Juni 1996 wurde der Beschwerdeführer in eine psychiatrische Klinik in Wohnortnähe verlegt. Eine Verlängerung der Unterbringung wurde nicht für notwendig erachtet, so daß er am 24. Juni 1996 entlassen wurde.
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts wies das Oberlandesgericht durch den weiter angegriffenen Beschluß vom 29. August 1996 als unbegründet zurück, da die Entscheidungen des Amts- und des Landgerichts nicht auf einer Verletzung formellen oder materiellen Rechts beruhten; sie hätten dem damaligen Erkenntnisstand entsprochen.
Die vorläufige Betreuung endete mit Fristablauf am 14. November 1996. Eine weitere Betreuung wurde nicht angeordnet.
Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, soweit sie sich gegen die gerichtlichen Beschlüsse richtet; dies ist zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchst. b BVerfGG). In diesem Umfang ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet. Die Kammer ist zur Sachentscheidung berufen (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG), denn das Bundesverfassungsgericht hat die insoweit maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden.
1. Der die sofortige Unterbringung genehmigende Beschluß des Amtsgerichts sowie die Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG.
a) Die Freiheit der Person ist unverletzlich (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG). In diese Freiheit darf gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 3 GG nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes eingegriffen werden. Diese Freiheitsgarantie des Art. 2 Abs. 2 GG hat besonderes Gewicht. Die Freiheit des Einzelnen darf nur in einem mit wesentlichen formellen Garantien ausgestatteten Verfahren entzogen werden. Inhalt und Reichweite eines freiheitsbeschränkenden Gesetzes sind von den Fachgerichten so auszulegen, daß sie eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Wirkung entfalten. Ungeachtet des hohen Ranges des hier geschützten Grundrechts ist es allerdings auch in diesem Bereich in erster Linie Aufgabe der Fachgerichte, den Sinn des Gesetzesrechts mit Hilfe der anerkannten Methoden der Rechtsfindung zu ergründen und den Anwendungsbereich des Gesetzes zu bestimmen. Das Bundesverfassungsgericht kann erst korrigierend tätig werden, wenn das fachgerichtliche Auslegungsergebnis über die vom Grundgesetz gezogenen Grenzen hinausgreift, insbesondere wenn es mit Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf persönliche Freiheit nicht zu vereinbaren ist (BVerfGE 65, 317 ≪322≫).
Die Freiheit der Person ist ein so hohes Rechtsgut, daß sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden darf (vgl. BVerfGE 45, 187 ≪223≫). Die Einschränkung dieser Freiheit ist daher stets der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen. Dies schließt allerdings nicht von vornherein einen staatlichen Eingriff aus, der ausschließlich den Zweck verfolgt, einen psychisch Kranken vor sich selbst in Schutz zu nehmen und ihn zu seinem eigenen Wohl in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen. Die Fürsorge der staatlichen Gemeinschaft schließt auch die Befugnis ein, den psychisch Kranken, der infolge seines Krankheitszustandes und der damit verbundenen fehlenden Einsichtsfähigkeit die Schwere seiner Erkrankung und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen nicht zu beurteilen vermag oder trotz einer solchen Erkenntnis sich infolge der Krankheit nicht zu einer Behandlung entschließen kann, zwangsweise in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen, wenn sich dies als unumgänglich erweist, um eine drohende gewichtige gesundheitliche Schädigung von dem Kranken abzuwenden. Dabei drängt es sich auf, daß dies nicht ausnahmslos gilt, weil schon im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei weniger gewichtigen Fällen eine derart einschneidende Maßnahme unterbleiben muß und somit auch dem psychisch Kranken in gewissen Grenzen die “Freiheit zur Krankheit” belassen bleibt (vgl. BVerfGE 58, 208 ≪224 ff.≫).
Die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG setzt auch Maßstäbe für die Aufklärung des Sachverhalts und damit für eine hinreichende tatsächliche Grundlage der richterlichen Entscheidungen. Es ist unverzichtbare Voraussetzung rechtsstaatlichen Verfahrens, daß Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (vgl. BVerfGE 70, 297 ≪308≫).
b) Die angegriffenen Entscheidungen halten einer Prüfung an diesen Maßstäben nicht stand.
Zwar mag es sich noch in dem den Fachgerichten zugewiesenen Bereich der Rechtsanwendung halten, daß sie dringende Gründe für die Annahme bejaht haben, daß die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB gegeben gewesen seien. Gemäß §§ 70h Abs. 1, 69f Abs. 1 FGG setzt eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme im Wege einer einstweiligen Anordnung jedoch weiter voraus, daß dringende Gründe für die Annahme bestehen, daß mit dem Aufschub der Unterbringung Gefahr verbunden wäre.
Das Amtsgericht hat in seiner Entscheidung eine solche Gefahr bejaht, ohne dies weiter zu begründen. Das Landgericht hat eine Unterbringung als unumgänglich angesehen, um drohende gewichtige Gesundheitsschäden abzuwenden; es hat sich aber nicht damit auseinandergesetzt, ob der Aufschub einer Unterbringungsmaßnahme bis zur endgültigen Entscheidung für den Beschwerdeführer eine Gefahr bedeutete. Hier lag es aber nahe, diese Voraussetzungen für eine Eilmaßnahme besonders sorgfältig zu prüfen, weil der Beschwerdeführer nach seiner Darstellung bereits seit langer Zeit in der Vorstellung lebte, ihm seien Wanzen in die Ohren implantiert worden. Es lagen auch keine Umstände vor, die darauf hindeuteten, daß das Krankheitsbild sich unmittelbar vor dem Aufsuchen der HNO-Klinik verschlimmert hatte. Zudem war den Ärzten und den Gerichten bekannt, daß der Beschwerdeführer sich in ambulanter nervenfachärztlicher Behandlung befand. Es hätte Anlaß bestanden, zur Frage des Erfordernisses einer sofortigen Behandlungsbedürftigkeit des Beschwerdeführers die behandelnde Nervenfachärztin um eine – jedenfalls telefonische – vorläufige Äußerung zu bitten. Aus dem Umstand, daß diese den Beschwerdeführer zur Behandlung in eine mehr als 150 km entfernte HNO-Fachklinik überwiesen und von sich aus keine psychiatrische Krankenhausbehandlung vorgeschlagen hatte, mußte sich dem Gericht der Anlaß zu dieser weiteren Sachverhaltsaufklärung geradezu aufdrängen.
Die von den behandelnden Ärzten des Klinikums Magdeburg geäußerte Einschätzung, das Wahnsystem des Beschwerdeführers drohe sich zu verfestigen, rechtfertigt demgegenüber allein die Annahme einer Gefahr, die keinen Aufschub duldet, nicht. Das gilt vor allem auch darum, weil die Ärzte eine Selbst- oder Fremdgefährdung nicht feststellen konnten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Amts- und Landgericht bei weiterer Sachaufklärung zu der Überzeugung gelangt wären, daß dringende Gründe für das Vorliegen einer keinen Aufschub duldenden Gefahr nicht festzustellen seien.
Auch der Beschluß des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG. Das Gericht hat eine Verletzung formellen und materiellen Rechts verneint und damit verkannt, daß die angegriffene Entscheidung des Landgerichts einer der Bedeutung des Freiheitsrechts genügenden hinreichenden tatsächlichen Grundlage entbehrte.
2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Verhalten der behandelnden Ärzte im Universitätsklinikum richtet, ist sie nicht zur Entscheidung anzunehmen. Es handelt sich insoweit nicht um Angriffe gegen die Rechtmäßigkeit der Unterbringung als solcher, wegen der allein der Beschwerdeführer den Rechtsweg beschritten hat.
3. Gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG ist festzustellen, daß das Amtsgericht, das Landgericht und das Oberlandesgericht das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt haben. Die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts sind im Kostenpunkt aufzuheben. Die Zurückverweisung beschränkt sich auf die Kostenentscheidung. Das Landgericht wird auch über die im Verfahren vor dem Oberlandesgericht angefallenen Kosten zu entscheiden haben. Im übrigen hat es mit der Feststellung, daß der Beschwerdeführer durch die fachgerichtlichen Entscheidungen in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt worden ist, sein Bewenden.