Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführer, Laborärzte und eine von ihnen betriebene Gemeinschaftspraxis, wenden sich gegen die Kürzung ihres Honorars, die die zuständige Kassenärztliche Vereinigung aufgrund einer zum 1. Juli 1999 in Kraft getretenen Regelung des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen vorgenommen hat. Die in der Präambel zu Kapitel O III enthaltene Bestimmung sieht vor, dass ab einer bestimmten Menge an abgerechneten Leistungen die Vergütung um 20 % vermindert wird. Aufgrund dieser Abstaffelung mussten die Beschwerdeführer in den beiden streitigen Quartalen Honorarkürzungen von insgesamt rund 1.700.000 EUR bei einem in diesem Zeitraum erzielten Gesamthonorar von mehr als 19.000.000 EUR hinnehmen. Ihre gegen die Minderung gerichteten Klagen waren in allen Instanzen erfolglos; ihren Antrag auf Zulassung der Revision hat das Bundessozialgericht zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG. Das Grundrecht der Berufsfreiheit sei bereits in formeller Hinsicht verletzt. Zum einen liege der Abstaffelungsregelung ein anderer Zweck zugrunde als der Ermächtigungsgrundlage, auf der sie basiere, so dass die gesetzlichen Vorgaben überschritten würden. Zum anderen werde gegen den Grundsatz, dass der Gesetzgeber alles Wesentliche selbst regeln müsse, verstoßen. Hierdurch werde der ärztlichen Selbstverwaltung ein von der Rechtsprechung nicht mehr kontrollierbarer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Die Kürzungsregelung sei zudem unverhältnismäßig, denn es fehle ihr an einer fundierten Tatsachengrundlage. Da ein rationaler Nachweis für Grund und Höhe der Abstaffelungsregelung nicht erbracht werden könne, werde sie noch nicht einmal dem Plausibilitätsgebot gerecht. Schließlich sei die Kürzungsregelung verfassungswidrig, weil sie Art. 3 Abs. 1 GG verletze, denn die Form der Gemeinschaftspraxis werde zugunsten kleinerer Praxen diskriminiert. Dies laufe bereits dem gesetzlichen Ziel, Kosten einzusparen, zuwider, weil gerade die kostenintensiv arbeitenden kleineren Praxen auf diese Weise gefördert würden. Ebenfalls gegen die Verfassung verstoße der Kontrollverzicht des Bundessozialgerichts bei der Überprüfung der Regelungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes. Er sei so weitgehend, dass auch willkürliche Regelungen zum Nachteil einzelner Leistungserbringer möglich seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der von den Beschwerdeführern als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Sie ist bereits unzulässig, weil sie nicht in einer den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechenden Weise begründet wurde.
Nach diesen Vorschriften ist ein Beschwerdeführer gehalten, den Sachverhalt, aus dem sich die Grundrechtsverletzung ergeben soll, substantiiert und schlüssig darzulegen. Er ist des Weiteren verpflichtet, das angeblich verletzte Grundrecht oder grundrechtsgleiche Recht zu bezeichnen und substantiiert darzutun, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Recht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 81, 208 ≪214≫; 99, 84 ≪87≫). Dabei muss er substantiiert darlegen, mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert; die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ist deutlich zu machen (vgl. BVerfGE 108, 370 ≪386 f.≫). Werden gerichtliche Entscheidungen angegriffen, so muss sich der Beschwerdeführer auch mit deren Gründen auseinandersetzen (vgl. BVerfGE 85, 36 ≪52≫; 101, 331 ≪345≫; 105, 252 ≪264).
1. Hiervon ausgehend haben die Beschwerdeführer eine mögliche Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG nicht nachvollziehbar dargetan.
a) Dies gilt zunächst für ihr Vorbringen, der Eingriff sei bereits in formeller Hinsicht verfassungswidrig, weil der Beschluss des Bewertungsausschusses nicht durch eine ausreichende formellgesetzliche Grundlage gedeckt und damit der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes nicht eingehalten sei. Soweit die Beschwerdeführer zur Begründung ihrer Auffassung vortragen, die einschlägige Ermächtigungsgrundlage des § 87 Abs. 2a Satz 7 in Verbindung mit Abs. 2b des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) verfolge einen anderen Zweck als die Abstaffelungsregelung des Bewertungsausschusses, wird schon nicht deutlich, warum hierdurch – die Richtigkeit ihres Vortrags unterstellt – der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts tangiert sein soll. Denn dieser besagt nur allgemein, dass für die Beschränkung eines Grundrechts ein Gesetz, das den Eingriff erlaubt, erforderlich ist. Ein solches Gesetz ist hier mit § 87 Abs. 2a und b SGB V ersichtlich vorhanden. Ob bei der Anwendung der parlamentarischen Ermächtigungsgrundlage deren Vorgaben, insbesondere die mit ihr verfolgten Zwecke, hinreichend berücksichtigt und umgesetzt wurde, ist eine inhaltliche Frage, die bei der Frage der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu erörtern ist.
Soweit die Beschwerdeführer weiter meinen, die gesetzliche Grundlage genüge nicht dem Gebot, dass der parlamentarische Gesetzgeber alles Wesentliche selbst regeln müsse, fehlt es an der schlüssigen Darlegung, dass die grundgesetzlichen Anforderungen insoweit tatsächlich nicht beachtet worden sind. Die Beschwerdeführer rügen nämlich nur ganz allgemein, dass der Gesetzgeber dem Bewertungsausschuss völlig freie Hand gelassen habe, wofür kein Rechtfertigungsgrund erkennbar sei. Sie gehen weder auf die einzelnen Bestimmungen in den von ihr benannten Ermächtigungsgrundlagen oder auf den übrigen Inhalt des § 87 SGB V und dessen komplexes Regelungssystem ein noch äußern sie sich dazu, was genau der Gesetzgeber aus ihrer Sicht hätte selbst regeln müssen. Dass die Anforderungen der „Wesentlichkeitstheorie” nicht beachtet wurden, liegt auch keineswegs auf der Hand, denn das Bundesverfassungsgericht hat in seinen einschlägigen Entscheidungen (vgl. etwa BVerfGE 33, 125 ≪160≫; 171 ≪183≫) ausdrücklich zwischen Beschränkungen der Berufswahl und Berufsausübung differenziert und nur für Regelungen im erstgenannten – hier nicht einschlägigen – Bereich besonders strenge Maßstäbe angelegt. Für Eingriffe in die Berufsausübung macht es den Umfang, in dem der parlamentarische Gesetzgeber selbst Regelungen treffen muss, von der Eingriffsintensität abhängig. Wie schwer die Beschwerdeführer durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich betroffen sind, lässt sich aufgrund ihres Vorbringens freilich nicht hinreichend beurteilen.
b) Aufgrund der Darlegungen der Beschwerdeführer ergeben sich auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine materielle Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelung. Insbesondere ist die behauptete Unverhältnismäßigkeit der Vorschrift nicht feststellbar.
aa) Schon der Einwand, die Abstaffelungsregelung verfolge keinen legitimen Zweck, weil die der Bestimmung zugrunde liegenden Ziele über den Zweck des formellen Gesetzes hinausgingen, wurde nicht in plausibler Weise begründet. Richtig ist zwar die Annahme, Zweck der Ermächtigung sei die Einsparung von Kosten durch die Begrenzung der Menge der abgerechneten Leistungen sowie durch die Schaffung effizienterer Strukturen. Nicht nachvollziehbar ist jedoch die weitere Behauptung der Beschwerdeführer, die Abstaffelungsregelung diene nicht diesem Ziel, sondern bezwecke eine Umverteilung. Dass die Regelung Kosten einspart und auch einsparen will, ergibt sich bereits aus den gegenüber den Beschwerdeführern in den streitigen Quartalen erfolgten Honorarkürzungen, die ohne die Abstaffelung nicht stattgefunden hätten. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass die Bestimmung zugleich zu einer Umverteilung von Leistungen führt, weil von ihr nur Praxen ab einer bestimmten Größe betroffen sind und nur diesen das Honorar gekürzt wird, steht dies in keinem Widerspruch zu dem Zweck der Ermächtigungsgrundlage. Insoweit geht es schon nicht an, die Abstaffelung, die nur eine Teilregelung im Rahmen des Gesamtregelungskonzepts „Laborreform” ist, isoliert zu betrachten. Bei der Einordnung und Bewertung der Vorschrift ist vielmehr zu berücksichtigen, dass durch die Reform insgesamt im Wesentlichen kleinere, nur regional tätige Laborpraxen mit einer gegenüber Großlaboren ungünstigeren Kostenstruktur belastet wurden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. Oktober 2006 – B 6 KA 46/05 R –, juris, Rn. 40). Dass sich der Beschwerdeausschuss in Anbetracht dessen entschieden hat, mit der Abstaffelungsregelung eine Art Gegengewicht zu schaffen, um auch große Praxen an den Kürzungen angemessen zu beteiligen und um zu vermeiden, dass regional tätige Laborpraxen gar nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können, läuft weder dem Gesetzeszweck, Kosten einzusparen, zuwider noch handelt es sich dabei um ein eigenständiges, völlig neues Ziel. Vielmehr dient das Gesamtkonzept damit gerade dazu, effiziente Strukturen zu fördern, das aber nicht in einer Ausschließlichkeit, die zur Folge hätte, dass im Ergebnis nur Großpraxen überleben könnten. Zu einer solchen radikalen Vorgehensweise bestand nach der Ermächtigungsgrundlage auch keine Verpflichtung.
bb) Der Zweck, Kosten – durch Abschöpfung von Rationalisierungsvorteilen – zu sparen, ist auch ein vernünftiger, die Beschränkung der Berufsausübung rechtfertigender Gemeinwohlbelang. Dies gilt gleichermaßen für die Absicht, bestehende regionale Strukturen bei den Laboren zu erhalten.
Dass die Abstaffelungsregelung zur Erreichung dieser Zwecke ungeeignet, nicht erforderlich oder unangemessen wäre, haben die Beschwerdeführer nicht schlüssig dargetan. Sie beanstanden zwar die konkrete Bemessung der Leistungsgrenze von 450.000 Fällen sowie die Höhe der Kürzung von 20 % als nicht plausibel, weil die der Berechnung zugrunde liegenden betriebswirtschaftlichen Erwägungen fehlerhaft seien. Dabei gehen sie aber schon von unzutreffenden Maßstäben aus, indem vorrangig auf die Begründung der Kassenärztlichen Vereinigung in den fachgerichtlichen Verfahren abgestellt und hierauf die Verfassungswidrigkeit gestützt wird. Abgesehen davon, dass diese Überlegungen der Kassenärztlichen Vereinigung nicht ohne weiteres mit den Gründen des Bewertungsausschusses für den Erlass der Bestimmung gleichgesetzt werden können, wird insoweit schon verkannt, dass es für die Verfassungsmäßigkeit des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes letztlich nur darauf ankommt, ob der angegriffenen Regelung objektiv hinreichende Erwägungen zugrunde liegen (vgl. BVerfGK 4, 131 ≪136≫). Insbesondere das Landessozialgericht hat sich dementsprechend mit der Frage, ob und ab welcher Fallzahl sowie in welchem Umfang sich Einsparungen ergeben, detailliert auseinandergesetzt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Gerichts gehen die Beschwerdeführer in keiner Form ein.
Zudem setzen sich die Beschwerdeführer nicht mit dem Umstand auseinander, dass dem Bewertungsausschuss als Normgeber ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Regelung von Sachverhalten zukommt (BVerfGK 4, 131 ≪136≫). Mit diesem Gestaltungsspielraum ist ihre Forderung, Kürzungsgrenzvolumen und Höhe der Kürzungen müssten ausschließlich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien erfolgen und andere Gesichtspunkte dürften keine Berücksichtigung finden, nicht vereinbar.
Schließlich führen die Beschwerdeführer auch nichts Konkretes dazu aus, inwiefern Leistungsgrenze und Kürzungshöhe falsch sein sollen. Weder behaupten sie, ab einem bestimmten Volumen ergäben sich gar keine Kostenvorteile noch tragen sie – wenigstens in Grundzügen – vor, ihre Kostenvorteile seien geringer als im Rahmen der Abstaffelungsregelung angenommen. Zu solchem konkreten Vortrag bestand schon deswegen Anlass, weil die Beschwerdeführer sowohl im fachgerichtlichen Verfahren als auch in der Beschwerdeschrift „erhebliche” Ersparnisse aufgrund der Größe der Praxis eingeräumt haben.
2. Auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht schlüssig dargelegt.
Zwar ist eine Ungleichbehandlung gegeben, denn die Beschwerdeführer werden hinsichtlich der von ihnen erbrachten Leistungen, die aufgrund der Abstaffelungsregelung geringer vergütet werden, anders behandelt als Ärzte mit einer kleineren Praxis, die, weil sie der Bestimmung nicht unterfallen, keine solche Kürzung ihres Honorars hinnehmen müssen. Bei der Rüge eines Verstoßes gegen das allgemeine Gleichheitsgebot aus Art. 3 Abs. 1 GG obliegt es einem Beschwerdeführer aber, sich mit naheliegenden Gründen für eine Differenzierung zwischen zwei Vergleichsgruppen auseinanderzusetzen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2008 – 1 BvR 1778/05 –, juris; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. Dezember 2009 – 2 BvR 1957/08 –, juris). Dies haben die Beschwerdeführer jedoch versäumt, obwohl die durch die Bildung einer großen Gemeinschaftspraxis eintretenden erheblichen Kosteneinsparungen ersichtlich als Grund für eine unterschiedliche Behandlung in Betracht kommen.
Soweit die Beschwerdeführer weiter der Auffassung sind, die Regelung verletze auch deswegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie auf Praxisgemeinschaften nicht angewendet werde, ist schon fraglich, ob die Rationalisierungsvorteile, die bei Gemeinschaftspraxen vorhanden sind, in gleicher Weise auch bei Praxisgemeinschaften anfallen. Das Bundessozialgericht hat sich in der angegriffenen Entscheidung – unter Verweis auf sein Urteil vom 23. Mai 2007 (B 6 KA 2/06 R – juris, Rn. 30) – ausführlich mit den diesbezüglichen Einwänden der Beschwerdeführer auseinandergesetzt. Diese zitieren die entsprechenden gerichtlichen Entscheidungspassagen in ihrer Verfassungsbeschwerde zwar, gehen aber nicht inhaltlich auf die vorgebrachten Gründe – wie etwa das Argument, bei Praxisgemeinschaften seien die Rationalisierungsmöglichkeiten deutlich begrenzter als bei Gemeinschaftspraxen – ein. Auch ihre pauschale Behauptung, oftmals seien Praxisgemeinschaften faktisch Gemeinschaftspraxen, begründen die Beschwerdeführer nicht weiter.
3. Aus dem Vortrag der Beschwerdeführer ergibt sich schließlich auch nicht die Möglichkeit eines Verstoßes gegen Art. 19 Abs. 4 GG.
Die Beschwerdeführer machen nicht etwa geltend, das Bundessozialgericht habe bei der Frage, ob die Revision zuzulassen sei, die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Vorgaben verkannt, sondern rügen insoweit nur, dass die Rücknahme der gerichtlichen Kontrollkompetenz bei der Überprüfung der Entscheidungen des Bewertungsausschusses nicht mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar sei. Um eine Versagung effektiven Rechtsschutzes (vgl. dazu BVerfGE 40, 272 ≪275≫; 67, 43 ≪58≫; 96, 27 ≪39≫) darlegen zu können, hätten sich die Beschwerdeführer daher mit den Ausführungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts, die den Beschluss des Bewertungsausschusses inhaltlich überprüft haben, auseinandersetzen müssen. Eine solche Auseinandersetzung fehlt jedoch.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Hohmann-Dennhardt, Gaier, Paulus
Fundstellen
Haufe-Index 2381298 |
NZS 2011, 424 |
GesR 2011, 661 |
AMK 2010, 8 |