Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 25.11.2008; Aktenzeichen 4 B 828/06) |
VG Chemnitz (Beschluss vom 01.11.2006; Aktenzeichen 2 K 1295/02) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Überleitung alter Wasserrechte nachdem Sächsischen Wassergesetz.
I.
1. a) Am 27. Juli 1957 erließ der Bund aufgrund seiner Rahmenkompetenz nach Art. 75 Nr. 4 GG in der damals gültigen Fassung das Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz), das am 12. August 1957 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde (BGBl I S. 1110) und gemäß § 45 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes vom 19. Februar 1959 (BGBl I S. 37) am 1. März 1960 in Kraft trat.
Jede Gewässerbenutzung bedarf nach § 2 des Wasserhaushaltsgesetzes in der den Ausgangsentscheidungen zugrunde liegenden, bis zum 28. Februar 2010 gültigen Fassung (im Folgenden: WHG; ab 1. März 2010: § 8 WHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31. Juli 2009 ≪BGBl I S. 2585; im Folgenden: WHG n.F.≫) grundsätzlich einer behördlichen Zulassung in Gestalt der Erlaubnis (§ 7 WHG) oder der Bewilligung (§ 8 WHG; künftig: § 10 WHG n.F.). Die beim Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes bereits bestehenden Gewässerbenutzungen haben in den §§ 15 bis 17 WHG (künftig: §§ 20 f. WHG n.F.) eine differenzierte Behandlung erfahren. Die Vorschriften haben folgenden Wortlaut:
§ 15 Alte Rechte und alte Befugnisse
(1) Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung ist, soweit die Länder nichts anderes bestimmen, nicht erforderlich für Benutzungen
- auf Grund von Rechten, die nach den Landeswassergesetzen erteilt oder durch sie aufrechterhalten worden sind,
- auf Grund von Bewilligungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Vereinfachungen im Wasser- und Wasserverbandsrecht vom 10. Februar 1945 (RGBl. I S. 29),
auf Grund einer nach der Gewerbeordnung erteilten Anlagegenehmigung,
zu deren Ausübung am 12. August 1957 oder zu einem anderen von den Ländern zu bestimmenden Zeitpunkt rechtmäßige Anlagen vorhanden sind.
(2) Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung ist ferner nicht erforderlich für Benutzungen auf Grund gesetzlich geregelter Planfeststellungsverfahren oder auf Grund hoheitlicher Widmungsakte für Anlagen des öffentlichen Verkehrs, zu deren Ausübung am 12. August 1957 rechtmäßige Anlagen vorhanden sind.
(3) Die Länder können andere in einem förmlichen Verfahren auf Grund der Landeswassergesetze zugelassene Benutzungen den in Absatz 1 genannten Benutzungen gleichstellen.
(4) Die in den Absätzen 1 bis 3 bezeichneten Rechte und Befugnisse (alte Rechte und alte Befugnisse) können gegen Entschädigung widerrufen werden, soweit von der Fortsetzung der Benutzung eine erhebliche Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist. Sie können ohne Entschädigung, soweit dies nicht schon nach dem vor dem 1. Oktober 1976 geltenden Recht zulässig war, widerrufen werden,
- wenn der Unternehmer die Benutzung drei Jahre ununterbrochen nicht ausgeübt hat,
- soweit die Benutzung im bisher zulässigen Umfang für den Unternehmer nicht mehr erforderlich ist; dies gilt insbesondere, wenn der zulässige Umfang drei Jahre lang erheblich unterschritten wurde,
- wenn der Unternehmer den Zweck der Benutzung so geändert hat, dass er mit der festgelegten Zweckbestimmung nicht mehr übereinstimmt,
- wenn der Unternehmer trotz einer mit der Androhung der Aufhebung verbundenen Warnung die Benutzung über den Rahmen des alten Rechts oder der alten Befugnis hinaus erheblich ausgedehnt oder Bedingungen oder Auflagen nicht erfüllt hat.
Unberührt bleibt die Zulässigkeit nachträglicher Anforderungen und Maßnahmen ohne Entschädigung nach § 5.
§ 16 Anmeldung alter Rechte und alter Befugnisse
(…)
§ 17 Andere alte Benutzungen
(1) Eine Erlaubnis oder eine Bewilligung wird erst nach Ablauf von fünf Jahren seit dem 1. März 1960 erforderlich für Benutzungen, die über die nach diesem Gesetz erlaubnisfreie Benutzung hinausgehen, soweit sie am 1. März 1960
- auf Grund eines Rechts oder einer Befugnis der in § 15 Abs. 1 und 2 genannten Art ausgeübt werden durften, ohne dass zu dem dort genannten Zeitpunkt rechtmäßige Anlagen vorhanden waren, oder
- auf Grund eines anderen Rechts oder in sonst zulässiger Weise ausgeübt werden durften; für Benutzungen, die nur mittels Anlagen ausgeübt werden können, gilt dies nur, wenn zu dem in § 15 Abs. 1 genannten Zeitpunkt rechtmäßige Anlagen vorhanden waren.
Ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung vor Ablauf der fünf Jahre beantragt worden, so darf die Benutzung bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Antrag fortgesetzt werden.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 ist dem Inhaber eines Rechts auf seinen fristgemäß gestellten Antrag eine Bewilligung im Umfang seines Rechts zu erteilen; § 6 bleibt unberührt. Der Anspruch auf eine Bewilligung nach Satz 1 besteht nicht, soweit nach dem am 1. März 1960 geltenden Recht die Aufhebung oder Beschränkung des Rechts ohne Entschädigung zulässig war.
(3) Wird in den Fällen des Absatzes 2 auf Grund des § 6 eine Bewilligung versagt oder nur in beschränktem Umfang erteilt, so steht dem Berechtigten ein Anspruch auf Entschädigung zu. Dies gilt nicht, soweit nach dem am 1. März 1960 geltenden Recht die Aufhebung oder die Beschränkung des Rechts ohne Entschädigung zulässig war.
b) Auf dem Gebiet des Freistaates Sachsen wurde das Sächsische Wassergesetz vom 12. März 1909 (Gesetz und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen S. 227; im Folgenden: SächsWG 1909) durch das Gesetz der DDR über den Schutz, die Nutzung und die Instandhaltung der Gewässer und den Schutz vor Hochwassergefahren vom 17. April 1963 (im Folgenden: Wassergesetz 1963; GBl-DDR I S. 77) ersetzt.
An dessen Stelle trat später das Wassergesetz der DDR vom 2. Juli 1982 (im Folgenden: Wassergesetz 1982; GBl-DDR I S. 467). § 46 des Wassergesetzes 1982 bestimmte, dass aufgrund früherer wasserrechtlicher Vorschriften getroffene Entscheidungen ihre Gültigkeit behielten.
Durch Art. 3 § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Umweltrahmengesetzes der DDR vom 29. Juni 1990 (im Folgenden: URG; GBl-DDR S. 649) wurde zum 1. Juli 1990 das Wasserhaushaltsgesetz auf dem Gebiet der DDR in Kraft gesetzt. Das Wassergesetz 1982 blieb gemäß Art. 3 § 2 Abs. 2 URG in Kraft, soweit es dem Wasserhaushaltsgesetz nicht widersprach.
Seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gilt das Wasserhaushaltsgesetz gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages (EV) vom 31. August 1990 (BGBl II S. 885) als Bundesrecht fort. Das Wassergesetz 1982 galt nach Art. 9 EV zunächst als Landesrecht weiter.
Am 13. März 1993 trat das Sächsische Wassergesetz (SächsWG) vom 23. Februar 1993 (im Folgenden: SächsWG 1993; SächsGVBl S. 201) in Kraft, das am 20. August 1998 in der ab 13. August 1998 geltenden Neufassung bekannt gemacht wurde (im Folgenden: SächsWG 1998; SächsGVBl S. 393). Gemäß § 141 SächsWG 1993/1998 wurde das Wassergesetz 1982 aufgehoben.
§ 136 SächsWG 1993 regelte die Überleitung alter wasserrechtlicher Entscheidungen. Die Vorschrift lautete:
§ 136 (zu § 15 WHG) Alte wasserrechtliche Entscheidungen
(1) Wasserrechtliche Entscheidungen, die nach dem Wassergesetz (WG) vom 2. Juli 1982 (GBl. I Nr. 26 S. 467) und den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen und Durchführungsbestimmungen getroffen wurden oder aufgrund der genannten Regelung fortbestehen, behalten ihre Gültigkeit. § 15 Abs. 4 WHG ist entsprechend anwendbar.
(2) Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu Ende zu führen. Wurden im Rahmen des begonnenen Verfahrens die Unterlagen ausgelegt und ist die Einwendungsfrist abgelaufen, so ist das Verfahren nach altem Recht zu Ende zu führen.
§ 136 SächsWG 1998 ist wortlautgleich. Lediglich in der Überschrift ist der Zusatz „(zu § 15 WHG)” nicht mehr enthalten.
Durch Art. 1 Nr. 94 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes vom 9. August 2004 (SächsGVBl S. 374), in Kraft getreten am 1. September 2004, wurde § 136 Abs. 2 SächsWG 1993/1998 gestrichen und im bisherigen Absatz 1 ein neuer Satz 2 eingefügt. § 136 SächsWG lautet seitdem:
§ 136 Alte Wasserrechtliche Entscheidungen
Wasserrechtliche Entscheidungen, die nach dem Wassergesetz (WG) vom 2. Juli 1982 (GBl. I Nr. 26 S. 467) und den dazu erlassenen Durchführungsverordnungen und Durchführungsbestimmungen getroffen wurden oder aufgrund der genannten Regelung fortbestehen, behalten ihre Gültigkeit. Eine Erlaubnis oder Bewilligung ist nicht erforderlich für Benutzungen aufgrund eines alten Rechtes oder einer alten Befugnis im Sinne von § 15 WHG, zu deren Ausübung am 1. Juli 1990 rechtmäßige und funktionsfähige Anlagen vorhanden waren. § 15 Abs. 4 WHG ist entsprechend anwendbar.
2. a) Die Beschwerdeführer schlossen im Jahr 1999 einen Kaufvertrag über mehrere Flurstücke an der Z… Mulde, auf denen sich eine Wehranlage und das ehemalige Grabensystem einer früheren Wasserkraftanlage befinden. Seit 23. Juni 1999 ist für die Beschwerdeführer im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Als Eigentümer wurden sie bislang nicht eingetragen.
Die frühere Wasserkraftanlage bestand seit unvordenklichen Zeiten. In den Altunterlagen wird Bezug genommen auf Genehmigungen aus den Jahren 1891 und 1913. Laut Wasserbucheintrag vom 9. März 1939 wurde den damaligen Betreibern die Erlaubnis zum Betrieb der Wasserkraftanlage mit drei Turbinen erteilt.
Aufgrund eines Talsperrenbaus reichte das in der Z… Mulde geführte Wasser seit Mitte der 1970er Jahre zur Deckung des benötigten Betriebswasserbedarfs nicht mehr aus. Der Mühlgraben wurde seit 1976 als Entnahmestelle von Produktionswasser für die Rohpappenproduktion genutzt. Rechtsträger der Betriebsgrundstücke war damals ein Volkseigener Betrieb. Im Jahr 1983 erfolgte die Planung der Instandsetzung einer jetzigen Kreisstraße. Im Zuge der Baumaßnahmen wurde der parallel zur Straße verlaufende Betriebsgraben (teilweise) verfüllt.
Im September 1999 wandten sich die Beschwerdeführer mit Blick auf die beabsichtigte Wiederinbetriebnahme der Wasserkraftanlage an das zuständige Landratsamt. Dieses stellte mit Bescheid vom 8. Juni 2000 fest, dass ein Wasserbenutzungsrecht für die Stauanlage nicht bestehe. Den Widerspruch der Beschwerdeführer wies das Regierungspräsidium mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2002 im Wesentlichen zurück.
b) Hiergegen erhoben die Beschwerdeführer Klage und begehrten zuletzt, den beklagten Landkreis unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, einen feststellenden Verwaltungsakt des Inhalts zu erlassen, dass die Beschwerdeführer berechtigt seien, die Wasserkraftanlage aufgrund einer altrechtlichen Gestattung gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG wieder in Betrieb zu nehmen, ohne dass es hierzu einer Erlaubnis oder Bewilligung bedürfe.
Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. November 2006 abgewiesen. Ein den Betrieb der Wasserkraftanlage umfassender altrechtlicher Bestandsschutz gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG bestehe nicht, weswegen die Anlage ohne eine Gestattung neuen Rechts (Erlaubnis oder Bewilligung, §§ 7, 8 WHG) nicht betrieben werden dürfe (§ 2 WHG). Die Erlaubnis für eine Stauanlage zu einem Wassertriebwerk habe zwar am 1. Juli 1990 noch Bestand gehabt. Allerdings stehe fest, dass am Stichtag (1. Juli 1990) rechtmäßige Anlagen zur Ausübung des alten Stau- und Triebwerksrechts nicht mehr vorhanden gewesen seien.
Den hiergegen gerichteten Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 25. November 2008 ab. Der Senat habe mit rechtskräftigem Grundsatzurteil vom 27. März 2007 (4 B 707/05, veröffentlicht in juris) entschieden, dass § 15 WHG in der ehemaligen DDR über Art. 3 § 2 URG mit der Maßgabe in Kraft getreten sei, dass der Stichtag des 1. Juli 1990 maßgeblich sei, im Freistaat Sachsen mit diesem Inhalt fortgelte und dies durch § 136 Satz 2 SächsWG in der am 1. September 2004 in Kraft getretenen Fassung – verfassungsrechtlich unbedenklich – klargestellt worden sei.
3. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde greifen die Beschwerdeführer unmittelbar die gerichtlichen Entscheidungen und mittelbar § 136 Satz 2 SächsWG an. Sie rügen eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG.
Das alte Wasserrecht zum Betrieb der Wasserkraftanlage stelle eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition dar. Das Erlöschen einer solchen könne nur durch einen ausdrücklich geregelten gesetzlichen Verlusttatbestand bewirkt werden. An einem solchen fehle es hier. Bis zu Beginn des Jahres 1999 sei bei der Prüfung von Altrechtsfällen in Sachsen das Vorhandensein rechtmäßiger Anlagen zu einem bestimmten Stichtag richtigerweise nicht gefordert worden.
Wolle man § 136 SächsWG demgegenüber dahingehend auslegen, dass alte Wasserrechte mit Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes erloschen seien, sofern am Stichtag des 1. Juli 1990 keine rechtmäßigen funktionsfähigen Anlagen vorhanden gewesen seien, stelle sich § 136 SächsWG als verfassungswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Der ersatz- und übergangslose Verlust alter Wasserbenutzungsrechte, zu deren Ausübung am 1. Juli 1990 keine rechtmäßigen funktionsfähigen Anlagen vorhanden gewesen seien, sei unverhältnismäßig.
4. Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesverwaltungsgericht, das Sächsische Staatsministerium der Justiz, der Verband der Wasserkraftwerksbetreiber Sachsen- und Sachsen-Anhalt e.V., der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V., das Landratsamt Erzgebirgskreis und die Landesregierung Brandenburg Stellung genommen.
a) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf seine Entscheidungen vom 14. April 2005 (BVerwG 7 C 16.04 und BVerwG 7 C 8.04, jeweils veröffentlicht in juris) verwiesen. Es sei anzunehmen, dass Wasserrechte gemäß § 49 SächsWG 1909 Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 GG darstellten. Die landesgesetzlichen Regelungen, die bei der Überleitung alter Wasserrechte in das System des Wasserhaushaltsgesetzes unter bestimmten Voraussetzungen das Erlöschen alter Rechte anordneten, stellten eine Neubestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Eine Übergangsregelung zugunsten solcher Rechte, zu deren Ausübung rechtmäßige und funktionsfähige Anlagen nicht mehr vorhanden seien, sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Zu erwägen sei allenfalls, ob bezogen auf die in Rede stehende Voraussetzung rechtmäßiger und funktionsfähiger Anlagen ein ersatzloses Erlöschen der alten Wasserrechte dann zu beanstanden sei, wenn ursprünglich vorhandene Anlagen unter Verstoß gegen die geltende Rechtsordnung durch staatliche Stellen beseitigt worden seien. Einen solchen Sachverhalt habe das Verwaltungsgericht aber nicht festgestellt.
b) Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.
Soweit ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG vorliege, sei er gerechtfertigt. § 136 Satz 2 SächsWG habe lediglich deklaratorische Bedeutung.
Das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft habe zur Verwaltungspraxis im Zeitraum von 1990 bis März 1996 bei den drei Landesdirektionen eine kurzfristige Erhebung vorgenommen. Die Landesdirektion Dresden habe mitgeteilt, dass seit dem Beginn regelmäßiger Dienstberatungen ab Ende 1992/Anfang 1993 auf das Tatbestandsmerkmal „Vorhandensein rechtmäßiger Anlagen” geachtet worden sei. Andererseits sei auch mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass es eine Reihe von unzutreffenden Entscheidungen gegeben habe, die dem damaligen Regierungspräsidium nicht bekannt gewesen seien. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle dürfte das Stichtagskriterium nach Auffassung der Landesdirektion jedoch beachtet worden sein. Die Landesdirektion Leipzig sehe sich nicht betroffen, da dort die ersten Altrechtsfälle erst seit 1997 anhängig gewesen seien. Die Landesdirektion Chemnitz zeige ein differenziertes Bild. Danach sei das Tatbestandsmerkmal „Vorhandensein rechtmäßiger Anlagen” häufig nicht geprüft worden, auch sei bis etwa 2001 häufiger der 3. Oktober 1990 als Stichtag bestimmt worden. Ab März 1996 habe das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft verstärkt begonnen, den Verwaltungsvollzug zu vereinheitlichen und aufsichtlich tätig zu werden.
c) Der Verband der Wasserkraftwerksbetreiber Sachsen und Sachsen-Anhalt e.V. hält die Verfassungsbeschwerde für begründet. Die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis im Freistaat Sachsen verstießen gegen Art. 14 Abs. 1 GG, gegen das Rechtsstaatsprinzip und das daraus abgeleitete Rückwirkungsverbot, den Vorbehalt des Gesetzes sowie den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. § 136 Satz 2 SächsWG sei aus den gleichen Gründen verfassungswidrig.
d) Der Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V. hat sich dem angeschlossen.
e) Nach Auffassung des Landratsamts Erzgebirgskreis hat die Verfassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg.
Es bestünden bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, weil die Beschwerdeführer sich nicht auf das Eigentumsrecht, sondern nur auf eine zu ihren Gunsten bestehende Auflassungsvormerkung beriefen. Eine mögliche Rechtsverletzung der Beschwerdeführer scheide auch deshalb aus, weil aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort eine Wiederinbetriebnahme der Wasserkraftanlage unmöglich sei und sich dieser Befund auch jedem aufgedrängt habe beziehungsweise habe aufdrängen müssen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 ff.≫) nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG (1). Die Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, wobei es teilweise bereits an der Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) mangelt (2).
1. Die Verfassungsbeschwerde hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG. Die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt. Dies gilt insbesondere für den Gewährleistungsgehalt des Art. 14 Abs. 1 GG (vgl. mit Blick auf das Wasserrecht insbesondere BVerfGE 58, 300) und die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte und den insoweit anzulegenden verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab (vgl. etwa BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 53, 352 ≪357 f.≫; 81, 29 ≪31 f.≫; vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Juli 2001 – 1 BvR 432/00 –, juris).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung des Grundrechts der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 GG angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
a) Mit dem Bundesverwaltungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 – BVerwG 7 C 16.04 –, NVwZ 2005, S. 1076) ist davon auszugehen, dass alte Wasserrechte den Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG genießen können. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn sie dem Einzelnen eine Rechtsposition verschaffen, die derjenigen eines Eigentümers entspricht (vgl. dazu BVerfGE 53, 257 ≪289≫; 88, 384 ≪401≫) und diese Rechtsposition auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruht (vgl. dazu BVerfGE 72, 9 ≪18 f.≫; 97, 271 ≪284≫; zuletzt BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 10. Juni 2009 – 1 BvR 198/08 –, juris Rn. 17). Demnach wird zumindest der Betrieb einer Wasserkraftanlage auf der Grundlage einer Erlaubnis nach § 23 Nr. 3 SächsWG 1909 durch das Eigentumsgrundrecht geschützt. Die Erlaubnis nach dem Sächsischen Wassergesetz 1909 wurde grundsätzlich unwiderruflich erteilt und konnte nur unter bestimmten Voraussetzungen widerrufen oder beschränkt werden (vgl. § 28, §§ 36 ff. SächsWG 1909; dazu Bell, ZfW 2004, S. 65 ≪71 f.≫). Zur Ausübung einer solchen Gewässerbenutzung sind umfangreiche Investitionen für die Errichtung und Erhaltung der erforderlichen Anlagen notwendig. Diese tätigt der Anlagenbetreiber regelmäßig im Vertrauen auf den Bestand der Erlaubnis. Aufgrund dieser Verknüpfung der privatwirtschaftlichen Investitionen des Anlagenbetreibers mit den wasserrechtlichen Grundlagen des Anlagenbetriebs erstreckt sich der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz auch auf die durch die Erlaubnis gemäß § 23 Nr. 3 SächsWG 1909 vermittelte Rechtsposition.
b) Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beschwerdeführer, die zu keinem Zeitpunkt Inhaber des alten Wasserrechts waren, sondern lediglich Inhaber einer Auflassungsvormerkung sind, sich unter Berufung auf Art. 14 Abs. 1 GG gegen das Erlöschen des alten Wasserrechts wenden können. Denn auch unter dieser Prämisse ist eine Grundrechtsverletzung nicht festzustellen.
c) aa) Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 53, 257 ≪292≫; 58, 81 ≪109 f.≫; 72, 9 ≪22≫; 116, 96 ≪124 f.≫). Allerdings ist der Gesetzgeber bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums nicht gänzlich frei. Er muss die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Dabei ist er an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (vgl. etwa BVerfGE 100, 226 ≪240 f.≫; 110, 1 ≪28≫). Im Falle einer Änderung der Rechtsordnung muss der Gesetzgeber für Eingriffe in durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte subjektive Rechte legitimierende Gründe haben (vgl. BVerfGE 31, 275 ≪291≫; 58, 81 ≪121≫; 72, 9 ≪22 f.≫). Regelungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, die zu solchen Eingriffen führen, sind nur zulässig, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt sind. Die Eingriffe müssen zur Erreichung des angestrebten Zieles geeignet und erforderlich sein, insbesondere dürfen sie den Betroffenen nicht übermäßig belasten und für ihn deswegen unzumutbar sein (vgl. BVerfGE 21, 150 ≪155≫; 31, 275 ≪290≫; 36, 281 ≪293≫; 58, 137 ≪148≫; 72, 9 ≪23≫; 117, 272 ≪294≫; stRspr).
Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung kann demnach nicht hergeleitet werden, dass eine vom Eigentumsrecht umfasste, vom Berechtigten ausgeübte Befugnis nach ihrem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben müsse oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden dürfte. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt entschieden, dass der Gesetzgeber bei der Neuordnung eines Rechtsgebietes nicht vor der Alternative steht, die alten Rechtspositionen zu konservieren oder gegen Entschädigung zu entziehen. Er kann im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG durch eine angemessene und zumutbare Überleitungsregelung individuelle Rechtspositionen umgestalten, wenn Gründe des Gemeinwohls vorliegen, die den Vorrang vor dem berechtigten – durch die Bestandsgarantie gesicherten – Vertrauen auf den Fortbestand eines wohl erworbenen Rechts verdienen (vgl. BVerfGE 31, 275 ≪285, 290≫; 36, 281 ≪293≫; 43, 242 ≪288≫; 58, 300 ≪350 f.≫).
bb) Die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten und müssen die im Gesetz auf verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Grundrechtsschutz des Eigentümers beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet (vgl. BVerfGE 53, 352 ≪357 f.≫; 55, 249 ≪258≫; 68, 361 ≪372 f.≫; stRspr). Zwar sind die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den Einzelfall grundsätzlich allein Sache der dafür zuständigen Gerichte und einer Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 42, 64 ≪74≫). Die Schwelle eines Verfassungsverstoßes, den das Bundesverfassungsgericht zu korrigieren hat, ist jedoch erreicht, wenn die Entscheidung der Gerichte Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den konkreten Fall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 79, 292 ≪303≫; stRspr). Dabei ist es den Gerichten nicht nur untersagt, die gesetzlich auferlegten Eigentumsbeschränkungen unverhältnismäßig zu verstärken und ihnen einen Inhalt zu geben, den auch der Gesetzgeber nur unter Verletzung der Eigentumsgewährleistung hätte festlegen können. Hat dieser in Wahrnehmung seiner Kompetenz aus Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gehandelt, ist es vielmehr auch ihre Aufgabe, die den gesetzlichen Regelungen zugrunde liegende und darin zum Ausdruck kommende Interessenbewertung nachzuvollziehen (vgl. BVerfGE 81, 29 ≪31 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Juli 2001 – 1 BvR 432/00 –, juris Rn. 22).
d) Gemessen hieran ist ein Grundrechtsverstoß nicht festzustellen.
aa) § 136 Satz 2 SächsWG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes vom 9. August 2004 (SächsGVBl S. 374) ist mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
(1) Unter Zugrundelegung der verfassungsrechtlich unbedenklichen Auslegung der Vorgängervorschriften durch die Ausgangsgerichte verkürzt § 136 Satz 2 SächsWG keine nach altem Recht gewährte Rechtsposition.
(a) Die Ausgangsgerichte gehen davon aus, dass das in § 136 Satz 2 SächsWG normierte Erfordernis des Vorhandenseins rechtmäßiger und funktionsfähiger Anlagen am 1. Juli 1990 bereits vor der Wiedervereinigung gemäß Art. 3 § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG in Verbindung mit § 15 WHG gültiges Recht der DDR gewesen ist.
Diese Auffassung dürfte zwar im Gegensatz zu der Kommentarliteratur zu § 15 und § 17 WHG stehen (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 15 Rn. 4 und 7, § 17 Rn. 1; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 15 Rn. 5c und 14 ≪Bearbeitungsstand Juni 2003 bzw. Januar 1996≫, § 17 Rn. 2a ≪Bearbeitungsstand Mai 1994≫; Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 15 WHG Rn. 23 und 49 ≪Bearbeitungsstand Juni 1998≫, § 17 Rn. 4 ≪Bearbeitungsstand März 2002≫). Jedenfalls wahrt sie aber die verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfindung.
Die auf Sinn und Zweck der Stichtagsregelung abstellende Argumentation des Oberverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 27. März 2007 (4 B 707/05, juris Rn. 38) erscheint vertretbar. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Die – verschiedenen Deutungen zugänglichen – gesetzlichen Regelungen des Art. 3 § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG in Verbindung mit §§ 15 ff. WHG genügen auch mit dem Inhalt, den das Oberverwaltungsgericht ihnen gegeben hat, den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 GG. Soweit die Regelungen vorliegend zur Überprüfung stehen (aa), begegnen sie keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie dienen einem legitimen Zweck (bb) und sind zu dessen Erreichung geeignet und erforderlich (cc). Auch erweisen sie sich als im engeren Sinne verhältnismäßig (dd).
(aa) Die verfassungsrechtliche Überprüfung beschränkt sich auf die vorliegend allein in Frage stehende Konstellation, dass ein altes Recht im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG bestand, zu dessen Ausübung Anlagen notwendig sind, die zum Stichtag des 1. Juli 1990 nicht vorhanden waren.
(bb) Dass Art. 3 § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG in Verbindung mit dem Wasserhaushaltsgesetz grundsätzlich alle Gewässerbenutzungen nach seinem Inkrafttreten der öffentlichrechtlichen Benutzungsordnung und damit dem Gestattungsverfahren gemäß §§ 2 ff. WHG unterwirft, dient dem legitimen Zweck, eine geordnete Bewirtschaftung des Wassers sicherzustellen (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪328 f., 351≫).
Mit der Stichtagsregelung des § 15 Abs. 1 WHG soll zum einen sichergestellt werden, dass nur tatsächlich ausgeübte alte Gewässerbenutzungen aufrechterhalten werden (so das Oberverwaltungsgericht im Urteil vom 27. März 2007 – 4 B 707/05 –, juris Rn. 38 und Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 15 WHG Rn. 23 ≪Bearbeitungsstand Juni 1998≫). Darüber hinaus soll das Erfordernis des Vorhandenseins von Anlagen dafür sorgen, dass das Bestehen der Benutzung beziehungsweise des Benutzungsrechts nach außen erkennbar ist (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 15 Rn. 7; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 15 Rn. 13 ≪Bearbeitungsstand Mai 1994≫; Gieseke, ZfW 1964, S. 179 ≪181≫).
(cc) Die gesetzliche Normierung eines Gestattungserfordernisses nach neuem Recht und seine Erstreckung auf solche früheren Gewässerbenutzungen, zu deren Ausübung Anlagen erforderlich, zum Stichtag aber nicht vorhanden sind, ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet und erforderlich.
Dem Gesetzgeber steht kein milderes, die Betroffenen weniger belastendes Mittel zur Verfügung, mit dem er seine Ziele ebenso gut erreichen könnte. Insbesondere würde die uneingeschränkte Aufrechterhaltung alter Wasserrechte und die damit einhergehende Befreiung der Gewässerbenutzungen von der Gestattungspflicht nach neuem Recht dazu führen, dass diese Nutzungen sämtlich fortgeführt werden dürften, ohne dass die Anforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes an Gewässerbenutzungen (vgl. § 6 WHG; künftig: § 12 WHG n.F.) überprüft würden.
(dd) Das Erfordernis des Vorhandenseins rechtmäßiger und funktionsfähiger Anlagen am 1. Juli 1990 genügt auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Es stellt keine unangemessene Belastung für die Inhaber alter Wasserrechte dar, dass (auch im Beitrittsgebiet) solche alten Nutzungsrechte nach Maßgabe des § 17 WHG erloschen sind, zu deren Ausübung Anlagen notwendig sind, am Stichtag des 1. Juli 1990 aber nicht vorhanden waren. § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG (in Verbindung mit § 17 WHG) ist in dieser Auslegung der Ausgangsgerichte mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar.
(aaa) § 15 Abs. 1 bis 3 WHG dient dem Bestandsschutz (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 – BVerwG 7 C 16.04 –, NVwZ 2005, S. 1076 ≪1077≫; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 15 Rn. 1), indem er bestimmte bereits vorhandene Gewässernutzungen von der Gestattungspflicht nach neuem Recht ausnimmt. Nach der gesetzlichen Regelung spielt es dabei für die Anwendung der Stichtagsregelung jedenfalls im Ausgangspunkt keine Rolle, ob das Nichtvorhandensein funktionsfähiger Anlagen auf eine freie unternehmerische Entscheidung zurückgeht oder auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat.
Diese Anknüpfung an die tatsächlichen Verhältnisse begegnet im Grundsatz keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sofern eine Gewässernutzung nicht (mehr) ausgeübt wird und schon mangels Vorliegens der hierfür erforderlichen Anlagen nicht (mehr) ausgeübt werden kann, kann sie auch nicht (mehr) in ihrem Fortbestand geschützt werden. Die Überleitung alter Wasserrechte, die den Gewässerbenutzungen zugrunde liegen, dient keinem Selbstzweck und ist im Falle einer Neuordnung des Wasserrechts von Verfassungs wegen nicht in jedem Fall geboten. Die Bestandsinteressen solcher Inhaber alter Wasserrechte, die die Gewässerbenutzungen zum Stichtag nicht mehr ausüben und auch nicht mehr über die hierfür erforderlichen Anlagen verfügen, überwiegen die Belange einer geordneten Wasserwirtschaft nicht in einer Weise, die eine Aufrechterhaltung ihrer alten Wasserrechte erforderlich machen würde.
Grundsätzlich kann nur der Schutz eines tatsächlich vorhandenen und genutzten Bestandes von Verfassungs wegen geboten sein. Es kann daher dahinstehen, ob alte Wasserrechte gemäß § 23 Nr. 3 SächsWG 1909 als solche, das heißt unabhängig von ihrer Ausübung mittels hierfür errichteter Anlagen, von Art. 14 Abs. 1 GG geschützt werden. Der Umfang des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes eines alten Wasserrechts hängt in jedem Fall maßgeblich von der Verknüpfung der durch das alte Wasserrecht vermittelten Rechtsposition mit den Investitionen in die zu seiner Ausübung geschaffenen Anlagen ab. Sofern am Stichtag keine funktionsfähigen Anlagen (mehr) vorhanden sind, kann das Erlöschen eines alten Wasserrechts typischerweise kein durch Investitionen betätigtes Vertrauen in den Fortbestand der alten Rechtslage mehr enttäuschen. Die Investitionen in die „alten” Anlagen zur Ausübung der Gewässernutzung können sich – sofern nicht bereits in der Vergangenheit geschehen – ohnehin nicht mehr beziehungsweise nur noch eingeschränkt amortisieren, die alten Anlagen müssten vor einer Wiederaufnahme der Gewässerbenutzung durch „neue” Investitionen erst wieder in Stand gesetzt werden beziehungsweise durch neue Anlagen ersetzt werden.
Das Erlöschen eines alten Wasserrechts hat überdies nicht zwangsläufig die Aufgabe der nach bisherigem Recht erlaubten Nutzung zur Folge. Vielmehr unterfällt die fragliche Gewässerbenutzung nur der Gestattungspflicht nach §§ 2 ff. WHG. Die weiteren Rechtsfolgen ergeben sich aus § 17 WHG, dessen Fristbestimmungen nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ab dem 1. Juli 1990 sinngemäß anzuwenden sind (vgl. Urteil vom 27. März 2007 – 4 B 707/05 –, juris Rn. 41).
Die Anwendung der Stichtagsregelung des § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG führte ausgehend hiervon bei Inkrafttreten des Wasserhaushaltsgesetzes im Beitrittsgebiet nach der gesetzlichen Konzeption nicht zu einem ersatz- und übergangslosen Erlöschen alter Wasserrechte. § 17 Abs. 2 und 3 WHG mildert in der Auslegung des Oberverwaltungsgerichts die Belastung für die Inhaber alter Wasserrechte auch in der vorliegenden Konstellation jedenfalls in einer Weise ab, die eine Unverhältnismäßigkeit der Stichtagsregelung vermeidet. Anders als nach § 6 WHG, der die Erteilung einer wasserrechtlichen Gestattung in das Ermessen der zuständigen Behörde stellt, räumt § 17 Abs. 2 Satz 1 WHG dem Inhaber eines alten Wasserrechts einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung nach § 8 WHG ein, sofern § 6 WHG dem nicht entgegensteht, das heißt soweit von der beabsichtigten Gewässerbenutzung keine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere keine Gefährdung der öffentlichen Wasserversorgung, zu erwarten ist. Ist dies der Fall und wird eine Bewilligung nach neuem Recht deswegen versagt, hat der Berechtigte nach § 17 Abs. 3 Satz 1 WHG einen Entschädigungsanspruch.
Eine spürbare Belastung der Inhaber alter Wasserrechte ergibt sich ausgehend von dem Vorstehenden vornehmlich dann, wenn die in Frage stehende Gewässerbenutzung nach neuem Recht nicht gestattungsfähig ist. Dann kann keine Bewilligung nach § 8 WHG erteilt werden und die Nutzung darf nicht wieder aufgenommen werden. Gerade in diesen Fällen aber sind die Gemeinwohlbelange, die den Bestandsinteressen der vormals Nutzungsberechtigten entgegenlaufen, gewichtig, da die in Frage stehenden Gewässerbenutzungen nicht den Anforderungen des § 6 WHG genügen.
(bbb) Die vorstehenden Ausführungen gelten auch unter Berücksichtigung der von den Beschwerdeführern beschriebenen besonderen Situation in der DDR. Dem Gesetzeber war die Anknüpfung an den status quo und die Nutzungssituation, wie sie im Beitrittsgebiet vor und bei der Wiedervereinigung bestanden hat und naturgemäß durch die Entwicklungen in den davor liegenden Jahrzehnten mitgeprägt wurde, nicht verwehrt. Die Beschwerdeführer müssen sich im Hinblick auf den Bestandsschutz für die Gewässernutzungen auf der Grundlage des alten Wasserrechts jedenfalls das Verhalten ihrer Rechtsvorgänger und die dadurch geprägte (Nutzungs-)Situation entgegenhalten lassen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die vormalige Eigentümerstellung anderer Privatpersonen als auch die zwischenzeitliche Rechtsträgerschaft Volkseigener Betriebe zu Zeiten der DDR. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Überleitung des Eigentums an den Betriebsmitteln in das Eigentum der DDR beziehungsweise in das Volkseigentum, die nicht in den Verantwortungsbereich der dem Grundgesetz unterworfenen Bundesrepublik Deutschland fiel, rechtsstaatlichen Grundsätzen genügt. Jedenfalls endete die förmliche Rechtsstellung des vormaligen Privateigentümers (vgl. im Hinblick auf besatzungshoheitliche Enteignungen BVerfGE 112, 1 ≪21≫) und standen die fraglichen Betriebe auf der Grundlage der Rechtsordnung der DDR nunmehr im Volkseigentum. Hiervon geht auch das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil aus, ohne dass die Beschwerdeführer dies im Verfassungsbeschwerdeverfahren in Zweifel gezogen hätten. Jedenfalls unter Berücksichtigung der in § 17 WHG getroffenen Regelungen, die nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts auch auf die vorliegende Konstellation Anwendung finden, erweist sich die Rechtsfolge des Erlöschens des alten Wasserrechts in der Regel nicht als unangemessen.
(ccc) Mit Art. 14 Abs. 1 GG unvereinbare Härten, die sich infolge der gesetzlichen Stichtagsregelung in besonders gelagerten Einzelfällen möglicherweise ergeben können, lassen sich jedenfalls durch eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der §§ 15, 17 WHG vermeiden. Zu denken ist daran etwa in Fällen, in denen eine Anlage kurz vor dem Stichtag durch ein Naturereignis zerstört und kurzfristig wieder errichtet wurde oder in denen eine Anlage im Verlauf von Umbauten oder Betriebsänderungen ab- und wiederaufgebaut wurde. Auch in der vom Bundesverwaltungsgericht in seiner Stellungnahme im vorliegenden Verfahren angesprochenen Konstellation, dass vorhandene Anlagen durch staatliche Stellen unter Verstoß gegen die (damals) geltende Rechtsordnung beseitigt wurden, ist zweifelhaft, ob es mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist, rechtswidrige Eingriffe des Staates als Anknüpfungspunkt für das Erlöschen einer dem Berechtigten vormals zustehenden Rechtsposition zu nehmen. Es erschiene in derartigen Fällen zum einen denkbar, im Rahmen des § 15 Abs. 1 WHG ungeachtet der tatsächlichen Verhältnisse vom Vorhandensein der Anlagen im Rechtssinne auszugehen. Alternativ käme in Betracht, § 17 Abs. 2 Satz 1 WHG dahingehend auszulegen, dass die zuständige Behörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung keine weiteren Anforderungen nach neuem Recht stellen darf, als sie bei einem aufrechterhaltenen Recht nach § 15 Abs. 4 Satz 3 in Verbindung mit § 5 WHG (gegebenenfalls in Verbindung mit § 138 SächsWG) möglich sind (so das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 14. April 2005 – BVerwG 7 C 16.04 –, NVwZ 2005, S. 1076 ≪1078≫ in Bezug auf § 38 des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt).
(b) Die Ausgangsgerichte konnten ohne Verfassungsverstoß davon ausgehen, dass die Rechtslage in Bezug auf die Aufrechterhaltung alter Wasserrechte bis zum Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Wassergesetzes am 1. September 2004 unverändert geblieben ist.
(aa) Der Regelungsgehalt des § 136 SächsWG 1993/1998 und insbesondere der systematische Zusammenhang dieser Vorschrift mit § 15 Abs. 1 bis 3 und § 17 WHG sind unklar.
Ausgehend von dem Wortlaut des § 136 SächsWG 1993/1998 erscheint es zum einen vertretbar, den Fortbestand alter Wasserrechte nicht vom Vorhandensein funktionstüchtiger Anlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig zu machen, sondern die Fortgeltung und Gestattungsfreiheit aller gemäß § 46 des Wassergesetzes 1982 aufrechterhaltenen Gewässerbenutzungen anzunehmen (so Kotulla, WHG, 2002, § 15 Rn. 19; weniger eindeutig Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 15 Rn. 5c, 14 ≪Bearbeitungsstand Juni 2003 bzw. Januar 1996≫; Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 15 Rn. 4, 7, 11; Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 15 WHG Rn. 23, 49 und 63 ≪Bearbeitungsstand Juni 1998≫).
Demgegenüber gehen das Sächsische Justizministerium und die Ausgangsgerichte – bei im Einzelnen wiederum differierendem Verständnis der Vorschrift – im Ergebnis übereinstimmend davon aus, dass § 136 Abs. 1 SächsWG 1993/1998 das Erfordernis des Vorhandenseins funktionsfähiger Anlagen am 1. Juli 1990 unberührt gelassen habe. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 27. März 2007 (4 B 707/05, juris Rn. 38), auf das der hier angegriffene Beschluss vom 25. November 2008 verweist, bezieht sich § 136 Abs. 1 SächsWG 1993/1998 schon nach seinem Wortlaut nicht auf § 15 Abs. 1 bis 3 WHG. Eine Regelung, welche die Gestattungsfreiheit der Gewässernutzung nicht davon abhängig mache, dass zu ihrer Ausübung zu einem bestimmten Zeitpunkt rechtmäßige Anlagen vorhanden seien, wäre nicht mit § 15 Abs. 1 WHG vereinbar gewesen. Dieser ermächtige die Länder nur dazu, einen von § 15 Abs. 1 WHG abweichenden Stichtag zu bestimmen. Im Übrigen wendet das Oberverwaltungsgericht, das § 15 WHG mit Blick auf die Frage des Fortbestandes alter Wasserrechte offenbar als „Sonderregelung” zu § 136 SächsWG 1993/1998 ansieht (so wohl auch Habel/Zeppernick, Das Wasserrecht in Sachsen, § 136 SächsWG Rn. 1 ≪Bearbeitungsstand März 1998≫), § 15 WHG unmittelbar an.
(bb) § 136 Abs. 1 SächsWG 1993/1998 ist demnach verschiedenen Auslegungsvarianten zugänglich, die allerdings sämtlich Unklarheiten in der argumentativen Herleitung nicht vermeiden können und von denen sich daher keine in einer Weise aufdrängt, die ein abweichendes Verständnis als verfassungswidrig erscheinen ließe. Auch die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts mag einfachrechtlich diskussionswürdig sein. Sie lässt jedoch keine Fehler erkennen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung des Eigentumsgrundrechts beruhen.
(2) § 136 Satz 2 SächsWG verstößt ausgehend hiervon nicht gegen Art. 14 Abs. 1 GG.
(a) Die ausdrückliche Aufnahme der Stichtagsregelung hat auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Ausgangsgerichte lediglich deklaratorischen Charakter und schreibt die bereits davor gültige Rechtslage klarstellend fest. Im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot und den Grundsatz des Vertrauensschutzes bestehen daher insoweit keine Bedenken.
(b) Dies gilt auch unter Berücksichtigung der mit Blick auf die Stichtagsregelung zunächst bestehenden Rechtsunsicherheiten und das diesbezügliche behördliche Vollzugsdefizit in den Jahren nach der Wiedervereinigung.
(aa) Die einschlägigen Vorgängervorschriften (Art. 3 § 2 Abs. 1 Nr. 1 URG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG sowie § 136 Abs. 1 SächsWG 1993/1998) ließen ihrem Wortlaut nach nicht erkennen, dass zum 1. Juli 1990 rechtmäßige Anlagen vorhanden sein mussten und dass bis zum 30. Juni 1995 ein Antrag gemäß § 17 WHG gestellt werden konnte beziehungsweise musste. Auch wurde die Stichtagsregelung in der Verwaltungspraxis der sächsischen Behörden jedenfalls in den Jahren nach der Wiedervereinigung offenbar nur unzureichend beachtet. Teilweise wurde auf den 12. August 1957 abgestellt, teilweise auf das Vorhandensein rechtmäßiger funktionsfähiger Anlagen vollständig verzichtet.
(bb) Dieser Befund führt jedoch nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 136 Satz 2 SächsWG.
Denn die „abfedernde” Regelung des § 17 WHG ist jedenfalls einer verfassungskonformen Auslegung und Anwendung zugänglich. Eine solche kann hier unbeschadet der Frage geboten sein, ob die in § 17 WHG getroffenen Regelungen von Verfassungs wegen zwingend erforderlich waren (aaa). Dies ist allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen der Fall (bbb). Im Rahmen des § 17 Abs. 1 Satz 2 WHG kommt in diesen Fällen die Gewährung von Nachsicht in Betracht, im Rahmen des § 17 Abs. 2 WHG die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (ccc).
(aaa) Eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung kann hier unbeschadet der Frage erforderlich sein, ob die in § 17 WHG getroffenen Regelungen von Verfassungs wegen zwingend geboten waren. Denn – wie bereits dargestellt – verpflichtet Art. 14 Abs. 1 GG die Gerichte, die den gesetzlichen Regelungen zugrunde liegende und darin zum Ausdruck kommende Interessenbewertung nachzuvollziehen (vgl. BVerfGE 81, 29 ≪31 f.≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 3. Juli 2001 – 1 BvR 432/00 –, juris Rn. 22).
(bbb) Eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Fristbestimmungen des § 17 WHG ist allerdings nicht in jedem Fall geboten.
Zwar konnten die Inhaber alter Rechte den vormals einschlägigen Vorschriften (zunächst §§ 15, 17 WHG und später auch § 136 SächsWG 1993/1998) die Obliegenheit zur Stellung eines Antrags innerhalb der Fristen des § 17 WHG nicht zweifelsfrei entnehmen.
Allerdings ist bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer verfassungskonformen Auslegung des § 17 WHG auch das Regel-/Ausnahmeverhältnis zu berücksichtigen, in dem die Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes über die Gestattungspflicht von Gewässerbenutzungen (§§ 2 ff. WHG) zu § 15 WHG (in Verbindung mit den ausgestaltenden landesgesetzlichen Regelungen, hier § 136 SächsWG), § 17 WHG stehen: Die mit dem Betrieb einer Wasserkraftanlage verbundenen Gewässernutzungen bedürfen als solche zweifelsohne der Gestattung gemäß §§ 2 ff. WHG. Deren Erteilung steht gemäß § 6 WHG grundsätzlich im Ermessen der zuständigen Behörde. Eine Wasserkraftanlage kann unter Geltung des Wasserhaushaltsgesetzes ohne wasserrechtliche Gestattung gemäß §§ 7 ff. WHG daher jedenfalls nur betrieben werden, wenn eine gesetzlich geregelte Ausnahme von der Gestattungspflicht einschlägig ist. Eine solche konnte sich für alte Rechte und Befugnisse aus § 15 WHG (in Verbindung mit § 136 SächsWG 1993/1998) ergeben. Abweichend von der generellen Regelung des § 6 WHG kann im Fall des § 17 Abs. 2 WHG ausnahmsweise ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung, gegebenenfalls auf eine Entschädigung (vgl. § 17 Abs. 3 WHG) bestehen. Wollten somit aber die Inhaber alter Wasserrechte aus den genannten Vorschriften, über deren Regelungsgehalt Unklarheit bestand, für sich günstige Rechtsfolgen in Gestalt der Gestattungsfreiheit der ausgeübten Gewässerbenutzungen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG), der vorläufigen Befugnis zur Ausübung der Gewässerbenutzungen ohne neue wasserrechtliche Gestattung (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG) beziehungsweise des Anspruchs auf Erteilung einer Erlaubnis oder gegebenenfalls einer Entschädigung (vgl. § 17 Abs. 2 und 3 WHG) ableiten, hätte es ihnen oblegen, sich über den Inhalt dieser Vorschriften sowie die diesbezügliche behördliche Vollzugspraxis Klarheit zu verschaffen und gegebenenfalls die Feststellung ihres alten Wasserrechts zu begehren. Sie durften angesichts der unklaren Rechtslage nicht ohne Weiteres darauf vertrauen, dass die Vorschriften in der von ihnen für richtig gehaltenen Auslegung Anwendung finden würden.
Eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung des § 17 WHG ist demnach nur dann geboten, wenn im konkreten Einzelfall der Inhaber eines alten Wasserrechts aufgrund eines behördlichen (Fehl-)Verhaltens bei der Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften davon ausgehen durfte, dass es auf das Vorhandensein funktionsfähiger Anlagen zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht ankomme, das alte Wasserrecht gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG fortbestehe und daher keine Gestattung nach dem Wasserhaushaltsgesetz und somit auch kein Antrag gemäß § 17 WHG erforderlich sei. Anlass zu einer derartigen Annahme können etwa behördliche Auskünfte gegenüber dem Betroffenen selbst geben oder aber eine ständige behördliche Praxis, von der der Betroffene Kenntnis hatte und aufgrund derer er von der Einholung behördlicher Auskünfte oder der Stellung eines Antrages gemäß § 17 WHG abgesehen hat. Gleiches gilt in Fällen, in denen die Behörde etwa im Rahmen des Verfahrens zur Bewilligung von Fördergeldern zunächst die Gestattungsfreiheit des Betriebs der Wasserkraftanlage bestätigt hat.
(ccc) § 17 Abs. 1 Satz 2 WHG ist – soweit nach dem eben Ausgeführten geboten – einer verfassungskonformen Auslegung und Anwendung auch dann zugänglich, wenn man eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Rahmen des § 17 Abs. 1 WHG für ausgeschlossen erachtet (so Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 17 WHG Rn. 30 ≪Bearbeitungsstand März 2002≫; Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 17 Rn. 15 ≪Bearbeitungsstand Oktober 1980≫). So ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass sich Behörden unter bestimmten engen Voraussetzungen nicht auf den Ablauf einer die weitere Rechtsverfolgung abschneidenden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen dürfen (vgl. BVerwGE 101, 39 ≪45≫ m.w.N.). Diese Grundsätze lassen sich auf die Wahrung der in § 17 Abs. 1 WHG geregelten Frist übertragen.
Bei der in § 17 Abs. 2 WHG geregelten Frist handelt es sich um eine verfahrensrechtliche Ausschlussfrist, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig ist (vgl. Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, WHG, § 17 Rn. 23 ≪Bearbeitungsstand Oktober 1980≫; Pape, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Band III, § 17 WHG Rn. 35 ≪Bearbeitungsstand März 2002≫).
Hinsichtlich der Voraussetzungen, unter denen die Gewährung von Nachsicht beziehungsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von Verfassungs wegen geboten sein kann, wird auf die vorstehenden Ausführungen (bbb) verwiesen.
bb) Die Verfassungsbeschwerde hat auch keine Aussicht auf Erfolg, soweit sie sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 1. November 2006 und den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 25. November 2008 richtet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen jedenfalls im Ergebnis das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht.
(1) Hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des § 136 Satz 2 SächsWG und der diesbezüglichen Erwägungen der Ausgangsgerichte wird auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Dies gilt auch und insbesondere mit Blick auf die Fragestellungen, die sich aus der (zunächst) unterbliebenen beziehungsweise unzureichenden Umsetzung des Erfordernisses des Vorhandenseins rechtmäßiger funktionsfähiger Anlagen in der sächsischen Verwaltungspraxis und der verwaltungsgerichtlichen Klärung des Regelungsgehaltes des § 15 WHG in Verbindung mit § 136 SächsWG 1993/1998 erst nach Ablauf der in § 17 WHG geregelten Fünfjahresfrist ergeben.
(2) Auch im Übrigen ist ein Verfassungsverstoß bei der Auslegung und Anwendung der vorgenannten Vorschriften durch die Ausgangsgerichte nicht festzustellen.
(a) Dies gilt zunächst insoweit, als das Verwaltungsgericht das Vorhandensein rechtmäßiger funktionsfähiger Anlagen am Stichtag des 1. Juli 1990 verneint hat.
(aa) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsauffassung und die ihr zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen haben die Beschwerdeführer jedenfalls innerhalb der Begründungsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG nicht substantiiert geltend gemacht. Da auch ihr Antrag auf Zulassung der Berufung im Ausgangsverfahren keine diesbezüglichen Ausführungen enthält, stünde einer Prüfung im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren zudem schon der Grundsatz der Subsidiarität (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG) entgegen.
(bb) Es erscheint nach dem oben Ausgeführten zwar fraglich, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts, es komme nicht darauf an, ob die Verfüllung des Betriebsgrabens widerrechtlich vorgenommen worden sei, mit Art. 14 Abs. 1 GG in Einklang steht. Letztlich kann dies aber offenbleiben. Denn die Beschwerdeführer haben diese Frage mit der Verfassungsbeschwerde nicht aufgegriffen und auch in tatsächlicher Hinsicht hierzu nichts vorgetragen. Überdies haben sie das Urteil des Verwaltungsgerichts auch insoweit nicht mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung angegriffen, so dass es an der Wahrung des Subsidiaritätsgrundsatzes mangelt.
(cc) Abgesehen von der gegebenenfalls widerrechtlichen Verfüllung des Betriebsgrabens durch staatliche Stellen liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Annahme des Erlöschens des alten Wasserrechts gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 14 Abs. 1 GG verstoßen könnte.
Nach den von den Beschwerdeführern nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wird die Wasserkraftanlage schon seit mehr als 20 Jahren nicht mehr betrieben. Die Nutzungsaufgabe beruhte – soweit ersichtlich – auch nicht auf den von den Beschwerdeführern ins Feld geführten Materialengpässen zu DDR-Zeiten, sondern auf einem verminderten Wasserzufluss infolge eines Talsperrenbaus und der Verfüllung des Betriebsgrabens im Zuge eines Straßenausbaus. Das Verwaltungsgericht weist in dem angegriffenen Urteil überdies nachvollziehbar darauf hin, dass sowohl die baulichen Anlagen des Mühlgrabens, soweit sie als Mauern noch vorhanden seien, als auch des Wasserschlosses in den inzwischen mehr als 20 Jahren ihrer Nichtnutzung in der Substanz Veränderungen erfahren hätten, die die Wiederinbetriebnahme in Frage stellen könnten und jedenfalls eine statisch-bautechnische Prüfung erforderten.
(b) Ob das Verwaltungsgericht ohne Verfassungsverstoß davon ausgehen konnte, dass sich die Beschwerdeführer schon deswegen nicht auf § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 WHG berufen könnten, weil jedenfalls kein entsprechender Antrag gestellt worden sei und die bis zum 30. Juni 1995 laufende Schonfrist schon damals, als die Beschwerdeführer im Jahr 1999 den Kaufvertrag über die betreffenden Grundstücke geschlossen hätten, längst verstrichen gewesen sei, erscheint zweifelhaft. Gleiches gilt für die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu § 17 WHG.
Letztlich bedarf aber auch diese Frage keiner Entscheidung. Denn es ist auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht ersichtlich, dass die Gerichte gemessen an den oben dargestellten Maßstäben im Ergebnis von Verfassungs wegen gehindert gewesen wären, den Beschwerdeführern den Ablauf der Fünfjahresfrist des § 17 WHG entgegenzuhalten und dass die angegriffenen Entscheidungen auf einem etwaigen diesbezüglichen Grundrechtsverstoß beruhen könnten. Die Beschwerdeführer haben weder substantiiert vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass sie oder die derzeitigen Eigentümerinnen aufgrund eines Fehlverhaltens der Behörden bei der Anwendung der § 15 Abs. 1 Nr. 1 WHG, § 136 SächsWG 1993/1998 von der fristgemäßen Stellung eines Antrages gemäß § 17 WHG abgesehen hätten. Allein die lange Zeit bestehenden Unklarheiten über die Rechtslage und die allgemeinen Unzulänglichkeiten des Verwaltungsvollzuges reichen hierfür – wie bereits dargestellt – nicht aus.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 2316437 |
SächsVBl. 2010, 140 |