Verfahrensgang
BGH (Beschluss vom 17.12.2002; Aktenzeichen VI ZR 232/02) |
OLG Hamburg (Urteil vom 04.06.2002; Aktenzeichen 7 U 72/01) |
LG Hamburg (Urteil vom 20.07.2001; Aktenzeichen 324 O 80/01) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde wendet sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung einer Veröffentlichung von Auszügen einer andernorts erschienenen Presseberichterstattung innerhalb einer Presseschau.
1. Die Beschwerdeführerin und Beklagte des Ausgangsverfahrens ist Verlegerin der Zeitschrift „E.-S.”, die aus Anlegersicht über das Börsengeschehen berichtet. Die Zeitschrift führt u.a. eine ständige Rubrik mit der Bezeichnung „Meinungen – Presseschau – Nachrichten aus Börsendiensten und Banken”, in der andernorts erschienene Presseberichte in knapper Zusammenfassung wiedergegeben werden. Die Rubrik schließt mit dem Hinweis:
„Der ES zitiert in der ‚aktuellen Presseschau' fremde Meinungen und enthält sich jeglicher Stellungnahme”.
Am 9. November 2000 veröffentlichte die Beschwerdeführerin in dieser Rubrik Auszüge aus einem am 1. November 2000 in der Tageszeitung „H.” erschienen Beitrag. Dessen Gegenstand war ein seinerzeit anhängiges strafrechtliches Ermittlungsverfahren, welches sich unter anderem gegen den Kläger des Ausgangsverfahrens, Herrn B. F. richtete. Dieser war als Herausgeber und Chefredakteur der Zeitschrift „D. A.”, die ebenfalls über das Börsengeschehen berichtet, und zugleich als Fondsberater tätig und hatte durch seine Teilnahme an dem Börsenspiel der „…-B.” eine gewisse Bekanntheit erlangt. Seit dem Jahr 1999 ermittelte die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen ihn, gegen seinen stellvertretenden Chefredakteur S. O. und gegen einen Stuttgarter Vermögensverwalter unter anderem wegen des Verdachts der verbotenen Insidergeschäfte (§ 38 Abs. 1 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Wertpapierhandelsgesetz) und des Betruges zum Nachteil der Kapitalanleger.
Der Kläger begehrte im Ausgangsverfahren Unterlassung der in der Presseschau veröffentlichten Äußerungen der Beschwerdeführerin. Durch die selektive Wiedergabe allein der den Kläger belastenden Tatsachen unter Auslassung aller seinerzeit bereits bekannten entlastenden Umstände erwecke die als Pressestimme veröffentlichte Zusammenfassung – anders als der Ursprungsartikel – den unzutreffenden und ehrverletzenden Eindruck, er, der Kläger sei an der seinem Mitarbeiter O. vorgeworfenen Tat beteiligt gewesen.
Die beanstandete Meldung des „E.-S.” lautet wörtlich:
H. – 1. November 2000
Die Redaktionsräume von der Staatsanwaltschaft durchsucht, Haftbefehl gegen einen seiner engsten Mitarbeiter: B. F., einer der Starpropheten des Neuen Marktes, ist schwer angeschlagen.
Alles beginnt offenbar Anfang September damit, dass ein Stuttgarter Vermögensverwalter auf den Redakteur O. zukommt und ihm vorschlägt, zusammen mit seinem Chefredakteur Geld von Privatleuten zu verwalten. F. berät zwar schon – teilweise mit O. gemeinsam – sieben Fonds der Fondsgesellschaft Universal Investment im Volumen von 3, 3 Millionen DM. Das stört jedoch nicht.
Im Gegenteil, die Fonds werden sogar gebraucht. Der Clou an der Geschichte: Der Schwabe will Anlegern Gewinne garantieren.
Das kann nur funktionieren, wenn er Aktien kauft, die F. oder O. wenig später in der Zeitschrift „D. A.” oder über die …-B. empfehlen.
Sollte das den Kurs nicht genug anschieben, müssen F. und O. die Aktien in ihren verschiedenen Universal-Portfolios aufnehmen lassen. Spätestens durch die Menge an Zukäufen dürfte der Wert der Papiere steigen, so die Kalkulation. Die Gewinne sollen zwischen Anlagegesellschaft, Redakteuren und Verwalter geteilt werden.
Die zitierten Passagen sind im Wesentlichen wörtlich einem am 1. November 2000 im „H.” erschienenen Beitrag entnommen, allerdings wurde der Ursprungsartikel deutlich gekürzt. Der Text des Ausgangsbeitrags des „H.” lautet vollständig:
ALBTRAUM DER AUFSICHTSÄMTER
Die Redaktionsbüros von der Staatsanwaltschaft durchsucht, Haftbefehl gegen einen seiner engsten Mitarbeiter: B. F., einer der Starpropheten des Neuen Marktes, ist schwer angeschlagen. Der Verdacht gegen einen seiner Gurus belastet den Ruf der gesamten Branche.
Als die Stuttgarter Staatsanwaltschaft am vergangenen Donnerstag die Redaktionsräume der K. Börsenmedien AG durchsucht, liegt B. F. am Strand. Während die Mitarbeiter der Anklagebehörde Aktenordner um Aktenordner aus den Regalen der Redaktionsräume und zwei Privatwohnungen mitnehmen, lässt sich der Chefredakteur der Anlegerpostille „D. A.” und einstige Star der „…-B.” auf den Seychellen die Sonne auf den Bauch brennen.
Für die Öffentlichkeit war der 38-Jährige erst gestern wieder zu sprechen, und zwar „an meinem Arbeitsplatz”. Darauf legt er Wert. Es soll sich ja nicht der Eindruck festsetzen, bei der Razzia sei es um ihn gegangen. Oder gar, er säße in Untersuchungshaft. „Ich sehe mich momentan als Opfer”, sagt er. Mit dieser Sache habe er nichts zu tun.
„Diese Sache”, das sind unseriöse und nicht realisierbare Versprechen, mit denen zumindest S. O., stellvertretender Chefredakteur des gleichen Zocker-Blattes, und ein privater Stuttgarter Finanzdienstleister Anlegern mehrere Millionen Mark aus der Tasche gezogen haben sollen. Beide wollten den vermeintlich guten Namen F. nutzen, dessen Vorzeigefonds in drei Jahren laut Eigenwerbung ein Plus von 693 Prozent erzielt hat. Sie wollten die Zeitschrift, das Fernsehen und diverse Hotlines als Forum nutzen, um Wertpapiere nach oben zu jubeln. Die beiden haben schon gestanden. Ob F. die Fäden gezogen hat, ist noch unklar; gegen ihn wird auch ermittelt.
Der Fall ist bizarr. Er wirft ein grelles Licht auf die (Selbst-)Vermarktung der Börsengurus. Wer mehrmals öffentlich richtig tippt oder den Zeitpunkt eines Börsen-Crashs richtig voraussagt, hat gute Chancen auf eine treue Anhängerschaft. Die Sendungen „…-B.” oder „T.” sind die Bühne all derer, die den Aufsichtsämtern schlaflose Nächte bereiten. Denn [an dieser Stelle findet sich eine drucktechnisch hervorgehobene Zwischenschlagzeile: „Zwei Personen haben Geständnisse abgelegt. Ob F. Fäden gezogen hat, ist unklar.”] in den Sendungen werden Kurse bewegt. Hier werden marktenge, meistens am Neuen Markt notierte Werte empfohlen, die sich oft am (Börsen-)Tag nach der Ausstrahlung deutlich bewegen. Immer wieder tauchen Vorwürfe auf, die „Experten” würden Aktien anpreisen, die sie selbst, Freunde oder Bekannte von ihnen im Depot halten – Vorwürfe, unter denen der Ruf des gesamten Neuen Marktes leidet.
Was aber vor einigen Wochen im fränkischen K. passierte, geht weit über das hinaus, was längst erloschene Börsenlichter getan haben sollen. Die Handelnden sollen bewusst bei potenziellen Anlegern damit geworben haben, dass sie Aktien pushen, also Kurse von Wertpapieren nach oben schreiben oder kommentieren.
Alles begann Anfang September damit, dass ein Stuttgarter Vermögensverwalter auf den Redakteur O. zukommt und ihm vorschlägt, zusammen mit seinem Chefredakteur Geld von Privatleuten zu verwalten. F. berät zwar schon – teilweise mit O. gemeinsam – sieben Fonds der Fondsgesellschaft Universal Investment im Volumen von 3, 3 Millionen DM. Das stört jedoch nicht.
Im Gegenteil, die Fonds werden sogar gebraucht. Der Clou an der Geschichte: Der Schwabe will Anlegern Gewinne garantieren. Das kann nur funktionieren, wenn er Aktien kauft, die F. oder O. wenig später in der Zeitschrift „D. A.” oder über die …-B. empfehlen. Sollte das den Kurs nicht genug anschieben, müssen F. und O. die Aktien in ihren verschiedenen Universal-Portfolios aufnehmen lassen. Spätestens durch die Menge an Zukäufen dürfte der Wert der Papiere steigen, so die Kalkulation. Die Gewinne sollen zwischen Anlagegesellschaft, Redakteuren und Verwalter geteilt werden.
O. – Lebensmotto „Immer nach vorne schauen” – ist offenbar begeistert von der Idee und stellt sie F. vor. Der sagt heute: „Ich habe meinem Mitarbeiter die Sache untersagt.” Damit ist der Fall für ihn erledigt. „Warum sollte ich für ein paar Millionen Anlagegelder zusätzlich mehrere Milliarden gefährden?”, fragt er heute.
Aber O. und sein Spezi ziehen das Geschäft durch. Der Verwalter spricht einige seiner Bekannten an, wirbt mit dem Konterfei der Redakteure und immer wieder mit dem Namen seines „Freundes” F. Offenbar beschaffen sie so mehr als zwei Millionen Mark, bis einem der Geworbenen mulmig wird. Er wendet sich Anfang Oktober an die Staatsanwaltschaft Stuttgart. Die fragt beim Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel (BAWe) nach. In der Frankfurter Behörde klingeln beim Namen F. die Alarmglocken. Denn der Franke ist dem Amt längst gut bekannt: durch seine Auftritte in der …-B. und diverse 0190-Hotlines, in denen sein Kollege und er ihre Tipps „positionell klar verstärken”) für 2,42 Mark die Minute am Telefon verkaufen. Die Beamten haben immer wieder ein Auge auf diese Empfehlungen geworfen. Beweise für Insidergeschäfte oder das Pushen von Aktien gab es jedoch bislang nicht.
Im Fall O. aber stellt das BAWe einen Mitarbeiter für den geplanten Zugriff ab. Am Donnerstag läuft die Razzia. Heute sitzt der Stuttgarter Verwalter wegen Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft. S. O. wurde nach einigen Tagen mit Auflagen auf freien Fuß gesetzt, und wie es aussieht, könnten die Ermittlungen gegen F. schon bald eingestellt werden – zumindest in diesem Fall.
Dennoch: Sein nach diversen Fehlprognosen und negativen Presseberichten ohnehin angeschlagenes Image wird durch den Skandal weiter angekratzt. Die „Bild”-Zeitung schrieb ihm bereits Ende August genüsslich seine zehn schlechtesten Tipps unter die Nase und schrieb vom „Aufstieg und Fall” des wegen seines fränkischen Akzents „Mr Dausend” genannten Börsengurus. Auch in den einschlägigen Broker-Boards im Internet wandten sich frustrierte Fans von ihm ab: „Schweinebacke” und „Kreuzigt ihn” lauteten noch die harmloseren Kommentare.
Der ehemalige Buchhalter F. teilt das Schicksal vieler Propheten des Neuen Marktes. Ein paar Tipps neben der Tendenz, und sie sind weg vom Fenster. Schon deshalb haben sie den Anreiz, in kurzer Zeit so viel Gewinn wie möglich aus ihren Aktivitäten zu ziehen – und es ist nicht schwierig, mit unlauteren Mitteln die schnelle Mark zu verdienen. E. P., der erste Börsenguru des Neuen Marktes, kam nur deshalb ohne strafrechtliche Verfolgung davon, weil man ihm nicht nachweisen konnte, dass er beim Kauf eigener Aktien vorhatte, diese öffentlich zu empfehlen. Unrechtsbewusstsein darf man von niemandem erwarten. F.: „Ich bin der Meinung, dass es wahre Insider im Markt gibt, die viel weniger attackiert werden als ich”.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wurde mit Verfügung vom 20. November 2000 – nach Veröffentlichung des Ursprungsbeitrags und dessen streitgegenständlicher Wiedergabe im E.-S. – eingestellt. Eine Beteiligung an der seinem Mitarbeiter und dem Vermögensverwalter vorgeworfenen Tat könne dem Kläger nicht nachgewiesen werden. Soweit der Kläger seine Aufsichtspflichten in seinem Unternehmen vernachlässigt habe, werde von einer Verfolgung der darin liegenden Ordnungswidrigkeit abgesehen.
2. Mit angegriffenem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20. Juli 2001 – Geschäfts-Nr. 324 O 80/01 – wurde die Beschwerdeführerin verurteilt, es zu unterlassen, durch die streitgegenständliche Berichterstattung den Eindruck zu erwecken, dass der Kläger an der dem Mitarbeiter O. vorgeworfenen Tat beteiligt gewesen sei. Ferner stellte das Gericht die Verpflichtung der Beschwerdeführerin fest, dem Kläger alle aus der Berichterstattung entstandenen Schäden zu ersetzen.
Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 186 StGB, 1004 BGB analog zu. Die angegriffene Berichterstattung des „E.-S.” erwecke in ihrer konkreten Fassung den Eindruck, dass der Kläger an der seinem Mitarbeiter zur Last gelegten Tat beteiligt gewesen sei. Zwar sei diese Behauptung nicht offen in dem von der Beschwerdeführerin veröffentlichten Auszug enthalten, jedoch komme sie darin verdeckt zum Ausdruck.
Gegenüber einer verdeckten Aussage sei der Betroffene einerseits besonders schutzbedürftig, da er sich ihrer nur schwer erwehren könne. Andererseits gebiete das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG Zurückhaltung bei der Einbeziehung verdeckter Behauptungen in den Persönlichkeitsschutz. Hiermit sei es unvereinbar, eine verdeckte Behauptung bereits dann anzunehmen, wenn offene Einzelaussagen des Textes es dem Leser überließen, eigene Schlüsse in die eine oder andere Richtung zu ziehen. Eine verdeckte Behauptung sei mithin erst dann einem Verbot zugänglich, wenn sie sich für den Leser als zwingende Schlussfolgerung darstelle.
Dies sei hier der Fall. Die im „E.-S.” wiedergegebenen Passagen ließen für den Leser nur den Schluss zu, dass der Kläger an den beschriebenen Vorgängen beteiligt gewesen sei. Er werde als einer derjenigen vorgestellt, der bei den Insidergeschäften mitwirken musste, um den geplanten Erfolg herbeizuführen. Dies ergebe sich – wie das Landgericht näher ausführt – aus einzelnen Formulierungen der Auszüge, die implizierten, dass das dort geschilderte Vorhaben die Mitwirkung des Klägers erfordert habe.
Anders als im Ursprungsbeitrag sei auch keine Relativierung erfolgt, die die Aussagen in einem anderen Licht erscheinen ließen. So sei die im Ursprungsartikel wiedergegebene Stellungnahme des Klägers, wonach er seinem Mitarbeiter „die Sache” untersagt habe und er auch keinen Anlass sehe, für ein paar Millionen Anlagegelder zusätzlich mehrere Milliarden zu gefährden, in der Zusammenfassung der Beschwerdeführerin ausgelassen worden. Ebenso fehle der im Beitrag des „H.” enthaltene Hinweis, „Aber O. und sein Spezi ziehen das Geschäft durch”. Die Beschwerdeführerin mache noch nicht einmal deutlich, dass in ihrer Zusammenfassung mehrere in dem Ausgangsbeitrag getrennt stehende Passagen unter Auslassung von Zwischentext zusammengezogen worden seien. Allein der Umstand, dass in der Einleitung der Zusammenfassung mitgeteilt werde, einer der engsten Mitarbeiter des Klägers sei verhaftet worden, der Kläger selbst mithin offenbar aber nicht, sei angesichts des Aussagegehaltes des Auszuges nicht geeignet, dem Leser zu vermitteln, dass sich der Verdacht nur gegen den Mitarbeiter O. richte, nicht aber gegen den Kläger.
Von der Unwahrheit der hier verbreiteten unzutreffenden Behauptung sei auszugehen. Die Beschwerdeführerin habe den ihr obliegenden Nachweis für die Richtigkeit ihrer Behauptungen nicht erbracht.
Die unwahre Behauptung der eigenen Beteiligung an einer Straftat verletze auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Rechtfertigungsgründe seien nicht ersichtlich. Dass auch andere Medien über den Vorwurf berichtet hätten, rechtfertige keine Verbreitung unwahrer Behauptungen über den Kläger. Ob das nicht kenntlich gemachte Zusammenfügen einzelner im Original nicht aufeinanderfolgender Passagen äußerungsrechtlich eine eigene Qualität entfalte, könne hier dahinstehen, da sich die Beschwerdeführerin jedenfalls der Verbreiterhaftung nicht entziehen könne. Die Veröffentlichung der Zusammenfassung in einer als Presseschau bezeichneten Rubrik habe allenfalls zur Folge, dass es an einer eigenen Behauptung der Beschwerdeführerin fehle, so dass dadurch erst der Tatbestand der Verbreiterhaftung begründet werde. Eine hinreichende Distanzierung, welche diese Verbreiterhaftung ausschließen könne, liege aber weder in dieser Veröffentlichungsform noch werde sie durch den Hinweis am Ende der Presseschau bewirkt. Dieser Hinweis stelle lediglich klar, dass in der Rubrik fremde und nicht eigene Behauptungen der Beschwerdeführerin veröffentlicht würden. Er lasse aber nicht einmal offen, ob die in der Presseschau wiedergegebenen Auszüge auch unzutreffende Behauptungen enthalten können und sei daher als eine die Verbreiterhaftung ausschließende Distanzierung ungeeignet. Auch eine Wiederholungsgefahr liege vor.
Dem Kläger stehe ferner ein Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beschwerdeführerin zu. Die rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts sei auch schuldhaft erfolgt. Bei Anwendung der gebotenen pressemäßigen Sorgfalt habe der Beschwerdeführerin deutlich werden müssen, dass die von ihr erstellte Zusammenfassung einen vom Ursprungsbeitrag abweichenden Eindruck erwecke, der die Rechte des Klägers verletze.
3. Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit ebenfalls angegriffenem Urteil vom 04. Juni 2002 – Geschäfts-Nr. 7 U 72/01 – zurück.
Das Landgericht habe der Klage mit zutreffender Begründung stattgegeben. Zu Recht sei das Landgericht von einer verdeckten Behauptung der Tatbeteiligung des Klägers ausgegangen. Maßgebend sei der Eindruck, den ein durchschnittlicher Leser aus dem Wortlaut und Zusammenhang der abgedruckten Passagen als zwingende Schlussfolgerung entnehme. Auch wenn lediglich der Tatplan des Stuttgarter Vermögensverwalters geschildert werde, ließe die Darstellung dennoch keinen Zweifel an einer Beteiligung des Klägers an den illegalen Transaktionen. Da der von der Beschwerdeführerin veröffentlichte Auszug keinerlei den Kläger entlastende Umstände wiedergebe, sei die Schlussfolgerung der Tatbeteiligung des Klägers zwingend, denn dem Leser werde suggeriert, dass das geplante Vorhaben ohne Mitwirkung des Klägers nicht mit Erfolg hätte durchgeführt werden können. Zudem habe der Kläger einen Anteil von dem erzielten Gewinn erhalten sollen.
Demgegenüber weise der Ursprungsbeitrag nicht nur die vom Landgericht angeführten, sondern noch eine weitere den Kläger entlastende Passage auf, namentlich die Einschätzung des „H.”, „[…] und wie es aussieht, könnten die Ermittlungen gegen F. schon bald eingestellt werden – zumindest in diesem Fall.” Für die angesprochene Leserschaft erwecke die Darstellung durch die Beschwerdeführerin deshalb im Unterschied zur Erstmitteilung im „H.” zwingend den Eindruck, dass der Kläger an dem darin geschilderten Verhalten seines Mitarbeiters O. beteiligt gewesen sei.
Der Verbreiterhaftung könne sich die Beschwerdeführerin nicht entziehen. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts liege auch in der Verbreitung der rechtswidrigen Äußerung eines Dritten, wenn es an einer eigenen und ernsthaften Distanzierung fehle oder das Verbreiten nicht schlicht Teil einer Dokumentation des Meinungsstandes im Sinne eines Marktes der Meinungen sei, in der Äußerungen verschiedener Stellen einander gegenüber gestellt würden. Zwar sei die beanstandete Mitteilung in einer als „Presseschau” überschriebenen Rubrik enthalten und lasse erkennen, dass der Inhalt eines zuerst an anderer Stelle veröffentlichten Artikels wiedergeben werde. Um einen Markt der Meinungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handele es sich bei der Presseschau aber nicht, da es an einer Zusammenstellung verschiedener Äußerungen zu demselben Thema fehle. Vielmehr habe sich in der fraglichen Presseschau einzig die beanstandete Meldung mit den streitgegenständlichen Insidergeschäften befasst.
Bei der beanstandeten Pressemeldung komme hinzu, dass sie dem Leser einen anderen Eindruck bezüglich eines etwaigen strafbaren Verhaltens des Klägers vermittele als die ursprüngliche Berichterstattung, der sie auszugsweise entnommen sei. Ob die Beschwerdeführerin deshalb wie für eine eigene Berichterstattung hafte, könne dahin stehen, weil sie zumindest im Rahmen der Verbreiterhaftung dafür einzustehen habe. Eine die Rechtswidrigkeit der Verbreitung ausschließende Distanzierung liege aus den vom Landgericht aufgezeigten Gründen jedenfalls nicht vor.
Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadenersatz dem Grunde nach lägen gleichfalls vor. Der Beschwerdeführerin sei zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen, weil sie die gebotene pressemäßige Sorgfalt nicht gewahrt habe, als sie die Ausschnitte der Erstmitteilung so zusammengestellt habe, dass der vom Kläger beanstandete rechtswidrige Eindruck entstanden sei. Der im Sinne einer Distanzierung nicht aussagekräftige Zusatz am Ende der „Presseschau” der Beschwerdeführerin sei nicht geeignet, die Beschwerdeführerin von dem Vorwurf der Fahrlässigkeit zu entlasten.
4. Die Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesgerichtshof mit gleichfalls angegriffenem Beschluss vom 17. Dezember 2002 – Aktenzeichen VI ZR 232/02 – zurück. Die Beschwerde zeige nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordere.
5. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG und auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG sowie eine Verletzung ihres Anspruchs auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.
a) Die Verurteilung zur Unterlassung der beanstandeten Berichterstattung und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beschwerdeführerin verletze ihr Grundrecht auf Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Pressefreiheit sei in ihrer Institutsgarantie einer freien Presse berührt, weil die angegriffenen Urteile die Rahmenbedingungen für die Wiedergabe von Berichten und Kommentaren anderer Presseorgane im Rahmen sogenannter Presseschauen einenge. Das Grundrecht der Pressefreiheit sei ferner betroffen, weil der Beschwerdeführerin die Veröffentlichung einer fremden Meinungsäußerung untersagt werde. Der Schutzbereich der Pressefreiheit umfasse auch das Recht der Presse, sich darauf zu berufen, die Äußerung einer fremden, von ihr veröffentlichten Meinung sei ihrerseits vom Schutzbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG umfasst. Der Schutz der Meinungsfreiheit sei hier in die Pressefreiheit eingebettet. Jedenfalls aber berühre es den Schutzbereich der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn der Beschwerdeführerin die Veröffentlichung einer fremden Meinung untersagt werde.
aa) Bereits die Deutung der inkriminierten Veröffentlichung und ihres erkennbaren Zusammenhangs verletze die aus der Meinungs- und Pressefreiheit folgenden verfassungsrechtlichen Vorgaben.
Die beanstandete Veröffentlichung stelle keine eigene Berichterstattung, sondern eine Wiedergabe einer fremden Äußerung dar. Dies folge aus Inhalt und erkennbaren Umständen der Veröffentlichung. Bei einer Presseschau handele es sich um eine anerkannte und hergebrachte pressetypische Darstellungsform, die auch nach dem Verständnis der Leser nicht den Anspruch vollständiger eigener Berichterstattung erhebe. Der Leser erwarte von vornherein nur eine auszugsweise und verkürzte Mitteilung über andernorts veröffentlichte Beiträge unter Angabe der Quelle, da eine Presseschau auch aus Lesersicht nicht der Sachdarstellung in all ihren Einzelheiten, sondern nur dazu diene, ihm einen Überblick über das gesamte Spektrum der Themen andernorts erschienener Berichterstattungen zu verschaffen, um diese gegebenenfalls nachlesen zu können. Typischerweise werde einer solchen Presseschau der auch hier gegebene Hinweis beigefügt, dass es sich lediglich um die Wiedergabe fremder Berichterstattung handele.
Entgegen der Auffassung der Fachgerichte vermittele die Berichterstattung der Beschwerdeführerin dem Leser auch keinen vom Ursprungsartikel abweichenden Gesamteindruck, so dass die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht wie für eine eigene Behauptung in Anspruch genommen werden könne. Bei der anzustellenden Vergleichsbetrachtung unterliege auch die Ermittlung des Sinngehaltes des Ursprungsbeitrages denselben verfassungsrechtlichen Anforderungen wie die Sinnermittlung der gegenüberzustellenden Äußerung der Beschwerdeführerin. Die fachgerichtliche Deutung, der beanstandeten Zusammenfassung komme ein vom Ursprungsartikel abweichender Bedeutungsgehalt zu, beruhe darauf, dass die Fachgerichte entgegen den verfassungsrechtlichen Vorgaben den Gesamteindruck der Ursprungsberichterstattung außer Acht gelassen hätten. Sie stellten allein auf einzelne im Artikel des „H.” enthaltene relativierende Zusätze ab, ohne zugleich zu berücksichtigen, dass der Beitrag des „H.” daneben zahlreiche weitere den Kläger belastende Äußerungen enthielte. Diese aber führten dazu, dass der Gesamteindruck der Berichterstattung im „H.” den Kläger sogar in einem deutlich schlechteren Licht erscheinen lasse, als es der beanstandeten Wiedergabe zu entnehmen sei. So enthalte die weitere Berichterstattung ein vernichtendes Gesamturteil über den Kläger, indem ihm sein angeschlagenes Ansehen, die von Dritten geäußerte Kritik über die Qualität seiner Anlegerempfehlungen und der Umstand vorgehalten werde, dass die für die Finanzaufsicht zuständige Behörde immer wieder ein Auge auf dubiose Geschäftspraktiken des Klägers geworfen habe, ohne dass ihm bisher aber Insidergeschäfte oder ein „Pushen” von Aktien hätten nachgewiesen werden können.
bb) Auch auf eine Verbreiterhaftung lasse sich die Verurteilung nicht stützen, denn eine solche Verbreiterhaftung setze nach der auch vom Oberlandesgericht zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung voraus, dass eine rechtswidrige Äußerung eines Dritten verbreitet werde. Dass aber die Ursprungsberichterstattung im „H.” rechtswidrig gewesen sei, hätten weder Land- noch Oberlandesgericht festgestellt. Die Gerichte seien im Gegenteil von der Zulässigkeit der Erstmitteilung ausgegangen, wenn sie der Beschwerdeführerin die Auslassung vermeintlich dort noch enthaltener entlastender Passagen zum Vorwurf gemacht hätten.
Auf einer Überspannung der Anforderungen beruhe es jedenfalls, wenn die Gerichte eine fehlende oder unzureichende Distanzierung beanstandet hätten. Innerhalb der anerkannten und hergebrachten pressetypischen Darstellungsform einer Presseschau dürfe eine aus dritter Quelle übernommene Nachricht unter Angabe ihrer Herkunft verbreitet werden. Einer Überprüfung der Richtigkeit oder einer ausdrücklichen Distanzierung von der verbreiteten Nachricht bedürfe es hierbei nicht. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung werde von dem Schutz der Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nämlich auch die Verbreitung von Drittaussagen gewährleistet.
Eine Überspannung der Anforderungen an die Presse liege jedenfalls in der Auffassung der Fachgerichte, dass eine haftungsbefreiende Distanzierung nur dann gelingen könne, wenn ein Markt der Meinungen derart eröffnet werde, dass mehrere verschiedene Stellungnahmen zu einem einheitlichen Thema referiert würden. Es müsse ausreichen, dass die Beschwerdeführerin erkennbar aus fremder Quelle entnommene Nachrichten und Meldungen anderer Massenmedien unter Angabe der Herkunft in eine Presseschau eingestellt habe. Bereits diese Aufmachung habe hinreichend deutlich gemacht, dass die Beschwerdeführerin die Verantwortung für den Inhalt der von ihr verbreiteten Informationen ablehne. Jedenfalls überspanne es die Anforderungen, die an die Zulässigkeit der Verbreitung fremder Äußerungen in einer als solchen gekennzeichneten Presseschau zu stellen sind, wenn die Fachgerichte die hier vorliegende Distanzierung nicht für ausreichend erachteten.
b) Die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde verletze die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht auf Entscheidung durch den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes verkenne in willkürlicher Weise das Vorliegen eines Revisionsgrundes. So sei im Revisionsverfahren dargelegt worden, dass das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Eröffnung des Marktes der Meinungen abgewichen sei. Auch angesichts der im Revisionsverfahren aufgezeigten Verletzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2 GG sei die Zulassung der Revision geboten gewesen.
6. Die Bundesregierung, der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und der Kläger des Ausgangsverfahrens haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil Annahmegründe gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen.
1. Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG zu. Die Maßstäbe für die Lösung eines Konfliktes zwischen der Meinungs- und Pressefreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des von einer Äußerung nachteilig Betroffenen andererseits sind in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung so weit geklärt (vgl. BVerfGE 7, 198 ≪205 ff.≫; 54, 208 ≪217 ff.≫; 61, 1 ≪7 ff.≫; 85, 1 ≪12 ff.≫; 90, 241 ≪247 ff.≫; 94, 1 ≪7 ff.≫; 97, 391 ≪400 ff.≫; 99, 185 ≪193 ff.≫; 102, 347 ≪359 f.≫; 114, 339 ≪346 ff.≫), dass auch die Fragen, die der vorliegende Fall aufwirft, beantwortet werden können.
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Zwar bestehen in Bezug auf die Begründung der angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtliche Zweifel. Jedoch ist deutlich abzusehen, dass die Beschwerdeführerin auch im Falle einer Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫).
a) Die Begründung, auf die das Landgericht und ihm folgend das Oberlandesgericht eine Haftung der Beschwerdeführerin als Verbreiterin einer fremden Äußerung gestützt haben, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken.
aa) Die angegriffene Verurteilung zur Unterlassung ist vorrangig an der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG zu messen. Diese gibt jedem das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Die Behauptung einer Tatsache ist streng genommen zwar keine Meinungsäußerung, fällt aber gleichwohl in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, weil und soweit sie Voraussetzung für die Bildung von Meinungen ist, welche Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleistet (vgl. BVerfGE 61, 1 ≪8≫; 90, 241 ≫247≫; 94, 1 ≪7≫). Der Schutz von Tatsachenbehauptungen endet erst dort, wo sie zur Meinungsbildung nichts beitragen können, so dass nur die bewusst oder erwiesen unwahre Tatsachenbehauptung nicht vom Schutz der Meinungsfreiheit umfasst wird (vgl. BVerfGE 54, 208 ≪219≫; 61, 1 ≪8≫; 90, 241 ≪247 f.≫). Zum von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Kommunikationsprozess kann auch die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung zählen, und zwar auch dann, wenn der Mitteilende sich diese weder zu eigen macht noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet, sondern die fremde Äußerung lediglich verbreitet. Es ist Teil des meinungsbildenden Diskussionsprozesses, dessen Schutz Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG im Sinn hat, sich und andere auch über Stellungnahmen Dritter zu informieren (vgl. BVerfGE 85, 1 ≪22≫), etwa weil der Verbreitende sie für begrüßenswert hält, weil er ihr ablehnend gegenübersteht oder weil er sie aus sich heraus für bemerkenswert erachtet. Die Wiedergabe andernorts zuvor veröffentlichter Berichte im Rahmen einer Presseschau bzw. eines Pressespiegels ist daher selbst dann von der Meinungsfreiheit geschützt, wenn die fremde Äußerung weder kommentiert noch in anderer Weise in eine eigene Stellungnahmen eingebettet, sondern schlicht um ihrer selbst willen referiert wird.
Ob daneben auch der Schutzbereich der Pressefreiheit betroffen ist, kann offen bleiben. Handelt es sich – wie hier – um die Frage, ob eine bestimmte Äußerung zulässig ist, insbesondere ob ein Dritter eine für ihn nachteilige Äußerung hinzunehmen hat, ist ungeachtet des Verbreitungsmediums Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG einschlägig (vgl. BVerfGE 85, 1 ≪12 f.≫; 95, 28 ≪34≫; 97, 391 ≪400≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Februar 2000 – 1 BvR 456/95 – NJW-RR 2000, S. 1209 ≪1209 f.≫). Etwas anderes mag gelten, soweit ein Presseunternehmen lediglich Äußerungen eines Dritten veröffentlicht und hierbei keine eigene Meinung äußert, wie es bei der Veröffentlichung von Werbeanzeigen der Fall ist (vgl. BVerfGE 21, 271 ≪278 f.≫). In diesem Fall ist von einer Untersagung der Veröffentlichung zwar nicht die Meinungsfreiheit des Presseorgans betroffen, jedoch kann es sich auf die Pressefreiheit berufen, welche den Schutz, den die Äußerung des Dritten durch die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießt, einschließt (vgl. BVerfGE 102, 347 ≪359≫). Eines solchen Rückgriffs auf die Pressefreiheit bedarf es aber allenfalls dann, wenn die Veröffentlichung des Presseunternehmens eines Elements des eigenen Meinens oder des meinungsbezogenen Behauptens entbehrt und sich auf die bloße technische Verbreitung der Äußerungen Dritter beschränkt. Im Falle der Wiedergabe von Auszügen aus fremden Presseveröffentlichungen im Rahmen eines Pressespiegels wird dagegen nicht nur die Freiheit betätigt, ein Presseerzeugnis zu erstellen, auszugestalten und zu verbreiten. Vielmehr trifft der Grundrechtsträger selbst eine Auswahl aus verschiedenen Quellen, indem er ihm erwähnenswert erscheinende Fremdberichte isoliert oder in thematisch geordneter Gegenüberstellung wiedergibt. Diese Auswahl hebt einen Pressespiegel von der rein technischen Verbreitung fremd gefertigter Äußerungen in einem Presseorgan ab.
bb) Die Meinungsfreiheit genießt keinen vorbehaltlosen Schutz. Sie findet ihre Schranken gemäß Art. 5 Abs. 2 GG unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und dem Recht der persönlichen Ehre. Hierzu zählen auch die im vorliegenden Fall angewandten Vorschriften des § 1004 Abs. 1 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 186 StGB.
Anwendung und Auslegung dieser Vorschriften sind Sache der Zivilgerichte. Werden im Zuge der Anwendung verfassungsrechtlich unbedenklicher Normen des Zivilrechts jedoch grundrechtlich geschützte Positionen berührt, müssen die Zivilgerichte die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend berücksichtigen und ihrer Bedeutung und Tragweite Rechnung tragen, damit der wertsetzende Gehalt der Grundrechte auch auf der Rechtsanwendungsebene gewahrt bleibt (vgl. BVerfGE 7, 198 ≪205 ff.≫; 61, 1 ≪10 f.≫; 85, 1 ≪13≫; 90, 241 ≪248≫; 93, 266 ≪292≫; 94, 1 ≪8≫; 114, 339 ≪348≫). Dies verlangt bei Anwendung der die Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG beschränkenden zivilrechtlichen Normen regelmäßig eine Abwägung zwischen der Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einerseits und der Einbuße an Meinungsfreiheit durch die Untersagung andererseits, die im Rahmen der auslegungsfähigen Tatbestandsmerkmale des einfachen Rechts unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Falles vorzunehmen ist (vgl. BVerfGE 7, 198 ≪212≫; 90, 241 ≪248≫; 93, 266 ≪293≫; 94, 1 ≪8≫; 97, 391 ≪401≫; 99, 185 ≪196≫; 114, 339 ≪348≫). Das Ergebnis dieser Abwägung ist wegen ihres Fallbezuges verfassungsrechtlich nicht vorgegeben. Doch ist in der Rechtsprechung eine Reihe von Gesichtspunkten entwickelt worden, die Kriterien und Vorzugsregeln für die konkrete Abwägung vorgeben (vgl. BVerfGE 61, 1 ≪7 ff.≫; 85, 1 ≪16 f.≫; 93, 266 ≪293 ff.≫; 99, 185 ≪196 ff.≫; 114, 339 ≪348 f.≫).
Geht es – wie hier – um Tatsachenbehauptungen, hängt die Abwägung maßgeblich von ihrem Wahrheitsgehalt ab. Wahre Tatsachen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht (vgl. BVerfGE 90, 241 ≪253≫; 97, 391 ≪403≫; 99, 185 ≪196 f.≫). Außerhalb des Schutzbereichs des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG liegen aber nur bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen und solche, deren Unwahrheit bereits im Zeitpunkt der Äußerung unzweifelhaft feststeht. Alle übrigen Tatsachenbehauptungen mit Meinungsbezug genießen den Grundrechtsschutz, auch wenn sie sich später als unwahr herausstellen (vgl. BVerfGE 90, 241 ≪254≫; 99, 185 ≪197≫). Der Wahrheitsgehalt fällt dann bei der Abwägung ins Gewicht. Grundsätzlich hat die Meinungsfreiheit bei unwahren ehrenrührigen oder rufschädigenden Tatsachenbehauptungen hinter das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückzutreten. Oft ist die Wahrheit einer Tatsache im Zeitpunkt ihrer Äußerung aber ungewiss und stellt sich erst später heraus. Würde auch die erst nachträglich als unwahr erkannte Äußerung uneingeschränkt mit Sanktionen belegt werden können, stünde zu befürchten, dass der Kommunikationsprozess litte, weil risikofrei nur noch unumstößliche Wahrheiten geäußert werden dürften. Damit wäre ein vom Grundrechtsgebrauch abschreckender Effekt verbunden, der bereits aus Gründen der Meinungsfreiheit vermieden werden muss (vgl. BVerfGE 99, 185 ≪197≫). Auch könnte die Presse ihre Informations- und Kontrollfunktion nicht ausreichend erfüllen, wenn ihr jede Berichterstattung über noch nicht hinreichend geklärte Sachverhalte untersagt wäre (vgl. BVerfGE 97, 125 ≪149≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. April 1997 – 1 BvR 765/97 – NJW 1997, S. 2589). Die Rechtsprechung der Zivilgerichte stellt einen Ausgleich dieser widerstreitenden Belange regelmäßig dadurch her, dass sie demjenigen, der nachteilige Tatsachenbehauptungen über andere aufstellt, Pflichten zur sorgfältigen Recherche über den Wahrheitsgehalt auferlegt, die sich im Einzelnen nach den Aufklärungsmöglichkeiten richten (vgl. BGHZ 132, 13 ≪23 f.≫) und etwa für Medien strenger sind als für Privatleute (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 1966 – VI ZR 266/64 – NJW 1966, S. 2010 ≪2011≫; Urteil vom 12. Mai 1987 – VI ZR 195/86 – NJW 1987, S. 2225 ≪2226≫). Gegen die Entwicklung derartiger Pflichten bestehen verfassungsrechtlich keine Bedenken, sofern der Umfang dieser Sorgfaltspflichten im Einklang mit den grundgesetzlichen Anforderungen bemessen wird (vgl. BVerfGE 99, 185 ≪198≫; 114, 339 ≪353≫). Die Fachgerichte dürfen deshalb einerseits an die Wahrheitspflicht im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderungen stellen, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herabsetzen und so den freien Kommunikationsprozess, den Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG im Sinn hat, einschnüren (vgl. BVerfGE 54, 208 ≪219 f.≫; 61, 1 ≪8≫; 85, 1 ≪15, 17≫; 99, 185 ≪198≫; 114, 339 ≪353≫). Sie haben andererseits aber auch zu berücksichtigen, dass die Wahrheitspflicht Ausdruck der Schutzpflicht ist, die aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt (vgl. BVerfGE 12, 113 ≪130≫; 99, 185 ≪198≫; 114, 339 ≪353≫). Je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, umso höhere Anforderungen sind an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu stellen (vgl. BVerfGE 114, 339 ≪353 f.≫). Allerdings ist auch ein Interesse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. August 2003 – 1 BvR 2243/02 – NJW 2004, S. 589 ≪590≫; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. März 2007 – 1 BvR 2231/03 – NJW 2007, S. 2686 ≪2687≫).
cc) Gemessen an diesen Vorgaben begegnen die angegriffenen Entscheidungen insoweit verfassungsrechtlichen Bedenken, als sie die Verurteilung auf eine uneingeschränkte Haftung der Beschwerdeführerin für die Verbreitung des übernommenen Textes gestützt haben, ohne hierbei sich möglicherweise ergebende Beschränkungen oder Modifizierungen der Sorgfaltspflichten zu prüfen.
Verfassungsrechtlich ist es freilich dem Grundsatz nach nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte demjenigen, der die Äußerung eines Dritten verbreitet, ohne sie sich zu eigen zu machen, die Pflicht auferlegen, sich vom Wahrheitsgehalt der weitergegebenen Tatsachenbehauptungen zu vergewissern (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 30. September 2003 – 1 BvR 865/00 – NJW 2004, S. 590 ≪591≫). Eine unbewiesene Tatsachenbehauptung herabsetzenden Charakters wird nicht deswegen zulässig, weil sie auch von anderen unwidersprochen aufgestellt worden ist (vgl. BVerfGE 85, 1 ≪22≫; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 23. Februar 2000 – 1 BvR 456/95 – NJW-RR 2000, S. 1209 ≪1211≫). Dabei ist die Presse in weiterem Umfang als Private gehalten, Nachrichten und Behauptungen vor ihrer Weitergabe auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen (vgl. BVerfGE 12, 113 ≪130≫; 85, 1 ≪22≫; BVerfG, Beschluss vom 26. August 2003 – 1 BvR 2243/02 – NJW 2004, S. 589 ≪590≫).
Daraus folgt indes nicht, dass der Presse solche Sorgfaltspflichten uneingeschränkt abverlangt werden dürfen. Vielmehr sind die Fachgerichte gehalten, auch bei der Bemessung der Sorgfaltspflichten, die der Presse bei Verbreitung einer fremden Äußerung abzuverlangen sind, die Wahrheitspflicht nicht zu überspannen, um den von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten freien Kommunikationsprozess nicht einzuschnüren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. August 2003 – 1 BvR 2243/02 – NJW 2004, S. 589).
Zu diesem meinungsbildenden Kommunikationsprozess zählt indes nicht nur die Veröffentlichung der eigenen Meinung, sondern auch die Information über den Meinungsstand in der aktuellen Auseinandersetzung um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage. Eine Presseschau bzw. ein Pressespiegel stellt ein klassisches Instrument der Presseberichterstattung dar, um dem Leser, Hörer oder Zuschauer einen Überblick über das in der Presse referierte oder in Kommentaren selbst vertretene Meinungsspektrum zu einem aktuellen Thema zu vermitteln. Aber nicht nur die gegenüberstellende Darstellung verschiedener Meinungen und Standpunkte zu einem bestimmten Thema, die in der fachgerichtlichen Rechtsprechung in Anwendung der Rechtsfigur der Eröffnung eines Marktes der Meinungen eine Privilegierung durch Einschränkung der Haftung des Veröffentlichenden als Verbreiter erfährt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 1969 – VI ZR 234/67 – NJW 1970, S. 187 ≪189≫; BGHZ 132, 13 ≪18 f.≫), sondern auch ein thematisch für sich stehender Abdruck anderweitig erschienener Berichterstattung kann ein besonderes Informationsinteresse der Mediennutzer erfüllen. Die in einer Presseschau enthaltene auszugsweise Wiedergabe einzelner fremder Berichte dient dazu, dem Mediennutzer, der regelmäßig nicht selbst in der Lage ist, die gesamte Bandbreite der tagesaktuellen Presseberichterstattung zu verfolgen, in knapper Form einen Überblick über den Inhalt anderweitiger Berichterstattung zu verschaffen, deren Gegenstand – aus welchem Grund auch immer – zwar keinen Eingang in das eigene redaktionelle Programm des Presseorgans gefunden hat, gleichwohl von der Redaktion für zumindest so bemerkenswert erachtet wird, dass ein Interesse der eigenen Nutzer vermutet wird und diese auf den andernorts erschienen Bericht aufmerksam gemacht werden, um ihn gegebenenfalls nachzulesen. Auch auf diese Weise nimmt die Presse ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, wahr.
Erlegte man der Presse in diesen Fällen eine uneingeschränkte Verbreiterhaftung auf, führte dies dazu, dass die Tatsachenbehauptungen, die in dem wiedergegebenen Auszug enthalten sind, von dem Verfasser der Presseschau auf ihren Wahrheitsgehalt hin wie eigene Beiträge zu überprüfen sind. Eine solche Recherchepflicht wirkt jedenfalls dann maßgeblich auf den Kommunikationsprozess ein, wenn die Fachgerichte zugleich hohe Anforderungen an eine haftungsbefreiende Distanzierung der Presse stellen. In ihrem Zusammenwirken bewirken diese Anforderungen, dass die Presse bereits dann Gefahr läuft, auf Unterlassung und Widerruf in Anspruch genommen zu werden, wenn sie durch unkommentierte Wiedergabe von Auszügen aus Fremdberichten auf deren Inhalt hinweist, obgleich dem verständigen Leser durchaus bewusst ist, dass die Mitteilungen in einer solchen Presseschau nicht auf eigenen Recherchen, sondern auf der Sichtung fremder Pressemitteilungen beruht. Bereits aus der äußeren Form einer Presseschau, wie sie hier in Rede steht, die in einer eigenständigen Rubrik publiziert wird und sich unter exakter Quellenangabe sowie Verzicht auf sprachliche Eleganz auf knappe Auszüge fremder Berichte beschränkt, ergibt sich aus Sicht des unvoreingenommenen Lesers, dass an dieser Stelle ein Fremdbericht in stark verkürzter Form wiedergegeben wird, dem keine eigenen Recherchen des Verbreiters zu Grunde liegen. Es ist zumindest zweifelhaft, ob angesichts dessen von der Presse in jedem Fall eine weitergehende Distanzierung zu verlangen ist, um eine Haftung als Verbreiter für die in einer solchen Presseschau wiedergegebenen Fremdberichte vermeiden zu können. Aus verfassungsrechtlicher Sicht spricht vielmehr einiges dafür, auch im Fall der Veröffentlichung eines Fremdberichtes – ähnlich wie bei der Veröffentlichung von Leserbriefen – die Recherchepflicht des Verbreiters einzuschränken beziehungsweise die eindeutige Kennzeichnung als gekürzter Fremdbericht im Regelfall als hinreichende Distanzierung ausreichen zu lassen.
Es bleibt indes Aufgabe der Fachgerichte, die Ausstrahlungswirkungen der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bei Bemessung der Sorgfaltspflichten, die der Presse bei Verbreitung fremder Berichte obliegen, zu berücksichtigen und sie gegenüber dem verfassungsrechtlich ebenfalls gebotenen Schutz des Persönlichkeitsrechts zu gewichten, der seinerseits bei jeder Form einer Veröffentlichung Geltung beansprucht. Dabei gibt die Verfassung die Kriterien, inwieweit die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Interessen der Presse bei Beurteilung der Reichweite der Recherchepflicht des Verbreiters oder aber bei Bemessung der Anforderungen an eine hinreichende Distanzierung Berücksichtigung finden und wie hierbei diese Anforderungen näher verknüpft werden, nicht im Einzelnen vor, sondern lässt den Fachgerichten erheblichen Spielraum. Dabei sind die Fachgerichte freilich aus ihrer Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) gleichfalls gehalten, die Verbürgungen der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) in ihrer Auslegung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 111, 307 ≪315 f., 323 f.≫).
Mit Rücksicht auf diese Vorgaben begegnen die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts bereits deshalb verfassungsrechtlichen Bedenken, weil ihre Gründe nicht hinreichend erkennen lassen, dass die Gerichte eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange vorgenommen und bei Bemessung der hierfür maßgeblichen Sorgfalts- oder Distanzierungspflichten des Verbreiters die Ausstrahlungswirkungen des Grundrechts der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berücksichtigt haben. Ebenso ist den Gründen der Entscheidungen nicht zu entnehmen, dass die Fachgerichte den Verbürgungen des Art. 10 Abs. 1 EMRK in ihrer Auslegung, die sie durch den EGMR erfahren haben und die einer von den Gerichten angenommenen generellen Obliegenheit, sich von dem Inhalt einer wiedergegebenen Fremdberichterstattung zu distanzieren, möglicherweise entgegenstehen (vgl. EGMR, Urteil vom 29. März 2001 – 38432/97 Rn. 64 – Thoma/Luxemburg; vgl. inzwischen auch Urteil vom 30. März 2004 – 53984/00 Rn. 37 ff. – Radio France/Frankreich; Urteil vom 14. Dezember 2006 – 76918/01 Rn. 33 ff. – Verlagsgruppe News GmbH/Österreich), hinreichend Rechnung getragen haben.
b) Indes braucht die Frage, ob die Gerichte vorliegend die an den Verbreiter fremder Beiträge in einer Presseschau zu stellenden Wahrheitspflichten einschließlich der Anforderungen an eine hinreichende Distanzierung überspannt haben, nicht abschließend entschieden zu werden. Denn die Fachgerichte haben an anderer Stelle – im Zuge der Beurteilung des den Schadensersatzanspruch tragenden Verschuldens – in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Beschwerdeführerin durch Auslassung wesentlicher Tatsachen den Sinngehalt des Ursprungsbeitrages verfälscht hat. Die darin liegende Verletzung der auch bei Verbreitung fremder Äußerungen in einer Presseschau verfassungsrechtlich unbedenklich geltenden Sorgfaltspflichten ist ungeachtet einer Distanzierung geeignet, die angegriffenen Entscheidungen im Rahmen einer Abwägung zu tragen (aa). Auch ist den angegriffenen Entscheidungen hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Gerichte im Fall der Zurückverweisung im Rahmen einer Abwägung zu keinem anderen Ergebnis kommen würden (bb). Eine Annahme der Verfassungsbeschwerde ist daher nicht angezeigt.
aa) Geht es wie hier um Tatsachenbehauptungen, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Äußerung nicht sicher feststeht, hängt die Beurteilung der Rechtswidrigkeit der Äußerung maßgeblich von der Beachtung der pressemäßigen Sorgfaltspflichten ab (vgl. BVerfGE 99, 185 ≪198≫). Die Gerichte haben vorliegend – wenn auch nicht im Rahmen einer verfassungsrechtlich gebotenen Abwägung – festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die ihr obliegende pressemäßige Sorgfalt verletzt hat, indem sie die Auszüge aus dem „H.”-Artikel in einer Weise zusammengestellt habe, dass der als solche nicht im „H.” enthaltene, nicht erweislich wahre Eindruck einer sicheren Tatbeteiligung des Klägers entstand. Weder die darin liegende Deutung der Fachgerichte, der Sinngehalt der Zusammenfassung weiche maßgeblich von dem des Ursprungsbeitrags ab, noch die rechtliche Bewertung dieser Veränderung als sorgfaltswidrig sind zu beanstanden. Diese Feststellungen tragen die angegriffenen Verurteilungen vielmehr auch im Rahmen der vorliegend gebotenen Abwägung zwischen der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Freiheit zur Verbreitung eines Fremdartikels im Rahmen einer Presseschau und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des hiervon betroffenen Dritten aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG.
(1) Es begegnet keinen Bedenken, dass die Gerichte in einer Veränderung des Sinngehaltes des Ursprungsbeitrages eine Verletzung der an die Presse zu stellenden Sorgfaltsanforderungen sehen.
Macht die Presse von ihrem Recht, die Öffentlichkeit zu unterrichten, Gebrauch, ist sie schon um des Ehrenschutzes des Betroffenen willen zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung verpflichtet (vgl. BVerfGE 12, 113 ≪130≫). Wesentliche Tatsachen, die dem Äußernden bekannt und die geeignet sind, den Betroffenen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, dürfen dementsprechend nicht unterschlagen werden. Der Äußernde darf sich weder selektiv und ohne dass dies für die Öffentlichkeit erkennbar wäre, allein auf dem Betroffenen nachteilige Anhaltspunkte stützen und hierbei verschweigen, was gegen die Richtigkeit seiner Behauptung spricht (vgl. BVerfGE 12, 113 ≪130 f.≫; 114, 339 ≪354≫) noch eine nach seinem Kenntnisstand umstrittene oder zweifelhafte Tatsache als feststehend hinstellen (vgl. BVerfGE 114, 339 ≪355≫). In diesem Sinne verlangt die fachgerichtliche Rechtsprechung sowohl etwa bei der Berichterstattung über Straftaten im Verdachtsstadium wie überhaupt für die personenbezogene Berichterstattung die Beachtung von Sorgfaltsanforderungen, nach denen bewusst einseitige und verfälschende Darstellungen zu vermeiden sind (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99 – NJW 2000, S. 1036 ≪1036 f.≫; Urteil vom 26. Oktober 1999 – VI ZR 322/98 – NJW 2000, S. 656 ≪657≫; vgl. inzwischen auch BGH, Urteil vom 25. November 2003 – VI ZR 226/02 – NJW 2004, S. 598 ≪600≫; Urteil vom 22. November 2005 – VI ZR 204/04 – NJW 2006, S. 601 ≪603≫). Entsprechend gehört es zu den Sorgfaltspflichten bei der Veröffentlichung eines personenbezogenen Berichts im Rahmen eines Pressespiegels, dass durch die Auswahl und Zusammenstellung von Textausschnitten nicht ein im Verhältnis zum Ausgangsbericht einseitiges und verfälschtes Bild des Betroffenen gezeichnet wird. Wenn im Rahmen eines Pressespiegels einerseits vieles dafür spricht, das spezifisch verfassungsrechtliche Pflichten für die inhaltliche Verantwortung der Berichterstattung gelten, entspricht dem anderseits, dass der übernommene Bericht dann aber nicht zu Lasten des Betroffenen durch Kürzungen eine ganz andere Aussage erhalten darf.
In welchem Umfang Kürzungen und Auslassungen im Rahmen eines Pressespiegels im Einzelnen zulässig sind, braucht hier nicht allgemein entschieden zu werden. Dem Leser ist zwar durchaus bewusst, dass eine Presseschau nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, sondern schlagwortartig auf die Themen fremder Berichterstattungen aufmerksam machen will. Die Wahl dieser Darstellungsform führt aber nicht ohne Weiteres dazu, dass das Persönlichkeitsrecht des von der Berichterstattung Betroffenen derart eingeschränkt wäre, dass er eine Darstellung hinnehmen müsste, die ihn durch Kürzungen im Verhältnis zum Ursprungsbeitrag in einem ganz anderen Licht erscheinen lässt.
(2) Nach den Feststellungen der Fachgerichte ist dieses jedoch vorliegend der Fall. Die Feststellung, dass der Sinngehalt der von der Beschwerdeführerin veröffentlichten Zusammenfassung maßgeblich von dem der Ursprungsmeldung abweiche, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Deutung der Fachgerichte, die von der Beschwerdeführerin veröffentlichte Zusammenfassung enthalte die verdeckte Aussage, eine Beteiligung des Klägers an den Insidergeschäften sei – gleichsam wie im Fall der weiteren Beschuldigten – sicher, wird von der Beschwerdeführerin als solche nicht angegriffen und ist auch nicht zu beanstanden.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin begegnet auch die Feststellung der Gerichte, dass der Ursprungsbeitrag demgegenüber wesentliche Tatsachen mitgeteilt habe, die geeignet seien, eine Tatbeteiligung des Klägers in Frage zu stellen und ihn deshalb in einem anderen Licht erscheinen zu lassen, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. So ist es nicht zu beanstanden, wenn die Gerichte davon ausgegangen sind, dass der Artikel im „H.” Aussagen enthielt, die eine mögliche Tatbeteiligung des Klägers als ungeklärt und unsicher erscheinen ließen. Die Gerichte stellen insoweit darauf ab, dass der „H.”-Artikel eine Stellungnahme des Klägers wiedergibt, in der dieser eine eigene Beteiligung abstreite und seinem Mitarbeiter eine Beteiligung an den angesonnenen Insidergeschäften sogar untersagt haben wolle. Ebenso ist nachvollziehbar, dass die Gerichte eine Relativierung einer möglichen Tatbeteiligung des Klägers darin gesehen haben, dass der „H.”-Beitrag betont, dass die spätere Tat sicher nur durch die weiteren Beteiligten begangen worden sei, dagegen eine Tatbeteiligung des Klägers unklar sei und dass das Ermittlungsverfahren gegen ihn voraussichtlich bald eingestellt werden könnte.
Unerheblich ist demgegenüber, ob der Ursprungsbeitrag sich weitergehend kritisch mit der Person des Klägers auseinandersetzte und hierbei – wie die Beschwerdeführerin meint – zu einem vernichtenden Urteil gelangte. Die hierfür angeführten Äußerungen im Beitrag des „H.” mögen in der Tat nicht schmeichelhaft sein, jedoch stellen sie im wesentlichen Meinungsäußerungen zur Seriosität und zur Person des Klägers, zu seinen Geschäftspraktiken, zur Qualität seiner Leistungen sowie zu seinem Ruf dar. Sie verhalten sich aber nicht zur hier allein maßgeblichen Tatsachengrundlage des streitigen Verdachts einer Tatbeteiligung des Klägers.
(3) Die Verletzung der Pflicht zur unverfälschten Darstellung des als Fremdtext übernommenen Berichtes vermag im vorliegenden Fall in verfassungsrechtlich vertretbarer Weise auch den Ausschlag im Rahmen einer Abwägung zu Lasten der Meinungsfreiheit zu geben. Das Informationsinteresse an einer Dokumentation der tagesaktuellen Berichterstattung in anderen Zeitungen ist nicht geeignet, eine einseitige und verfälschende Zusammenfassung eines Fremdberichts zu rechtfertigen. Es stellt auch vor dem Hintergrund der Funktion der Meinungsfreiheit, einen freien Kommunikationsprozess zu gewährleisten und mit Blick auf die besonderen Aufgaben der Presse, in Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, keine übermäßige Anforderung dar, wenn von Presseunternehmen verlangt wird, bei Zusammenfassung eines die Ehre des Betroffenen besonders beeinträchtigenden Fremdberichtes über den Verdacht der Begehung einer Straftat dessen Sinngehalt, jedenfalls soweit es die Tatsachengrundlage des Verdachts betrifft, wenigstens den Grundzügen nach vollständig wiederzugeben.
Die Haftung der Beschwerdeführerin für ihre Sorgfaltspflichtverletzung bei Darstellung des Fremdberichtes bleibt von einer Distanzierung oder einer Darstellung innerhalb eines Marktes der Meinungen unberührt. Diese Fallgruppen knüpfen letztlich daran an, dass der Verbreiter entweder erklärtermaßen oder durch die Art der Gegenüberstellung gegenläufiger Stellungnahmen unter anderem zum Ausdruck bringt, die Richtigkeit der Tatsachenbehauptungen in den Ursprungsmeldungen nicht überprüft zu haben und hierfür auch nicht einstehen zu wollen. Ungeachtet der Frage, welche Anforderungen an eine solche Erklärung im Einzelnen zu stellen sind, damit ihr haftungsbefreiende Wirkung zugemessen werden kann, ist sie jedenfalls nicht geeignet, die Haftung des Verbreiters für eine eigene Sorgfaltspflichtverletzung durch einseitige und verzerrende Darstellung der Erstmitteilung, welche die Persönlichkeitsrechtsverletzung erst begründet, zu beseitigen.
bb) Es ist auch deutlich absehbar, dass die Gerichte im Falle einer erneuten Befassung zu eben diesem Abwägungsergebnis kommen würden. Hierfür spricht, dass diese bereits festgestellt haben, dass die Beschwerdeführerin die Ursprungsnachricht nur in einseitiger, ihren Sinn verfälschender Weise wiedergegeben hat und erst hierdurch die unwahre und als solche ehrverletzende Tatsachenbehauptung der Tatbeteiligung des Klägers aufgestellt worden ist. Ferner haben die Gerichte dieses Vorgehen ausdrücklich als Sorgfaltspflichtverletzung gewürdigt. Da diese Erwägungen zugleich tragfähige Kriterien für die Gewichtung eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen, wie sie im Rahmen einer Abwägung gegen die Meinungsfreiheit der Beschwerdeführerin vorzunehmen wäre, ist nicht zu erwarten, dass die Gerichte sich im Fall der Zurückverweisung nicht ebenfalls hiervon leiten lassen und den Persönlichkeitsinteressen der Kläger so den Vorrang vor der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers einräumen würden.
c) Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG rügt, ist die Beschwerde unbegründet. Dabei kann offen bleiben, ob Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG auch Schutz gegen die Nichtzulassung der Revision bietet. Denn ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG käme jedenfalls nur dann in Betracht, wenn ein Gericht die Pflicht zur Revisionszulassung willkürlich außer Acht ließe (vgl. BVerfGE 67, 90 ≪94 f.≫). Dies ist jedoch nicht der Fall. Weder die Verneinung einer Divergenz noch die Verneinung eines revisionserheblichen Rechtsanwendungsfehlers durch den Bundesgerichtshof beruhen auf Erwägungen, die unter keinem Gesichtspunkt mehr vertretbar sind.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BverfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Eichberger, Masing
Fundstellen