Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 21.08.2009; Aktenzeichen 598 StVK (Vollz) 302/09) |
LG Berlin (Beschluss vom 06.08.2009; Aktenzeichen 598 StVK (Vollz) 302/09) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪25 f.≫; 96, 245 ≪248≫). Sie ist überwiegend unzulässig und im Übrigen unbegründet.
1. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde nicht schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses im Hinblick darauf unzulässig, dass die Termine für die begehrte Ausführung zwischenzeitlich verstrichen sind. Bei gewichtigen Grundrechtseingriffen, zu denen auch die Versagung von Vollzugslockerungen gehört, führt die Erledigung nicht zum Wegfall des Rechtsschutzinteresses, sofern es sich um Eingriffe handelt, bei denen typischerweise Erledigung eintritt, bevor verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. August 2010 – 2 BvR 729/08 –, juris, m.w.N.).
2. Soweit die Verfassungsbeschwerde dahingehend auszulegen sein sollte, dass sie sich gegen die Zurückweisung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung in der Hauptsache richtet, ist sie unzulässig, weil die Erschöpfung des Rechtswegs nicht dargelegt ist (vgl. zum diesbezüglichen Darlegungserfordernis BVerfGE 112, 304 ≪314≫). Aus dem Vortrag des Beschwerdeführers geht nicht hervor, dass eine förmliche Entscheidung in der Hauptsache ergangen wäre. Der Beschwerdeführer hat den angegriffenen Beschluss vom 6. August 2009 nicht vorgelegt. Die Wiedergabe des Inhalts dieses Beschlusses in der Verfassungsbeschwerdeschrift lässt nur erkennen, dass mit diesem Beschluss über den gestellten Eilantrag, nicht dagegen, dass auch über den Antrag zur Hauptsache entschieden wurde. Das gerichtliche Schreiben vom 6. August 2009, das dem Beschwerdeführer nach seinen Angaben zugleich mit dem angegriffenen Beschluss zugegangen ist und das er mit seiner Verfassungsbeschwerde vorgelegt hat, geht vielmehr davon aus, dass eine Entscheidung in der Hauptsache sich erübrige; solle dies nicht der Fall sein, werde um Mitteilung innerhalb einer Woche gebeten.
Mit seiner Anhörungsrüge vom 12. August 2009 hat der Beschwerdeführer mit umfangreichen Ausführungen zur Hauptsache deutlich gemacht, dass er eine ihm günstige Hauptsacheentscheidung erstrebt, die bereits damals angesichts des zwischenzeitlichen Verstreichens aller begehrten Ausführungstermine nur noch als Fortsetzungsfeststellungsentscheidung (§ 115 Abs. 3 StVollzG) in Betracht kam (vgl. zur Möglichkeit eines stillschweigend gestellten Fortsetzungsfestsetzungsantrages Arloth, StVollzG, 2. Aufl. 2008, § 115 Rn. 8, m.w.N.; zum Gebot einer an der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden orientierten Auslegung von Verfahrenserklärungen BVerfGE 122, 190 ≪198≫). Der Beschluss vom 21. August 2009, mit dem die Strafvollstreckungskammer auf die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers hin eine Abänderung des vorausgegangenen Beschlusses ablehnte, stellt keine Entscheidung in der Hauptsache dar. Sollte diese Entscheidung tatsächlich, wie nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers anzunehmen, noch ausstehen, wird die Strafvollstreckungskammer insoweit die verfassungsrechtlichen Maßstäbe für das Fortbestehen eines Rechtsschutzinteresses nach Erledigung zu beachten haben (vgl. BVerfGE 110, 77 ≪86≫, m.w.N.; aus dem Strafvollzug BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 15. Juli 2010 – 2 BvR 1023/08 –, EuGRZ 2010, S. 531 ff., vom 5. August 2010 – 2 BvR 729/08 –, juris, und vom 15. November 2010 – 2 BvR 1183/09 –, juris).
3. Soweit der Beschwerdeführer beanstandet, dass über seinen Eilantrag kostenfällig entschieden worden sei, obwohl er seine Anträge unter den Vorbehalt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt habe, ist die Verfassungsbeschwerde nach der Darstellung, die der Beschwerdeführer vom Gang des fachgerichtlichen Verfahrens gibt, unzulässig, weil der Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht gewahrt ist. Dieser Grundsatz verlangt, dass der Beschwerdeführer vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg nicht nur formell, sondern in der gehörigen Weise – unter Nutzung der gegebenen Möglichkeiten, auf die Vermeidung oder Korrektur des gerügten Grundrechtsverstoßes hinzuwirken – durchläuft (BVerfGE 107, 395 ≪414≫; 112, 50 ≪60≫). Der Beschwerdeführer hat es, soweit aus seinen Angaben ersichtlich, versäumt, die diesbezügliche Beanstandung schon mit seiner Anhörungsrüge vorzubringen.
4. Soweit der Beschwerdeführer sinngemäß geltend macht, seine grundrechtlichen Ansprüche auf effektiven (Art. 19 Abs. 4 GG) und chancengleichen Rechtsschutz (Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, vgl. BVerfGE 9, 124 ≪130 f.≫; 63, 380 ≪395≫; 122, 39 ≪48 f.≫) seien durch die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung und die Nichtbewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe verletzt, ist die Verfassungsbeschwerde teils unzulässig und im Übrigen unbegründet:
a) Soweit die Ablehnung des Eilantrages beanstandet wird, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die Strafvollstreckungskammer ist zu recht davon ausgegangen, dass der Erlass einer einstweiligen (Vornahme-)Anordnung eine Vorwegnahme der Hauptsache bedeutet hätte. Dem Begehren des Beschwerdeführers wäre mit einer solchen Anordnung vollständig und endgültig entsprochen worden (vgl. zur Abgrenzung BVerfGK 1, 201 ≪206≫; 7, 403 ≪409≫; 11, 54 ≪61 f.≫). Anhaltspunkte dafür, dass ausnahmsweise eine Vorwegnahme der Hauptsache zulässig und geboten sein könnte (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. April 2008 – 2 BvR 338/08 –, juris), hatte der Beschwerdeführer mit seinem Eilantrag nicht beigebracht, obwohl ihm ungeachtet fehlender Rechtskunde bewusst sein musste, dass ein solcher Antrag die Darlegung von Gründen für die Eilbedürftigkeit erfordert.
b) Auch die Ablehnung des Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren ist danach verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. § 120 Abs. 2 StVollzG i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).
c) Soweit es um Prozesskostenhilfe für das Hauptsacheverfahren geht, ist die Verfassungsbeschwerde mangels ausreichender Begründung unzulässig. Aus der Wiedergabe des Inhalts des angegriffenen Beschlusses vom 6. August 2009 wird nicht erkennbar, ob mit diesem Beschluss eine Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag für das Hauptsacheverfahren überhaupt ergangen ist. Dies ist schon deshalb wenig wahrscheinlich, weil in dem Beschluss – jedenfalls soweit der Beschwerdeführer dessen Inhalt wiedergegeben hat – jegliche Begründung dafür fehlt, dass der Antrag des Beschwerdeführers auch in der Hauptsache ohne Erfolgsaussicht und daher auch insoweit der Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen sei. Die Unklarheit in diesem Punkt geht zu Lasten des Beschwerdeführers, dem es oblag, innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 (vgl. BVerfGE 21, 359 ≪361≫) den Sachverhalt in einer Weise darzustellen, die eine Überprüfung der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde ermöglicht (vgl. BVerfGE 112, 304 ≪314 f.≫).
5. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Huber
Fundstellen