Verfahrensgang
OLG Nürnberg (Beschluss vom 27.05.2008; Aktenzeichen 2 Ws 168/08) |
OLG Nürnberg (Beschluss vom 22.04.2008; Aktenzeichen 2 Ws 168/08) |
LG Amberg (Beschluss vom 10.03.2008; Aktenzeichen 2 StVK 437/07) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht gegeben ist. Ihr kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers angezeigt.
1. Die Ablehnung des Befangenheitsantrags gegen den erkennenden Richter des Landgerichts Amberg begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
a) Der Befangenheitsantrag war gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 1 StPO unzulässig, weil er erst nach Erlass der Sachentscheidung des Landgerichts Amberg vom 8. November 2007 gestellt wurde. Er bezog sich nach dem ausdrücklichen Vorbringen des Beschwerdeführers allein auf das Verfahren bis zum Erlass dieser Entscheidung. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Ablehnungsrecht jedenfalls mit Erlass der Entscheidung erlischt. Für den Fall einer Hauptverhandlung folgt dies unmittelbar aus der verfassungsrechtlich unbedenklichen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. September 1987 – 2 BvR 814/87 –, NJW 1988, S. 477) Regelung in § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO, die eine Ablehnung nach dem letzten Wort des Angeklagten als unzulässig erklärt. Für Verfahren, in denen – wie hier – die abschließende Entscheidung außerhalb einer Hauptverhandlung ergeht, ist eine großzügigere Handhabung, die ein Ablehnungsrecht auch nach Erlass der Entscheidung einräumte, von Verfassungs wegen nicht geboten (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2007 – 2 BvR 2655/06 –, NStZ 2007, S. 709 ff.). Die Erwägung des Beschwerdeführers, es könne Fälle geben, in denen sich eine mögliche Befangenheit erst in der Entscheidung manifestiere, gilt gleichermaßen für Verfahren, in denen eine Hauptverhandlung stattfindet. Hier können nach dem letzten Wort wie in der Entscheidung selbst Umstände zutage treten, die eine Befangenheit des Richters nahe legen. Dennoch ist hier die Regelung des § 25 Abs. 2 Satz 2 StPO verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Wenn vorliegend – wie der Beschwerdeführer meint – die Befangenheit erst in der sich in der Beschlussfassung manifestierenden Verfahrensweise zu Tage trete, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Der Fall liegt nicht anders als derjenige, in dem der Betroffene aus Tenor oder Begründung eines Urteils nach durchgeführter Hauptverhandlung Anzeichen für eine – zuvor nicht wahrgenommene – Unvoreingenommenheit der Richter zu erkennen glaubt. Nach Erlass der Entscheidung ist der Betroffene auf die Rechtsbehelfe zu verweisen, welche die Prozessordnung zur Überprüfung der Entscheidung auf ihre Richtigkeit bereitstellt (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Mai 2007 – 2 BvR 2655/06 –, NStZ 2007, S. 709 ff.).
b) Aus diesen Gründen führt auch die erst nachträgliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg über den Befangenheitsantrag nach Erlass der Beschwerdeentscheidung vom 25. Januar 2008 nicht zu einer Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers.
2. Soweit der Beschwerdeführer rügt, ihm seien die Namen der über seine Beschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsantrags entscheidenden Richter des Oberlandesgerichts Nürnberg vor der Beschwerdeentscheidung trotz ausdrücklichen Verlangens nicht mitgeteilt worden, hat seine Verfassungsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg. Eine Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor.
a) Nach § 24 Abs. 3 Satz 2 StPO sind den zur Richterablehnung Berechtigten auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen. Die Vorschrift konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG.
b) Die Entscheidung kann jedoch nur dann wegen eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG aufgehoben werden, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass die vorherige Namhaftmachung im Ergebnis zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung geführt hätte; nur dann beruht die Entscheidung auf dem Gehörsverstoß (vgl. BVerfGE 7, 239 ≪241≫; 13, 132 ≪145≫).
Es ist weder ersichtlich noch dargetan, dass die Namhaftmachung zu einem erfolgreichen Richterablehnungsgesuch geführt hätte. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem Verfassungsbeschwerdeschriftsatz vom 21. Juni 2008 erschöpft sich darin, die nicht erfolgte Namhaftmachung als rechtswidrig zu rügen, ohne Gründe aufzuzeigen, welche eine Besorgnis der Befangenheit der erkennenden Richter des Oberlandesgerichts Nürnberg begründen könnten. Solche sind auch nicht ersichtlich. Entscheidend ist insoweit, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln (vgl. BVerfGE 32, 288 ≪290≫). Dies ist nicht erkennbar, insbesondere nicht anhand der vorgelegten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 22. April 2008 und 27. Mai 2008.
Zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Beschwerdeentscheidung hätte die Namhaftmachung ebenfalls nicht geführt, weil die Beschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsantrags – wie das Oberlandesgericht Nürnberg zutreffend ausgeführt hat – gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 StPO unzulässig war.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Voßkuhle, Osterloh, Mellinghoff
Fundstellen