Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 19.12.2006; Aktenzeichen 3 S 632/06) |
VG Karlsruhe (Urteil vom 14.02.2006; Aktenzeichen 11 K 2264/05) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zulässigkeit von Wohnungsprostitution im Geltungsbereich einer auf der Grundlage von Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB erlassenen Sperrbezirksverordnung.
I.
Der Beschwerdeführer beantragte die Erteilung eines Bauvorbescheides über die Zulässigkeit der Nutzung einer in Mannheim gelegenen Wohnung zum Zweck der Wohnungsprostitution. Der Erlass des Bauvorbescheides wurde von der Baurechtsbehörde mit der Begründung abgelehnt, das Vorhaben verstoße gegen die Rechtsverordnung des Regierungspräsidiums über das Verbot der Prostitution im Stadtkreis Mannheim (im Folgenden: Sperrbezirksverordnung Mannheim) vom 27. September 1976 (GBl Baden-Württemberg S. 597), geändert durch Verordnung vom 27. Oktober 1978 (GBl Baden-Württemberg S. 581).
Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens hat der Beschwerdeführer Klage erhoben mit der Begründung, dass das Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 (Prostitutionsgesetz – ProstG, BGBl I S. 3983) die Prostitution vom Makel der Sittenwidrigkeit befreit habe und die Sperrbezirksverordnung nichtig sei, weil die Ermächtigungsgrundlage in Art. 297 EGStGB gegen Art. 12 GG verstoße und somit verfassungswidrig sei. Das Verwaltungsgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Verfassungsmäßigkeit von Art. 297 EGStGB sei durch die obergerichtliche Rechtsprechung geklärt. Der Gesetzgeber habe sich mit dem Prostitutionsgesetz auf geringe Änderungen des Zivil-, des Sozialversicherungs- und des Strafrechts beschränkt und eine Aufhebung des Art. 297 EGStGB mit Hinweis darauf abgelehnt, dass Einschränkungen der Prostitution nach wie vor aus Gründen des Schutzes der Jugend und des öffentlichen Anstandes grundsätzlich möglich sein müssten und geboten sein könnten. Die Sperrbezirksverordnung Mannheim sei formell und materiell durch die Ermächtigungsgrundlage des Art. 297 EGStGB gedeckt. Das Regierungspräsidium sei bei ihrem Erlass davon ausgegangen, dass die Stadt Mannheim das Innenstadtgebiet und die angrenzenden Bereiche mit Ausnahme der Lupinenstraße von Prostitution jeder Art zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes freihalten wolle, um eine Durchdringung der Innenstadt mit den verschiedenen Formen dieser Tätigkeit zu verhindern. Das sei bezogen auf die Innenstadt und die angrenzende Oststadt, in welcher auch das Grundstück des Beschwerdeführers liege, im Hinblick auf die zahlreich vorhandenen Schulen, Kindergärten und Wohnungen sowohl zum Schutze der Jugend als auch zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Anstandes sachlich gerechtfertigt. Durch diese Einschränkungen würden Prostituierte in Mannheim nicht in unverhältnismäßiger Weise in der Ausübung ihrer Tätigkeit beeinträchtigt, da ihnen im Bereich der Lupinenstraße, aber auch in den zahlreichen Gewerbe- und Industriegebieten hierfür ausreichende Möglichkeiten erhalten blieben. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung hat der Verwaltungsgerichtshof abgelehnt und dabei die Verfassungsmäßigkeit von Art. 297 EGStGB ebenfalls bejaht.
Entscheidungsgründe
II.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Sperrbezirksverordnung Mannheim und die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs. Er rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 sowie von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 103 Abs. 2 GG.
Art. 297 EGStGB verstoße wegen der dort vorgenommenen generalklauselartigen Anknüpfung an den Schutz des öffentlichen Anstandes gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 80 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 103 Abs. 2 GG. § 184d StGB sowie § 120 Abs. 1 Nr. 1 OWiG seien an Verstöße gegen Sperrgebietsverordnungen anknüpfende Blankettvorschriften. Aus dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 103 Abs. 2 GG folge in einem solchen Fall, dass nicht nur die strafandrohende Norm, sondern auch die Rechtsverordnung und die ihr zu Grunde liegende Ermächtigungsgrundlage hinreichend bestimmt im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG sein müssten. Dem werde der Begriff des „öffentlichen Anstandes” in Art. 297 EGStGB nicht gerecht. Er gründe auf moralische Maßstäbe. Diese könnten zwar im Sinne des allgemeinen rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatzes konkretisierbar sein; das genüge jedoch den Anforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nicht. Der Begriff des öffentlichen Anstandes lasse einen zu weiten Bereich offen und überlasse unzulässigerweise der Exekutive und den Gerichten die Bestimmung, was Recht und was Unrecht sei.
Art. 297 EGStGB verstoße zudem gegen die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG. Die Vorschrift greife unmittelbar in die Berufsfreiheit von Prostituierten und mittelbar in die „prostitutionsakzessorischer Gewerbetreibender” ein. Seitdem der Bundesgesetzgeber durch das Prostitutionsgesetz die zivilrechtliche Sittenwidrigkeit der Prostitution beseitigt habe, könne der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG vor dem Hintergrund des Gebots der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht mehr durch die Berufung auf den öffentlichen Anstand gerechtfertigt werden. Auch könne Art. 297 EGStGB nicht durch das Ziel der Abwehr von Belästigungen für Dritte gerechtfertigt werden, weil jedenfalls von der Wohnungsprostitution solche nicht ausgingen. Im Übrigen sei der Eingriff unverhältnismäßig, weil das allgemeine Gefahrenabwehrrecht und das Baurecht ausreichend Handhabe gegen unerwünschte Prostitution böten. Das Schutzgut des „Schutzes der Jugend” könne Art. 297 EGStGB ebenfalls nicht rechtfertigen. Die Norm sei schon nicht geeignet zur Erreichung dieses Ziels, weil sich das Sexualverhalten Jugendlicher seit Erlass der Vorschrift erheblich geändert habe und die heutige Jugend sexuell aufgeklärter sei als vergangene Generationen, und im Übrigen unverhältnismäßig im Vergleich zur nur geringfügigen Betroffenheit des Schutzgutes Jugendschutz.
Auch Art. 14 Abs. 1 GG werde durch Art. 297 EGStGB verletzt. Wer die Ausübung der Prostitution in eigenen Räumen ermögliche, mache von seinem privatrechtlichen Eigentum Gebrauch. Eine auf Art. 297 EGStGB gestützte Verordnung stelle einen Eingriff in Art. 14 Abs. 1 GG dar. Dieser Eingriff sei nicht zu rechtfertigen, weil Art. 297 EGStGB nicht hinreichend bestimmt sei und die Regelung überdies angesichts der veränderten Moralauffassungen unangemessen sei.
III.
Die Annahmevoraussetzungen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG) sind nicht erfüllt. Die Verfassungsbeschwerde hat, ohne grundsätzliche verfassungsrechtliche Fragen aufzuwerfen, keine Aussicht auf Erfolg.
1. Die Rügen der Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG sind bereits mangels einer § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechenden Begründung unzulässig (vgl. BVerfGE 81, 208 ≪214≫). Der Beschwerdeführer hat weder dargelegt, dass es sich bei der geplanten Vermietung von Räumen zum Zweck der Wohnungsprostitution für ihn um eine Tätigkeit im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG handelt, die auf Erwerb gerichtet und auf Dauer angelegt ist sowie der Schaffung und Erhaltung seiner Lebensgrundlage dienen soll (vgl. BVerfGE 102, 197 ≪212≫; 105, 252 ≪265≫; 110, 304 ≪321≫; 111, 10 ≪28≫), noch ausgeführt, dass ihm hinsichtlich der Wohnung, auf die sich der Bauvorbescheid bezieht, eine von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition zukommt.
2. Die angefochtenen Hoheitsakte, gegen die der Beschwerdeführer nur vorbringt, Art. 297 EGStGB sei verfassungswidrig, verletzen diesen nicht in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Diese Norm schützt zwar die allgemeine Handlungsfreiheit in einem umfassenden Sinne (vgl. nur BVerfGE 6, 32 ≪36≫; 80, 137 ≪152≫; 114, 371 ≪383 f.≫) und damit auch das Vorhaben des Beschwerdeführers. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Sperrbezirksverordnung Mannheim in Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB ist jedoch formell und materiell verfassungsgemäß. Sie verletzt Art. 2 Abs. 1 GG nicht (vgl. BVerfGE 55, 144 ≪148≫; 91, 335 ≪338 f.≫; 96, 10 ≪21≫). Dass die darauf gestützte Sperrbezirksverordnung Mannheim darüber hinaus verfassungsrechtlich zu beanstanden sei, macht der Beschwerdeführer nicht geltend; dafür ist auch nichts ersichtlich.
Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB ist verfassungsgemäß. Die Norm steht in Einklang mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG; an Art. 103 Abs. 2 GG ist sie hingegen hier nicht zu messen (a). Sie verstößt auch nicht gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Regelungen (b). Schließlich ist Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB auch mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art 14 Abs. 1 GG vereinbar (c).
a) aa) Art. 103 Abs. 2 GG ist schon nicht einschlägig. Dessen Anwendungsbereich ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient. Das Kriminalstrafrecht und das Ordnungswidrigkeitenrecht werden daher erfasst. Andere staatliche Eingriffsmaßnahmen unterfallen hingegen nicht Art. 103 Abs. 2 GG. Es genügt insbesondere nicht, dass eine Maßnahme an ein rechtswidriges Verhalten anknüpft (vgl. BVerfGE 109, 133 ≪167≫; 117, 71 ≪110≫). Die gesteigerten Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG gelten daher für Verbotsnormen wie etwa eine Sperrbezirksverordnung nur insoweit, als die Zulässigkeit der Verhängung straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlicher Sanktionen in Rede steht. Geht es ohne Anknüpfung von Sanktionen allein um die Zulässigkeit des in einer Verbotsnorm enthaltenen Verhaltensbefehls, ist Art. 103 Abs. 2 GG nicht einschlägig (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Juni 2007 – 1 BvR 1290/05 –, NVwZ 2007, S. 1172 ≪1173≫). Hier steht allein die ordnungsbehördliche Reglementierung der Prostitutionsausübung in bestimmten Gemeindegebieten in Frage. Art. 103 Abs. 2 GG ist daher nicht Maßstab für die an Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen. Zu ordnungswidrigkeitsrechtlichen oder strafrechtlichen Regelungen ermächtigt Art. 297 EGStGB nicht. § 4 der Sperrgebietsverordnung Mannheim widerspricht dem nicht: Absatz 1 wiederholt § 120 Abs. 1 Nr. 1 OWiG, Absatz 2 weist auf den damaligen § 184a StGB (jetzt § 184d StGB) hin. Die Vorschrift hat daher keinen eigenen Regelungscharakter.
Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt, dass der Blankettcharakter des § 184d StGB im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. BVerfG, Vorprüfungsausschuss des Zweiten Senats, Beschluss vom 27. November 1984 – 2 BvR 236/84 –, NJW 1985, S. 1767). Gleiches gilt für Art. 297 EGStGB, soweit er Voraussetzung der Strafbarkeit ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 7. Oktober 2008 – 2 BvR 1101/08 –).
bb) Nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Welche Bestimmtheitsanforderungen im Einzelnen erfüllt sein müssen, ist von den Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstandes sowie der Intensität der Maßnahme abhängig (stRspr; vgl. BVerfGE 58, 257 ≪277 f.≫; 113, 167 ≪269≫; 120, 274 ≪315 f.≫ je m.w.N.). Jedenfalls fehlt es dann an der nötigen Beschränkung, wenn die Ermächtigung so unbestimmt ist, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (vgl. BVerfGE 1, 14 ≪60≫; 2, 307 ≪334≫; 55, 207 ≪226≫). Das Erfordernis der Bestimmtheit gesetzlicher Ermächtigungen verwehrt es dem Gesetzgeber jedoch nicht, in der Ermächtigungsnorm Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden. Vielmehr genügt es im Hinblick auf Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, dass sich die gesetzlichen Vorgaben mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln erschließen lassen, insbesondere aus dem Zweck, dem Sinnzusammenhang und der Entstehungsgeschichte des Gesetzes (stRspr; vgl. BVerfGE 58, 257 ≪277≫; 80, 1 ≪20 f.≫; 106, 1 ≪19≫).
Nach diesen Grundsätzen bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die hinreichende Bestimmtheit der Ermächtigung des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB. Gegen das Tatbestandsmerkmal des Schutzes der Jugend erhebt der Beschwerdeführer insoweit keine Einwände. Solche sind auch nicht ersichtlich. Auch der unbestimmte Rechtsbegriff des öffentlichen Anstandes ist durch die Verwaltungsgerichte unter Heranziehung der allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte der Norm so weit präzisiert, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB gesetzlich hinreichend bestimmt sind.
Ein Normverständnis von Art. 297 EGStGB, wonach jede Ausübung der Prostitution zugleich den öffentlichen Anstand verletzte, würde der Vorschrift offensichtlich nicht gerecht. Ansonsten würde diese Tatbestandsvoraussetzung für den Erlass einer Sperrbezirksverordnung jegliche den Verordnungsgeber lenkende und seine Entscheidungsbefugnis eingrenzende Wirkung verlieren. Mit dem Schutz des öffentlichen Anstandes wird nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht die Wahrung der allgemeinen Sittlichkeit bezweckt. Verstanden als Norm, die allein der Durchsetzung von herrschenden Moralvorstellungen dient, wäre die Vorschrift in der Tat verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt. Die Fachgerichte verstehen demgegenüber Art. 297 EGStGB in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als eine Norm auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr mit der Zielsetzung, das Zusammenleben der Menschen zu ordnen, soweit ihr Verhalten sozialrelevant sei, nach außen in Erscheinung trete und das Allgemeinwohl beeinträchtigen könne. Handlungen und Zustände, die eine enge Beziehung zum Geschlechtsleben haben, könnten Belange des Allgemeinwohls insbesondere dann beeinträchtigen, wenn durch einen Öffentlichkeitsbezug andere Personen, die hiervon unbehelligt bleiben wollten, erheblich belästigt würden; dies gelte insbesondere für die Begleitumstände der Prostitution, die Dritte in schutzwürdigen Interessen berührten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2008 – 1 S 2256/07 –, juris, Rn. 61). Insoweit findet die Auffassung des Beschwerdeführers, der Schutz des öffentlichen Anstandes gründe auf Moralvorstellungen, keinen Beleg in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte. Vielmehr haben diese – auch schon vor Erlass des Prostitutionsgesetzes – den unbestimmten Rechtsbegriff des öffentlichen Anstandes dahingehend konkretisiert, dass der Erlass einer Sperrbezirksverordnung zum Schutze des öffentlichen Anstandes gerechtfertigt sein kann, wenn die Eigenart des betroffenen Gebietes durch eine besondere Schutzbedürftigkeit und Sensibilität, z.B. als Gebiet mit hohem Wohnanteil sowie Schulen, Kindergärten, Kirchen und sozialen Einrichtungen gekennzeichnet ist (vgl. Hessischer VGH, Beschluss vom 19. Februar 1990 – 11 N 2596/87 –, NVwZ-RR 1990, S. 472; Urteil vom 31. Oktober 2003 – 11 N 2952/00 –, NVwZ-RR 2004, S. 470 ≪471≫; Niedersächsisches OVG, Urteil vom 24. Oktober 2002 – 11 KN 4073/01 –, juris, Rn. 45 ff.) und wenn eine nach außen in Erscheinung tretende Ausübung der Prostitution typischerweise damit verbundene Belästigungen Unbeteiligter und „milieubedingte Unruhe”, wie zum Beispiel das Werben von Freiern und anstößiges Verhalten gegenüber Passantinnen und Anwohnerinnen, befürchten lässt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 16. August 1978 – I 2576/77 –, DÖV 1978, S. 848 ≪850≫; Urteil vom 15. Dezember 2008, a.a.O. Rn. 72 m.w.N.; Hessischer VGH, Beschluss vom 19. Februar 1990, a.a.O., S. 472).
Den Gesetzesmaterialien kann entnommen werden, dass auch der Gesetzgeber von einem vergleichbaren Begriff des öffentlichen Anstandes ausging, als er mit dem Zehnten Strafrechtsänderungsgesetz vom 7. April 1970 (BGBl I S. 313) der Ermächtigungsrundlage für den Erlass von Sperrbezirksverordnungen – von nachfolgenden, im Wesentlichen redaktionellen Änderungen abgesehen – ihren heutigen Wortlaut gab. Er ermöglichte eine stärkere räumliche Differenzierung von Sperrbezirksverordnungen und ihre Beschränkung auf bestimmte Tageszeiten und erörterte als Gesichtspunkte für Sperrbezirksverordnungen in der Gesetzesbegründung unter anderem die Mischung von Wohngebiet und Gebieten, in denen die Prostitution ausgeübt wird, sowie Belästigungen und Gefährdungen von Bewohnern durch die „unliebsamen Begleiterscheinungen” insbesondere der Straßenprostitution (vgl. BTDrucks VI/293, S. 3 f., 5 sowie BTDrucks VI/410, S. 1).
b) Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Regelungen liegt nicht vor. Durch den Erlass des Prostitutionsgesetzes war der Gesetzgeber nicht gehindert, die Verordnungsermächtigung in Art. 297 EGStGB aufrechtzuerhalten. Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet den Gesetzgeber zur Normenklarheit und Widerspruchsfreiheit der von ihm getroffenen Regelungen (vgl. BVerfGE 17, 306 ≪313 f.≫; 25, 216 ≪227≫; 108, 169 ≪181≫). Diese Pflicht hat der Gesetzgeber hier nicht verletzt.
Wie bereits das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, ist der im Rahmen der Beratungen zum Prostitutionsgesetz gemachte Vorschlag, Art. 297 EGStGB ersatzlos zu streichen (vgl. Gesetzentwurf der PDS-Fraktion, BTDrucks 14/4456, S. 3), nicht Gesetz geworden. Die Bundesregierung – und ihr folgend auch der Bundestag und der Bundesrat – haben auch im Folgenden bewusst davon abgesehen, eine Vorlage zur Aufhebung von Art. 297 EGStGB einzubringen (vgl. BTDrucks 16/4146, S. 41 f.). Der Gesetzgeber hat sich mit dem Prostitutionsgesetz darauf beschränkt, zum einen die Rechtswirksamkeit des Anspruchs der Prostituierten auf das vereinbarte Entgelt (§ 1 ProstG), die fehlende Abtretbarkeit des Anspruchs und den weitgehenden Ausschluss von Einwendungen gegen diesen (§ 2 ProstG) und den Zugang zur Sozialversicherung trotz des nur eingeschränkten Weisungsrechts gegenüber abhängig beschäftigten Prostituierten (§ 3 ProstG) zu regeln sowie zum anderen die Strafbarkeit der Förderung der Prostitution und der Zuhälterei einzuschränken (Art. 2 ProstG). Dabei hat er zwar keine ausdrückliche gesetzliche Regelung dahin gehend getroffen, dass das Ausüben der Prostitution nicht sittenwidrig sei. Er ging ausweislich der Gesetzesbegründung jedoch davon aus, dass die Vereinbarung über ein Entgelt für sexuelle Leistungen und auch die Tätigkeit selbst nicht gegen die guten Sitten verstoßen (vgl. BTDrucks 14/5958, S. 4, 6). Auch die Rechtsprechung nimmt mittlerweile an, dass die Prostitution nicht mehr als sittenwidrig angesehen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2002 – 6 C 16/02 –, NVwZ 2003, S. 603 ≪604≫; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2008, a.a.O. Rn. 59 m.w.N.).
Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber bewusst von einer Änderung des Art. 297 EGStGB Abstand genommen hat, ergibt sich kein rechtsstaatswidriger Widerspruch zum Prostitutionsgesetz. Die Legalisierung der Prostitutionsausübung im zivil- und sozialversicherungsrechtlichen Bereich und die Einschränkung der Strafbarkeit durch das Prostitutionsgesetz schließen es ebenso wenig wie der Wegfall des Vorwurfs der Sittenwidrigkeit der Prostitution aus, dass die Prostitutionsausübung in bestimmten Erscheinungsformen und damit einhergehenden sozialtypischen Begleiterscheinungen namentlich mit Blick auf sensible Gemeindegebiete gegen den öffentlichen Anstand – im aufgezeigten veräußerlichten Verständnis der Sozialverträglichkeit – verstoßen kann. Denn die Festsetzung von Sperrbezirken auf der Grundlage des Art. 297 EGStGB stellt weder die zivilrechtliche Wirksamkeit des Entgeltanspruchs der Prostituierten noch den Zugang zur Sozialversicherung in Frage; sie ist auch nicht mit dem generellen Vorwurf der Sittenwidrigkeit der Ausübung der Prostitution im Sperrbezirk verbunden, sondern dient der lokalen Steuerung der Prostitutionsausübung aus ordnungsrechtlichen Gründen. Darüber hinaus geht die Behauptung der Widersprüchlichkeit der Rechtsordnung auch deswegen fehl, weil der im Erlass des Prostitutionsgesetzes zum Ausdruck kommende Anschauungswandel in diesem Bereich ein beachtlicher Gesichtspunkt bei der dem Normgeber und den Verwaltungsgerichten in Anwendung und Auslegung einfachen Rechts obliegenden Prüfung sein kann, ob und in welchem Umfang Sperrbezirke auf der Grundlage von Art. 297 EGStGB ausgewiesen werden dürfen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Oktober 2005 – 12 C 11236/05 –, juris, Rn. 19 ff.), und so auch eine veräußerlichte Beurteilung je nach Umständen zu einem verschieden restriktiven Verständnis des öffentlichen Anstandes führen mag (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. Dezember 2008, a.a.O. Rn. 61 m.w.N.).
c) Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB ist mit Art. 12 Abs. 1 GG (aa) und Art. 14 Abs. 1 GG (bb) vereinbar.
aa) Die Ermächtigung zum Erlass einer Sperrgebietsverordnung nach Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB für Teile des Gemeindegebiets stellt sowohl für Prostituierte als auch für sonstige Personen, die im Umfeld der Prostitution eine berufliche Tätigkeit entfalten, eine Berufsausübungsregelung dar. Berufsausübungsregelungen dürfen vom Gesetzgeber getroffen werden, wenn sie durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sind, die gewählten Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und erforderlich sind und die durch sie bewirkte Beschränkung den Betroffenen zumutbar ist (vgl. BVerfGE 70, 1 ≪28≫; 78, 155 ≪162≫; 85, 248 ≪259≫; 103, 1 ≪ 10≫; 111, 10 ≪32≫; 117, 163 ≪182≫). Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf beide Schutzzwecke des Art. 297 EGStGB erfüllt.
Der „Schutz der Jugend” ist ein vernünftiger Grund des Gemeinwohls. Der Jugendschutz genießt aufgrund des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verbrieften elterlichen Erziehungsrechtes und der Gewährleistungen von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG Verfassungsrang. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Entfaltung ihrer Persönlichkeit im Sinne dieser Grundrechtsnormen. Sie bedürfen des Schutzes, um sich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten innerhalb der sozialen Gemeinschaft zu entwickeln. Der Staat ist daher berechtigt, von Kindern und Jugendlichen Einflüsse fernzuhalten, welche sich, zum Beispiel wegen der Kommerzialisierung sexueller Handlungen, auf ihre Einstellung zur Sexualität und damit auf die Entwicklung ihrer Persönlichkeit nachteilig auswirken können (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪139 f.≫; 90, 1 ≪16≫; 115, 276 ≪305≫). Auch mit dem Zweck des „Schutzes des öffentlichen Anstandes” wird ein legitimes Ziel verfolgt, welches einen Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit zu rechtfertigen vermag. Der Begriff erfasst nach der fachgerichtlichen Rechtsprechung, wie dargelegt, nicht die Wahrung der allgemeinen Sittlichkeit, sondern den Schutz der Allgemeinheit und Einzelner vor den mit der Ausübung einer nach außen in Erscheinung tretenden Prostitution typischerweise verbundenen Belästigungen oder Gefährdungen. Bei dem Begriff des „öffentlichen Anstandes” geht es daher nicht um die Durchsetzung herrschender Moralvorstellungen. Es handelt sich bei dieser zulässigen Verweisung des Gesetzgebers auf ungeschriebene Regeln (vgl. BVerfGE 111, 147 ≪155 ff.≫) vielmehr um legitime Schutzziele.
Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB ist auch geeignet und erforderlich, um den vom Gesetzgeber erstrebten Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes zu erreichen. Ein Mittel ist bereits dann im verfassungsrechtlichen Sinne geeignet, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Eine Maßnahme ist dann nicht erforderlich, wenn ihr Ziel auch durch ein milderes, gleich wirksames Mittel erreicht werden kann (vgl. BVerfGE 80, 1 ≪29 f.≫; 117, 163 ≪188 f.≫; stRspr). Sowohl im Hinblick auf die Geeignetheit als auch in Bezug auf die Erforderlichkeit einer Maßnahme kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungs- und Prognosespielraum zu (vgl. BVerfGE 81, 156 ≪189≫; 109, 64 ≪85≫; 111, 10 ≪38 f.≫; 115, 276 ≪308 f.≫).
Nach diesem Maßstab lässt sich die Annahme des Gesetzgebers, dass räumliche Ausübungsverbote der Prostitution ein geeignetes und erforderliches Mittel zum Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes sind, nicht beanstanden. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers fehlt es der gesetzlichen Regelung auch im Hinblick auf die Wohnungsprostitution weder an der Geeignetheit noch an der Erforderlichkeit, die Schutzzwecke zu erreichen. Die Wohnungsprostitution wird zwar häufig deutlich weniger wahrnehmbar sein als die Straßen- und die Bordellprostitution. Jedoch können Belästigungen der Anwohner, milieubedingte Unruhe, das Ansprechen Unbeteiligter sowie das Anfahren und Abfahren der Freier als sichtbare Begleiterscheinungen der Prostitution nicht von vornherein für den Bereich der Wohnungsprostitution als ausgeschlossen betrachtet werden (vgl. auch BTDrucks 16/4146, S. 40). Auch die vom Beschwerdeführer behaupteten Veränderungen des Sexualverhaltens Jugendlicher und des Grades der sexuellen Aufklärung berühren die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Ermächtigungsgrundlage in Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht. Insoweit obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob, wo und wann Jugendliche mit dem gesellschaftlichen Phänomen der Prostitution konfrontiert werden sollen.
Schließlich stehen dem Normgeber mit dem Polizei-, Bau- und Gaststättenrecht insoweit nicht gleich wirksame Mittel zur Verfügung. Das Ordnungsrecht ist von vornherein nicht geeignet, diese Ziele zu erreichen. Es verlangt für den Erlass von Polizeiverfügungen und -verordnungen das Vorliegen einer Gefahr im polizeirechtlichen Sinne, die bei der Konfrontation mit der Prostitution regelmäßig nicht gegeben sein dürfte. Hingegen geht es auch nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers bei einer Verordnung aufgrund von Art. 297 EGStGB darum, erhebliche Belästigungen bereits unterhalb der Gefahrenschwelle zu verhindern (vgl. BTDrucks VI/293, S. 3 und BTDrucks VI/410, S. 1). Mittels des öffentlichen Baurechts lässt sich allenfalls die Wohnungs- und Bordellprostitution regeln, nicht aber die Straßenprostitution räumlich steuern. Das Gaststättenrecht kann nur Anbahnungsvorgänge in Gaststätten erfassen, sonstige Formen der Prostitution jedoch nicht.
Die in der Ermächtigung des Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB zum Erlass einer Sperrbezirksverordnung angelegte Einschränkung der Berufsfreiheit der Prostituierten und ihres Umfeldes ist mit Blick auf den dadurch bezweckten Schutz der Jugend und des öffentlichen Anstandes auch verhältnismäßig. Die Einrichtung von Sperrbezirken gemäß Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB, die nur Teile des Gemeindegebiets erfassen, beeinträchtigt die Ausübung der Prostitution und sonstiger Berufe in deren Umfeld nicht gravierend, da ein Ausweichen in andere Teile des Gemeindegebiets jeweils möglich bleibt. Zudem untersagt Art. 297 Abs. 3 EGStGB Beschränkungen der Ausübung der Prostitution auf bestimmte Straßen oder Häuserblocks (Kasernierungen). Angesichts des vom Gesetzgeber verfolgten und als solchen verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziels, den Landesregierungen – oder den von diesen ermächtigten Behörden – mit der Möglichkeit der Einrichtung von Sperrbezirken ein Instrument an die Hand zu geben, etwaigen mit der Prostitutionsausübung einhergehenden Missständen im konkreten Fall begegnen zu können, und insbesondere angesichts der hohen Bedeutung des Jugendschutzes (vgl. BVerfGE 83, 130 ≪139 f.≫) ist es den Prostituierten und anderen Personen, die im Zusammenhang mit der Prostitution ihren Beruf ausüben, grundsätzlich zumutbar, mit einer Sperrbezirksverordnung konfrontiert zu werden. Ihre Belange, insbesondere wenn ein Sperrbezirk festgelegt werden soll, in dem bisher mangels Sperrbezirksverordnung der Prostitution nachgegangen worden ist, sind beim Erlass von Sperrbezirksverordnungen sowie bei der gerichtlichen Kontrolle dieser zu berücksichtigen (vgl OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10. Oktober 2005, a.a.O. Rn. 21). In welchem Umfang und mit welchen Maßgaben sich der Erlass einer Sperrbezirksverordnung im Einzelfall unter Berücksichtigung der davon beeinträchtigten Grundrechte als verhältnismäßig erweist, ist daher vor allem bei Erlass der jeweiligen Sperrbezirksverordnung unter Abwägung aller betroffenen Rechtspositionen und öffentlichen Belange zu entscheiden. Auf dieser Ebene kann auch einer geringeren öffentlichen Sichtbarkeit der Wohnungsprostitution beim Ausgleich aller Interessen angemessen Rechnung getragen werden. Die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Art. 12 Abs. 1 GG durch eine Sperrbezirksverordnung entscheidet sich danach nicht in erster Linie bei der Beurteilung der Ermächtigungsgrundlage, sondern beim konkreten Erlass der Verordnung, der vom Beschwerdeführer hier jedoch nicht substantiiert angegriffen wird.
bb) Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB verletzt auch nicht das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Die Vorschrift stellt eine rechtmäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar. Der Gesetzgeber muss bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis bringen. Er muss sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten. Der Kernbereich der Eigentumsgarantie darf dabei nicht ausgehöhlt werden. Zu diesem gehört sowohl die Privatnützigkeit als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand (vgl. BVerfGE 70, 191 ≪200≫; 79, 174 ≪198≫; 87, 114 ≪138 f.≫; 91, 294 ≪308≫; 100, 226 ≪240 f.≫).
Der Kernbereich der Eigentumsfreiheit wird durch Art. 297 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGStGB nicht berührt. Dem Grundstückseigentümer im Gebiet einer Sperrbezirksverordnung bleibt die Möglichkeit, sein Eigentum selbst oder durch Überlassung an Dritte zu anderen Zwecken als der Ausübung der Prostitution zu nutzen. Die Privatnützigkeit seines Eigentums wird mithin nicht aufgehoben. Er mag gehindert sein, sein Eigentum auf die finanziell einträglichste Weise zu nutzen; das gewährleistet Art. 14 Abs. 1 GG jedoch nicht (vgl. BVerfGE 58, 300 ≪345≫; 71, 230 ≪253≫; 84, 382 ≪385≫). Im Übrigen ist er ohne jede Einschränkung zu einer Nutzung seines Grundeigentums zu eigenen Zwecken oder zur Vermietung zu marktüblichen Bedingungen befugt. Die Beschränkungen seines Eigentums sind damit nicht unverhältnismäßig. Die Belange des Grundstückeigentümers müssen hinter die legitimen Belange des Anwohner- und Jugendschutzes zurücktreten. Soweit der Eigentümer – durch Selbstnutzung oder durch Vermietung – sein Eigentum bisher für Zwecke der Prostitution genutzt hat und erstmals eine Sperrbezirksverordnung erlassen werden soll, sind diese Belange beim Erlass der Verordnung zu berücksichtigen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Eichberger, Masing
Fundstellen