Verfahrensgang
BGH (Beschluss vom 16.04.2008; Aktenzeichen IV ZR 60/06) |
OLG Karlsruhe (Urteil vom 09.03.2006; Aktenzeichen 12 U 105/05) |
LG Karlsruhe (Urteil vom 01.04.2005; Aktenzeichen 6 O 545/03) |
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Berechnung der in Form von Startgutschriften ermittelten Rentenanwartschaften der sogenannten rentenfernen Versicherten der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL).
I.
1. Dem System der Zusatzversorgung der VBL lag bis zum 31. Dezember 2000 der „Tarifvertrag über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe” vom 4. November 1966 (Versorgungs-TV) zugrunde. Dieser traf bestimmte Grundentscheidungen zur Zusatzversorgung. Die konkrete Ausgestaltung der Versorgungsansprüche ergab sich aus der Satzung der VBL in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung (VBLS a.F.). Die hiernach vom Arbeitnehmer im Normalfall zu erreichende Versorgungsrente beruhte auf dem sogenannten Gesamtversorgungsprinzip. Danach sollte dem Versicherten ein bestimmtes Gesamtniveau der Versorgung gewährt werden, das sich an der Beamtenversorgung orientierte. Mit der Neufassung ihrer Satzung vom 22. November 2002 (VBLS) stellte die VBL ihr Zusatzversorgungssystem um. Das Gesamtversorgungssystem wurde formell mit Ablauf des 31. Dezember 2000 geschlossen. Materiell gesehen wurde übergangsweise im Jahr 2001 das bisherige Satzungsrecht der Gesamtversorgung weitergeführt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag über die betriebliche Altersversorgung der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes (Tarifvertrag Altersversorgung – ATV) vom 1. März 2002 vereinbart. Damit wurde das Gesamtversorgungssystem durch ein auf einem Punktemodell beruhendes, beitragsorientiertes Betriebsrentensystem ersetzt. Die Voraussetzungen und der Inhalt der den Versicherten zustehenden Leistungen sind im ATV geregelt. Die Neufassung der Satzung der VBL hat die tarifvertraglichen Regelungen inhaltlich übernommen.
Für diejenigen Versicherten, die vor der Systemumstellung Anwartschaften erworben hatten, wurden diese in Form von Startgutschriften in das neue Modell transferiert. Dazu sieht die VBLS unterschiedliche Rechenmethoden vor, je nach dem, ob der betroffene Versicherte zu den rentenfernen oder den rentennahen Jahrgängen gehört.
Rentennah ist gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1 VBLS, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war beziehungsweise dem Umlagesatz des Abrechnungsverbandes West unterfiel oder Pflichtversicherungszeiten in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen kann. Rentenfern sind alle übrigen Versicherten, die am 31. Dezember 2001 schon und am 1. Januar 2002 noch bei der VBL pflichtversichert waren. Die Anwartschaften der etwa 1,7 Mio. rentenfernen Versicherten berechnen sich nach § 78 Abs. 1 und 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG). § 78 Abs. 1 und 2 und § 79 Abs. 1 VBLS beruhen auf den nahezu inhaltsgleichen tariflichen Regelungen in § 32 Abs. 1 und 4 und § 33 Abs. 1 ATV.
2. Der Beschwerdeführer ist am 27. April 1949 geboren. Er ist seit dem 16. August 1971 im öffentlichen Dienst bei einem an der VBL beteiligten Arbeitgeber beschäftigt. Die erste Ehe des Beschwerdeführers bestand von 1972 bis 1999, seine zweite Ehe besteht seit März 2002.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 teilte die VBL dem Beschwerdeführer mit, dass seine Rentenanwartschaft 320,16 EUR betrage. Die VBL gewährte ihm eine Startgutschrift von 80,04 Versorgungspunkten. Bei der Errechnung der Startgutschrift hatte sie die Steuerklasse I zugrunde gelegt.
3. Die Parteien stritten im Ausgangsverfahren über die Zulässigkeit der Systemumstellung, die Wirksamkeit der Übergangsregelungen für rentenferne Versicherte und die Höhe der erteilten Startgutschrift. Mit seiner Klage erstrebte der Beschwerdeführer unter anderem die Feststellung, dass die ihm erteilte Startgutschrift unverbindlich sei und dass seine Zusatzrente näher bestimmte Mindestwerte erreichen müsse. Zudem begehrte er die Verpflichtung der VBL, bei einer Neuberechnung bestimmte Berechnungselemente, die er in seinen Klageanträgen näher konkretisierte, zugrunde zu legen.
Das Landgericht gab der Klage teilweise statt. Gegen das erstinstanzliche Urteil legten beide Parteien Berufung ein. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die von der VBL erteilte Startgutschrift den Wert der von dem Beschwerdeführer bis zum 31. Dezember 2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlege. Die weitergehenden Berufungen und die weitergehende Klage blieben erfolglos. Der Systemwechsel vom bisherigen Gesamtversorgungssystem zum neuen Punktesystem sei zwar als solcher mit Blick auf den schon in der alten Satzung der VBL enthaltenen Änderungsvorbehalt kein ungerechtfertigter Eingriff in Rechte der Pflichtversicherten. Indessen sei die Übergangsregelung für die rentenfernen Versicherten in mehreren Punkten zu beanstanden. Sie greife ohne ausreichende Rechtfertigung in von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Eigentum geschützte Rentenanwartschaften ein. Aufgrund der Verschlechterung mehrerer Berechnungsfaktoren bewirke sie bei vielen Pflichtversicherten einschließlich des Beschwerdeführers eine erhebliche Verminderung der Anwartschaft. Die Übergangsregelung halte einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht stand. Die Eingriffe stünden in keinem angemessenen Verhältnis zu den mit der Neuregelung verfolgten Zielen. Weiter sei der von den Tarifpartnern und der VBL zu beachtende Art. 3 Abs. 1 GG als allgemeiner Gleichheitssatz verletzt, wie sich besonders bei der ausschließlichen Verweisung der rentenfernen Pflichtversicherten auf das Näherungsverfahren zeige. Unabhängig davon bewirke die Übergangsregelung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten nicht mehr nachvollziehbare Unterschiede. Sie schaffe keine relativ gleichmäßige Verringerung der Anwartschaftswerte. Deshalb sei die Übergangsregelung für rentenferne Versicherte unwirksam. Eine ergänzende Satzungsauslegung sei nicht möglich. Vielmehr müsse den Tarifpartnern Gelegenheit zu einer Neuregelung gegeben werden.
Der Bundesgerichtshof wies die Revisionen beider Parteien zurück. Es blieb damit bei der Feststellung, dass die von der VBL erteilte Startgutschrift den Wert der von dem Beschwerdeführer bis zum 31. Dezember 2001 erlangten Anwartschaft auf eine bei Eintritt des Versicherungsfalles zu leistende Betriebsrente nicht verbindlich festlege, und der Klageabweisung im Übrigen. Der Bundesgerichtshof folgte der Entscheidung des Oberlandesgerichts in ihren Gründen jedoch nur teilweise. Er beanstandete die Übergangsregelungen der Satzung nur in Bezug auf ein Berechnungsdetail. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs führt der in § 18 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG vorgesehene Versorgungssatz von 2,25 % für jedes volle Jahr der Pflichtversicherung zu einer sachwidrigen und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der rentenfernen Versicherten. Die Übergangsregelung für rentenferne Pflichtversicherte (§ 32 Abs. 1 und 4, § 33 Abs. 1 Satz 1 ATV, § 78 Abs. 1 und 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 BetrAVG) sei deshalb unwirksam und die auf ihr beruhende Startgutschrift unverbindlich. Ob die von Art. 3 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen zulässiger Typisierung und Standardisierung durch die ausschließliche Anwendung des Näherungsverfahrens überschritten sind, ließ der Bundesgerichtshof offen. Anders als noch das Oberlandesgericht hielt der Bundesgerichtshof Art. 14 Abs. 1 GG nicht für verletzt.
4. Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 (effektiver Rechtsschutz) und Art. 20 Abs. 3 GG (Parlamentsvorbehalt) durch die Entscheidungen des Landgerichts, Oberlandesgerichts sowie des Bundesgerichtshofs. Zur Begründung hat der Beschwerdeführer im Wesentlichen ausgeführt:
a) Aus den angegriffenen Entscheidungen ergebe sich, dass die Gerichte den gebotenen Umfang des Eigentumsschutzes verkannt hätten. Durch die fehlende Festlegung einer Untergrenze des eigentumsgeschützten Bereichs werde ihm der Schutz seiner verfassungsrechtlich geschützten Mindestansprüche verweigert. Der Kernbereich des Eigentumsschutzes erweise sich als verletzt, da ihm nach der Startgutschrift nicht einmal eine Mindestversorgungsrente nach den §§ 44, 44a VBLS a.F. zuzüglich einer angemessenen Dynamik erhalten bleibe. Die Vorinstanzen hätten auch verkannt, dass die Tarifvertragsparteien nicht rückwirkend in bereits erdiente Versorgungsansprüche eingreifen könnten.
b) Es liege auch ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Dieser ergebe sich zum einen aus einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von rentenfernen Versicherten, die zum Zeitpunkt des Stichtags für die Berechnung der Startgutschrift die Steuerklasse I gehabt hätten, und solchen, die eine andere Steuerklasse gehabt hätten. Zum anderen ergebe sich ein Verstoß auch aus einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der zum Zeitpunkt der Systemumstellung langjährig Versicherten und solchen, die erst nach Einführung des Punktemodells pflichtversichert geworden seien.
c) Der bei der Gleichheitsprüfung zu berücksichtigende Art. 6 Abs. 1 GG sei missachtet worden. Es widerspreche der besonderen Schutzpflicht des Staates zugunsten von Ehe und Familie, dass Versicherte wie der Beschwerdeführer, die zum Zeitpunkt des Stichtages gerade unverheiratet gewesen seien, keinen Anspruch auf eine Neuberechnung der Startgutschrift hätten, obwohl sie dauerhaft die Belastung aus dem Versorgungsausgleich tragen müssten.
d) Das Rechtsgewährungsgebot sei verletzt, da die notwendige verfassungsrechtliche Schutzgrenze weder ermittelt noch gezogen worden sei. Die Vorinstanzen hätten nicht erkannt, dass beim Satzungsgeber ein Abwägungsdefizit beziehungsweise ein Abwägungsausfall vorliege. Die Ansprüche der rentenfernen Versicherten der VBL seien in das Belieben der Tarifvertragsparteien gestellt worden.
5. Zu der Verfassungsbeschwerde haben die Beklagte des Ausgangsverfahrens (VBL), das Bundesministerium des Innern, das Bundesarbeitsgericht, die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V., die Tarifgemeinschaft deutscher Länder, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände, die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft und die Arbeitsgemeinschaft kommunale und kirchliche Altersversorgung e.V. Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Gründe für die Annahme der Verfassungsbeschwerde im Sinne von § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor.
1. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung kommt der Verfassungsbeschwerde nicht zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG). Sie wirft keine Fragen auf, die sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lassen oder die noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind (vgl. BVerfGE 90, 22 ≪24 f.≫).
2. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt bezeichneten Verfassungsrechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
a) Die Verfassungsbeschwerde ist bereits unzulässig.
aa) Soweit der Beschwerdeführer meint, die Gerichte hätten verkannt, dass die Übergangsvorschriften in zahlreichen weiteren Punkten verfassungswidrig seien, ist er nicht beschwert.
Richtet sich eine Verfassungsbeschwerde gegen gerichtliche Entscheidungen, kann sich die Beschwer in aller Regel nur aus dem Tenor der Entscheidung ergeben; er allein bestimmt verbindlich, welche Rechtsfolgen aufgrund des festgestellten Sachverhalts eintreten (vgl. BVerfGE 28, 151 ≪160≫). Nachteilige Ausführungen in den Gründen einer Entscheidung begründen grundsätzlich keine genügende Beschwer. Dieser im Verfahrensrecht allgemein anerkannte Rechtsgrundsatz gilt auch für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde, weil sie in erster Linie dem Rechtsschutz des Einzelnen gegenüber der Staatsgewalt dient. Deshalb kann eine Verfassungsbeschwerde grundsätzlich nicht darauf gestützt werden, dass ein Gericht lediglich in den Gründen seiner Entscheidung eine Rechtsauffassung vertreten hat, die der Beschwerdeführer für grundrechtswidrig erachtet (vgl. BVerfGE 8, 222 ≪224 f.≫; BVerfGK 10, 263 ≪265≫). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in Urteilsgründen Ausführungen enthalten sind, die den Betroffenen für sich genommen so belasten, dass eine erhebliche, ihm nicht zumutbare Beeinträchtigung eines grundrechtlich geschützten Bereichs festzustellen ist (vgl. BVerfGE 6, 7 ≪9≫; 28, 151 ≪160≫).
Da der Bundesgerichtshof an der Feststellung der Unverbindlichkeit der erteilten Startgutschrift durch das Oberlandesgerichts festhielt, gehen von dem angegriffenen Beschluss des Bundesgerichtshofs insoweit keine nachteiligen Rechtswirkungen zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Eine Beschwer würde sich auch dann nicht ergeben, wenn die für unwirksam erklärten Übergangsvorschriften in Bezug auf solche Berechnungsdetails und -schritte verfassungswidrig wären, die durch den Bundesgerichtshof für verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet wurden oder deren Verfassungsmäßigkeit er offen ließ. Denn der Bundesgerichtshof hätte in diesem Fall lediglich in den Gründen seiner Entscheidung eine Rechtsauffassung vertreten, die grundrechtswidrig wäre, ohne dass sich dies im Tenor niedergeschlagen hätte oder davon für sich genommen eine unzumutbare Beeinträchtigung eines grundrechtlich geschützten Bereichs ausgegangen wäre. Bei der notwendigen Neuregelung werden die Tarifvertragsparteien die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften ohnehin neu zu überdenken haben.
bb) Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig, da sie nicht hinreichend begründet ist.
Die Verfassungsbeschwerde ist innerhalb der einmonatigen Frist des § 93 Abs. 1 in einer § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG genügenden Weise zu begründen (vgl. BVerfGE 21, 359 ≪361≫). Dazu gehört, dass das angeblich verletzte Recht bezeichnet (vgl. BVerfGE 5, 1) und der seine Verletzung enthaltende Vorgang substantiiert dargelegt wird (vgl. BVerfGE 9, 109 ≪114 f.≫; 81, 208 ≪214≫; stRspr). Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und deren konkreter Begründung (vgl. BVerfGE 101, 331 ≪345≫; 105, 252 ≪264≫).
Gemessen an diesen Anforderungen hat der Beschwerdeführer die behaupteten Verfassungsverstöße nicht hinreichend begründet. Eine Beschwer lag lediglich vor, soweit der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren mit seinen Klagebegehren unterlag. Bei der Darlegung der behaupteten Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten, die der Beschwerdeführer aufgrund dieses Unterliegens im Ausgangsverfahren annahm, hat er sich nicht hinreichend mit den Gründen der angegriffenen Entscheidungen auseinandergesetzt. Schon das Oberlandesgericht begründete die teilweise Klageabweisung damit, dass es mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie nicht angehe, die VBL durch eine gerichtliche Entscheidung auf bestimmte Anwartschaftswerte oder Berechnungswege festzulegen. Auch der Bundesgerichtshof verwies in seiner in Bezug genommenen Leitentscheidung darauf, dass die Tarifvertragsparteien verschiedene Möglichkeiten hätten, den Beanstandungen Rechnung zu tragen (BGHZ 174, 127 ≪178≫), und kam zu dem Ergebnis, dass er sich mit Blick auf die Tarifautonomie einer ersatzweisen Regelung zur Schließung von Lücken zu enthalten habe (BGHZ 174, 127 ≪177≫). Zunächst sei es den Tarifvertragsparteien vorbehalten, eine verfassungskonforme Neuregelung zu treffen. Mit dieser Argumentation hat sich der Beschwerdeführer nicht im Einzelnen auseinandergesetzt. Er hat insbesondere nicht dargelegt, warum die Gerichte aus verfassungsrechtlicher Sicht gehalten gewesen wären, die aufgrund der Unwirksamkeit der Übergangsregelungen (§ 32 Abs. 1 und 4, § 33 Abs. 1 Satz 1 ATV, § 78 Abs. 1 und 2, § 79 Abs. 1 Satz 1 VBLS in Verbindung mit § 18 Abs. 2 BetrAVG) entstehende Regelungslücke durch Festlegung gerade der von ihm beantragten Berechnungsvorgaben zu schließen.
b) Die Verfassungsbeschwerde ist auch unbegründet. Die angegriffenen fachgerichtlichen Entscheidungen lassen keinen Verfassungsverstoß erkennen. Der Bundesgerichtshof hat die Bedeutung und Tragweite der Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers nicht verkannt.
aa) Da der Bundesgerichtshof die Übergangsregelungen für rentenferne Versicherte für unwirksam und die erteilte Startgutschrift für nicht verbindlich erachtete, scheidet eine Verletzung von Grundrechten durch die gerichtliche Beurteilung der Startgutschrift und der ihr zugrunde liegenden Übergangsregelungen aus. Das Bundesverfassungsgericht hat die Übergangsvorschriften hier schon deshalb keiner verfassungsrechtlichen Kontrolle zu unterziehen, weil bereits der Bundesgerichtshof von ihrer Unwirksamkeit ausgegangen ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Vorinstanzen verkannt haben, dass weitere Berechnungsschritte und -details der Übergangsvorschriften gegen Grundrechte verstoßen. Sollte dies der Fall sein, ist der Beschwerdeführer hierdurch nicht beschwert und beruhen die angegriffenen Entscheidungen nicht auf diesen Fehlern.
bb) Im Hinblick auf die Abweisung der Klagebegehren des Beschwerdeführers ist eine Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten ebenfalls nicht erkennbar.
(1) Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Bundesgerichtshof den über die Feststellung der Unverbindlichkeit der Startgutschriften hinausreichenden Begehren des Beschwerdeführers unter Verweis auf die Tarifautonomie der Tarifvertragsparteien nicht entsprach. Der Staat hat sich im Betätigungsfeld der Tarifvertragsparteien grundsätzlich einer Einflussnahme zu enthalten (vgl. BVerfGE 38, 281 ≪305 f.≫). Er überlässt die erforderlichen Regelungen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zum großen Teil den Koalitionen, die sie autonom durch Vereinbarungen treffen (vgl. BVerfGE 44, 322 ≪340 f.≫). Solange den Tarifvertragsparteien mehrere Möglichkeiten für eine verfassungskonforme Neugestaltung des Übergangsrechts offen stehen, lassen sich gerichtliche Vorgaben für die Neuregelung mit der Tarifautonomie daher grundsätzlich nicht vereinbaren. Dem entspricht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts, nach der im Falle unwirksamer Tarifregelungen eine gerichtliche Lückenschließung nur in engen Grenzen zulässig ist (vgl. BGHZ 174, 127 ≪176 f.≫; BAGE 36, 218 ≪224 f.≫; 40, 345 ≪352≫; 57, 334 ≪342≫; 77, 94 ≪98≫; 91, 358 ≪367≫; 97, 251 ≪259≫; 110, 277 ≪284≫). Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Schließung von Lücken infolge unwirksamer Tarifregelungen hat das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich gebilligt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. August 1999 – 1 BvR 1246/95 –, NZA 1999, S. 1152 ≪1154≫; Beschluss des Ersten Senats vom 7. Juli 2009 – 1 BvR 1164/07 –, VersR 2009, S. 1607 ≪1613≫).
(2) Durch die teilweise Abweisung der Klagebegehren wurde das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nicht verletzt. Die Abwägung des Bundesgerichtshofs zwischen den Interessen der Versicherten und der Tarifautonomie lässt eine grundsätzliche Verkennung der Bedeutung und Tragweite des Gebotes des effektiven Rechtsschutzes nicht erkennen.
Das Rechtsstaatsprinzip gewährleistet wirksamen Rechtsschutz in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (vgl. BVerfGE 74, 228 ≪234≫; 82, 126 ≪155≫). Ein wirksamer Rechtsschutz muss die grundsätzlich umfassende rechtliche Prüfung des Streitgegenstandes und eine verbindliche Entscheidung durch einen Richter ermöglichen (vgl. BVerfGE 54, 277 ≪291≫). Eröffnet die Rechtsweggarantie den Weg zu einem staatlichen Gericht, so bedeutet der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, dass die Gerichte im jeweiligen Verfahren der normativen Geltung der Grundrechte tatsächliche Wirksamkeit verschaffen müssen. Die Gerichte haben die positive Verpflichtung, die Grundrechte durchzusetzen (vgl. BVerfGE 49, 252 ≪257≫).
Es ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof diese Grundsätze bei seiner Abwägung verkannt hätte. Aus den Grundrechten in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip lässt sich kein Anspruch des Beschwerdeführers herleiten, noch während der Anwartschaftsphase die Mindesthöhe seiner Anwartschaft gerichtlich klären zu lassen. Während der Anwartschaftsphase steht nicht fest, ob bis zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls der Regelungsinhalt der maßgeblichen Satzungsbestimmungen unverändert weiter gilt oder ob sich bis dahin Wert bildende Faktoren ändern. Etwas anderes könnte im Hinblick auf das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nur dann gelten, wenn dem Versicherten ansonsten unzumutbare Nachteile entstünden (vgl. BVerfG. Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2009 – 1 BvR 3405/08 –, NVwZ 2009, S. 977 ≪978≫). Dies ist hier nicht erkennbar. Der Bundesgerichtshof ging wegen der Ankündigung der Tarifvertragsparteien, im Falle der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Berechnungsvorschriften für die Startgutschriften neue Verhandlungen aufzunehmen, davon aus, dass mit einer Neuregelung innerhalb absehbarer Zeit zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund waren erhebliche Nachteile für die Versicherten nicht zu befürchten. Hinreichender Rechtsschutz der Versicherten ist dadurch gewährleistet, dass sie eine Neuregelung, sobald sie hierdurch betroffen sind, wiederum einer gerichtlichen Kontrolle unterziehen können. Mit Blick auf Art. 9 Abs. 3 GG ist es Sache der Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes, alsbald eine verfassungskonforme Neuregelung zu schaffen.
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Kirchhof, Bryde, Schluckebier
Fundstellen