Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Tatbestand
I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die im Planfeststellungsbeschluss für den Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld enthaltene Beschränkung des Geldausgleichs bei teuren Schallschutzeinrichtungen sowie eine hierzu ergangene Gerichtsentscheidung.
Am 13. August 2004 erließ das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr (jetzt: für Infrastruktur und Raumordnung) des Landes Brandenburg den Planfeststellungsbeschluss über den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (PFB).
Der Planfeststellungsbeschluss enthält in seinem verfügenden Teil zahlreiche Auflagen, unter anderem zum Lärmschutz. Passiver Lärmschutz wird durch eine Kombination von Dauerschallpegeln und Maximalpegeln gewährt, die nicht überschritten werden dürfen. Schutzziel für den Tagzeitraum (6:00 bis 22:00 Uhr) ist die Verhinderung höherer Einzelpegel als 55 dB(A) im Rauminneren bei geschlossenen Fenstern. Daneben ist ein Tagschutzgebiet auf der Grundlage eines für die Tagstunden der sechs verkehrsreichsten Monate ermittelten energieäquivalenten Dauerschallpegels von 60 dB(A) außen festgelegt (PFB, Teil A II 5.1.2, S. 105 f.). Für die Nachtstunden formuliert der Planfeststellungsbeschluss als Schutzziel die Verhinderung höherer Einzelpegel als 55 dB(A) sowie eines höheren Dauerschallpegels von 35 dB(A) im Rauminneren bei geschlossenen Fenstern und ausreichender Belüftung. Die Festlegung eines Nachtschutzgebietes erfolgt auf der Grundlage eines Dauerschallpegels von 50 dB(A) außen oder von „sechs Lärmereignissen pro Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr) mit einem A-bewerteten Maximalpegel von 70 dB(A) außen” (PFB, Teil A II 5.1.3 Nr. 2, S. 106). Innerhalb des Tag- und Nachtschutzgebiets haben die Träger des Vorhabens auf Antrag des Eigentümers eines Grundstücks für geeignete Schallschutzvorrichtungen an den Räumen, im Nachtschutzgebiet einschließlich geeigneter Belüftung, zu sorgen. Überschreiten die Kosten für Schallschutzeinrichtungen 30 % des Verkehrswertes von Grundstück und Gebäuden mit zu schützenden Räumen, hat der Betroffene einen Anspruch auf Entschädigung in Höhe von 30 % des Verkehrswertes (PFB, Teil A II 5.1.7 Nr. 2, S. 108). Des Weiteren ist auf der Basis eines Dauerschallpegels tags von 70 dB(A) außen ein Entschädigungsgebiet „Übernahmeanspruch” festgesetzt (PFB, Teil A II 5.1.6, S. 108). Schließlich verpflichtet der Planfeststellungsbeschluss die Träger des Vorhabens, Entschädigung für die Beeinträchtigung der Nutzung von Außenwohnbereichen zu leisten, soweit dort ein Dauerschallpegel von 65 dB(A) erreicht wird. Der Planfeststellungsbeschluss enthält kein generelles Nachtflugverbot. Der Flugbetrieb in der Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr) ist lediglich insofern beschränkt worden, als nur besonders lärmarme Strahlflugzeuge starten oder landen dürfen (PFB, Teil A II 5.1.1 Nr. 1, S. 104).
Die Beschwerdeführer bewohnen ein Haus- und Gartengrundstück in S…, das im Tag- und Nachtschutzgebiet des Planfeststellungsbeschlusses liegt, und erhoben gegen diesen Klage. Da gegen den Planfeststellungsbeschluss von nahezu 4.000 Personen ebenfalls Klage erhoben wurde, machte das erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht von der ihm durch § 93a Abs. 1 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch, vorab Musterverfahren durchzuführen und die übrigen Verfahren auszusetzen. Das Klageverfahren der Beschwerdeführer wurde nicht als Musterverfahren ausgewählt und daher ausgesetzt. Über die Musterklagen wurde vom Bundesverwaltungsgericht durch Urteile vom 16. März 2006 entschieden (vgl. nur BVerwGE 125, 116). Darin wurden die Anfechtungsklagen abgewiesen; die hilfsweise erhobenen Anträge auf Planergänzung hatten, soweit es um besseren Lärmschutz ging, teilweise Erfolg. Unter anderem wurde der Beklagte verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebs zu entscheiden.
Nach Zustellung der Musterurteile wurde das Verfahren der Beschwerdeführer fortgeführt. Mit Teilbeschluss vom 1. November 2007 wurde ihre Anfechtungsklage abgewiesen (BVerwG 4 A 1009.07, juris). Mit dem hier angegriffenen Schluss-Beschluss vom 7. Mai 2008 wurde der Klage der Beschwerdeführer auf Planergänzung im selben Umfang wie in den Musterurteilen stattgegeben. Im Übrigen wurde sie abgewiesen (BVerwG 4 A 1009.07, NVwZ 2008, S. 1007). Die von den Beschwerdeführern in der Folge erhobene Anhörungsrüge wurde mit Beschluss vom 4. Juni 2008 zurückgewiesen (BVerwG 4 A 1000.08, juris).
Die Beschwerdeführer haben am 16. Juni 2008 Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie rügen die Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 13 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 8 EMRK sowie von Art. 14 Abs. 1 GG.
Entscheidungsgründe
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG. Die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinreichend geklärt. Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
1. Die geltend gemachte Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG kann nicht festgestellt werden. Die in Teil A II 5.1.7 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses enthaltene Beschränkung des Geldausgleichs bei teuren Schallschutzmaßnahmen sowie ihre Billigung durch das Bundesverwaltungsgericht verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihrem Recht auf körperliche Unversehrtheit.
a) Das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schützt den Einzelnen nicht nur als subjektives Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Es beinhaltet auch die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor die in ihm genannten Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Das Bundesverfassungsgericht hat es bislang offen gelassen, ob sich die aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Schutzpflicht ausschließlich auf einen Schutz der körperlichen Unversehrtheit in biologisch-physiologischer Hinsicht beschränkt oder ob sie sich auch auf den geistig-seelischen Bereich, also das psychische Wohlbefinden erstreckt oder sogar das soziale Wohlbefinden umfasst (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪73 ff.≫). Dabei bleibt es auch hier. Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch selbst für den Fall, dass der Begriff der „körperlichen Unversehrtheit” im engen Sinne auszulegen wäre, festgestellt, dass sich die staatliche Schutzpflicht mit Blick auf Fluglärm nicht schon mit der Begründung verneinen lasse, dass der durch den Betrieb von Verkehrsflughäfen entstehende Fluglärm keinerlei somatische Folgen haben könne, sondern sich in einer Beeinträchtigung des psychischen und sozialen Wohlbefindens erschöpfe. Denn zumindest in Gestalt von Schlafstörungen lassen sich Einwirkungen auf die körperliche Unversehrtheit schwerlich bestreiten (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪76≫). Darüber hinaus steht – davon geht auch das der angegriffenen Entscheidung vorausgegangene Musterurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus – nach heutigem Forschungsstand fest, dass Fluglärm ab einer bestimmten Einwirkungsintensität gesundheitsgefährdende Auswirkungen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 377 = BVerwGE 125, 116).
Daher erfordert die sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Schutzpflicht die Ergreifung von Maßnahmen zum Schutz vor gesundheitsschädigenden und gesundheitsgefährdenden Auswirkungen von Fluglärm (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪73 ff.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 –, juris Rn. 78). Dass auch eine auf Grundrechtsgefährdungen bezogene Risikovorsorge von der Schutzpflicht der staatlichen Organe umfasst werden kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits mehrfach zum Ausdruck gekommen (vgl. BVerfGE 49, 89 ≪140 ff.≫; 53, 30 ≪57≫; 56, 54 ≪78≫). Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht kann eine solche Ausgestaltung der rechtlichen Regelungen gebieten, dass auch die Gefahr von Grundrechtsverletzungen eingedämmt bleibt; ob, wann und mit welchem Inhalt eine solche Ausgestaltung von Verfassungs wegen geboten ist, hängt von der Art, der Nähe und dem Ausmaß möglicher Gefahren, der Art und dem Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts sowie von den schon vorhandenen Regelungen ab (vgl. BVerfGE 49, 89 ≪140 ff.≫; 56, 54 ≪78≫).
Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht auch eine aus der Schutzpflicht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgende Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers anerkannt. Hat der Gesetzgeber eine Entscheidung getroffen, deren Grundlage durch neue, im Zeitpunkt des Gesetzeserlasses noch nicht abzusehende Entwicklungen entscheidend in Frage gestellt wird, dann kann er von Verfassungs wegen gehalten sein, zu überprüfen, ob die ursprüngliche Entscheidung auch unter den veränderten Umständen aufrechtzuerhalten ist (vgl. BVerfGE 49, 89 ≪143 f. in Verbindung mit 130 f.≫; 56, 54 ≪78 f.≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2002 – 1 BvR 1676/01 –, juris Rn. 10 ff.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2007 – 1 BvR 382/05 –, juris Rn. 18).
Grundsätzlich kommt dem Gesetzgeber bei der Erfüllung von Schutzpflichten ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen (vgl. jüngst zum Nichtraucherschutz: BVerfGE 121, 317 ≪360≫). Die Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind, kann deshalb nur begrenzt nachgeprüft werden. Das Bundesverfassungsgericht kann hier erst dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber die Schutzpflicht evident verletzt hat. Nur unter besonderen Umständen kann sich diese Gestaltungsfreiheit in der Weise verengen, dass allein durch eine bestimmte Maßnahme der Schutzpflicht Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪80 f.≫; 77, 170 ≪214 f.≫; 79, 174 ≪202≫; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 –, juris Rn. 78). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das Untermaßverbot zu beachten. Die Vorkehrungen des Gesetzgebers müssen für einen – unter Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter – angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sein und zudem auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen und vertretbaren Einschätzungen beruhen. Die Verfassung gibt den Schutz als Ziel vor, nicht jedoch seine Ausgestaltung im Einzelnen. Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum vertretbar gehandhabt hat (vgl. BVerfGE 88, 203 ≪254, 262 f.≫).
Ist die Lärmbekämpfung nach wissenschaftlichen Erkenntnissen im Interesse der körperlichen Integrität der Bürger geboten und ist sie deshalb eine grundrechtliche Pflicht, dann kann deren Erfüllung nicht ausschließlich davon abhängen, welche Maßnahmen gegenwärtig technisch machbar sind. Maßgebliches Kriterium kann in einer am Menschen orientierten Rechtsordnung letztlich nur sein, was dem Menschen unter Abwägung widerstreitender Interessen an Schädigungen und Gefährdungen zugemutet werden darf. Eine andere Beurteilung ließe sich auch nicht mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbaren (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪79 f.≫).
b) Bei Anwendung dieser Maßstäbe kann eine Verletzung der sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Schutzpflicht durch die in Teil A II 5.1.7 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses enthaltene Beschränkung des Geldausgleichs bei teuren Schallschutzmaßnahmen sowie ihre Billigung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführer nicht gegen die der angegriffenen Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften wenden. Nach diesen bedarf die Anlage oder die Änderung von Flughäfen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG einer Planfeststellung, in deren Rahmen nach § 9 Abs. 2 LuftVG dem Unternehmer die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzugeben ist, die für das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der Benutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig ist. Diese Regelung wird gemäß § 72 Abs. 1 VwVfGBbg durch § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfGBbg ergänzt, wonach der Betroffene einen Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld hat, wenn Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar sind. Zudem sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. § 29b LuftVG enthält Pflichten zur Verminderung von Fluglärm. Das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 1. Juni 2007 (BGBl I S. 986) war bei den hier angegriffenen Entscheidungen noch nicht anzuwenden.
Die Beschwerdeführer wenden sich vielmehr gegen die Auslegung und Anwendung der genannten Vorschriften durch die Planfeststellungsbehörde und das Bundesverwaltungsgericht. Die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlich unbedenklicher Regelungen unter Würdigung eines konkreten Sachverhalts obliegen nach ständiger Rechtsprechung in erster Linie den dafür zuständigen Fachgerichten. Deren Beurteilung ist vom Bundesverfassungsgericht nur begrenzt darauf nachzuprüfen, ob die angegriffene Entscheidung Auslegungsfehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs beruhen und die in ihrer Bedeutung für den konkreten Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. BVerfGE 18, 85 ≪92 f.≫; 53, 30 ≪61≫).
aa) Eine grundsätzliche Verkennung der oben dargestellten sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Maßstäbe kann zunächst insoweit nicht festgestellt werden, als das Bundesverwaltungsgericht den genannten Rechtsvorschriften einen abgestuften Lärmschutz entnimmt.
So geht es davon aus, dass ein Übernahmeanspruch des Betroffenen bestehe, wenn die Fluglärmbeeinträchtigungen eine solche Intensität hätten, dass der Grad einer Gesundheitsgefährdung erreicht werde. Diese Schwelle wird „verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze” genannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 375 ff. = BVerwGE 125, 116). Das Bundesverwaltungsgericht hat weiter festgestellt, dass der Gesetzgeber darüber hinaus auch auf einer der Gefahrenabwehr vorgelagerten Stufe Handlungsbedarf gesehen habe. Daher hat es § 9 Abs. 2 LuftVG eine weitere, niedrigere Zumutbarkeitsschwelle entnommen, bei deren Überschreiten dem Vorhabenträger Schutzmaßnahmen aufzugeben seien, wie insbesondere Maßnahmen des passiven Schallschutzes. Diese einfachrechtliche Zumutbarkeitsgrenze diene dem Schutz gegen „Nachteile” im Sinne von § 9 Abs. 2 LuftVG. Sie sei im Rahmen der Abwägung nach § 8 Abs. 1 LuftVG nicht überwindbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 251 ff. = BVerwGE 125, 116). Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass auch den unterhalb dieser einfachrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle angesiedelten Lärmschutzinteressen der Anwohner im Rahmen der Abwägung nach § 8 Abs. 1 LuftVG Rechnung zu tragen sei. Hier kämen auf der Grundlage von § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG auch Betriebsbeschränkungen in Betracht, wie beispielsweise Nachtflugbeschränkungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 251 ff., 267 ff. = BVerwGE 125, 116). § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG sei mit Blick auf den Nachtflug als Gewichtungsvorgabe zu betrachten, die für eine Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses der Nachbarschaft eine gesteigerte Rechtfertigung abverlange (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 269 = BVerwGE 125, 116).
Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen dieses Schutzkonzeptes von einer „verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle” ausgeht, die erst bei der Gesundheitsgefährdung einsetzt, kann nicht – wie von den Beschwerdeführen – angenommen werden, dass die darunter angesetzte Stufe der einfachrechtlichen Zumutbarkeit sowie die Berücksichtigung der Lärmschutzbelange im Rahmen der Abwägung nicht auch dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit dienen. Dies ergibt sich aus den oben dargestellten Vorgaben des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, wonach unter bestimmten Umständen auch eine auf Grundrechtsgefährdungen bezogene Risikovorsorge von der Schutzpflicht der staatlichen Organe umfasst werden kann (vgl. BVerfGE 49, 89 ≪140 ff.≫; 53, 30 ≪57≫; 56, 54 ≪78≫; auch: Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 2 Abs. 2, Rn. 90 ≪Februar 2004≫). Wenn das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf Gefährdungen der Gesundheit durch Fluglärm von einer „verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle” spricht, kann dies nur als eine grundsätzlich im Wege der Abwägung mit gegenläufigen Belangen nicht übersteigbare Grenze verstanden werden. Eine Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für darunter angesiedelte Lärmbelästigungen – insbesondere wenn sie Schlafstörungen hervorrufen können – wurde damit nicht ausgeschlossen.
bb) Hinsichtlich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Lärmgrenzwerte des Planfeststellungsbeschlusses kann eine grundsätzliche Verkennung der Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ebenfalls nicht festgestellt werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in dem der vorliegend angegriffenen Entscheidung zugrundeliegenden Musterurteil unter Bezugnahme auf wissenschaftliche Stellungnahmen – insbesondere der so genannten „Fluglärmsynopse” sowie diese kritisierende Äußerungen – intensiv mit dem Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses auseinandergesetzt, es in einzelnen Punkten sogar korrigiert und im Übrigen für rechtmäßig befunden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 293 ff. = BVerwGE 125, 116). Dabei hat es ausgeführt, dass fehlende wissenschaftliche Erkenntnisse im Rahmen von Erheblichkeitserwägungen nicht durch einen Bonus zugunsten der Lärmbetroffenen ausgeglichen würden. § 9 Abs. 2 LuftVG verlange zur Abwehr nachteiliger Einwirkungen keine Vorsorge gegen rein hypothetische Gefährdungen. Der Planungsträger brauche keine Schutzziele festzulegen, deren Erforderlichkeit mangels verlässlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse noch nicht abschätzbar sei. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse seien einer Planungs- und Zulassungsentscheidung in der Regel erst dann zugrunde zu legen, wenn sie sich in der wissenschaftlichen Diskussion durchgesetzt und allgemeine Anerkennung – nicht notwendig einhellige Zustimmung – gefunden hätten. Ein neuer Stand der Wissenschaft sei noch nicht erreicht, solange bisher anerkannte wissenschaftliche Aussagen kritisch hinterfragt und kontrovers diskutiert würden, ohne dass sich in der Forschung bereits ein neuer Grundkonsens abzeichne (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 308 = BVerwGE 125, 116).
Diese Aussagen sind vom Bundesverfassungsgericht bereits im Beschluss vom 20. Februar 2008 unbeanstandet geblieben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats – 1 BvR 2722/06 –, juris Rn. 85). Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Beschwerdeführer des vorliegenden Verfahrens kann insoweit eine grundsätzliche Verkennung der sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Vorgaben bei der Gestaltung des Verfahrens, der Feststellung des Sachverhalts sowie der Auslegung und Anwendung der Gesetze durch das Bundesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden. Eine weitergehende Prüfung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gehört nicht zur Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 1, 418 ≪420≫; 53, 30 ≪61≫). Insbesondere ist es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, bei Meinungsverschiedenheiten in der Lärmwirkungsforschung selbst die maßgeblichen Lärmgrenzwerte zu ermitteln und festzulegen (vgl. zu den Meinungsverschiedenheiten in der Lärmwirkungsforschung: Kaltenbach/Maschke/Klinke, Deutsches Ärzteblatt 2008, Rubrik Medizin, S. 548 ≪554 f.≫; Greiser, in: Oldiges (Hrsg.), Der Schutz vor nächtlichem Fluglärm, 2007, S. 31 ff.; Scheuch/Spreng/Jansen, Zeitschrift für Lärmbekämpfung 2007, S. 135 ff.; Griefahn/Jansen/Scheuch/Spreng, Zeitschrift für Lärmbekämpfung 2002, S. 171; Basner/Isermann/Samel, Zeitschrift für Lärmbekämpfung 2005, S. 109).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch nicht die generelle Regel zu entnehmen, dass bei wissenschaftlichem Meinungsstreit der Lärmwirkungsforschung im Zweifel immer der strengere Lärmgrenzwert einem Planfeststellungsbeschluss über die Anlage eines Flughafens zugrunde zu legen sei. So hat das Bundesverfassungsgericht in seiner grundlegenden Fluglärmentscheidung aus dem Jahr 1981 nur auf Forschungsergebnisse abgestellt, die wissenschaftlich gesichert waren (vgl. BVerfGE 56, 54 ≪76 ff.≫). Darüber hinaus hat auch die 3. Kammer des Ersten Senats im Beschluss vom 20. Februar 2008 in dem von der Planfeststellungsbehörde vorliegend angewandten und vom Bundesverwaltungsgericht zum Teil gebilligten Lärmschutzkonzept keine offensichtlichen Fehler im Hinblick auf den Schutz der menschlichen Gesundheit gesehen (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats – 1 BvR 2722/06 –, juris Rn. 82 und 85).
cc) Auch wenn man davon ausgeht, dass die Beschwerdeführer in einem vom Schutzbereich des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG erfassten Umfang vom geplanten Flughafen Berlin-Schönefeld durch Fluglärm betroffen sein werden, lässt die vom Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf die Beschränkung der Entschädigung in Teil A II 5.1.7 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses gebilligte Abwägung der Schutzinteressen der Beschwerdeführer aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG mit den von Art. 14 GG geschützten Interessen der vom Planfeststellungsbeschluss begünstigten Flughafenbetreiberin keinen verfassungsrechtlich relevanten Fehler erkennen.
Dabei ist zunächst festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss und das Bundesverwaltungsgericht in – wie soeben ausgeführt – nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen sind, dass die Beschwerdeführer, deren Grundstück nicht im Entschädigungsgebiet „Übernahmeanspruch” liegt, keinem Fluglärm ausgesetzt sein werden, der den Grad einer Gesundheitsgefährdung erreicht und deshalb die so genannte „verfassungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle” übersteigt (vgl. Rn. 22 f. der vorliegend angegriffenen Entscheidung sowie BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 375 ff.). Vielmehr liegt das Grundstück der Beschwerdeführer im Tag- und Nachtschutzgebiet des Planfeststellungsbeschlusses. Die für dieses Gebiet festgesetzten Vorkehrungen zielen für die Tagzeit innerhalb eines Gebäudes auf die Abwehr unzumutbarer Kommunikationsbeeinträchtigungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 319 ff.) sowie für die Nachtzeit auf die Vermeidung von Schlafstörungen in Form von Aufweckreaktionen und relevanten Stresshormonveränderungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 297 ff., 303 ff. und 310 ff.). Damit dient jedenfalls die Festsetzung des Nachtschutzgebiets dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG.
Es ist mit der sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebenden Schutzpflicht zu vereinbaren, dass die genannten Lärmschutzziele gegen die ebenfalls grundrechtlich geschützten Interessen der Flughafenbetreiberin abgewogen werden. Die auf der Grundlage von § 9 Abs. 2 LuftVG erlassene, von den Vorhabenträgern zu beachtende Auflage, den betroffenen Eigentümern im Tag- und Nachtschutzgebiet passiven Schallschutz zu gewähren, knüpft an die Nutzung des Flughafengrundstücks an und berührt die Flughafenbetreiberin daher in ihrem von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsrecht. Die auf § 74 Abs. 2 Satz 3 VwVfGBbg beruhende Beschränkung der Gewährung von Schallschutzeinrichtungen für den Fall, dass die Kosten hierfür 30 % des Verkehrswertes des Grundstücks und der Gebäude überschreiten, auf einen Entschädigungsanspruch in dieser Höhe dient dem Schutz der genannten Nutzungsinteressen der Flughafenbetreiberin.
Der Planfeststellungsbehörde und dem Bundesverwaltungsgericht sind bei der Abwägung dieser widerstreitenden Rechtspositionen keine verfassungsrechtlich relevanten Fehler unterlaufen.
Die Beschwerdeführer werden durch die Beschränkung der von der Vorhabenträgerin zu tragenden Kosten für die Schallschutzmaßnahmen zwar erheblich in ihren finanziellen Interessen betroffen. Denn nach ihren Angaben ist davon auszugehen, dass ihnen aufgrund der angegriffenen Regelung des Planfeststellungsbeschlusses nur etwa 30.000 EUR erstattet werden, wohingegen sie für eine vollständige Lärmsanierung einen weiteren Betrag von mindestens 50.000 bis 60.000 EUR aufbringen müssen und das bebaute Grundstück einen Wert von etwa 105.000 EUR hat. Dass Aufwendungen in diesem Umfang für die Erzielung des erforderlichen Lärmschutzes erforderlich sind, beruht jedoch auf der besonderen Bauweise – einer Holzständer-Leichtbauweise – des Wohnhauses der Beschwerdeführer. Der mit dieser Bauweise im Vergleich zur Regelbauweise verbundene geringere Lärmschutz ist damit im Eigentum der Beschwerdeführer von vornherein angelegt.
Es ist nicht zu beanstanden, wenn das Bundesverwaltungsgericht und die Planfeststellungsbehörde davon ausgegangen sind, dass der Geldausgleich als Surrogat für Lärmschutzeinrichtungen und nicht als Äquivalent für Maßnahmen konzipiert ist, die einer grundlegenden Gebäudesanierung gleich oder nahe kommen mit der Folge, dass das Gebäude praktisch seine ursprüngliche Identität verlöre (vgl. Rn. 27 des angegriffenen Gerichtsbeschlusses). Bei der Beurteilung der Angemessenheit der fraglichen Regelung des Planfeststellungsbeschlusses ist ferner zu Recht berücksichtigt worden, dass der Wert der zugestandenen Entschädigung in der Regel deutlich mehr als die Hälfte des Gebäudewertes betragen wird, weil als Bemessungsgrundlage nicht nur der Verkehrswert der Gebäude mit zu schützenden Räumen, sondern auch der des Grundstücks herangezogen wird.
Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Abwägung das Gewicht der Lärmschutzinteressen der Beschwerdeführer angemessen berücksichtigt. Es hätte ihnen angesichts der vorgenannten Umstände nicht Vorrang vor den Interessen der Vorhabenträgerin einräumen müssen. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass sogar der von den Beschwerdeführern auf ihrem Grundstück für die Tagzeit prognostizierte Dauerschallpegel (außen) von 65,7 dB(A) unterhalb der so genannten „verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle” von (außen) 70 dB(A) liege und dass zusätzlich noch die Dämmwirkung, die das Gebäude der Beschwerdeführer auch ohne zusätzliche Schallschutzmaßnahmen habe, berücksichtigt werden müsse, so dass von einem gesundheitsgefährdenden Innenpegel keine Rede sein könne. Es ist nicht erkennbar, dass diese Annahme des Bundesverwaltungsgerichts unzutreffend ist, zumal sich die konkreten Lärmwerte, die für den Innenbereich des Gebäudes der Beschwerdeführer ohne die Durchführung von Lärmschutzmaßnahmen tagsüber prognostiziert werden, aus der Verfassungsbeschwerde nicht ergeben. Für die Nachtzeit, hinsichtlich derer hier die Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wegen der Verhinderung von Schlafstörungen größeres Gewicht hat als für die Tagzeit, in der im hier relevanten Lärmbereich mit den Lärmschutzmaßnahmen vor allem Kommunikationsstörungen vermieden werden sollen, liegen keine konkreten Prognosen über die Höhe des Fluglärms auf dem Grundstück der Beschwerdeführer vor. Daher kann mit Blick hierauf auch keine Unverhältnismäßigkeit der angegriffenen Beschränkungsregelung festgestellt werden. Bezüglich des Nachtschutzes ist zudem zu berücksichtigen, dass das Bundesverwaltungsgericht im hier angegriffenen Beschluss den Beklagten verpflichtet hat, über weitere Einschränkungen des Nachtflugbetriebes zu entscheiden.
2. Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht feststellbar.
Vorschriften, die den in der Folge einer luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung auf einem Wohngrundstück hinzunehmenden Fluglärm regeln, sind Inhalts- und Schrankenbestimmungen nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Als solche müssen sie der verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung in gleicher Weise Rechnung tragen. Die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten sind dabei in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen (vgl. BVerfGE 79, 174 ≪191 ff., 198≫ in Bezug auf Straßenverkehrslärm). Entsprechendes gilt auch für Einzelmaßnahmen der Verwaltung, wenn die Verwaltung einen Spielraum bei der Anwendung eigentumsbestimmender Normen hat (vgl. BVerfGE 53, 352 ≪357 f.≫; 68, 361 ≪372≫; Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 14 Rn. 51). Damit ist auch ein luftverkehrsrechtlicher Planfeststellungsbeschluss an den Anforderungen des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 –, juris Rn. 54).
Bei Anwendung dieser Vorgaben verletzt die in Teil A II 5.1.7 Nr. 2 des Planfeststellungsbeschlusses enthaltene Beschränkung des Geldausgleichs bei teuren Schallschutzmaßnahmen sowie ihre Billigung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht Art. 14 Abs. 1 GG. Die von der Eigentumsgarantie geschützten Interessen der Beschwerdeführer – insbesondere ihr Interesse an der ungestörten Nutzung ihres Wohnhauses – sind von der Planfeststellungsbehörde mit den ebenfalls von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Interessen der Flughafenbetreiberin in einen verhältnismäßigen Ausgleich gebracht worden. Die hinsichtlich Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG angestellten Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Regelung gelten insoweit entsprechend.
3. Schließlich kann auch eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 GG, der die Unverletzlichkeit der Wohnung bestimmt, nicht festgestellt werden. Mit Art. 13 Abs. 1 GG wird dem Einzelnen im Hinblick auf seine Menschenwürde und im Interesse der freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet. Der Einzelne hat in seinen Wohnräumen das Recht, in Ruhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 103, 142 ≪150≫). In dieses Recht wird jedoch nicht durch Umwelteinwirkungen eingegriffen (vgl. Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl. 2009, Art. 13 Rn. 9). Dies zeigt sich schon daran, dass die Eingriffsrechtfertigungen des Art. 13 GG ersichtlich davon ausgehen, dass solche Fälle nicht zum Schutzbereich des Art. 13 GG zählen.
Entgegen der Meinung der Beschwerdeführer ergibt sich insoweit aus der Berücksichtigung von Art. 8 EMRK, der unter anderem das Recht jeder Person auf Achtung ihrer Privatsphäre und Wohnung garantiert, nichts anderes. Zwar ist die EMRK als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite von Grundrechten und rechtsstaatlichen Grundsätzen des Grundgesetzes heranzuziehen (vgl. BVerfGE 111, 307 ≪317≫). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hält das sich aus Art. 8 EMRK ergebende Recht auf Achtung der Privatsphäre und der Wohnung auch für anwendbar, wenn eine Person direkt und auf eine erhebliche Weise durch Lärm oder andere Immissionen beeinträchtigt wird und dadurch die Qualität des Privatlebens und die Möglichkeit, die Wohnung zu nutzen, durch Lärm von Flugzeugen beeinträchtigt wird, und zwar auch ohne dass ihre Gesundheit ernsthaft gefährdet wäre (vgl. EGMR, Große Kammer, Urteil vom 8. Juli 2003, Nr. 36022/97 – „Hatton u.a./Vereinigtes Königreich” –, NVwZ 2004, S. 1465 Rn. 96 m.w.N.). Diese Verankerung des Schutzes vor Umwelteinwirkungen im Rahmen von Art. 8 EMRK ist wohl vor allem deshalb erforderlich, weil die EMRK bezüglich des Schutzes der körperlichen Integrität eine Lücke aufweist (vgl. Heselhaus/Marauhn, EuGRZ 2005, S. 549). Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus Art. 8 EMRK für Umwelteinwirkungen abgeleiteten Vorgaben müssen jedoch nicht zwingend im Rahmen des Art. 13 Abs. 1 GG berücksichtigt werden. Hierfür kommen vielmehr das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG in Betracht. In deren Rahmen passt sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte besser ein. Der von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG gebotene Schutz beinhaltet – wie oben ausgeführt – nicht allein die Abwehr von Gesundheitsgefahren (vgl. auch BVerfGE 102, 1 ≪18≫), sondern auch die Risikovorsorge. Auch Art. 14 Abs. 1 GG schützt nicht nur vor unzumutbaren und deshalb entschädigungspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmungen, sondern er fordert auch eine Berücksichtigung der eigentumsrechtlich geschützten Belange in einer dem rechtsstaatlichen Abwägungsgebot genügenden Weise (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 –, juris Rn. 54, 69).
Abgesehen davon ist nicht erkennbar, dass die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aus Art. 8 EMRK abgeleiteten Schutzerfordernisse vorliegend nicht eingehalten sind. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gesteht den Vertragsstaaten der EMRK mit Blick auf den von einem Flughafen ausgehenden Fluglärm einen Einschätzungsspielraum zu, die widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Bei der subsidiären Prüfung des Gerichtshofs, ob der Vertragsstaat diesen Spielraum verletzt hat, sind auch die bereits getroffenen Lärmbekämpfungsmaßnahmen sowie die dem Betroffenen zustehenden verfahrensrechtlichen Sicherungen zu berücksichtigen (vgl. EGMR, Urteil vom 21. Februar 1990, Nr. 9310/81 – „Powell und Rayner/Vereinigtes Königreich” –, Rn. 40 ff.; Große Kammer, Urteil vom 8. Juli 2003, Nr. 36022/97 – „Hatton u.a./Vereinigtes Königreich” –, NVwZ 2004, S. 1465 Rn. 96 ff. und 116 ff.). Nach dem oben dargestellten vom Bundesverwaltungsgerichts angewandten Stufenmodell des Fluglärmschutzes knüpfen staatliche Lärmschutzmaßnahmen nicht erst an das Überschreiten der so genannten „verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze” an, bei der die Fluglärmbelastung den Grad einer Gesundheitsgefährdung erreicht und ein Wohngrundstück unbewohnbar wird. Vielmehr sind im Rahmen der planfeststellungsrechtlichen Abwägung den Lärmschutzinteressen unabhängig davon Rechnung zu tragen, ob die Lärmbelastung durch das Qualifikationsmerkmal absoluter Unzumutbarkeit gekennzeichnet ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 – BVerwG 4 A 1075.04 –, juris Rn. 268, 376).
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Unterschriften
Papier, Bryde, Schluckebier
Fundstellen
NVwZ 2009, 1494 |
NRÜ 2010, 85 |