Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung
Verfahrensgang
OLG Celle (Beschluss vom 09.07.1998; Aktenzeichen 21 UF 88/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Vollstreckung aus dem Beschluß des Oberlandesgerichts Celle vom 9. Juli 1998 – 21 UF 88/98 – wird unter Abänderung der einstweiligen Anordnung vom 16. Juli 1998 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 16. Januar 1999, untersagt.
Die Kinder dürfen für die Dauer der einstweiligen Anordnung nicht gegen den Willen des Beschwerdeführers zu 1. an die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens herausgegeben werden.
Gründe
§ 32 Abs. 1 BVerfGG erfordert eine Abwägung zwischen den Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, und den Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (BVerfGE 94, 334 ≪347≫; stRspr).
Bei dieser Abwägung überwiegen die Gründe für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung. Unterbleibt die einstweilige Anordnung und stellt sich später heraus, daß die Verfassungsbeschwerde Erfolg hat, so müssen die Kinder im Ergebnis zweimal den Aufenthaltsort wechseln. Sie würden jetzt aufgrund der Anordnung des Oberlandesgerichts zur Mutter nach Frankreich zurückgebracht und müßten nach einem Erfolg der Verfassungsbeschwerde zum Vater zurückkehren. Dabei würden sie jeweils aus einer zumindest teilweise gefestigten Lebenssituation gerissen und müßten sich auf neue Lebensumstände einstellen. Ergeht die einstweilige Anordnung und erweist sich die Verfassungsbeschwerde später als unbegründet, so ist nur ein Ortswechsel erforderlich.
Die Kinder hatten durch die gegenläufigen Entführungen beider Elternteile bereits mehrfache Ortswechsel zu verkraften. Im Anschluß an die Entführung durch die Mutter hielten sie sich etwa neun Monate in Frankreich auf, seit der Entführung durch den Vater Ende März 1998 sind vier Monate vergangen, in denen sich die Kinder wieder in Deutschland befinden. Das Kindeswohl gebietet bei dieser Ausgangslage, weitere Ortswechsel möglichst zu vermeiden. Dies wird nur erreicht, wenn die einstweilige Anordnung erlassen wird.
Die ausdrückliche Anordnung, die Beschwerdeführer zu 2. und zu 3. nicht an die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens herauszugeben, stellt klar, daß diese einstweilige Anordnung sowohl die Vollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle als auch eine mögliche Vollstreckung aus dem Urteil des Tribunal de Grande Instance von Blois vom 10. November 1997 (Geschäftszeichen: 9701465, Verfügung: 421/97) hindert.
Die einstweilige Anordnung wird bis zum 16. Januar 1999 befristet (vgl. § 32 Abs. 6 Satz 1 BVerfGG).
Unterschriften
Kirchhof, Jentsch, Graßhof
Fundstellen
Haufe-Index 1276295 |
IPRspr. 1998, 108 |