Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtannahmebeschluss: Keine gesetzgeberische Pflicht zur Einräumung eines paritätischen Umgangsrechts ("Wechselmodell") getrennt lebender Eltern als Regelfall. keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen fachgerichtliche Ablehnung eines auf Einrichtung eines paritätischen Wechselmodells gerichteten Begehrens bei mangelnder Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit der Eltern
Normenkette
GG Art. 6 Abs. 2 S. 1; BGB § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2; UNKRÜbk Art. 9 Abs. 3, Art. 18 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zurückweisung seines Antrags, ein paritätisches Wechselmodell zu begründen.
Rz. 2
1. Der Beschwerdeführer und die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens haben ein gemeinsames, im Jahre 2009 geborenes Kind. Sie waren nicht verheiratet, sind aber aufgrund einer Sorgeerklärung Inhaber der gemeinsamen elterlichen Sorge. Seit der Trennung der Eltern lebt das gemeinsame Kind im Haushalt der Mutter.
Rz. 3
2. Mit Beschluss vom 30. September 2016 übertrug das Amtsgericht unter anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter. Dabei wies es die Anträge des Beschwerdeführers zurück, mit denen er die Begründung eines paritätischen Wechselmodells anstrebte.
Rz. 4
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 10. Oktober 2017 ab, soweit er sein Begehren weiterverfolgte, auch gegen den Willen der Kindesmutter ein paritätisches Wechselmodell zu begründen. Maßstab der Prüfung sei § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Ein paritätisches Wechselmodell trage hier weniger zur Verwirklichung des Kindeswohls bei als eine Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf die Antragsgegnerin. Zur erfolgreichen Durchführung des Wechselmodells fehle es an den erforderlichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten der Eltern.
Rz. 5
3. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Verfassungsbeschwerde geltend, in seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, seinem Anspruch auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 und 2 GG und dem Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verletzt zu sein, weil die aktuelle Gesetzeslage und deren Anwendung durch die Gerichte ein paritätisches Wechselmodell nicht als Regelfall für die gemeinsame Erziehung und Pflege eines Kindes durch getrennt lebende Elternteile vorsehen. Insoweit sei eine völkerrechtskonforme Auslegung der als verletzt gerügten Grundrechte geboten. Diese Auslegung müsse sich insbesondere an dem völkerrechtlichen Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. November 1989 (UN-Kinderrechtskonvention) orientieren, aus der folge, dass ein paritätisches Wechselmodell das Regelbetreuungsmodell bei getrennt lebenden Eltern sein müsse.
II.
Rz. 6
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie hat weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, weil nicht erkennbar ist, dass der Beschwerdeführer durch ein verfassungswidriges Gesetz oder durch verfassungswidrige Rechtsanwendung in seinen Grundrechten verletzt sein könnte.
Rz. 7
1. Insbesondere folgt aus Art. 6 Abs. 2 GG nicht, dass der Gesetzgeber den Gerichten für die Zuordnung von Rechten und Pflichten getrennt lebender Eltern eine paritätische Betreuung als Regel vorgeben und eine abweichende gerichtliche Regelung als Ausnahme ausgestalten müsste (so bereits BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. Juni 2015 - 1 BvR 486/14 -, Rn. 12, www.bverfg.de). Dass der Bundesgerichtshof zwischenzeitlich festgestellt hat, dass ein paritätisches Wechselmodell in Gestalt einer Umgangsregelung je nach den Umständen des Einzelfalls - vor allem nach Maßgabe des Kindeswohls - auch gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 - XII ZB 601/15 -, Rn. 24 ff., juris), steht hierzu nicht im Widerspruch (vgl. bereits BVerfG, a.a.O., Rn. 21). Dass der Gesetzgeber eine paritätische Betreuung als Regel vorsehen müsste, folgt auch nicht aus einer völkerrechtskonformen Auslegung des Grundgesetzes im Lichte der UN-Kinderrechtskonvention (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 18).
Rz. 8
2. Auch beruht die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht auf einer grundsätzlichen Verkennung des Elternrechts des Beschwerdeführers. Auslegung und Anwendung des § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB durch das Gericht tragen den berührten Grundrechten der Eltern und des gemeinsamen Kindes Rechnung. Das Gericht lehnt die Anordnung eines paritätischen Wechselmodells ab, weil das Verhältnis zwischen den Eltern hoch strittig sei und nicht die für die Begründung eines solchen Wechselmodells erforderlichen Kooperations- und Kommunikationsfähigkeiten erkennen lasse. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 22).
Rz. 9
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
Rz. 10
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen
Dokument-Index HI11523117 |