Leitsatz (amtlich)
Der Gesetzgeber hat zur Verwirklichung des Rechts des rechtlichen Vaters auf Kenntnis der Abstammung seines Kindes von ihm (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ein geeignetes Verfahren allein zur Feststellung der Vaterschaft bereitzustellen.
Es entspricht dem Grundgesetz, wenn die Gerichte die Verwertung heimlich eingeholter genetischer Abstammungsgutachten wegen Verletzung des von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Rechts des betroffenen Kindes auf informationelle Selbstbestimmung als Beweismittel ablehnen.
Verfahrensgang
Tenor
Der Gesetzgeber hat es unter Verletzung von Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes unterlassen, ein rechtsförmiges Verfahren bereitzustellen, in dem die Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und nur ihr Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden kann.
Dem Gesetzgeber wird aufgegeben, bis zum 31. März 2008 eine derartige Regelung zur Feststellung der Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater zu treffen.
Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde zurückgewiesen.
Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verwertbarkeit eines heimlich, ohne Zustimmung des betroffenen Kindes oder seiner Mutter als gesetzlicher Vertreterin zur Klärung der Vaterschaft eingeholten DNA-Gutachtens im Rahmen eines gerichtlichen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens und damit auch die Frage, ob das geltende Recht dem rechtlichen Vater eines Kindes eine hinreichende Möglichkeit zur Kenntniserlangung und Feststellung der Abstammung des Kindes von ihm einräumt.
I.
1. § 1592 BGB bestimmt, dass Vater eines Kindes entweder der Mann ist, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist (Nr. 1) oder der, der die Vaterschaft anerkannt hat (Nr. 2), und schließlich der, dessen Vaterschaft nach § 1600 d BGB oder § 640 h Abs. 2 ZPO gerichtlich festgestellt ist (Nr. 3). Die Anerkennung der Vaterschaft bedarf der Zustimmung der Mutter (§ 1595 Abs. 1 BGB).
Bei späteren Zweifeln an der Vaterschaft kann gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, ebenso wie der Mann, der aufgrund der Ehe mit der Mutter als rechtlicher Vater des von ihr geborenen Kindes angesehen wird, die Vaterschaft vor dem Familiengericht anfechten. Die Anfechtung hat nach § 1600 b Abs. 1 BGB binnen zwei Jahren ab dem Zeitpunkt zu erfolgen, zu dem der Mann von Umständen erfahren hat, die gegen seine Vaterschaft sprechen. Dabei gilt im Verfahren zunächst die Vermutung, dass das Kind von ihm abstammt (§ 1600 c Abs. 1 BGB). Stellt sich im Anfechtungsverfahren heraus, dass der Mann nicht biologischer Vater des betroffenen Kindes ist, wird dies gerichtlich festgestellt mit der Rechtsfolge, dass er nicht mehr rechtlicher Vater des Kindes ist (§ 1599 Abs. 1 BGB). Ein Verfahren, das lediglich dazu dient, Kenntnis darüber zu erlangen, ob das Kind von seinem rechtlichen Vater abstammt, sieht das geltende Recht nicht vor.
2. In der familienrechtlichen Literatur ist umstritten, welche Anforderungen an die Schlüssigkeit und Substantiierung des Vortrags zu stellen sind, mit dem im Anfechtungsverfahren Zweifel an der Vaterschaft dargelegt werden müssen. Der Bundesgerichtshof hat dazu wiederholt ausgeführt, die schlichte Behauptung, nicht leiblicher Vater des Kindes zu sein, reiche nicht aus. Vielmehr müsse der Anfechtende Umstände vortragen, die objektiv geeignet seien, Zweifel an der Abstammung des Kindes zu wecken (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1998 – XII ZR 229/96 –, NJW 1998, S. 2976 ≪2977≫; Urteil vom 30. Oktober 2002 – XII ZR 345/00 –, NJW 2003, S. 585 ≪585≫). Dies sei erforderlich, um das betroffene Kind vor Klagen ins Blaue hinein zu bewahren (vgl. BGH, NJW 1998, S. 2976 ≪2977≫). Allerdings bedürfe es nicht des Vortrags von Umständen, die es wahrscheinlich machten, dass der Anfechtende nicht der Vater des Kindes ist. Vielmehr reiche aus, wenn sie es nicht ganz fernliegend erscheinen ließen, dass möglicherweise ein Anderer Vater des Kindes ist.
3. Molekulargenetische Erkenntnisse und darauf fußende Untersuchungsmethoden machen es seit einiger Zeit möglich, erheblich präziser als mit früher angewandten Verfahren und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit festzustellen, ob ein Kind von dem Mann, der rechtlich als sein Vater gilt, abstammt. Dies geschieht durch Abgleich der genetischen Erbsubstanzen von Vater und Kind, zur noch besseren Bestimmung auch von der Mutter, wobei jeweils kleinste Körperpartikel als Untersuchungsmaterial ausreichen (siehe hierzu Ritter/Martin, Der Amtsvormund 1999, S. 663). Auf einer solchen so genannten DNA-Analyse basieren die Gutachten, die die Gerichte heute üblicherweise in Vaterschaftsanfechtungsverfahren einholen, wenn sie nach entsprechendem schlüssigen Vortrag des Anfechtenden in die Beweisaufnahme eintreten.
Mittlerweile werden solche Untersuchungen, für die sich die Bezeichnung „Vaterschaftstest” eingebürgert hat, auch von privaten Laboren zu erschwinglichen Preisen für jedermann angeboten. Dies ermöglicht es Männern, die Zweifel an ihrer Vaterschaft hegen, mit Hilfe kleinster, vom Kind und von sich genommener Körperpartikel als genetische Untersuchungsproben auch heimlich und ohne Wissen des Kindes und seiner Mutter oder gar gegen deren Willen eine solche Untersuchung in Auftrag zu geben und hierdurch zu erfahren, ob ihre Zweifel an ihrer Vaterschaft begründet sind. Allerdings entsprechen die Labore nicht immer den inzwischen für solche Analysen in den Richtlinien der Bundesärztekammer für die Erstattung von Abstammungsgutachten (vgl. Deutsches Ärzteblatt, Jg. 99, Heft 10, S. A 665) aufgestellten Qualitätsstandards, was die Aussagekraft der Ergebnisse mindert.
4. Das Land Baden-Württemberg hat im Jahre 2005 dem Bundesrat den „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Persönlichkeitsrechte bei Abstammungsuntersuchungen” zugeleitet (BRDrucks 280/05). Nach diesem Entwurf soll § 1600 BGB ein Absatz 5 hinzugefügt werden, nach dem es einer anfechtungsberechtigten Person im Sinne von § 1600 Abs. 1 BGB erlaubt sein soll, ohne Einwilligung des betroffenen Kindes und seiner Mutter zur Vorbereitung einer Anfechtung der Vaterschaft eine genetische Untersuchung durchführen zu lassen und zu diesem Zwecke Proben vom Kind zu gewinnen, sofern die Untersuchung nach den anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft die Klärung der Vaterschaft verspricht.
Auch der Freistaat Bayern hat dem Bundesrat einen „Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung in der Familie” zugeleitet (BRDrucks 369/05). Danach soll ein neuer § 1600 f BGB geschaffen werden, der einer anfechtungsberechtigten Person im Sinne von § 1600 Abs. 1 BGB einen Anspruch gegen das Kind auf Einwilligung in eine gen-diagnostische Abstammungsuntersuchung und auf Gewinnung einer hierfür erforderlichen genetischen Probe einräumt. Außerdem soll § 1628 BGB ein zweiter Absatz hinzugefügt werden, nach dem das Familiengericht dem anderen Elternteil auf dessen Antrag die Entscheidung über die Einwilligung in eine gendiagnostische Abstammungsuntersuchung und die Gewinnung von genetischen Proben überträgt, wenn sich die Eltern über die Durchführung der Untersuchung nicht einigen können. Schließlich sieht der Entwurf vor, § 1629 Abs. 2 BGB einen weiteren Satz anzufügen, nach dem bei einer Entscheidung nach § 1600 f BGB auch ein Entzug der Vertretung des Kindes nach Absatz 2 Satz 3 in Betracht kommen soll.
Ein im Juni 2006 vorgestellter Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz für ein „Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit” sieht eine Neuregelung des Verfahrens in Abstammungssachen vor, wozu nach einem neuen § 178 FGG neben Verfahren auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kind-Verhältnisses sowie der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft auch Verfahren auf Anfechtung der Vaterschaft zählen, die nach dem ebenfalls neuen § 180 Abs. 1 FGG auf Antrag eingeleitet werden. Nach dessen Absatz 2 sollen in dem Antrag das Verfahrensziel und die betroffenen Personen bezeichnet werden. Eine Begründung soll nicht erforderlich sein.
Zur Begründung dieser beabsichtigten Neuregelung wird ausgeführt, damit werde die Verfahrensposition des Anfechtenden gegenüber dem geltenden Recht wesentlich gestärkt. Durch die Überführung des Abstammungsverfahrens in ein streitiges Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit könne das Begründungserfordernis eines Anfechtungsantrags gänzlich entfallen. Auf eine zivilprozessuale Schlüssigkeit des Antrags komme es dann nicht mehr an. Das Gericht habe den Sachverhalt einschließlich der Frage, ob die jeweilige Anfechtungsfrist eingehalten worden ist, von Amts wegen aufzuklären.
II.
1. Der Beschwerdeführer hatte 1994, kurz nach der Geburt des später beklagten Kindes, wirksam anerkannt, Vater dieses Kindes zu sein. Er hatte während der gesetzlichen Empfängniszeit des Kindes mit der Kindesmutter Geschlechtsverkehr und lebte nach der Geburt des Kindes mit diesem und der Mutter, die allein für das Kind sorgeberechtigt ist, bis Anfang 1997 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammen. Im Jahre 2001 erhob er erstmals eine Vaterschaftsanfechtungsklage, bei der er sich auf ein Gutachten stützte, das ihm eine auf 10 % verminderte Zeugungsfähigkeit attestiert hatte. Mit seinem Begehren blieb er in beiden Instanzen ohne Erfolg. Nach Auffassung der Fachgerichte war das Gutachten nicht geeignet, Zweifel an der Vaterschaft des Beschwerdeführers zu wecken.
a) Im Jahre 2002 holte der Beschwerdeführer ohne Kenntnis der Mutter des Kindes bei einem privaten Labor ein gendiagnostisches Gutachten ein, dem als Untersuchungsmaterial sein Speichel und ein nach seinen Angaben vom Kind benutztes Kaugummi zugrunde lagen. Als ihm das Gutachten bestätigte, es sei mit 100 % auszuschließen, dass die beiden Probenspender Vater und Kind seien, erhob er erneut Vaterschaftsanfechtungsklage und stützte sich dabei auf das Ergebnis dieser Untersuchung. Mit hier angegriffenem Urteil vom 4. März 2003 wies das Familiengericht die Klage ab. Sie sei unbegründet, da die heimlich veranlasste Vaterschaftsuntersuchung wegen gravierender Verstöße gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes sowie gegen das Bundesdatenschutzgesetz und wegen des Eingriffs in das Sorgerecht der Mutter rechtswidrig und deshalb nicht verwertbar sei. Das Recht des Vaters auf Kenntnis der Abstammung des Kindes könne gegenüber dem Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung nicht als höherrangig angesehen werden. Die verminderte Zeugungsfähigkeit des Beschwerdeführers könne keine Berücksichtigung finden, weil über sie als nicht hinreichender Umstand für Zweifel an seiner Vaterschaft bereits rechtskräftig entschieden worden sei.
b) Die hiergegen gerichtete Berufung wies das Oberlandesgericht mit Urteil vom 29. Oktober 2003 zurück. Zur Begründung führte es aus, das vorgelegte Untersuchungsergebnis sei nicht geeignet, Zweifel an der Vaterschaft des Beschwerdeführers zu wecken. Es enthalte entgegen den Richtlinien für die Erstattung von Abstammungsgutachten keinerlei Identitätsfeststellung der untersuchten Personen. Somit stehe nicht fest, ob das untersuchte Material von den Parteien des Ausgangsverfahrens stamme. Darüber hinaus sei der heimlich eingeholte Vaterschaftsnachweis prozessual nicht verwertbar, weil er auf rechtswidrige Weise erlangt worden sei. Eine heimliche gen-analytische Untersuchung verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes in seiner Ausformung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung, denn die Entscheidung über die Preisgabe der genetischen Daten eines Menschen stehe allein ihm oder im Falle seiner noch nicht hinreichenden Einsichts- und Urteilsfähigkeit seinem sorgeberechtigten Elternteil zu. Diesem verfassungsrechtlich geschützten Recht des Kindes stehe das Recht des Vaters auf Kenntnis der Vaterschaft gegenüber. Die Abwägung der jeweils geschützten Interessen führe nicht zu einem Überwiegen der Interessen des Vaters. Ein privater Vaterschaftstest sei zwar grundsätzlich zum Nachweis der Abstammung geeignet. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Herkunft der untersuchten Proben nicht eindeutig gesichert sei.
c) Schließlich wies der Bundesgerichtshof die hiergegen gerichtete Revision mit Urteil vom 12. Januar 2005 zurück. Die Weigerung der Mutter und gesetzlichen Vertreterin des Kindes, die Einholung des DNA-Gutachtens nachträglich zu genehmigen und in seine Verwertung einzuwilligen, begründe noch keinen, die Anfechtungsklage schlüssig machenden Anfangsverdacht. Sie stelle auch keine Beweisvereitelung dar, denn ein solches Verhalten sei Ausfluss des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Kindes. Dieses Recht würde ausgehöhlt, wenn eine solche Weigerung die Vaterschaftsanfechtungsklage eröffnen würde mit der Folge, dass die Informationen, die dieses Grundrecht schützen wolle, dann immer im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme gegen den Willen des Betroffenen preisgegeben werden müssten. Erst recht könne die Weigerung der Mutter, der Verwertung bereits rechtswidrig erlangter Informationen nachträglich zuzustimmen, nicht als ein die Anfechtungsklage eröffnender Umstand gewertet werden. Wenn das Gesetz eine Verpflichtung zur Duldung von Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung nur unter bestimmten Voraussetzungen vorsehe, könne die Weigerung der Mutter nicht dazu herangezogen werden, diese Voraussetzungen zu bejahen.
Auch die Vorlage eines heimlich eingeholten DNA-Gutachtens sei zur Darlegung von Umständen, die einen Anfangsverdacht erwecken, nicht geeignet. Insoweit komme es nicht auf die Rüge des Beschwerdeführers an, das Berufungsgericht habe versäumt, Beweis darüber zu erheben, ob eine der untersuchten Proben auch tatsächlich von dem Kinde stamme. Auch wenn feststünde, dass das untersuchte genetische Material von den Parteien herrühre, sei dieses Gutachten weder als Beweismittel noch als Parteivortrag im Vaterschaftsanfechtungsverfahren verwertbar. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung schließe auch das Recht auf Unkenntnis ein. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung, dass das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes nicht hinter dem Interesse des Vaters an der Feststellung seiner Nichtvaterschaft zurückstehen müsse, halte der revisionsrechtlichen Prüfung stand. Jede DNA-Untersuchung greife in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Persönlichkeitsrecht in Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dieses Recht dürfe nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingeschränkt werden. Die Einschränkung dürfe nicht weiter gehen, als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerlässlich sei. Dem Schutz des Grundrechts eines jeden Menschen, die Untersuchung seines Genoms grundsätzlich von seiner Zustimmung abhängig zu machen, dienten auch Art. 5 der Allgemeinen Erklärung zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten, Art. II-68 des Entwurfs der Verfassung der Europäischen Union, Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und, soweit es sich um das Recht des Kindes handele, Art. 8 Abs. 1 und Art. 16 der UN-Kinderkonvention.
Dieses Recht sei auch bei der Verwertung von Beweisen und Erkenntnissen im gerichtlichen Verfahren zu beachten. Denn der Richter habe kraft Verfassungsgebots zu prüfen, ob bei der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Einzelfall Grundrechte berührt würden. Treffe dies zu, habe er diese Vorschriften im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden, die bei deren Anwendung berührt würden. Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes stehe ein ebenfalls aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitendes Recht des Vaters auf Kenntnis seiner Vaterschaft gegenüber, das nicht als höherwertig anzusehen sei. Dies zeige sich schon daran, dass seine Durchsetzung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren durch die gesetzliche Fristenregelung wesentlich eingeschränkt sei, während das Recht des Kindes, der Erhebung und Verwertung seiner genetischen Daten zu widersprechen, keiner zeitlichen Schranke unterworfen sei. Auch habe sich der Gesetzgeber bei der Kindschaftsreform gegen ein Recht des Vaters entschieden, in jedem Fall die biologische Abstammung eines Kindes zu klären. Zudem verleihe das Recht auf Kenntnis der eigenen Vaterschaft, selbst wenn es mit dem Grundrecht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung gleichzusetzen sei, noch kein Recht auf Verschaffung einer solchen Kenntnis.
2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Im Ergebnis begnüge sich der Bundesgerichtshof mit der Feststellung, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des (Nicht-)Vaters sei nicht höherrangig gegenüber dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes. Mit der abstrakten Thematisierung der Vorrangfrage habe der Bundesgerichtshof verkannt, dass es vorliegend um eine konkrete Grundrechtskollision gehe, deren Auflösung im Sinne einer praktischen Konkordanz dadurch erschwert werde, dass die beiden Grundrechtsträger nicht isoliert einander gegenüberstünden. Die Gerichte hätten deshalb die Frage nach dem Vorrang der jeweiligen Positionen bezogen auf den zu beantwortenden Einzelfall klären müssen. Dies sei nicht geschehen. So hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Beschwerdeführer nur kurze Zeit mit dem Kind zusammengelebt habe, das bei der Trennung erst zweieinhalb Jahre alt gewesen sei, sodass insoweit keine intensive soziofamiliäre Vater-Kind-Beziehung zwischen ihnen entstanden sei. Dementsprechend sei das Persönlichkeitsrecht des Kindes durch die Infragestellung und Überprüfung der Vaterschaft nicht stark beeinträchtigt. Auch hätte die Tatsache der erheblich eingeschränkten Zeugungsfähigkeit des Beschwerdeführers in die anzustellende Gesamtbetrachtung der Sach- und Rechtslage einbezogen werden müssen. Dass im Vorprozess zur Bedeutung dieses Umstands rechtskräftig entschieden worden sei, ändere daran nichts. Zusammen mit dem widersprüchlichen Verhalten der Kindesmutter, die erst nach Kenntnis des gutachterlichen Ergebnisses dessen Verwertung im Verfahren die Zustimmung verweigert habe, habe dies einen hinreichenden Anfangsverdacht begründet, der durch das Gutachten zusätzlich belegt worden sei.
Die vorliegende Einzelfallkonstellation spreche damit für eine Verwertbarkeit des heimlich eingeholten Vaterschaftstests. Der Gesetzgeber habe weder die Möglichkeit eröffnet, sich auf anderem Wege Kenntnis über die Abstammung eines Kindes zu verschaffen noch Vorkehrungen getroffen, wie die berührten Grundrechtspositionen in solchen Fällen im Anfechtungsverfahren auszugleichen seien. Die Rechtsprechung habe den insofern bestehenden Interpretationsfreiraum in einer für den Beschwerdeführer unzumutbaren Weise genutzt. Mit ihren hohen Anforderungen an die Darlegungslast und die Schlüssigkeit des Vortrags zu Umständen, die Zweifel an der Vaterschaft wecken, stehe die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, weil diese Anforderungen es einem Vater praktisch unmöglich machten, seine Vaterschaft überprüfen zu lassen und anzufechten. Insofern sei zu begrüßen, dass nunmehr in Reaktion auf die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen der Bundesgesetzgeber in Überlegungen eingetreten sei, die Hürden für eine verfahrensrechtliche Klärung der Vaterschaft und deren Anfechtung herabzusetzen, beziehungsweise dass es gesetzgeberische Initiativen gebe, die es ermöglichen wollten, auch privat eingeholte Vaterschaftstests in das gerichtliche Verfahren einzuführen.
III.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Bundesministerium der Justiz für die Bundesregierung, das Justizministerium Baden-Württemberg namens der Landesregierung, die Bayerische Staatsregierung, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, der Deutsche Familiengerichtstag, der Deutsche Juristinnenbund, der Verband alleinerziehender Mütter und Väter, der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht, der Väteraufbruch für Kinder sowie der Verein Väter für Kinder Stellung genommen.
1. Das Bundesministerium der Justiz vertritt die Auffassung, der Beschwerdeführer werde durch das in den angegriffenen Entscheidungen ausgesprochene Verbot der Verwertung eines heimlich durchgeführten Vaterschaftsgutachtens nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Bei der gebotenen Abwägung der grundrechtlich geschützten Rechtspositionen dürfe das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes nicht hinter dem Interesse des klagenden Vaters an der Feststellung seiner Vaterschaft zurückstehen. Ein heimlich durchgeführter Vaterschaftstest sei rechtswidrig und im Anfechtungsverfahren gegen den Willen des Kindes oder seines gesetzlichen Vertreters nicht verwertbar. Seine Erhebung stelle einen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG dar. Dabei sei nicht von Bedeutung, dass die heimliche Einholung eines solchen Gutachtens nach geltendem Recht nicht verboten oder unter Strafe gestellt sei. Die Gerichte hätten gemäß Art. 1 Abs. 3 GG bei der Verwertung von Tatsachen im fachgerichtlichen Verfahren grundrechtliche Schutzgebote zu beachten, die vor einer Offenbarung von Lebenssachverhalten schützten. Sie hätten demgemäß bei der Entscheidung, ob ein solches heimliches Gutachten in das Verfahren eingeführt werden dürfe, eine Abwägung zwischen dem der Verwertung entgegenstehenden informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes und den rechtlich geschützten Interessen des die Vaterschaft anfechtenden Vaters vorzunehmen. Das Bundesverfassungsgericht habe mehrfach darauf hingewiesen, dass es zu einer Intensivierung des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung führe, wenn dieser in einer Situation vermeintlicher Vertraulichkeit erfolge. Diese Entscheidungen seien in ihrer Grundaussage auch im Rahmen der Drittwirkung der Grundrechte von Bedeutung.
Aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG ergebe sich zwar das Gebot, eine Übereinstimmung von leiblicher und rechtlicher Elternschaft zu erreichen, was auch verfahrensmäßig abgesichert sein müsse. Der Gesetzgeber habe bei den Regelungen über die Anfechtung der Vaterschaft aber auch den Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG zu beachten, der unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eine Einschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten zulasse, um zum Schutze des Familienfriedens zu verhindern, dass die Abstammung eines Kindes etwa bei jedem beliebigen Konflikt der Eltern in Frage gestellt werden könne. Würde in einem Gerichtsverfahren einem Anfechtungsberechtigten erlaubt, heimlich, also ohne Einwilligung des Betroffenen und außerhalb eines staatlichen Gerichtsverfahrens verschaffte Beweismittel in das Verfahren einzuführen, die den entscheidenden Ausschlag über Erfolg oder Misserfolg seiner Anfechtungsklage geben könnten, wäre der Schutzzweck der gesetzlichen Einschränkungen des Anfechtungsverfahrens in Frage gestellt.
Allerdings könne auch ein privat eingeholter Vaterschaftstest im Verfahren verwertbar sein, wenn das Kind oder sein gesetzlicher Vertreter dem zustimme. Einem möglichen Interessengegensatz in der Position der Mutter bei der Frage der Zustimmung zur Einholung eines Gentests habe der Gesetzgeber durch die Vorschriften der §§ 1629, 1795, 1796 BGB Rechnung getragen. Danach könne die Vertretungsmacht der Mutter ausgeschlossen sein oder bei erheblichen Interessengegensätzen entzogen werden.
Die Bundesregierung beabsichtige, die Voraussetzungen für genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung und damit auch die Frage des Verbots heimlicher Vaterschaftstests in einem Gendiagnostikgesetz zu regeln. Zudem werde im Bundesministerium der Justiz geprüft, wie durch flankierende Regelungen im Familienrecht und Familienverfahrensrecht dem Recht auf Kenntnis der Abstammung stärker Rechnung getragen werden könne. Außerdem sehe der Referentenentwurf für ein „Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit” eine Absenkung der Anforderungen an die Substantiierung einer Vaterschaftsanfechtungsklage vor.
2. Das Justizministerium Baden-Württemberg teilt die Auffassung des Beschwerdeführers, dass in den der Verfassungsbeschwerde vorangegangenen gerichtlichen Verfahren bei der gebotenen Abwägung der kollidierenden Verfassungsrechtspositionen der Beteiligten die Grundrechtspositionen des Beschwerdeführers nicht hinreichend berücksichtigt worden seien. Zwar sei der vom Beschwerdeführer veranlasste Vaterschaftstest ohne Einwilligung des Kindes beziehungsweise seiner Mutter vorgenommen worden. Er hätte jedoch dennoch im Anfechtungsverfahren zumindest im Rahmen der Zulässigkeits- und Schlüssigkeitsprüfung Berücksichtigung finden müssen. Sowohl aus Art. 6 Abs. 1 GG als auch aus dem durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht ergebe sich ein Recht des rechtlichen Vaters auf Klärung der Abstammung des Kindes und seiner biologischen Vaterschaft. Diesem Recht stünden keine überwiegenden Rechte der anderen Beteiligten gegenüber.
Der Bundesgerichtshof habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die betroffenen Grundrechtspositionen im Rahmen praktischer Konkordanz unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gegeneinander abzuwägen seien. Das Gewicht dieser Rechtspositionen hinge im Einzelfall vor allem davon ab, wer den Test in Auftrag gebe und wie die familienrechtliche Situation sei.
Werde DNA-Material des Kindes ohne dessen Zustimmung beziehungsweise ohne Zustimmung des oder der Sorgeberechtigten erhoben und untersucht, liege bei Nutzung des Testergebnisses ein Eingriff in das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung vor. Wenn eine tatsächliche Lebens- und Erziehungsgemeinschaft zwischen Kind, Mutter und rechtlichem Vater bestehe, erscheine es denkbar, dass bei einem heimlichen Vaterschaftstest – etwa durch den biologischen Vater – ein überwiegendes Interesse insbesondere auch des Kindes an der Beibehaltung des Status quo bestehe, zumal eine bestehende soziale Familie zusätzlich durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG geschützt werde. Es sei in diesem Falle konsequent und sachgerecht, heimliche Abstammungstests insbesondere durch den biologischen Vater als unzulässig und gerichtlich nicht verwertbar zu behandeln.
Der zu beurteilenden Verfassungsbeschwerde liege allerdings eine solche Konstellation nicht zugrunde. Hier habe der rechtliche Vater den Test in Auftrag gegeben. Selbst wenn in der Verwertung des Testergebnisses in einem gerichtlichen Anfechtungsverfahren ein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Kindes liege, folge hieraus nicht die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit des Tests. Denn der Eingriff sei nicht besonders schwerwiegend. Bei Vaterschaftsgutachten erfolge keine umfassende genetische Untersuchung. Es werde lediglich die Abstammung einer Person von einer anderen ermittelt. Diese nur beschränkte Eingriffsintensität sei vom Bundesgerichtshof bei seiner Abwägung der Grundrechtspositionen von Vater und Kind nicht angemessen berücksichtigt worden.
Gewichte man die Rechtsbeeinträchtigung des Kindes und der sorgeberechtigten Mutter und vergleiche sie mit der Beeinträchtigung des rechtlichen Vaters durch die Nichtverwertung bereits vorhandener Kenntnisse, gebühre der vom Bundesgerichtshof nicht ausreichend berücksichtigten Rechtsposition des Vaters der Vorrang.
Auch die Berücksichtigung der Rechte der Mutter führe zu keiner anderen Bewertung: Es bestehe kein schutzwürdiges, die genannten Interessen des rechtlichen Vaters überwiegendes Interesse der Mutter, die dem rechtlichen Vater nicht offenbarten wahren Abstammungsverhältnisse geheim zu halten und seine Pflichten als rechtlicher Vater möglicherweise zu Unrecht fortbestehen zu lassen. Zudem sei ein heimlicher Vaterschaftstest durch den rechtlichen Vater für das Kindeswohl sowie den Familienfrieden in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle die „familienschonendste” und auch eine zumutbare Maßnahme. In mindestens 80 % der Fälle stelle sich nämlich heraus, dass der rechtliche auch der biologische Vater sei. In diesen Fällen sei der Vater nicht gezwungen, in einem gerichtlichen Verfahren seine Zweifel offenzulegen, was den Familienfrieden – unabhängig vom Ergebnis des Tests – zerstören könnte.
3. Ungeachtet der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Entscheidungen hält die Bayerische Staatsregierung die derzeitige Rechtslage für unbefriedigend. Sie entspreche nicht mehr dem Stand der modernen Gendiagnose. Väter würden in Tests abgedrängt, die ihnen keine rechtlich verwertbaren Ergebnisse liefern könnten und zu Missbrauch einladen würden, weil die anerkannten Standards der Genanalyse nicht eingehalten werden könnten. Den rechtlichen Vätern müsse eine legale Möglichkeit zur Einholung einer gendiagnostischen Abstammungsuntersuchung eingeräumt werden, wobei insbesondere die Persönlichkeitsrechte des Kindes zu berücksichtigen und in einen gerechten Ausgleich zu denen des Vaters zu bringen seien. Dabei sei eine möglichst die Familie schonende Lösung anzustreben, die den innerfamiliären Dialog fördere und die Einschaltung der Gerichte vermeide.
Mit dieser Zielsetzung habe die Bayerische Staatsregierung dem Bundesrat den „Entwurf eines Gesetzes über genetische Untersuchungen zur Klärung der Abstammung in der Familie” vorgelegt. Mit ihm solle dem privaten Gentest die Heimlichkeit und damit die Anstößigkeit genommen werden und das Recht des Vaters auf Kenntnis der Abstammung mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes in Ausgleich gebracht werden.
4. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit beschränkt seine Stellungnahme auf die Frage der Zulässigkeit heimlicher Gentests, die er für heimliche Vaterschaftstests verneint. Bei der genetischen Untersuchung von Körpermaterialien zum Zwecke der Abstammungsbestimmung würden genetische Daten des Kindes erhoben, die im Vergleich mit genetischen Daten des angeblichen Vaters genaue Aussagen über die Verwandtschaftsverhältnisse zuließen. Somit handele es sich um personenbezogene Daten und einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, der regelmäßig nur aufgrund eines Gesetzes oder mit Einwilligung des Betroffenen zulässig sei. Ein solches Erlaubnisgesetz gebe es derzeit noch nicht. Da die Entnahme von Untersuchungsmaterial von den jeweiligen Vätern heimlich ohne Wissen der betroffenen Kinder erfolge, liege auch keine wirksame Einwilligung in die Erhebung und Nutzung der Untersuchungsergebnisse vor.
Die Handlungen des Vaters würden dabei nicht dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes unterliegen, das aus seinem Anwendungsbereich ausschließlich familiäre Tätigkeiten herausnehme. Das beauftragte Labor sei jedoch eine nichtöffentliche Stelle gemäß § 2 Abs. 4 BDSG. Die Zulässigkeit seiner Untersuchung richte sich nach § 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG, der eine Datenverwendung nur unter der Voraussetzung erlaube, dass der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Verwendung der Daten habe. Ein solches schutzwürdiges Interesse des Kindes ergebe sich aus dem unstrittigen Recht des Kindes auf Nichtwissen hinsichtlich der Ergebnisse genetischer Untersuchungen.
5. Der Deutsche Familiengerichtstag hält die Entscheidung des Bundesgerichtshofs für verfassungsgemäß, schlägt aber eine klarstellende Gesetzesänderung dahingehend vor, die Schwelle für den Anfangsverdacht nach § 1600 b BGB abzusenken. Kenntnis und Geheimhaltung der eigenen Identität und Abstammung für Vater und Kind seien jeweils Ausflüsse des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Insofern könne es keinen Vorrang des einen oder anderen Rechts geben. Das ändere indes nichts daran, dass bei Gleichrangigkeit der Rechte ein Verstoß der Entscheidung des Bundesgerichtshofs gegen Verfassungsrecht nicht festgestellt werden könne. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip sei nicht verletzt, wenn nur einem von zwei gleichrangigen Rechten der Vorzug gegeben werde.
Um die Vaterschaft nicht auf Dauer in der Schwebe zu lassen, sollte überlegt werden, innerhalb der Zweijahresfrist die schlichte Behauptung genügen zu lassen, dass das Kind nicht von dem Mann abstamme, der die Vaterschaft anerkannt habe. Innerhalb der Zweijahresfrist wäre dann unabhängig von einem konkreten Anfangsverdacht stets auf Antrag die Vaterschaft zu untersuchen. Unabhängig davon könne der Vater auch später geltend machen, dass das Kind nicht von ihm abstamme; nach Ablauf der Zweijahresfrist müsse er aber vortragen und beweisen, erst nach Ablauf der Zweijahresfrist von den Umständen erfahren zu haben.
6. Der Deutsche Juristinnenbund hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Das Verfahren werfe die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Ausgestaltung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens sowie die nach der Verwertbarkeit einer DNA-Analyse auf, die heimlich eingeholt worden sei. Die gesetzliche Ausgestaltung des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens sei verfassungsgemäß.
Der Gesetzgeber müsse bei der Gestaltung des Anfechtungsverfahrens mehrere kollidierende Grundrechte miteinander ausgleichen. Auf der einen Seite stünden die aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 6 Abs. 1 und 2 GG folgenden Rechte des rechtlichen, aber möglicherweise nicht biologischen Vaters, der das Interesse habe, die rechtliche Zuordnung nachträglich wieder aufzulösen. Auf der anderen Seite seien die Grundrechte der Kindesmutter zu berücksichtigen, die einer Anfechtung entgegenstünden. Wesentlich sei ihr von Art. 6 Abs. 2 GG geschütztes Interesse als Sorgeberechtigte für das Kind daran, dass ihr Kind keinen Schaden dadurch nehme, dass die Vaterschaft in Zweifel gezogen werde. Hinzu komme das durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Interesse, dass ihre bestehende familiäre Beziehung zu dem Kind nicht gestört werde. Außerdem gewährleiste das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Frau Schutz davor, einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren ausgesetzt zu werden, ohne dass es für nachträgliche Zweifel an der Vaterschaft einen hinreichenden Anlass gebe. Schließlich werde das Interesse der Frau, ihre Sexualbeziehungen nicht offenzulegen, grundsätzlich durch das Recht auf Achtung der Privat- und Intimsphäre geschützt.
Wichtig seien daneben die Grundrechte des betroffenen Kindes. Aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG folge nicht nur ein grundsätzliches Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, sondern auch das – negative – Recht, dass die eigene Abstammung nicht ohne sein Einverständnis durch einen genetischen Test oder ein förmliches Gerichtsverfahren geklärt werde. Das Kind habe außerdem einen Anspruch auf Schutz seiner Familie aus Art. 6 Abs. 1 GG.
Angesichts dieser unterschiedlichen Grundrechtspositionen sowie Interessenlagen seien die gegenwärtigen Regelungen verfassungsgemäß. Die zweijährige Anfechtungsfrist nach Kenntnis von Umständen für Zweifel an der Vaterschaft solle vor allem der Rechtssicherheit und dem Schutz der sozialen Familie dienen. Auch die angegriffenen Entscheidungen seien nicht zu beanstanden. Die Anforderungen der fachgerichtlichen Rechtsprechung an die Darlegung von Umständen entsprächen einer verfassungsmäßigen Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Anfechtungsregelungen. Kind und Kindesmutter würden im Einklang mit ihren Grundrechten davor geschützt, ohne jeglichen Anlass mit einem Vaterschaftsanfechtungsverfahren überzogen zu werden. Demgegenüber sei es dem Mann zuzumuten, die Frage der Vaterschaft entweder bereits bei der Vaterschaftsanerkennung klären zu lassen oder im Falle einer späteren Anfechtung der Vaterschaft Umstände darzulegen, die ihn nachträglich an der Vaterschaft zweifeln ließen.
Es sei keine Missachtung der Grundrechte des Beschwerdeführers, wenn die Gerichte die Einholung heimlicher Vaterschaftstests als rechtswidrig einstuften und es ablehnten, die rechtswidrig erlangten Analyseergebnisse zu verwerten. Dem verfassungsrechtlich geschützten Interesse des Kindes, dass niemand seine Abstammung ohne sein Einverständnis testen lassen dürfe, das von den Zivilgerichten bei der rechtlichen Beurteilung heimlicher Vaterschaftstests zu berücksichtigen sei, stehe das Interesse des Mannes gegenüber, mit Hilfe eines heimlichen Vaterschaftstests seine Vaterschaft zu klären und gegebenenfalls aufzulösen. Die angegriffenen Entscheidungen hätten diese Grundrechtspositionen beider Seiten weder verkannt noch fehl gewichtet. Die Abwägung ergebe einen Vorrang zu Gunsten der Grundrechte des Kindes. Die Anfertigung einer heimlichen DNA-Analyse stelle einen Eingriff in das zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht des Kindes sowie in das Personensorgerecht der Mutter dar und sei schon aus diesem Grund als rechtswidrig einzustufen. Zudem gelte für das zivilgerichtliche Verfahren, dass Beweismittel, die einer der Beteiligten rechtswidrig erlangt habe, nicht verwertet werden dürften. Die zur zivilrechtlichen Verwertbarkeit heimlich mitgehörter Telefonate entwickelten Grundsätze seien auf die familiengerichtliche Verwertbarkeit heimlicher DNA-Analysen übertragbar.
7. Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter hält die angegriffenen Entscheidungen im Ergebnis für verfassungsgemäß. Die Frage eines generellen Verbots heimlicher Vaterschaftstests und die Frage der Durchführung des Verfahrens zur Vaterschaftsanfechtung seien getrennt voneinander zu erörtern. Die Verwertbarkeit heimlicher Vaterschaftstests im Anfechtungsverfahren werfe zunächst das tatsächliche Problem der Zuordnung des Materials zu den entsprechenden Personen auf, leiste aber auch einem Missbrauch von personenbezogenen Daten in einem nicht zu begrenzenden Maße Vorschub. Folge man der Begründung des Bundesgerichtshofs, gehe es nicht um den Vorrang von Rechten, sondern darum, was zur Durchsetzung des jeweiligen Rechts zulässig sei. Ein heimlicher Vaterschaftstest diene nicht dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Vaters, vielmehr verletze er einseitig die Rechte des Kindes. Eine Ausgewogenheit könne nur dann gewährleistet werden, wenn auf legalem Weg ein Anfechtungsverfahren durchgeführt und dessen Bestimmungen berücksichtigt würden.
Angesichts des technischen Fortschritts bei der Gendiagnostik werde es immer notwendiger, die Bürger und Bürgerinnen vor dem unbefugten Zugriff auf ihre genetischen Daten zu schützen. Solche Untersuchungen müssten generell von dem Einverständnis des oder der Betroffenen abhängig sein.
Vaterschaft bedeute mehr als die Feststellung der genetischen Abstammung. Das Kind mit seinem Anspruch auf Rechtssicherheit dürfe bei der Diskussion um die Rechte der Väter nicht aus dem Blick geraten. Erkenne ein Mann eine Vaterschaft an, müsse er zu diesem Zeitpunkt prüfen, ob er auch tatsächlich der biologische Vater des Kindes sein könne. Durch die Möglichkeit der Überprüfung einer Vaterschaft zu diesem Zeitpunkt würden die Persönlichkeitsrechte des Vaters geschützt. Verzichte der Vater auf diesen Nachweis, sei dies ebenso seine freie Entscheidung wie die Anerkennung der Vaterschaft. Um dem Kind Rechtssicherheit zu geben, sei es notwendig, die Hürden zur Anfechtung der Vaterschaft in bisheriger Form beizubehalten.
8. Nach Auffassung des Interessenverbandes Unterhalt und Familienrecht verkennt der Bundesgerichtshof in seiner angegriffen Entscheidung die grundsätzliche Gleichrangigkeit der verfassungsrechtlich geschützten Positionen des Kindes und des Vaters. Es liege eine Grundrechtskollision und nicht eine Vorrangproblematik vor. Lägen – wie hier – widersprechende Grundrechtspositionen des Kindes und des rechtlichen Vaters vor und sei möglicherweise noch das Elternrecht der Mutter betroffen, könne der Widerspruch nicht mit Mitteln des einfachen Rechts gelöst werden. Dies gelte selbst dann, wenn bei kollidierenden Grundrechtspositionen Gesetzgeber und Rechtsprechung einen weiten Gestaltungsspielraum hätten. Grenze sei hier das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, das eine Einzelfallabwägung erfordere.
Der Bundesgerichtshof habe sich in den angefochtenen Entscheidungen nicht mit der Kritik auseinandergesetzt, die an seiner Rechtsprechung zu den Schlüssigkeitsanforderungen einer Vaterschaftsanfechtungsklage geübt worden sei. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bleibe dem Vater, der sich auf eine Genanalyse berufe, die er ohne Zustimmung des Kindes eingeholt habe, trotz der erlangten Gewissheit über das Nichtbestehen der Vaterschaft ein Anfechtungsprozess verschlossen.
Der Gesetzgeber habe versäumt, durch entsprechende Vorkehrungen den zwischen den Betroffenen bestehenden Interessenkonflikt zu neutralisieren. Der Verband befürworte insofern die Gesetzesinitiative Bayerns, dem Anfechtungsberechtigten einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf eine gendiagnostische Abstammungsuntersuchung einzuräumen.
Der hiermit verbundene Eingriff in das Grundrecht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung sei im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Mannes auf Kenntnis, ob ein Kind von ihm abstamme oder nicht, verhältnismäßig.
9. Der Väteraufbruch für Kinder weist darauf hin, das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt, der Mann, von dem ein Kind abstamme, sei Vater eines Kindes, auch wenn er von der Rechtsordnung nicht als solcher anerkannt sei. Gleichzeitig betone es, dass nach der Verfassung möglichst eine Übereinstimmung von leiblicher und rechtlicher Elternschaft erreicht werden solle. Dann müsse konsequenterweise gelten, dass der Mann, von dem ein Kind nicht abstamme, nicht Vater des Kindes sei, auch wenn er von der Rechtsordnung als solcher anerkannt sei.
Die Interessenabwägung im Rahmen der Verwertung unrechtmäßig gewonnener Beweise, bei der man eine notwehrähnliche Situation verlange, um derartige Beweise prozessual verwerten zu können, sei auf familiäre Beziehungen nicht übertragbar, die nach § 1618 a BGB durch umfassende Beistandsverpflichtungen zwischen Eltern und Kindern gekennzeichnet seien. Im Übrigen befinde sich der „Scheinvater” sehr wohl in einer notwehrähnlichen Lage. Denn die lebenslang ungerechtfertigte Zuordnung eines Kindes mit den sich daraus ergebenden gravierenden wechselseitigen Verpflichtungen, jahrzehntelangen Unterhaltspflichten und psychischen Belastungen beschnitten das Recht des Vaters auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in ganz erheblicher Weise. Eine notwehrähnliche Lage liege zumindest dann vor, wenn die rechtliche Vaterschaft durch Täuschung im Grenzbereich zur sittenwidrigen Schädigung oder gar des Betrugs aufgedrängt worden sei.
Kinder spielten im Glücksstreben von Männern dieselbe überragende Rolle wie bei Frauen. Nicht nur das Wissen, wer die eigenen Kinder seien, sei von existentieller Bedeutung für die übergroße Mehrzahl aller Menschen, wie sich anhand einer Sozialstudie des International Social Survey Programme gezeigt habe, sondern auch zu wissen, von wem man selbst abstamme.
Die Vorstellungen der Instanzgerichte, das Kind werde in gewohnten sozialen Bindungen aufwachsen, wenn die Anfechtungsklage des Scheinvaters abgewiesen worden sei, auch wenn es diese Klage mitbekommen habe, gehe an der Lebenswirklichkeit vorbei. Die sich bei einem Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Abstammung ergebenden Gefahren für minderjährige Kinder machten den zur Klärung der Abstammung erforderlichen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beteiligten zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich.
In Deutschland nehme durch Abnahme der Eheschließungen und Zunahme der Scheidungen der Anteil der nichtehelich Geborenen dramatisch zu. Viele Kinder erlebten bis zur Volljährigkeit gleich mehrere neue Partner der Mutter oder Partnerinnen des Vaters. Damit gehe ein gesteigertes öffentliches Interesse an einer eindeutigen, unaufhebbaren rechtlichen Bindung eines Kindes an den leiblichen Vater und nicht an die Partner der Mutter einher. Vorbedingung sei eine in möglichst allen Fällen rasch und wirksam greifende Klärung der Abstammungsverhältnisse.
10. Der Verein Väter für Kinder hält es für absurd, dass das Begehren des gesetzlichen Vaters auf Feststellung der tatsächlichen Abstammung seines Kindes in den angegriffenen Entscheidungen mit der Begründung abgewiesen worden sei, die Darlegung des erforderlichen Anfangsverdachts sei unzureichend gewesen, obwohl dieser Verdacht mit praktisch hundertprozentiger Sicherheit durch ein heimlich eingeholtes DNA-Gutachten bestätigt worden sei. Allerdings müsse die Problematik heimlicher Vaterschaftstests und deren Zulassung als Beweismittel deutlicher als bisher von der Frage des Erfordernisses eines gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung der Abstammung getrennt werden. Bestünde eine tatsächlich praktikable Möglichkeit, ein gerichtliches Verfahren herbeizuführen, erledigte sich auch weitgehend die Frage heimlicher Vaterschaftstests.
Eine zeitgemäße praktikable Verfahrensweise sei nur gegeben, wenn die Anforderungen für die Einleitung eines Verfahrens niedrig seien. Die Tatsache, dass jemand bereit sei, die Mühen sowie die nicht unerheblichen Kosten eines gerichtlichen Verfahrens und einer gerichtlich angeordneten DNA-Analyse auf sich zu nehmen und dabei möglicherweise zusätzlich noch das Verhältnis zur Mutter des Kindes und eventuell zum Kind selbst weiter zu belasten, stelle als solche bereits einen ernsthaften Grund für die Einleitung eines Verfahrens dar. Die Kenntnis der tatsächlichen Abstammung habe für das Kind ebenso wie für den Vater eine hohe psychologische Bedeutung. Demgegenüber sei der für einen genetischen Vaterschaftstest erforderliche Eingriff beim Kind gerechtfertigt.
Entscheidungsgründe
B.
Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist insoweit begründet, als es der Gesetzgeber unter Verletzung von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unterlassen hat, ein rechtsförmiges Verfahren bereitzustellen, in dem die Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater geklärt und die Tatsache ihres Bestehens oder Nichtbestehens festgestellt werden kann, ohne daran zugleich Folgen für den rechtlichen Status des Kindes zu knüpfen (I.). Das auf Anfechtung der Vaterschaft gerichtete Verfahren gemäß §§ 1600 ff. BGB ist kein Verfahren, das dem Recht des Vaters allein auf Kenntnis der Abstammung des Kindes von ihm in verfassungsgemäßer Weise Rechnung trägt (II.).
Darüber hinaus bleibt die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg.
Die mit ihr angegriffenen Entscheidungen halten verfassungsrechtlichen Maßstäben stand. Es entspricht der Verfassung, die Ergebnisse heimlich, also ohne Einwilligung des Kindes oder seines allein sorgeberechtigten Elternteils eingeholter, gendiagnostischer Vaterschaftsgutachten in Vaterschaftsanfechtungsverfahren gerichtlich nicht zu verwerten (III.).
I.
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet als Ausformung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht nur das Recht eines Mannes auf Kenntnis der Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes, sondern auch auf Verwirklichung dieses Rechts. Der Gesetzgeber hat es unter Verletzung dieses Grundrechtsschutzes unterlassen, eine gesetzliche Regelung zur Feststellung der Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater zu treffen.
1. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Verpflichtung zur Achtung und zum Schutz der Menschenwürde sichern gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann (vgl. BVerfGE 35, 202 ≪220≫). Verständnis und Entfaltung der Individualität sind dabei mit der Kenntnis der für sie konstitutiven Faktoren eng verbunden. Zu diesen zählt auch die Abstammung (vgl. BVerfGE 79, 256 ≪268≫). Sie nimmt im Bewusstsein des Einzelnen eine Schlüsselstellung für seine Individualitätsfindung wie für sein Selbstverständnis und sein familiäres Verhältnis zu anderen ein. Die Möglichkeit, sich als Individuum nicht nur sozial, sondern auch genealogisch in eine Beziehung zu anderen zu setzen, wird deshalb vom Schutz des Persönlichkeitsrechts mit umfasst und begründet aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG ein Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung ebenso wie es einem Mann das Recht auf Kenntnis einräumt, ob ein Kind von ihm abstammt (vgl. BVerfGE 108, 82 ≪105≫). Dies betrifft sowohl die Annahme eines Mannes, er könnte Erzeuger eines ihm rechtlich nicht zugeordneten Kindes sein, als auch die Zweifel, ein Kind, als dessen Vater der Mann rechtlich angesehen und behandelt wird, könnte doch nicht von ihm abstammen. Beide Interessen berühren das Verhältnis, in das sich ein Mann zu einem Kind und seiner Mutter setzt, und die emotionalen wie sozialen Beziehungen, die er zu diesen entwickelt. Das Wissen um die Abstammung des Kindes hat auch maßgeblichen Einfluss auf das Selbstverständnis des Mannes sowie die Rolle und Haltung, die er dem Kind und der Mutter gegenüber einnimmt.
2. Zum Recht eines Mannes auf Kenntnis, ob ein Kind von ihm abstammt, gehört auch das Recht, die Möglichkeit eröffnet zu bekommen, in einem Verfahren die Abstammung eines Kindes von ihm klären und feststellen zu lassen.
a) Zwar verleiht das Persönlichkeitsrecht kein Recht auf Verschaffung von Kenntnissen, es schützt aber vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen (vgl. BVerfGE 79, 256 ≪269≫). Dieser Schutz ist nur dann gewährleistet, wenn ein Verfahren eröffnet ist, das einem Mann Zugang zu den ihm vorenthaltenen Informationen ermöglicht, die für die Kenntnis der Abstammung eines Kindes von ihm erforderlich sind. Solche Informationen liegen aufgrund des heutigen Standes der Wissenschaft insbesondere in den genetischen Erbsubstanzen des Kindes begründet, die in Abgleich mit den genetischen Daten des Vaters im Wege der DNA-Analyse zu einer gesicherten Kenntnis darüber führen, ob das Kind von dem Mann abstammt. Die genetischen Informationen aus der Erbanlage des Kindes sind somit der Schlüssel zur Kenntnis des Mannes, ob er der Vater des Kindes ist.
b) Allerdings wird das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, aus dem sich das Recht auf Kenntnis und damit verbunden auch auf Klärung und Feststellung der Abstammung herleitet, nicht schrankenlos gewährt. Es kann nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung ausgeübt werden und unterliegt der gesetzgeberischen Ausgestaltung, die erst dann das Grundrecht verletzt, wenn der Gesetzgeber hierbei verfassungswidrige Zwecke verfolgt oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht wahrt (vgl. BVerfGE 79, 256 ≪269 f.≫).
Eine Verletzung des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit liegt auch dann vor, wenn der Gesetzgeber es unterlässt, die Verwirklichung des Grundrechts auf Kenntnis der Abstammung in einem dafür geeigneten Verfahren zu ermöglichen. Die Grundrechte enthalten nicht nur Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber der öffentlichen Gewalt, sondern stellen zugleich Wertentscheidungen der Verfassung dar, aus denen sich Schutzpflichten für die staatlichen Organe ergeben. Die Verfassung gibt solchen Schutz als Ziel vor, nicht aber seine Ausgestaltung im Einzelnen. Sie ist Aufgabe der jeweils zuständigen staatlichen Organe, denen bei der Erfüllung der Schutzpflichten ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt (vgl. BVerfGE 96, 56 ≪64≫). Notwendig ist jedoch ein unter Berücksichtigung anderer, möglicherweise entgegenstehender Rechtsgüter angemessener Schutz, der auch wirksam ist (vgl. BVerfGE 88, 203 ≪254≫).
3. Der Gesetzgeber hat es unter Verletzung seiner Schutzpflicht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG unterlassen, einen Verfahrensweg zu eröffnen, auf dem das Recht auf Kenntnis der Abstammung in angemessener Weise geltend gemacht und durchgesetzt werden kann.
a) Für einen Mann, der bei Zweifeln an seiner Vaterschaft für ein Kind klären möchte, ob dieses von ihm abstammt, besteht zwar die Möglichkeit, auf privatem Wege mit Einwilligung des Kindes beziehungsweise seiner sorgeberechtigten Mutter unter Verwendung auch von Genmaterial des Kindes ein Vaterschaftsgutachten einzuholen und dadurch Kenntnis über die Abstammung zu erlangen. Dieser Weg ist jedoch allein vom Willen anderer abhängig und rechtlich verschlossen, wenn Kind oder Mutter ihre Einwilligung verweigern. Dies ist die Folge davon, dass der Gesetzgeber bisher kein Verfahren vorgesehen hat, in dem das Recht auf Kenntnis der Abstammung durchgesetzt werden kann. Die faktische Möglichkeit, sich privat Kenntnis von der biologischen Vaterschaft zu verschaffen, reicht nicht aus, einem Mann den gebotenen Schutz zukommen zu lassen. Dies zeigt sich gerade dann, wenn die Einwilligung von Kind beziehungsweise Mutter zur Einholung eines Vaterschaftsgutachtens fehlt. Denn ein ohne deren Einwilligung heimlich von einem Mann eingeholtes Gutachten verletzt das Persönlichkeitsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausformung als informationelles Selbstbestimmungsrecht und das von Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Sorgerecht der Mutter.
aa) Das von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasste Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪43≫). Zu diesen grundrechtlich geschützten Daten gehören auch solche, die Informationen über genetische Merkmale einer Person enthalten, aus denen sich in Abgleich mit den Daten einer anderen Person Rückschlüsse auf die Abstammung ziehen lassen (vgl. BVerfGE 103, 21 ≪32≫).
Auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist jedoch nicht schrankenlos gewährleistet. Insbesondere muss der Einzelne Einschränkungen dieses Rechts hinnehmen, die im überwiegenden Interesse anderer oder der Allgemeinheit liegen. Solche Beschränkungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen ergeben und die dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (vgl. BVerfGE 65, 1 ≪44≫). So kann verfahrensrechtlich, wie beispielsweise durch § 372 a ZPO, geregelt werden, unter welchen Voraussetzungen auch sensible Daten, die Auskunft über die eigene Abstammung geben können, mittels Preisgabe entsprechender Körperpartikel als Untersuchungsproben offengelegt werden müssen, wenn dies unter Berücksichtigung auch der Grundrechte anderer, wie hier des Vaters auf Kenntnis der Abstammung, gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht verpflichtet jedoch die staatlichen Organe, dem Einzelnen Schutz davor zu bieten, dass private Dritte ohne sein Wissen und ohne seine Einwilligung Zugriff auf die seine Individualität kennzeichnenden Daten nehmen. Dies gilt grundsätzlich selbst dann, wenn der Zweck, die Klärung der Abstammung, von einem grundrechtlich geschützten Kenntnisinteresse getragen wird. Die in solchen Fällen vorliegende Grundrechtskollision kann nicht von einem der Grundrechtsträger nach seinem Gutdünken bewältigt, sondern nur durch den Gesetzgeber gelöst werden. Ein mit Hilfe von genetischem Datenmaterial heimlich eingeholter Vaterschaftstest basiert auf einer nicht zu rechtfertigenden Verletzung des Rechts des betroffenen Kindes auf informationelle Selbstbestimmung, vor der die staatlichen Organe Schutz zu bieten haben.
bb) Vor ungewollten Zugriffen auf das genetische Datenmaterial eines Kindes ist auch dessen sorgeberechtigte Mutter zu schützen. Art. 6 Abs. 2 GG gewährleistet den Eltern das Recht und die Verantwortung, Sorge für ihr Kind zu tragen. Zur elterlichen Sorge gehört auch, im Interesse des Kindes darüber zu entscheiden, ob jemand genetische Daten des Kindes erheben und verwerten darf. Um dem Sorgeberechtigten hierbei den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz zukommen zu lassen, kann von der Rechtsordnung nicht toleriert werden, dass ein heimlich eingeholter Vaterschaftstest der Kenntniserlangung über die Abstammung eines Kindes dient.
b) Allerdings muss die Rechtsordnung auch ein Verfahren bereitstellen, um die Möglichkeit zur Feststellung der Vaterschaft zu eröffnen. Das Fehlen eines solchen Verfahrens rechtfertigt sich nicht allein aus Grundrechtspositionen des Kindes oder der Mutter.
aa) (1) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob – wie der Bundesgerichtshof annimmt – das Kind ein Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung hat. Jedenfalls würde ein solches Recht es nicht rechtfertigen, ein Verfahren vorzuenthalten, in dem ein Mann Kenntnis über die Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes erlangen kann, ohne dass dies automatisch zu Veränderungen im rechtlichen Status des Kindes führen muss.
Es ist schon fraglich, ob ein solches Recht überhaupt als negative Kehrseite des Rechts auf Kenntnis der Abstammung vom Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG mit umfasst wird. Denn die Nichtkenntnis eröffnet anders als die positive Kenntnis der Abstammung dem Einzelnen mit der Information nicht die Möglichkeit, sich zu konkreten Personen in Beziehung zu setzen und den persönlichen familiären Zusammenhang zu erfahren, an dem sich die eigene Identität ausrichten kann. Insofern ist im Falle eines Verfahrens zur Klärung der Abstammung eines Kindes in Wahrheit auch nicht dessen Nichtwissen über die Abstammung betroffen, sondern sein möglicherweise nur vermeintliches Wissen über die Abstammung von seinem rechtlichen Vater, das durch Kenntnis der wahren Abstammung erschüttert werden könnte.
Ein Recht aber, das eine möglicherweise fehlerhafte Annahme schützt und das Kind vor einer Klärung der tatsächlichen Abstammung bewahrt, hätte, selbst wenn es vom Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts umfasst wäre, grundsätzlich ein geringeres Gewicht gegenüber dem Recht auf Kenntnis der Abstammung, weil allein dieses letztlich einen dauerhaften Beitrag zur eigenen Identitätsfindung sowohl des Mannes als auch des Kindes leisten kann. Allerdings können es besondere Lebenslagen und Entwicklungsphasen, in denen sich ein Kind befindet, im Einzelfall rechtfertigen, wegen besonderer Gefährdung des Kindeswohls für begrenzte Zeit von der Eröffnung eines Verfahrens abzusehen, mit dem dem Recht des Mannes auf Kenntnis der Abstammung des Kindes von ihm zur Durchsetzung zu verhelfen ist.
(2) Ebenso wenig vermag das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung es rechtfertigen, seinem rechtlichen Vater auf Dauer die Kenntnis von der Abstammung des Kindes vorzuenthalten. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht schützt die selbstbestimmte Weitergabe und Verwendung persönlicher Daten. Bei Zweifeln über die Vaterschaft können jedoch allein diese Daten in Abgleich mit den genetischen Daten des rechtlichen Vaters Kenntnis über die Abstammung des Kindes von ihm verschaffen. Ein uneingeschränkter Schutz der genetischen Daten eines Kindes gegenüber dem rechtlichen Vater bedeutete deshalb zugleich für diesen die Vorenthaltung der Kenntnis von eigenen Daten sowie vielfach die Unmöglichkeit, Kenntnis von der Abstammung des Kindes von ihm zu erlangen, kann er doch nicht unbedingt wissen, ob die Mutter des Kindes während der Empfängniszeit noch mit anderen Männern Geschlechtsverkehr gehabt hat. Das berechtigte Interesse des Vaters an der Kenntnis der wahren Abstammung des Kindes wird verstärkt durch die für ihn als rechtlichen Vater bestehenden Pflichten für das Kind. Trägt die Mutter die alleinige Sorge für das Kind, kann sie zudem in Ausübung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Kindes verhindern, dass der Mann rechtmäßig Kenntnis von der Abstammung des Kindes von ihm erlangt, solange ihm kein Verfahren zur Verfügung steht, das der Klärung der Abstammung dient.
(3) Der Gesetzgeber ist zwar nicht verpflichtet, die rechtliche Anerkennung der Elternschaft stets von der Prüfung abhängig zu machen, von wem das Kind im Einzelfall abstammt (vgl. BVerfGE 108, 82 ≪100≫). Im Hinblick auf den Schutz familiärer sozialer Beziehungen aus Art. 6 Abs. 1 GG und den Schutz der Intimsphäre aus Art. 2 Abs. 1 GG ist es ausreichend, aus bestimmten tatsächlichen Umständen und sozialen Situationen, vor allem auch einer bestehenden Ehe, auf die Abstammung eines Kindes zu schließen und aufgrund dieser Vermutung die Zuweisung der rechtlichen Elternschaft vorzunehmen, wenn dies in aller Regel zu einem Zusammentreffen von leiblicher und rechtlicher Elternschaft führt (vgl. BVerfGE 108, 82 ≪100≫ unter Bezugnahme auf 79, 256 ≪267≫). Konsequenz dieser verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Vermutungsregelungen, die der Gesetzgeber in § 1592 Nr. 1 und 2 BGB aufgestellt hat, ist, dass sie zu Zweifeln über die wahre Vaterschaft führen können. Entscheidet sich der Gesetzgeber für diesen rechtlichen Weg, die leibliche Vaterschaft in weiten Teilen nicht zu klären, sondern zu vermuten, hat er aber zugleich ein Verfahren vorzusehen, in dem im Einzelfall derartige Zweifel geklärt werden können. Das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG enthaltene Recht eines Mannes auf Kenntnis der Abstammung eines Kindes von ihm verlangt für solche Fälle die Eröffnung eines Verfahrens, in dem die Abstammung geklärt werden kann, ohne dass daran zwingend weitere rechtliche Folgen geknüpft werden. Dies gilt auch für den Mann, der die Vaterschaft für ein Kind anerkannt hat. Solange der Gesetzgeber kein Verfahren für die Klärung der Abstammung eröffnet hat und die Anerkennung der Vaterschaft nicht zusätzlich rechtlich an den Nachweis bindet, dass das Kind von dem Anerkennenden abstammt, kann ein Mann seine Anerkennung allein auf seine vom Gesetz getragene Vermutung stützen, Vater des Kindes zu sein. Damit hat er bei später aufkommenden Zweifeln daran sein Recht auf Kenntnis der Abstammung des Kindes von ihm nicht verwirkt.
Mit der Eröffnung eines solchen Verfahrens zur Klärung und Feststellung der Abstammung schränkt der Gesetzgeber über den hiermit notwendigerweise verbundenen Zugriff auf die genetischen Daten des Kindes zwar das Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dies ist jedoch dem Schutz geschuldet, den Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG auch dem Manne zukommen lässt. Da es sich um Daten handelt, die in Beziehung zu denen des Mannes stehen können, der rechtlicher Vater des Kindes ist, ist das Recht des Kindes, diese Daten nicht preiszugeben, ihm gegenüber weniger schützenswert. Dem Recht des rechtlichen Vaters auf Kenntnis der Abstammung des Kindes ist in dieser Grundrechtskonstellation größeres Gewicht beizumessen als dem Recht des Kindes auf informationelle Selbstbestimmung, insbesondere auch, weil der Gesetzgeber seiner Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG nur nachkommen kann und Genüge leistet, wenn er ein Verfahren bereitstellt, in dem unter Zuhilfenahme der genetischen Daten des Kindes in Abgleich mit den Daten des rechtlichen Vaters geklärt werden kann, ob das Kind wirklich von diesem abstammt.
bb) Auch Grundrechte der Mutter stehen der dem Persönlichkeitsschutz des Mannes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschuldeten Bereitstellung eines Verfahrens zur Klärung und Feststellung der Abstammung eines Kindes von ihm nicht entgegen.
Die Klärung, ob ihr Kind von dem Mann abstammt, der als sein rechtlicher Vater gilt, berührt zwar auch das Persönlichkeitsrecht der Mutter aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, das ihr das Recht einräumt, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gibt (vgl. BVerfGE 96, 56 ≪61≫). Allerdings ist damit kein unzulässiger Eingriff in den unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung der Mutter verbunden. Der Eingriff dient dem vorrangigen Ziel der Klärung, ob das Kind aus ihrer Beziehung mit dem rechtlichen Vater hervorgegangen ist, der wiederum ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Kenntnis hat, ob das Kind aus dieser Beziehung hervorgegangen ist und von ihm abstammt (vgl. BVerfGE 96, 56 ≪61≫). Bei der Abwägung der hier widerstreitenden Grundrechtspositionen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Mutter dem Mann schon Zugang zu ihrer Intimsphäre eröffnet hat, ihn an ihrem Geschlechtsleben hat teilnehmen lassen und dadurch ein Kenntnisinteresse des Mannes an der Abstammung ihres Kindes mitbegründet hat.
cc) Andere Grundrechtspositionen von Kind und Mutter stehen der Durchsetzung des Rechts eines Mannes allein auf Kenntnis der Abstammung eines Kindes von ihm mittels eines dafür vorgesehenen Verfahrens nicht entgegen. Auch ein gesetzgeberisches Interesse, den Familienfrieden der rechtlich verbundenen Familie nicht mit einem Verfahren zur Klärung der Abstammung eines Kindes stören zu wollen, rechtfertigt nicht, ein solches Verfahren vorzuenthalten, denn nur dieses bietet dem grundrechtlich verbürgten Recht des Vaters auf Kenntnis der Abstammung wirksamen Schutz und Verwirklichung. Auch kann der Familienfriede allein schon durch geäußerte Zweifel eines rechtlichen Vaters an der Abstammung seines Kindes von ihm beeinträchtigt werden, nicht erst durch ein Verfahren, das die bezweifelte Abstammung klärt.
II.
Das Anfechtungsverfahren gemäß §§ 1600 ff. BGB ist kein Verfahren, das dem Recht des Vaters allein auf Kenntnis der Abstammung des Kindes von ihm in verfassungsgemäßer Weise Rechnung trägt. Sein Ziel wie seine Anforderungen sind nicht auf die Durchsetzung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG beschränkt, sondern dienen der Umsetzung des in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltenen Gebots, möglichst eine Übereinstimmung von biologischer und rechtlicher Vaterschaft zu erreichen (vgl. BVerfGE 108, 82 ≪104≫). Dadurch geht dieses Verfahren über das Begehren nach Kenntnis der Abstammung hinaus und stellt zudem übermäßige Anforderungen an die Erlangung dieser Kenntnis, die für ein allein auf die Feststellung der Vaterschaft gerichtetes Verfahren verfassungsrechtlich nicht erforderlich sind.
1. Das Anfechtungsverfahren dient dazu, die rechtliche und biologische Vaterschaft für ein Kind zusammenzuführen und beendet die rechtliche Vaterschaft, wenn sich im Verfahren erweist, dass das Kind nicht von seinem rechtlichen Vater abstammt. Die Klärung der Vaterschaft ist im Anfechtungsverfahren lediglich ein Mittel zu diesem Ziel.
a) Damit steht hier, anders als bei der bloßen Kenntniserlangung über die Abstammung eines Kindes, dem von Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Interesse des rechtlichen Vaters, sich von der Vaterschaft zu lösen, wenn sich herausstellt, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist, das von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Interesse eines Kindes am Erhalt seiner rechtlichen und sozialen familiären Zuordnung gegenüber (vgl. BVerfGE 38, 241 ≪251≫; 108, 82 ≪107 f.≫). Dieses Interesse des Kindes wiegt schwer, ist es doch für seine Persönlichkeitsentwicklung von maßgeblicher Bedeutung, einen stabilen familiären Rahmen zu haben, in dem es sich einem Vater und einer Mutter zugehörig fühlen kann. Zudem kann eine erfolgreiche Anfechtung, bei der das Kind mit dem rechtlichen Vater auch einen ihm gegenüber Verantwortlichen und Unterhaltspflichtigen verliert, mit erheblichen Auswirkungen auf seine Lebensumstände verbunden sein. Das betrifft auch die Mutter des Kindes, deren Interesse am Bestand der familiären rechtlichen Beziehungen ebenfalls von Art. 6 Abs. 1 GG geschützt ist (vgl. BVerfGE 108, 82 ≪107≫).
b) Den Konflikt dieser miteinander kollidierenden Grundrechtspositionen von Vater, Kind und Mutter hat der Gesetzgeber dadurch auszugleichen versucht, dass er dem Vater zur Wahrung seines Rechts den Verfahrensweg der Anfechtungsklage eröffnet und bei Feststellung einer Nichtübereinstimmung von biologischer und rechtlicher Vaterschaft keine weitere Notwendigkeit einer Abwägung mit den Interessen der Mutter und des Kindes vorgesehen hat, sondern die Nichtübereinstimmung ausreichen lässt, um das rechtliche Band zwischen dem Kind und seinem bisherigen rechtlichen Vater zu lösen. Den Interessen insbesondere des Kindes und seiner Mutter nach Stabilität der bestehenden rechtlichen und sozialen familiären Zuordnung hat der Gesetzgeber demgegenüber dadurch Rechnung getragen, dass er die Vaterschaftsanfechtung an besondere Voraussetzungen gebunden hat. So hat er in § 1600 b BGB bestimmt, dass die Anfechtung binnen zwei Jahren zu erfolgen hat, beginnend mit dem Zeitpunkt, in dem der rechtliche Vater von den Umständen erfährt, die gegen seine Vaterschaft sprechen. Überdies hat er mit § 1600 c BGB die Vermutung aufgestellt, dass das Kind von dem Mann abstammt, dessen Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 BGB besteht, und damit dem rechtlichen Vater die Darlegungslast auferlegt, diese Vermutung zu widerlegen. Dieser Interessenausgleich des Gesetzgebers, der in der verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der Anfechtungsklage zum Tragen kommt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Er berücksichtigt beide Grundrechtspositionen gleichermaßen und greift mit seinen Anforderungen an die Anfechtung nicht in unzumutbarer Weise in das Recht des Vaters aus Art. 6 Abs. 2 GG ein, sich bei mangelnder Übereinstimmung seiner rechtlichen mit der biologischen Vaterschaft von der Rechtsposition des Vaters lösen zu können.
c) Auch die Auslegung der Anfechtungsvoraussetzungen durch die Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Schutz des rechtlichen und sozialen Familienverbandes aus Art. 6 Abs. 1 GG und der dem seine Vaterschaft anfechtenden rechtlichen Vater gesetzlich auferlegten Darlegungslast entspricht es, wenn die Rechtsprechung hierfür nicht allein die Behauptung des rechtlichen Vaters ausreichen lässt, er habe Zweifel an seiner Vaterschaft oder sei nicht der biologische Vater des Kindes, sondern von ihm die Darlegung objektiver Umstände verlangt, die Zweifel an seiner Vaterschaft wecken. Ohne einen solchen faktischen Anhaltspunkt liefe auch die ebenfalls dem Schutz aus Art. 6 Abs. 1 GG dienende Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB ins Leere, denn ohne objektive Umstände, von denen der rechtliche Vater erfahren hat und auf die er sich stützt, ist nicht zu berechnen, ab wann die Zweijahresfrist, innerhalb derer der Vater seine Vaterschaft anfechten kann, zu laufen beginnt, die sich gerade auf solche Umstände bezieht. Reichte zur Erfüllung der Darlegungslast allein die Behauptung aus, nicht biologischer Vater des Kindes zu sein, stünde es im Belieben des Vaters, seine Zweifel zeitlich so zu platzieren, dass sie jederzeit der Anfechtungsfrist genügen. Damit aber würde der vom Gesetzgeber vorgenommene Ausgleich der grundrechtlich geschützten Interessen von Vater, Kind und Mutter unter Vernachlässigung insbesondere des Kindesinteresses am Erhalt seiner rechtlichen und sozialen familiären Bindungen einseitig zu Gunsten des Interesses des Vaters an der Lösung des rechtlichen Bandes zwischen ihm und dem Kind verschoben.
Andererseits dürfen aber die Anforderungen an die Darlegungslast des rechtlichen Vaters auch nicht zu hoch angesetzt werden, damit sein Interesse, sich von der rechtlichen Vaterschaft zu lösen, wenn er nicht biologischer Vater ist, im Anfechtungsverfahren in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden kann. Insofern ist von ihm nur zu verlangen, dass er, wie der Bundesgerichtshof dies in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat (vgl. BGH, NJW 1998, S. 2976 ≪2977≫), Umstände vorträgt, die es nicht ganz fernliegend erscheinen lassen, nicht er, sondern ein anderer Mann könne möglicherweise biologischer Vater des Kindes sein.
2. Im Vaterschaftsanfechtungsverfahren kommt es nach einem der Darlegungslast genügenden Vortrag eines anfechtenden rechtlichen Vaters durch Eintritt des Gerichts in die Beweisaufnahme und Einholung eines gendiagnostischen Gutachtens zwar auch zur Klärung und Feststellung, ob das Kind von seinem rechtlichen Vater abstammt. Wegen seines überschießenden Zieles der rechtlichen Trennung vom Kind und der darauf zurückzuführenden erhöhten Verfahrensanforderungen wird aber das Anfechtungsverfahren nicht dem von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Recht eines Mannes auch auf bloße Kenntnis der Abstammung eines Kindes von ihm gerecht.
a) Bei Zweifeln an seiner Vaterschaft wird der rechtliche Vater zwar oftmals schon den Entschluss gefasst haben, die rechtliche Bindung zum Kind lösen zu wollen, sollte sich herausstellen, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist. In diesen Fällen decken sich der Wunsch nach Kenntnis der Abstammung des Kindes und der nach Beendigung der rechtlichen Bande zum Kind, sodass in der Regel das Vaterschaftsanfechtungsverfahren der geeignete und dafür vorgesehene Weg für sein Ziel ist, die Beendigung der rechtlichen Vaterschaft zu erreichen. Doch kann sich der Wunsch eines rechtlichen Vaters auch allein darauf richten, zu wissen, ob das Kind wirklich von ihm abstammt, ohne zugleich seine rechtliche Vaterschaft aufgeben zu wollen. Dies kann darin begründet liegen, dass er zwar Klarheit über die Abstammung des Kindes haben will, sich aber mit dem Kind persönlich so verbunden fühlt, dass er auch dann, wenn er nicht der Erzeuger des Kindes ist, diesem rechtlicher Vater bleiben möchte. Auch ist möglich, dass der rechtliche Vater zunächst einmal seine Zweifel über die Abstammung des Kindes ausräumen möchte, um sich nach Kenntnis des Ergebnisses einer entsprechenden Begutachtung, sollte diese seine biologische Vaterschaft nicht bestätigen, dann damit auseinanderzusetzen und sich klar darüber zu werden, welche rechtlichen Konsequenzen er daraus ziehen will.
Für dieses von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Begehren, allein oder zunächst einmal nur Kenntnis von der Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes zu erlangen, ist das Anfechtungsverfahren, das auf das Ziel der Beendigung der rechtlichen Vaterschaft ausgerichtet ist, zu weitgehend und nicht angemessen. Es zwingt den rechtlichen Vater dazu, bei Verfolgung seines Interesses, die Abstammung des Kindes von ihm zu erfahren, zugleich auch den möglichen Verlust seiner rechtlichen Vaterschaft in Kauf zu nehmen oder, wenn er dies nicht will, darauf zu verzichten, Kenntnis von der Abstammung des Kindes zu erlangen. Dies wird weder dem väterlichen Kenntnisinteresse gerecht, das sich nur auf die Abstammung bezieht, noch dient es dem Interesse des betroffenen Kindes am Erhalt seiner rechtlichen Beziehung zu seinem Vater.
b) Auch die gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen die Vaterschaft angefochten werden kann, sind, bezogen auf die Verfolgung des Interesses, Kenntnis von der Abstammung seines Kindes zu erlangen, unverhältnismäßig. Sie sind an dem Schutz ausgerichtet, der dem Kind und seiner Mutter im Hinblick auf den Bestand der rechtlichen und sozialen familiären Beziehung mit dem Vater zukommt, der bei einer Anfechtung der Vaterschaft gefährdet ist. Dieses Bestandsschutzes bedürfen sie aber nicht, wo es lediglich um die Verfolgung des Zieles geht, über die Abstammung des Kindes Gewissheit zu erlangen. Hier steht dem Recht des Vaters auf Kenntnis der Abstammung kein entsprechend gewichtiges, schützenswertes Interesse von Kind und Mutter entgegen, sodass es nicht gerechtfertigt wäre, ein Verfahren zur Klärung und Feststellung der Abstammung an dieselben Darlegungslasten und Fristen zu binden, die für die Anfechtungsklage maßgeblich sind. Zur Verfahrenseröffnung reichte hier aus, wenn der rechtliche Vater Zweifel an der Abstammung des Kindes von ihm vorträgt.
c) Die dargestellten Anforderungen gelten für den rechtlichen Vater, dessen Recht auf Feststellung der Abstammung des ihm rechtlich zugeordneten Kindes allein Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist. Soweit der Gesetzgeber im Hinblick auf einen Mann, der nicht der rechtliche Vater des Kindes ist, aber davon ausgeht, dessen biologischer Vater zu sein, ein Verfahren auf Feststellung der Abstammung des Kindes von ihm eröffnet, kann es das Fehlen einer rechtlichen Zuordnung des Kindes zu ihm rechtfertigen, strengere Anforderungen zu stellen. Von ihm kann der Vortrag von Umständen verlangt werden, die es möglich erscheinen lassen, dass er der biologische Vater des Kindes sein könnte, um das Kind und die Mutter vor der Preisgabe persönlicher Daten und der Offenlegung intimer Begebenheiten in grundlos von Männern angestrengten Verfahren zu schützen, zu denen sie in keiner rechtlichen oder sozialen Beziehung stehen.
III.
Nach diesen Maßstäben sind die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet. Die defizitäre rechtliche Situation für das von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Interesse eines Mannes, allein oder zunächst einmal nur Kenntnis von der Abstammung eines Kindes von ihm zu erlangen, kann durch das Anfechtungsverfahren, das der Beschwerdeführer angestrengt und durchlaufen hat, nicht ausgeglichen werden. Die Gerichte haben in ihren Entscheidungen die gesetzlichen Bestimmungen über die Anfechtung der Vaterschaft, die die Grundrechte von Vater, Kind und Mutter wahren, in verfassungsmäßiger Weise ausgelegt und dabei die Verwertung eines vom Beschwerdeführer vorgelegten, heimlich eingeholten Vaterschaftstests zu Recht abgelehnt.
1. Das Anfechtungsverfahren nach §§ 1600 ff. BGB dient der Beendigung der rechtlichen Vaterschaft. Auch wenn der Beschwerdeführer gerügt hat, dass ihm zur vorherigen Klärung der Abstammung des rechtlich ihm zugeordneten Kindes kein Verfahren zur Verfügung gestanden hat und er sich deshalb auf heimlichem Wege über ein genetisches Abstammungsgutachten Kenntnis davon verschafft hat, hat er doch die Anfechtungsklage erhoben mit dem Ziel, sich aus der rechtlichen Vaterschaft zu lösen. Insofern sind auf ihn die gesetzlichen Regeln anzuwenden, die, wie oben ausgeführt, in verfassungsgemäßer Weise einen Ausgleich der bei der Vaterschaftsanfechtung berührten Grundrechtspositionen herstellen. Diese rechtlichen Vorgaben insbesondere auch zur Darlegungslast haben die Gerichte zu beachten. Sie können sich nicht über sie hinwegsetzen, um dem Recht auf Kenntnis der Abstammung in einem Verfahren Genüge zu leisten, das nicht nur darauf, sondern auch auf die Beseitigung der Vaterschaft abzielt. Auch die Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Regelungen über das Anfechtungsverfahren in den angegriffenen Entscheidungen sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Außer der Vorlage des heimlichen Vaterschaftstests hat der Beschwerdeführer zur Darlegung seiner Zweifel an seiner Vaterschaft vor den Fachgerichten nur vorgetragen, aus der Weigerung von Mutter und Kind, dem eingeholten Vaterschaftsgutachten ihre Zustimmung zu erteilen, lasse sich vermuten, dass er nicht Vater des Kindes sei. Dies hat der Bundesgerichtshof zu Recht als nicht ausreichend angesehen, um der Darlegungslast des § 1600 b BGB zu genügen.
2. Es entspricht der Verfassung, dass die Gerichte die Verwertung des vom Beschwerdeführer heimlich eingeholten genetischen Abstammungsgutachtens als Beweismittel abgelehnt haben.
a) Im gerichtlichen Verfahren tritt der Richter den Verfahrensbeteiligten in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt gegenüber. Er ist daher nach Art. 1 Abs. 3 GG bei der Urteilsfindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte gebunden und zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung verpflichtet (vgl. BVerfGE 52, 203 ≪207≫; 106, 28 ≪48 f.≫). Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt die Verpflichtung zu einer fairen Handhabung des Beweisrechts, insbesondere der Beweislastregeln (vgl. BVerfGE 52, 131 ≪145≫). Auch im familiengerichtlichen Verfahren, in dem über Rechtspositionen der Parteien innerhalb eines familienrechtlichen Rechtsverhältnisses gestritten wird, sind die Gerichte zur Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Rechtspflege und zur materiell richtigen Entscheidungsfindung grundsätzlich gehalten, von den Parteien angebotene Beweise oder Darlegungen zu berücksichtigen.
Aus den materiellen Grundrechten wie Art. 2 Abs. 1 GG können sich ebenfalls Anforderungen an das gerichtliche Verfahren ergeben (vgl. BVerfGE 101, 106 ≪122≫), wenn es um die Offenbarung und Verwertung von persönlichen Daten geht, die grundrechtlich vor der Kenntnis durch Dritte geschützt sind. Das Gericht hat deshalb zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich verschafften persönlichen Daten über einen anderen sowie von Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (vgl. BVerfGE 106, 28 ≪48≫). Bei der Abwägung zwischen dem Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat das Interesse an der Verwertung der vorgetragenen Daten und Erkenntnisse nur dann höheres Gewicht, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzukommen, die ergeben, dass es trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung schutzbedürftig ist. Hierfür reicht allein das Interesse, sich ein Beweismittel zu sichern, nicht aus (vgl. BVerfGE 106, 28 ≪49 f.≫).
b) Dies haben der Bundesgerichtshof wie die Vorinstanzen bei ihren angegriffenen Entscheidungen berücksichtigt. Sie sind in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die heimliche Verschaffung von Genmaterial des Kindes und damit der unerlaubte Zugriff auf seine persönlichen Daten durch den Beschwerdeführer das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes in erheblicher Weise beeinträchtigt hat und die Verwertung der daraus gewonnenen Erkenntnisse im gerichtlichen Verfahren einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kindes bedeutete. Demgegenüber haben die Gerichte ein besonderes, über das Interesse, mit dem heimlich und gegen den Willen des Kindes erstellten Gutachten ein Beweismittel für die Darlegung seiner nicht bestehenden Vaterschaft zu erhalten, hinausgehendes schützenswertes Interesse des Beschwerdeführers an der Zulassung des Gutachtens im Verfahren zu Recht nicht erkennen können.
Auch der Umstand, dass bislang kein Verfahren zur Verfügung steht, das es einem Mann ermöglicht, die Abstammung eines ihm rechtlich zugeordneten Kindes klären und feststellen zu lassen, führt nicht dazu, ein solches besonders schützenswertes Interesse des Beschwerdeführers anerkennen zu können. Damit befindet sich ein Mann, der seine rechtliche Vaterschaft anfechten will, noch nicht in einer notwehrähnlichen Situation, die es rechtfertigen könnte, dass dieser sich ohne Einwilligung und Wissen des Kindes oder seiner Mutter genetische Daten des Kindes verschafft und die Erkenntnisse daraus unter Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Kindes im familiengerichtlichen Verfahren Verwertung finden. Wie die familiengerichtliche Praxis über Jahrzehnte erwiesen hat, ist die Vorlage eines DNA-Gutachtens nicht die einzige Möglichkeit, um im Vaterschaftsanfechtungsverfahren den Darlegungsanforderungen zu genügen und Umstände vorzutragen, die es nicht ganz fernliegend erscheinen lassen, dass nicht der Anfechtende, sondern möglicherweise ein anderer Mann biologischer Vater des Kindes ist. Insofern ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
C.
I.
Der Gesetzgeber hat einen Verfahrensweg zu eröffnen, der dem Recht auf Kenntnis und Feststellung der Abstammung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zur Verwirklichung verhilft, ohne dies zwingend mit einem Anfechtungsverfahren zu verbinden. Auf welche Weise er dem nachkommt, liegt in seiner Gestaltungsfreiheit. Dabei stehen ihm verschiedene Wege zur Verfügung. Allerdings scheidet aus den unter B.I.3.a) und B.III.2.b) genannten Gründen aus, dass der Gesetzgeber es zulässt, heimlich eingeholte gendiagnostische Abstammungsgutachten in das Vaterschaftsanfechtungsverfahren einzubringen, und den Gerichten ermöglicht, diese zu berücksichtigen.
1. Der Gesetzgeber hat mehrere Möglichkeiten, um seiner Schutzpflicht nachzukommen. Eine Möglichkeit bestünde darin, Regelungen zu treffen, die die Weigerung des Kindes oder seiner sorgeberechtigten Mutter, auf privatem Wege ein genetisches Abstammungsgutachten einzuholen, gerichtlich überprüfbar machen und die es dem Gericht erlauben, durch Entzug oder Übertragung der Vertretungsbefugnis für das Kind den Weg für die Erstellung eines solchen Gutachtens freizumachen, wie es der Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung vorsieht. Die Verwertung eines auf diese Weise zustande gekommenen Gutachtens wäre verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch könnte für die Klärung und Feststellung der Abstammung ein eigenständiges getrenntes oder dem Anfechtungsverfahren vorgeschaltetes gerichtliches Verfahren vorgesehen werden, bei dem nach vom rechtlichen Vater behaupteten Zweifeln, dass das Kind von ihm abstamme, in die Sachprüfung einzutreten wäre.
2. Allerdings ist der Gesetzgeber gehalten, Sorge dafür zu tragen, dass im Vaterschaftsanfechtungsverfahren das von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Interesse insbesondere des Kindes, gegebenenfalls seine rechtliche und soziale familiäre Zuordnung zu behalten, auch weiterhin Berücksichtigung findet. Auch dabei hat der Gesetzgeber einen Gestaltungsspielraum. So kann er sicherstellen, dass die nun leichter zu erwerbende Kenntnis des rechtlichen Vaters, nicht biologischer Vater zu sein, im Anfechtungsverfahren nicht sogleich zur Beendigung der rechtlichen Vaterschaft führt, wenn dies wegen der Dauer der rechtlichen und sozialen Bindung zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater sowie der besonderen Lebenssituation und Entwicklungsphase, in der sich das Kind gerade befindet, zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Kindeswohls führte.
II.
Dem Gesetzgeber wird aufgegeben, die Rechtslage bis zum 31. März 2008 durch eine verfahrensrechtliche Regelung in Einklang mit dem Recht auf Kenntnis der Abstammung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG zu bringen. Bis zum Inkrafttreten dieser Regelung bleibt es allein bei der bisherigen Möglichkeit, im Rahmen eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens nach §§ 1600 ff. BGB Kenntnis von der Abstammung eines Kindes von seinem rechtlichen Vater zu erlangen.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34 a Abs. 2 BVerfGG.
Das Urteil ist, soweit es die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen bestätigt, mit 6:2 Stimmen ergangen, im Übrigen einstimmig.
Unterschriften
Papier, Steiner, Hohmann-Dennhardt, Hoffmann-Riem, Bryde, Gaier, Eichberger, Schluckebier
Fundstellen
Haufe-Index 1974841 |
BVerfGE 2007, 202 |