Die in § 3 Satz 2 Nrn. 2, 3, 5 und 6 AltPflG aufgeführten Ausbildungsziele weisen ebenfalls einen klaren heilkundlichen Schwerpunkt auf. Die in Nr. 2 genannte Aufgabe bezeichnet selbst dann, wenn “Mitwirkung bei der Behandlung” im Sinne der Nr. 2 – entgegen dem Wortlaut – auf eine rein pflegerische Tätigkeit hindeuten sollte (so die Begründung der Antragstellerin), eine medizinisch ausgerichtete Pflege, die stets unter die Heil(hilfs)berufe zu fassen ist. Zutreffend zeigt die Bundesregierung typische Beispiele für die heilkundlichen Tätigkeiten der Altenpfleger in diesem Bereich auf.
Gleiches gilt für das in § 3 Satz 2 Nr. 3 AltPflG niedergelegte Ausbildungsziel, bei dem auch die Antragstellerin nicht leugnet, dass es sich um Heilmaßnahmen handelt. Wenn sie gleichwohl darauf abstellt, die Rehabilitationskonzepte seien ärztlicherseits vorgegeben, verkennt sie, dass auch Krankenpflege stets die Umsetzung ärztlich angeordneter Maßnahmen bedeutet.
Die in § 3 Satz 2 Nr. 5 AltPflG erwähnten Gegenstände Gesundheitsvorsorge und Ernährungsberatung sind heilkundlicher Natur. Die Gesundheitsvorsorge dient der Vermeidung von Krankheiten, und die Ernährungsberatung spielt als Teilaspekt gerade bei pflegebedürftigen alten Menschen, die vielfach an Störungen des Verdauungssystems, Exsikkose (Austrocknung) und Diabetes mellitus leiden, eine besondere Rolle (vgl. Zenneck/ Ungerer/Liedtke, Altenpflege/Geriatrie, 3. Auflage, Kapitel 11, 12.2 und 12.3). Die Zuordnung der Gesundheitsvorsorge zum heilkundlichen Bereich wird dadurch verdeutlicht, dass Maßnahmen zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 11, 20 SGB V) anerkannt werden.
Die in § 3 Satz 2 Nr. 6 AltPflG aufgeführte “umfassende Begleitung Sterbender” kann angesichts der Entstehungsgeschichte (vgl. BTDrucks 14/1578, S. 4, 20 und 28) zwar nicht ausschließlich dem heilkundlichen Bereich zugeordnet werden. Unabhängig davon enthält diese Aufgabe sowohl eine psychosoziale wie eine medizinische Komponente, weil auch den Sterbenden in der Regel eine medizinische Betreuung, etwa in Form der Verabreichung schmerzlindernder Medikamente, zukommen muss.
Das Berufsbild, wie es das Altenpflegegesetz entwirft, enthält danach einerseits Elemente der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG und andererseits solche der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz der Länder. Dieses Zwischenergebnis enthebt das Bundesverfassungsgericht nicht der Notwendigkeit, die Materie am Ende entweder dem einen oder dem anderen Kompetenzbereich zuzuweisen. Eine “Doppelzuständigkeit”, auf deren Grundlage Bund und Länder ein und denselben Gegenstand in unterschiedlicher Weise regeln könnten, ist dem System der verfassungsrechtlichen Kompetenznormen fremd und stünde mit ihrer Abgrenzungsfunktion (Art. 70 Abs. 2 GG) nicht im Einklang (BVerfGE 36, 193 ≪203≫).
Die Kriterien, nach denen sich die Zuordnung richtet, wenn eine sachliche Verknüpfung des Regelungsgegenstands mit den Materien verschiedener Gesetzgebungszuständigkeiten besteht, sind vom Bundesverfassungsgericht schon früh bestimmt worden. Die hier allein in Betracht kommende Kompetenz kraft Sachzusammenhangs stützt und ergänzt eine zugewiesene Zuständigkeit nur dann, wenn die entsprechende Materie verständigerweise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der zugewiesenen Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 ≪421≫; 8, 143 ≪149≫; 12, 205 ≪237≫; 15, 1 ≪20≫; 26, 246 ≪256≫; 26, 281 ≪300≫; 97, 228 ≪251≫; 98, 265 ≪299≫; stRspr). Die umfassende Regelung eines den Ländern vorbehaltenen Bereichs ist dem Bund in keinem Fall eröffnet (vgl. BVerfGE 61, 149 ≪205≫; 98, 265 ≪299≫).
Wann ein solch zwingender Konnex zwischen der Wahrnehmung einer ausdrücklich zugewiesenen Kompetenz des Bundes und der punktuellen Inanspruchnahme einer Landeskompetenz besteht, lässt sich nicht generell und abstrakt bestimmen. Die Frage kann vielmehr nur mit Blick auf die Besonderheiten des jeweiligen Regelungsgegenstands beantwortet werden.
Strukturell übereinstimmend mit den Problemlagen in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Jugendwohlfahrtsgesetz (BVerfGE 22, 180 ≪212 f.≫) und zur Verfassungsmäßigkeit einer Staffelung von Kindergartengebühren (BVerfGE 97, 332 ≪341 f.≫) besteht bei dem im Altenpflegegesetz geschaffenen Berufsbild der Altenpfleger ein untrennbarer Zusammenhang zwischen heilkundlichen und sozial-pflegerischen Aufgaben:
Der Gesetzgeber beabsichtigt, beide Berufsfelder – Altenkrankenpflege und Altensozialpflege – in einem Beruf zusammenzufassen. Er will den Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers auf die umfassende Befähigung zur Pflege alter Menschen auf der Grundlage von Kenntnissen über pathologische, psychologische und soziale Bezüge des Alternsprozesses hin anlegen (vgl. hierzu und zum Folgenden die Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats, BTDrucks 11/8012, S. 23). Dieser weit ausgreifenden und integrativen Ausrichtung des Berufsbildes entsprechend liegt die zentrale Aufgabe der Altenpfleger darin, älteren Menschen zu helfen, ihre körperliche, geistige und seelische Gesundheit zu fördern, zu erhalten und – wenn dies möglich ist – wiederzuerlangen. Im Rahmen dieser Zielsetzung soll die Altenpflege ein breit gefächertes Hilfsangebot persönlicher Beratung, Betreuung und Pflege in stationären, teilstationären und in offenen oder sonstigen Einrichtungen sowie ambulanten Pflegediensten zur Verfügung stellen.
Diesen Anforderungen wird das Altenpflegegesetz gerecht. Zum einen stützen die Erkenntnisse der Alternsforschung die Richtung, die hier eingeschlagen wird
(vgl. die Forschungsbereiche und -projekte des Deutschen Zentrums für Alternsforschung ≪DZFA≫ an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg; vgl. weiter die Studien des Leiters des Instituts für präventive Medizin in Heidelberg ≪Ronald Grossarth-Maticek≫: Autonomietraining – Gesundheit und Problemlösung durch Anregung der Selbstregulation; Systemische Epidemiologie und präventive Verhaltensmedizin chronischer Erkrankungen – Strategien zur Aufrechterhaltung der Gesundheit; Krebsrisiken, Überlebenschancen – Wie Körper, Seele und soziale Umwelt zusammenwirken).
Pflegewissenschaften und Gerontologie sind junge Wissenschaften, deren Ergebnisse nun systematisch aufgenommen werden (vgl. Robert-Bosch-Studie, S. 18, 20; hierzu und zum Folgenden auch Landenberger/Görres, Gutachten, S. 4 ff., 9 ff., 57 ff.).
Zum anderen hat sich die faktische Situation in der Altenpflege verändert (vgl. die Ausführungen unter A. II. und III.; die Stellungnahmen der Verbände; Landenberger/Görres, Gutachten, S. 8; Gutachten 2000/2001 des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Band II, S. 51). Die Anforderungen an die Tätigkeiten der Altenpfleger sind gerade im medizinischen Bereich aufgrund der veränderten Altersstruktur der zu Pflegenden und der Gesundheitsgesetzgebung der letzten 15 Jahre, insbesondere der Einführung der Pflegeversicherung, stark gewachsen (vgl. Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes e.V., in der auf die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung und Evaluierung eines Ausbildungs-Modellversuchs hingewiesen wird, die einen Anteil von 70 v.H. identischer Lehrplaninhalte in der Alten- und Krankenpflege festgestellt haben; vgl. auch die Stellungnahme des DBVA). Das historische Berufsbild der Altenpflege als einer Tätigkeit mit Schwerpunkt in Seniorenwohnheimen oder in Altentagesstätten, in denen das Organisieren von Gymnastikgruppen, kulturellen Veranstaltungen, Festen und Ausflügen im Vordergrund stand, ist überholt. Die Berufsbilder der Alten- und Krankenpflege haben sich einander angenähert und können kaum noch unterschieden werden.
In dieser Situation ist es nicht willkürlich, sondern sachgerecht, das Berufsbild den veränderten Umständen anzupassen, es zu modernisieren, zu konkretisieren und dadurch aufzuwerten, um künftig in ausreichendem Maße qualifiziertes Personal in allen Tätigkeitsfeldern zur Verfügung zu haben. Es wäre theoretisch zwar denkbar, den Beruf zu teilen in einerseits den Bereich der Altenkrankenpflege und andererseits den der Altensozialpflege und nur ersteren in Anlehnung an das Krankenpflegegesetz bundeseinheitlich zu regeln (Gallwas, DÖV 1993, S. 17 ≪20, Fn. 33≫; wohl auch Hense, BayVBl 2001, S. 353 ≪359≫). Dies würde jedoch nicht nur den von der Wissenschaft heute empfohlenen Standards zuwiderlaufen, sondern auch dem Ziel, in gleicher Weise qualifiziertes Personal für alle Bereiche der Altenpflege zu erlangen. Die Übertragung des “ganzheitlichen” Ansatzes in der Medizin auf die Ausbildung in der Altenpflege bedeutet zudem eine Flexibilisierung im Einsatz der Arbeitskräfte und trägt dadurch wiederum zu einer Aufwertung des Berufs bei (vgl. Busse, NDV-RD 2001, S. 106 ≪107≫). Sie dient mithin auch arbeitsmarktpolitischen Belangen.
Aus systematischen wie teleologischen Gründen ist es ver- fassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber den neuen Beruf der Altenpflegerin und des Altenpflegers als Gesundheitsfachberuf den Heil(hilfs)berufen des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG zuordnet.
Die bisherige Staatspraxis in anderen neuen Berufsfeldern des Gesundheitswesens bestätigt dieses Auslegungsergebnis (vgl. Maier, DVBl 1991, S. 249 ≪253≫). So hat der Bundesgesetzgeber folgende gesetzliche Regelungen über die Berufsausbildung in Heilberufen – einschließlich Heilhilfsberufen – erlassen:
- Gesetz über den Beruf des pharmazeutisch-technischen Assistenten i.d.F. vom 23. September 1997 (BGBl I S. 2349);
- Gesetz über den Beruf des Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten (Beschäftigungs- und Arbeitstherapeutengesetz – BeArbThG) vom 25. Mai 1976 (BGBl I S. 1246), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 8. März 1994 (BGBl I S. 446);
- Gesetz über den Beruf des Logopäden vom 7. Mai 1980 (BGBl I S. 529), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 8. März 1994 (BGBl I S. 446);
- Gesetz über die Berufe in der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz – KrPflG) vom 4. Juni 1985 (BGBl I S. 893), zuletzt geändert durch das hier zur Überprüfung stehende Gesetz;
- Gesetz über den Beruf der Hebamme und des Entbindungspflegers (Hebammengesetz – HebG) vom 4. Juni 1985 (BGBl I S. 902), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 27. September 1993 (BGBl I S. 1666);
- Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (Rettungsassistentengesetz – RettAssG) vom 10. Juli 1989 (BGBl I S. 1384), zuletzt geändert durch Art. 5 des Gesetzes vom 8. März 1994 (BGBl I S. 446);
- Gesetz über den Beruf der Orthoptistin und des Orthoptisten (Orthoptistengesetz – OrthoptG) vom 28. November 1989 (BGBl I S. 2061), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 8. März 1994 (BGBl I S. 446);
- Gesetz über technische Assistenten in der Medizin (MTA-Gesetz – MTAG) vom 2. August 1993 (BGBl I S. 1402);
- Gesetz über den Beruf der Diätassistentin und des Diätassistenten und zur Änderung verschiedener Gesetze über den Zugang zu anderen Heilberufen (Heilberufsänderungsgesetz – HeilBÄndG) vom 8. März 1994 (BGBl I S. 446);
- Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie (Masseur- und Physiotherapeutengesetz – MPhG) vom 26. Mai 1994 (BGBl I S. 1084).
Allen hier in Rede stehenden Berufsbildern ist ein Schwerpunkt im heil(hilfs)kundlichen Bereich eigen, ohne dass dieser quantitativ immer überwiegt. Die kompetentielle Zuordnung gleichwohl nach diesem Schwerpunkt vorzunehmen, ist auch sachgerecht. Auf das quantitative Element abzustellen, würde eine einheitliche Regelung von Heilberufen, die neben dem heil-(hilfs)kundlichen Schwerpunkt weitere Aspekte oder Zusatzelemente umfassen, nämlich unmöglich machen. Für eine derart restriktive Auslegung des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG gibt es keinen Grund. Entscheidend ist, dass mit der Berufsausübung Gesundheitsgefahren für die zu behandelnden Personen einhergehen. Um hier dieselben Qualifikationsstandards und eine einheitliche Qualitätskontrolle garantieren zu können, sind die Berufe bundeseinheitlich geregelt worden. Die Intention dieser Gesetze deckt sich mit der des Heilpraktikergesetzes und der des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG.
In gleicher Weise wie bei den genannten Berufen birgt auch bei der Altenpflege die Berufsausübung erhebliche Risiken für die Gesundheit der Pflegebedürftigen in sich (vgl. die Stellungnahme des DBVA). Anders als in der Krankenpflege, die vorrangig noch als Arzt-Assistenz ausgestaltet und darauf angelegt ist, ärztliche Anordnungen auszuführen, sind die Altenpfleger vielfach auf sich alleine gestellt und müssen eigenverantwortlich und selbstständig medizinisch relevante Entscheidungen auch in Notsituationen fällen (vgl. Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft staatlich anerkannter evangelischer Ausbildungsstätten für Altenpflege im DEVAP; Stellungnahme des DBVA). Dies gilt nicht nur für die geriatrischen Fachstationen der Krankenhäuser, in denen ärztliche Hilfe noch relativ schnell erreichbar ist, sondern vor allem für stationäre Einrichtungen der Altenpflege (hier sind Ärzte in der Regel nur als Konsiliarärzte tätig) sowie insbesondere für ambulante Dienste (hier besteht in der Regel lediglich ein nicht sehr dichter Kontakt zu den behandelnden Hausärzten, vgl. Stellungnahme des DBVA).
Die Altenpflege ist in den letzten Jahren immer stärker mit der Behandlungspflege betraut worden, die mehr erfordert als die Betreuung und pflegerische Versorgung von Menschen mit altersbedingten Defiziten (vgl. hierzu und zum Folgenden Robert-Bosch-Studie, S. 216 f.; Stellungnahme des DBfK). In einem Altenpflegeheim wird heute von den Pflegenden das gefordert, was früher in postoperativen Phasen, nach Schlaganfällen, bei der langfristigen Einstellung von Diabetikern, bei der medikamentösen Versorgung von Langzeitkranken in Krankenhäusern geleistet wurde (vgl. Stellungnahme der ver.di). Der kostenbedingte Rückgang der durchschnittlichen Verweildauer in den Krankenhäusern korrespondiert mit einem Anstieg der Plätze in stationären Altenpflegeheimen (vgl. die Zahlen bei Landenberger/Görres, Gutachten, S. 12/13). Hinzu kommt die Pflege verwirrter alter Menschen, die fundierte gerontopsychiatrische Kenntnisse erfordert. Die demografischen Veränderungen und die Umsetzung des Prinzips “ambulante vor stationärer Pflege” senken die Zahl der in Alten(wohn)heimen lebenden und steigern die Zahl der in stationären Pflegeeinrichtungen untergebrachten Pflegebedürftigen. Oft kommen ältere Menschen “erst” zum Sterben hierher (Stellungnahme des DBfK); das Durchschnittsalter der Bewohner bei Eintritt in ein Heim liegt bei etwa 86 Jahren (Landenberger/Görres, Gutachten, S. 10).
Beleg für die Erforderlichkeit einer medizinischen Ausrichtung der Altenpflege sind weiterhin die Anforderungen an das Heimpersonal, wie sie in der Heimpersonalverordnung niedergelegt sind (§ 6 HeimPersV). Dasselbe belegt § 71 Abs. 3 Satz 1 SGB XI, wonach für die Anerkennung als Pflegefachkraft der Abschluss einer Ausbildung und eine zweijährige praktische Berufserfahrung in den Krankenpflegeberufen oder im Beruf der Altenpflegerin vorgesehen sind, ohne dass für letztere eine Einschränkung der Verwendbarkeit, wie sie für Heilerziehungsberufe gilt (§ 71 Abs. 3 Satz 2 SGB XI), angeordnet wäre. Nach § 11 Abs. 1 SGB XI müssen die Leistungen der Pflegeeinrichtungen “dem allgemein anerkannten Stand medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse” entsprechen.
Im ambulanten Bereich sind die Altenpflegerinnen und Altenpfleger völlig auf sich gestellt und müssen ad hoc entscheiden, welche medizinischen Maßnahmen zu ergreifen sind und ob sie selber hierzu kompetent sind oder umgehend ärztliche Hilfe holen müssen. Eine Trennung von Kranken- und Altenpflege wäre hier mit wachsenden Problemen verknüpft. Das Ziel der häuslichen Pflege besteht darin, Unterbringungen im Krankenhaus zu verkürzen oder einen Aufenthalt im Altenpflegeheim zu vermeiden. Die Pflegebedürftigen sind subjektiv wie objektiv mit oft lebensbedrohlichen Situationen, Krankheit, Leid und Tod konfrontiert (Robert-Bosch-Studie, S. 279). Ambulante Pflege ist daher durch eine Vielfalt von Aufgaben medizinischer Art gekennzeichnet.
Dieser Befund wird noch dadurch verdeutlicht, dass der Anteil der Pflegekräfte mit einer Krankenpflegeausbildung in den ambulanten Pflegeeinrichtungen deutlich überwiegt (41,1 v.H. gegenüber 29,5 v.H. Altenpflegern; Gutachten 2000/2001 des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, Band II, Qualitätsentwicklung in Medizin und Pflege, 2001, S. 40 f.; allerdings ist der Anteil der Krankenpflegekräfte seit 1996, wo er noch 65 v.H. ausmachte, stark zurückgegangen, und der Anteil der Altenpflegekräfte ist entsprechend gestiegen (Landenberger/Görres, Gutachten, S. 21). Vor diesem Hintergrund verfolgt das Gesetz gerade den Zweck, die Dominanz der Krankenpflegeberufe gegenüber den Altenpflegeberufen zu mildern und letzteren als “Spezialkräften” die Chance zu geben, in allen Bereichen der Altenpflege gleichermaßen – auch auf der Führungsebene – tätig zu werden.
Das Ziel einer Verzahnung der unterschiedlichen Gebiete innerhalb des Berufs der Altenpflegerin und des Altenpflegers – gleichgültig, um welchen Bereich der Altenpflege es geht – verleiht dem Bund mithin die Kompetenz, die nach seinem “ganzheitlichen” Konzept unerlässlichen Regelungen zu treffen. Diese Kompetenz steht ihm kraft Sachzusammenhangs zu, weil er die ihm obliegende Aufgabe nicht hätte erfüllen können, ohne zugleich die Zuständigkeit der Länder in Anspruch zu nehmen.