Verfahrensgang

VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 17.11.1998; Aktenzeichen 5 S 989/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 17. November 1998 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger begehrt eine Baugenehmigung für ein Taubenhaus. Seine Klage blieb im ersten und im zweiten Rechtszug erfolglos.

Die auf die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache sowie auf Verfahrensmängel gestützte Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der geltend gemachten Zulassungsgründe genügt.

1. In der Beschwerdebegründung wird keine Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufgeworfen und ausformuliert, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Vielmehr wird die Entscheidung des Berufungsgerichts lediglich kritisiert und geltend gemacht, sie weiche in mehreren Punkten von der Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts ab. Eine nicht nur für das vorliegende Verfahren erhebliche Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung läßt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Nur wenn dies der Fall wäre, käme eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Betracht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluß vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90).

Im übrigen irrt die Beschwerde, wenn sie § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO als eine Klarstellung mit dem Inhalt versteht, daß die Kleintierhaltung in den Baugebieten der Baunutzungsverordnung ausnahmslos zulässig sei, sofern sich nicht im Einzelfall aus § 15 BauNVO etwas Gegenteiliges ergibt. Durch § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO wird nur klargestellt, daß untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen für die Kleintierhaltung nach der Wertung des Verordnungsgebers dem Nutzungszweck des Grundstücks oder des Gebiets im Sinne von Satz 1 der Vorschrift dienen. Die Zulässigkeit von Anlagen für die Kleintierhaltung setzt dagegen ebenso wie die aller übrigen Nebenanlagen und Einrichtungen zum einen ihre Unterordnung unter den Hauptzweck des Grundstücks oder des Baugebiets voraus. Für Wohngebiete bedeutet dies, daß die Kleintierhaltung den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbetätigung nicht sprengen darf (BVerwG, Beschluß vom 15. Oktober 1993 – BVerwG 4 B 165.93 – Bucholz 406.12 § 14 BauNVO Nr. 9; Beschluß vom 5. Januar 1999 – BVerwG 4 B 131.98 –). Zum andern hängt die Zulässigkeit von Anlagen für die Kleintierhaltung aber auch davon ab, daß sie nicht der Eigenart des Gebiets widersprechen; denn unberührt bleibt auch für Anlagen und Einrichtungen der Kleintierhaltung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO dessen Satz 1 (letzter Halbsatz), nach dem sämtliche Nebenanlagen der Eigenart des Gebietes nicht widersprechen dürfen (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 18. Februar 1983 – BVerwG 4 C 18.81 – BVerwGE 67, 23). Ob die genannten beiden Voraussetzungen gegeben sind, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls und im verwaltungsgerichtlichten Verfahren von den Tatsachengerichten zu klären.

Das Berufungsgericht hat die Haltung von 50 Brieftauben durch den Kläger zwar noch als eine dem Wohnen als Hauptnutzung untergeordnete Freizeitbeschäftigung angesehen, ihre Vereinbarkeit mit der Eigenart des betroffenen Wohngebietes jedoch verneint. Dabei hat es nicht etwa den allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, daß die Haltung von 50 Brieftauben in einem (jeden) reinen Wohngebiet unzulässig sei, wie die Beschwerde möglicherweise annimmt. Vielmehr hat es seine Entscheidung in Würdigung der Verhältnisse gerade des betroffenen Wohngebietes und der vom Kläger beabsichtigten Taubenhaltung getroffen. Dies gibt keinen Anlaß zu weiterführenden grundsätzlichen Erörterungen.

2. Ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt die Rüge mangelhafter Erforschung des Sachverhalts. Die Beschwerde legt nämlich nicht dar, daß der Kläger im Berufungsverfahren entweder konkrete Beweisanträge gestellt habe oder daß und weshalb sich dem Berufungsgericht die Notwendigkeit näherer Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen. Tatsächlich hat der Kläger keine Beweisanträge gestellt, wie sich aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem Berufungsgericht ergibt. Es wäre aber Sache des anwaltlich vertretenen Klägers gewesen, einen bestimmten Beweisantrag zu stellen, wenn er dies für erforderlich hielt. Die Rüge, daß der Sachverhalt nicht von Amts wegen erschöpfend aufgeklärt worden sei, kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, welche ein Beteiligter selbst zumutbarerweise hätte stellen können, aber zu stellen unterlassen hat (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluß vom 2. November 1978 – BVerwG 3 B 6.78 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 116).

Im übrigen dürfte die von der Beschwerde vermißte Sachaufklärung auch überflüssig gewesen sein. Einer Überprüfung der Auswirkungen des Verkehrs auf der benachbarten Bundesstraße durch einen Sachverständigen bedurfte es nicht; denn ein Gebiet, in dem sich nur Wohnhäuser befinden, bleibt auch dann gemäß § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 3 BauNVO ein reines Wohngebiet, wenn es an eine stark befahrene Straße grenzt, weil dieser Umstand nichts daran ändert, daß das Gebiet auch dann allein zum Wohnen genutzt wird. Eine Ermittlung der Vorbelastung, um sie „im Rahmen des § 15 BauNVO” zu berücksichtigen, war nicht notwendig, weil die berufungsgerichtliche Entscheidung nicht auf diese Vorschrift gestützt ist, sondern schon die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 BauNVO verneint. Schließlich ist nicht erkennbar, weshalb ein Verwaltungsgericht im allgemeinen nicht in der Lage sein sollte, die von einer Taubenhaltung ausgehenden Störungen durch Kot und Lärm ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen zu beurteilen. Es ist deshalb jedenfalls ausgeschlossen, daß sich dem Berufungsgericht ohne einen entsprechenden Beweisantrag des Klägers die Notwendigkeit einer entsprechenden Beweisaufnahme aufdrängen mußte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Wert des Streitgegenstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG fest.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Lemmel, Rojahn

 

Fundstellen

BauR 2000, 73

ZfBR 1999, 234

BRS 2000, 403

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge