Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 13.01.2009; Aktenzeichen 4 S 2644/06) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 775,60 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin kann keinen Erfolg haben. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat.
Rz. 2
1. Die Klägerin steht als Lehrerin (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst des Beklagten. Sie war vom Tag ihrer Ernennung zur Beamtin auf Probe am 29. Oktober 2004 bis zum 31. Januar 2005 aus familiären Gründen ohne Dienstbezüge beurlaubt. Die Klägerin macht für die Zeit bis 31. Dezember 2007 einen Anspruch auf monatliche Sonderzahlungen, für Januar 2008 einen Anspruch auf Besoldung ohne Absenkung von 4 % geltend. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage abgewiesen und zur Begründung vor allem auf den Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen des Landessonderzahlungsgesetzes und des Landesbesoldungsgesetzes abgestellt. Danach erhielten Beamte in einem Eingangsamt ab der Besoldungsgruppe A 12 bis 31. Dezember 2007 Sonderzahlungen, danach die volle Besoldung nur, wenn ihnen spätestens am Stichtag 31. Dezember 2004 Dienstbezüge zugestanden haben bzw. ein Anspruch auf Dienstbezüge entstanden war. Dies sei nicht der Fall, wenn zwar das Beamtenverhältnis vor diesem Stichtag begründet worden sei, der Dienstherr aber erstmals nach diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen sei, Dienstbezüge zu zahlen.
Rz. 3
2. Mit der Beschwerde wirft die Klägerin die Frage als rechtsgrundsätzlich bedeutsam auf, ob Ansprüche auf monatliche Sonderzahlung, seit 1. Januar 2008 auf die volle, nicht um 4 % abgesenkte Besoldung immer dann bestehen, wenn das Beamtenverhältnis bis zum 31. Dezember 2004 begründet wurde.
Rz. 4
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage nicht erfüllt. Denn diese Frage kann aufgrund des Wortlauts der gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung des Gesetzeswortlauts im Besoldungsrecht ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantwortet werden.
Rz. 5
Es entspricht einem hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG, dass Besoldungsleistungen dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegen. Sie dürfen nur zugesprochen werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (Urteil vom 28. April 2005 – BVerwG 2 C 1.04 – BVerwGE 123, 308 ≪310≫ = Buchholz 240 § 72a BBesG Nr. 1; stRspr). Bei der Auslegung der Besoldungsgesetze kommt dem Wortlaut besondere Bedeutung zu. Der Anwendungsbereich besoldungsrechtlicher Regelungen kann nicht durch allgemeine Rechtsgrundsätze erweitert oder ergänzt werden. Daher ist insbesondere die analoge Anwendung derartiger Regelungen ausgeschlossen. Der Wille des Gesetzgebers kann nur berücksichtigt werden, wenn er im Gesetzeswortlaut deutlich Ausdruck gefunden hat (Urteile vom 22. März 1990 – BVerwG 2 C 11.89 – Buchholz 240 § 19a BBesG Nr. 10; vom 26. Januar 2006 – BVerwG 2 C 43.04 – BVerwGE 125, 79 ≪80≫ = Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 36 und vom 9. November 2006 – BVerwG 2 C 4.06 – Buchholz 239.1 § 11 BeamtVG Nr. 11 Rn. 17).
Rz. 6
Nach § 1a Abs. 1 des Landessonderzahlungsgesetzes – LSZG – in der Fassung von Art. 1 des Haushaltsstrukturgesetzes vom 1. März 2005 (GBl BW S. 145) erhalten Beamte, für die nach dem 31. Dezember 2004 Anspruch auf Dienstbezüge aus einem Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 12 und höher entsteht, für die Dauer von drei Jahren nach Entstehen des Anspruchs keine Sonderzahlungen. Nach § 1a Abs. 2 Satz 1 LSZG gilt dies nicht für Beamte, denen spätestens am 31. Dezember 2004 Dienstbezüge zugestanden haben.
Rz. 7
Am 1. Januar 2008 ist an die Stelle des Landessonderzahlungsgesetzes das Landesbesoldungsgesetz – LBesG – in der Fassung von Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Integration der Sonderzahlungen und zur Anpassung der Besoldung und Versorgung vom 11. Dezember 2007 (GBl BW S. 538 ≪541≫) getreten. Nach § 3a Abs. 1 LBesG sind bei Beamten, für die nach dem 31. Dezember 2004 Anspruch auf Dienstbezüge aus einem Eingangsamt der Besoldungsgruppe A 12 und höher entsteht, für die Dauer von drei Jahren nach Entstehen des Anspruchs die jeweiligen Grundgehälter und Amtszulagen um 4 % abzusenken. Nach § 3a Abs. 2 Buchst. a LBesG gilt dies nicht für Beamte, denen spätestens am 31. Dezember 2004 im Geltungsbereich dieses Gesetzes Dienstbezüge zugestanden haben.
Rz. 8
Sowohl § 1a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 LSZG als auch § 3a Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a LBesG verwenden jeweils zwei Formulierungen, um die Bedeutung des Stichtags 31. Dezember 2004 für die Ansprüche auf Sonderzahlungen (bis 31. Dezember 2007) und auf volle, nicht um 4 % abgesenkte Besoldung (ab 1. Januar 2008) hervorzuheben: In Absatz 1 werden die Ansprüche ausgeschlossen, wenn erst nach dem Stichtag “Anspruch auf Dienstbezüge entsteht”. Nach Absatz 2 gilt dies nicht für Beamte, denen spätestens am Stichtag “Dienstbezüge zugestanden haben”. Beide Formulierungen beschreiben denselben Sachverhalt. Ihr Bedeutungsgehalt stimmt überein, weil ansonsten ein unlösbarer inhaltlicher Widerspruch zwischen den beiden Absätzen der gesetzlichen Regelungen bestünde. Daher entstehen der Anspruch eines Beamten auf Dienstbezüge im Sinne von § 1a Abs. 1 LSZG, § 3a Abs. 1 LBesG und somit die Ansprüche auf Sonderzahlungen und nicht abgesenkte Besoldung, wenn dem Beamten nach § 1a Abs. 2 Satz 1 LSZG, § 3a Abs. 2 Buchst. a LBesG spätestens am 31. Dezember 2004 Dienstbezüge zugestanden haben.
Rz. 9
Jedenfalls die Formulierung “Dienstbezüge zugestanden haben” ist nach ihrem Wortlaut eindeutig und kann demzufolge nicht durch gesetzessystematische oder teleologische Erwägungen in Frage gestellt werden. Einem Beamten stehen Dienstbezüge zu, wenn er einen Anspruch auf Zahlung der Dienstbezüge hat. Dies ist nicht der Fall, wenn der Zahlungsanspruch, wie bei einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, gesetzlich ausgeschlossen ist. Die gegenteilige Auffassung, wonach es ausreichen soll, dass das Beamtenverhältnis am 31. Dezember 2004 bestanden hat, findet im Wortlaut der § 1a Abs. 2 Satz 1, § 3a Abs. 2 Buchst. a LBesG keine Stütze. Einem Beamten stehen Dienstbezüge nicht bereits aufgrund seiner Ernennung zu, wenn der Dienstherr nicht zur Zahlung verpflichtet ist.
Rz. 10
Schon wegen der notwendigen inhaltlichen Übereinstimmung müssen § 1a Abs. 1 LSZG, § 3a Abs. 1 LBesG so verstanden werden, dass mit der Formulierung “Beamte, für die nach dem 31. Dezember 2004 Anspruch auf Dienstbezüge entsteht” die Entstehung des Zahlungsanspruchs nach dem Stichtag gemeint ist. Auch der Wortlaut legt dieses Verständnis nahe.
Rz. 11
Aus den Gesetzesmaterialien, auf die die Klägerin verweist, ergibt sich nicht, dass der Landesgesetzgeber Beamten, deren Beamtenverhältnis vor dem Stichtag begründet wurde, die aber erst danach erstmals Dienstbezüge beanspruchen konnten, die Sonderzahlungen und die nicht abgesenkte Besoldung gewähren wollte. Vielmehr legen sie den Schluss nahe, der Gesetzgeber habe diese besondere Fallkonstellation nicht in den Blick genommen. Im Übrigen könnte eine entsprechende gesetzgeberische Absicht bei der Auslegung der
Rz. 12
§ 1a Abs. 1 und 2 LSZG, § 3a Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a LBesG nicht berücksichtigt werden, weil sie im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden hat.
Rz. 13
Soweit die Klägerin die Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG geltend macht, genügt die Beschwerdebegründung den Darlegungsanforderungen gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht, weil die Klägerin insoweit mit keinem Wort auf die verfassungsrechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs eingeht. Im Übrigen ist die mit dem Gesetzeswortlaut entsprechende Auslegung des Verwaltungsgerichtshofs mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar. Denn dem Gesetzgeber ist bei der Gestaltung des Besoldungsrechts ein weiter Spielraum politischen Ermessens eröffnet, der grundsätzlich erst durch Maßnahmen überschritten wird, die sich als evident sachwidrig erweisen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2004 – 2 BvL 16/02 – BVerfGE 110, 353 ≪364≫; BVerwG, Urteil vom 20. März 2008 – BVerwG 2 C 49.07 – BVerwGE 131, 20 ≪27≫ = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 94). Diese Grenze hat der Landesgesetzgeber nicht überschritten, weil er hinsichtlich des Ausschlusses der Sonderzahlungen und der nachfolgenden Besoldungsabsenkung Beamte, denen erst nach dem 31. Dezember 2004 Dienstbezüge zugestanden haben, denjenigen Beamten gleichgestellt hat, deren Beamtenverhältnis erst nach dem Stichtag begründet wurde. Diese Gleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt, weil beide Gruppen ihren Lebensunterhalt erst nach dem Stichtag mit den Dienstbezügen bestreiten konnten. Schon aus diesem Grund liegt auch kein Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 1 GG verankerte Gebot vor, Ehe und Familie zu fördern. Aus diesem Gebot lassen sich keine Ansprüche auf konkrete Besoldungsleistungen herleiten. Die Klägerin kann nicht verlangen, gegenüber Beamten besser gestellt zu werden, deren Beamtenverhältnis erst kurz nach dem Stichtag begründet wurde, weil sie zuvor aus familiären Gründen keinen Dienst leisten konnten.
Rz. 14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Groepper, Dr. Heitz, Dr. Burmeister
Fundstellen