Verfahrensgang
VG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 6 K 618/96) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. Februar 2000 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die begehrte Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 VwGO).
1. Der Sache kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu. Grundsätzlich bedeutsam in diesem Sinne ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts zu erwarten ist. Daran fehlt es bei allen aufgeworfenen Fragen.
a) Die Frage,
ob eine entschädigungslose Enteignung im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG vorliegt, wenn eine Enteignung in der Spätphase der DDR beschlossen wurde und aufgrund der regelmäßigen Dauer der Entschädigungsverfahren (durchschnittlich 18 Monate) es als sicher gelten konnte, dass eine Entschädigung nicht mehr ausgezahlt werden konnte,
ist in einem Revisionsverfahren schon deshalb keiner generellen Klärung zugänglich, weil die in ihr enthaltenen Tatsachenunterstellungen dem vom Verwaltungsgericht bindend festgestellten Sachverhalt nicht entsprechen und deshalb in einem Revisionsverfahren nicht zugrunde zu legen wären. Im Übrigen bedarf es keiner Klärung mehr, dass die hier durchgeführte Enteignung nach dem Baulandgesetz der DDR auf keinen Fall als schädigende Maßnahme gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG anzusehen wäre (vgl. Urteil vom 28. April 1999 – BVerwG 8 C 5.98 – Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 1 S. 1 ≪3≫).
b) Die weitere Frage,
ob bei einer Entschädigung in Höhe von 2,50 M der DDR je Quadratmeter für ein unmittelbar an Berlin angrenzendes Grundstück davon ausgegangen werden durfte, dass dieser Entschädigungsbetrag den dortigen allgemein üblichen (niedrigen) Bodenpreisen entsprach oder ob das Verwaltungsgericht nicht hätte prüfen müssen, ob es sich nicht um eine diskriminierend geringere Entschädigung im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. b VermG handelte,
ist ebenfalls nicht grundsätzlich bedeutsam, weil sie ersichtlich auf die Würdigung der konkreten Umstände eines Einzelfalls abstellt und deshalb einer generellen, der Rechtsfortbildung dienenden und verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist. Die in diesem Zusammenhang von dem Kläger erhobene Verfahrensrüge ist unbeachtlich, weil sie den Anforderungen an die Darlegung gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ersichtlich nicht genügt. Die Beschwerde hat insoweit nicht hinreichend dargetan, weshalb sich dem Verwaltungsgericht angesichts der Aktenlage und der Verhältnisse auf dem Grundstücksmarkt der DDR von Amts wegen weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen.
c) Nicht klärungsbedürftig und in der abstrakten Formulierung auch nicht klärungsfähig ist schließlich,
ob der durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgearbeitete Grundsatz, wonach vor dem Sturz Honeckers am 18. Oktober 1989 bei Enteignungen begangene Verstöße gegen die Vorgaben des Baulandgesetzes etc. keine unlauteren Machenschaften begründen, auch in der Zeit nach dem Sturz Honeckers weiter galt.
Soweit in diesem Zusammenhang generelle, über den Einzelfall hinausreichende Aussagen möglich sind, hat das Bundesverwaltungsgericht dies im Urteil vom 28. April 1999 – BVerwG 8 C 5.98 – (a.a.O.) formuliert. Im Übrigen beantwortet sich die aufgeworfene Frage unter umfassender Würdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Falles. Abschließend ist lediglich anzumerken, dass die Unterstellung in der aufgeworfenen Frage, vor dem Sturz Honeckers seien Verstöße gegen die genannten Rechtsvorschriften der DDR generell unerheblich, nicht zutrifft.
d) Ohne die Durchführung eines Revisionsverfahrens zu beantworten und deshalb auch nicht klärungsbedürftig ist ferner die Frage,
ob die Spätphase der DDR zeitlich genau einzugrenzen ist auf die Zeit nach dem Sturz Honeckers oder auf die Zeit nach Öffnung der Mauer oder auf die Zeit nach dem Schreiben vom 26. Januar 1990 oder ob dies von den Einzelfallabwägungen abhängt.
Es liegt auf der Hand, dass die angesprochene „Spätphase” der DDR jedenfalls nicht vor dem Sturz Honeckers begonnen hat und danach nicht auf einen exakten Zeitpunkt zu fixieren ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem Urteil vom 28. April 1999 – BVerwG 8 C 5.98 – (a.a.O.) ersichtlich auf eine Vielzahl von Ereignissen und die daraus abzuleitende Entwicklung hingewiesen. Im Übrigen hätte die Beschwerde im Hinblick darauf, dass die konkrete Enteignung im vorliegenden Fall am 29. November 1989 bereits stattgefunden hat und danach erfolgte Rechtsverstöße grundsätzlich unerheblich sind, die Entscheidungserheblichkeit der genannten Frage im Einzelnen dartun müssen.
e) Die abschließende Frage,
ob ein Alteigentümer bekannt ist, wenn er unschwer in zumutbarer Frist ermittelt werden konnte,
betrifft wiederum die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalles und ist einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung entzogen.
2. Die Beschwerde hat auch nicht dargetan, dass das angefochtene Urteil im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1999 – BVerwG 8 C 5.98 – (a.a.O.) abweicht. Sie hat bereits die gebotene Gegenüberstellung der vermeintlich divergierenden abstrakten und jeweils entscheidungstragenden Rechtssätze unterlassen und übersieht, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von dem seinerzeit zu beurteilenden besonders gelagerten Sachverhalt geprägt war. Die Beschwerde erkennt schließlich selbst zu Recht, dass das Urteil vom 28. April 1999 eine „Einzelfallentscheidung” war. Die vermeintliche Abweichung stellt sich deshalb allenfalls als eine falsche Umsetzung der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei der Subsumtion des vom Verwaltungsgericht zu würdigenden Sachverhalts dar, der sich von demjenigen des Bundesverwaltungsgerichts in erheblichen Punkten unterschied.
3. Das angefochtene Urteil leidet nicht unter dem gerügten Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Beschwerde hat nicht hinreichend dargetan, weshalb sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner materiellrechtlichen Auffassung von Amts wegen hätte aufdrängen müssen, zu ermitteln, wer die Eigentümer von fünf weiteren – gleichzeitig mit dem hier streitigen Grundstück enteigneten – Grundstücken waren und ob die seinerzeitigen „Enteignungsorgane” die sich wandelnde Rechtsauffassung bereits kannten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Sailer, Golze, Postier
Fundstellen