Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 04.03.1999; Aktenzeichen 2 N 98.3708) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. März 1999 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Divergenzrügen greifen nicht durch.
a) Das Normenkontrollgericht hat keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der in Widerspruch zur Rechtsauffassung steht, die der Senat im Urteil vom 24. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – (BVerwGE 107, 215) vertreten hat. Es hat nicht die in dieser Entscheidung enthaltene Aussage in Frage gestellt, daß auch die Nichtbeachtung privater Belange, die für die nach § 1 Abs. 6 BauGB gebotene Abwägung erheblich sind, eine Rechtsverletzung darstellen kann, die geeignet ist, im Normenkontrollverfahren eine Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zu begründen. Vielmehr hat es eine Sachentscheidung getroffen.
b) Die geltend gemachte Abweichung von den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 33 bis 35.83 – (BVerwGE 77, 285), vom 19. Januar 1989 – BVerwG 7 C 77.87 – (BVerwGE 81, 197) und vom 23. Mai 1991 – BVerwG 7 C 19.90 – (BVerwGE 88, 210) liegt ebenfalls nicht vor. In diesen Entscheidungen haben der 4. und der 7. Senat hervorgehoben, daß technische Regelwerke, wie etwa die TA-Lärm, DIN-Normen oder VDI-Richtlinien, nicht wie Rechtssätze angewendet, sondern regelmäßig lediglich als Orientierungshilfen herangezogen werden dürfen, die geeignet sind, Anhaltspunkte dafür zu bieten, wann Geräuschbeeinträchtigungen aus der Sicht des Bau- und des Fachplanungsrechts oder des Immissionsschutzrechts als unzumutbar einzustufen sind. Daß die Vorinstanz die Abwägungsrelevanz der von den Antragstellern beschriebenen Geräuscheinwirkungen verneint hat, ist nicht darauf zurückzuführen, daß sie den Sachverhalt unter eine der von der Beschwerde genannten technischen Normen subsumiert hat. Die Antragsgegnerin hat auf die DIN 18005 zurückgegriffen, um anhand der in dieser Norm und der im Beiblatt 1 enthaltenen Berechnungsvorschriften und Zielwerte prognostisch das Lärmniveau im Geltungsbereich des angegriffenen Bebauungsplans abzuschätzen. Auf der Grundlage dieser Ermittlungen hat sie entlang der Bahnlinie zum Schutz des Baugebiets einen Lärmschutzwall festgesetzt. Die Frage, ob dieser am Maßstab der DIN 18005 ausgerichtete Lärmschutz ausreicht oder aufgrund der Einzelumstände für das Plangebiet ein weitergehender Schutz geboten gewesen wäre, um im Sinne der Abwägungsdirektive des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gerecht zu werden, stellt sich im anhängigen Verfahren indes nicht, da die Schutzmaßnahmen, die die Antragsgegnerin ergriffen hat, ersichtlich nicht dazu bestimmt sind, auch die Antragsteller vor Lärm zu bewahren, der über die im Beiblatt 1 der DIN 18005 genannten Orientierungswerte hinausgeht. Die Antragsteller sind Eigentümer eines Grundstücks, das außerhalb des Baugebiets liegt. Für sie stellt der Lärm, der vom Schienenverkehr ausgeht, eine tatsächliche Vorbelastung dar. Ob ihnen diese Vorbelastung zumutbar ist, läßt sich nicht allein deshalb, weil die Antragsgegnerin das benachbarte Gebiet überplant hat, an der auf den Planungsraum zugeschnittenen DIN 18005 messen. Auch die Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen – Ausgabe 1990 – (Schall 03) scheidet als Maßstab von vornherein aus, da sie nur beim Bau oder der wesentlichen Änderung eines Schienenweges im Sinne der 16. Bundesimmissionsschutzverordnung einschlägig ist. Das Normenkontrollgericht hat dem mit der Feststellung Rechnung getragen, daß der Sachverhalt, auf den die Antragsteller abheben, weder vom Anwendungsbereich der DIN 18005 noch der Richtlinie Schall 03 erfaßt wird. Scheidet der Rückgriff auf diese Regelwerke aus, weil es sich bei dem von den Antragstellern beschriebenen Lautheitseffekt um ein Geräuschphänomen handelt, das zu bewältigen nicht das Regelungsziel dieser technischen Normen ist, so mißdeutet die Beschwerde das angefochtene Urteil, wenn sie aus ihm herausliest, das Normenkontrollgericht habe den von ihr zitierten Regelwerken Bindungswirkungen beigemessen.
c) Die angefochtene Entscheidung weicht auch nicht von dem Urteil vom 5. August 1983 – BVerwG 4 C 96.79 – (BVerwGE 67, 334) ab, in dem der Senat das Instrument des Bebauungsplans als Mittel der Konfliktbewältigung gekennzeichnet hat. Das Normenkontrollgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der dieser Charakterisierung zuwiderläuft. Eine Divergenz glaubt die Beschwerde nur deshalb feststellen zu können, weil sie aus den Ausführungen des Senats fälschlich einen Anspruch auf konfliktfreie Planung ableitet. Das Gebot der Konfliktbewältigung richtet indes ebenso wie das Rücksichtnahmegebot (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 4. September 1998 – BVerwG 4 CN 2.98 – BVerwGE – 107, (215), keine selbständige Planungsschranke auf, die absolute Geltung beansprucht. Bedeutung kommt ihm vielmehr lediglich insofern zu, als ihm neben anderen Abwägungskriterien im Rahmen des § 1 Abs. 6 BauGB nach Maßgabe des Abwägungsgebots Rechnung zu tragen ist. Eine Planung, die für einzelne Betroffene nachteilige Folgen mit sich bringt, muß nicht deshalb unterbleiben, weil durch die Situationsveränderung Interessenkonflikte entstehen. Die rechtliche Verpflichtung, die § 1 Abs. 6 BauGB begründet, erschöpft sich darin, die Belange, die sich für und gegen das Planvorhaben ins Feld führen lassen, in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Es bleibt der Gemeinde unbenommen, ein legitimes Planungsziel auch um den Preis der Zurücksetzung kollidierender Belange zu verwirklichen. Das im Abwägungsgebot enthaltene Gebot der Konfliktbewältigung ist erst dann verletzt, wenn dem Betroffenen dadurch, daß ein durch die Planung hervorgerufenes Problem zu seinen Lasten ungelöst bleibt, ein nach Lage der Dinge unzumutbares Opfer abverlangt wird (vgl. zur Lärmschutzproblematik BVerwG, Urteile vom 22. März 1985 – BVerwG 4 C 63.80 – BVerwGE 71, 150, und vom 22. Mai 1987 – BVerwG 4 C 17 bis 19.84 – BVerwGE 77, 295).
2. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsteller beimessen.
a) Die Frage, ob „es für die Ermittlung der (privaten) Belange, die die planende Behörde im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 6 BauGB in das Abwägungsmaterial einzustellen hat, von normativ-bindender Bedeutung (ist), daß diese Belange bzw. die Umstände, die auf diese Belange einwirken, in einem technischen Regelwerk ihren Ausdruck gefunden haben bzw. gefunden haben müssen”, nötigt nicht zur Zulassung der Revision auf der Grundlage des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es versteht sich von selbst und bedarf nicht eigens der Klärung in einem Revisionsverfahren, daß in die Abwägung sämtliche Belange einzustellen sind, die nach Lage der Dinge abwägungsrelevant sind. Wird ein Belang in einem Rechtssatz oder auch nur in einem Regelwerk ohne Rechtsnormqualität benannt, so ist dies ein Indiz, nicht aber Voraussetzung für die Abwägungserheblichkeit. Nur Belange, die geringwertig oder nicht schutzwürdig sind, können bei der Abwägung außer Betracht bleiben. Sonstige Belange darf die Gemeinde lediglich dann unberücksichtigt lassen, wenn sie von ihnen keine Kenntnis hat oder haben muß (vgl. BVerwG, Beschluß vom 9. November 1979 – BVerwG 4 N 1.78 u.a. – BVerwGE 59, 87). Inwieweit dies zutrifft, beurteilt sich nicht allein danach, ob technische Regelwerke Angaben enthalten, die sich als Hinweis auf die Abwägungsrelevanz deuten lassen.
b) Auch die zweite Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Sie geht dahin, „ob die planende Gemeinde bei der Ermittlung des Stands der Technik zwischen mehreren zur Verfügung stehenden technischen Regelwerken in dem Sinne frei wählen kann, daß sie eines der beiden zur Verfügung stehenden Regelwerke im Hinblick auf seine Bedeutung für die Ermittlung des Stands der Technik bzw. für die Ermittlung möglicherweise durch das Vorhaben auch außerhalb des Planumgriffs betroffener privater Belange von vornherein und ohne nähere Alternativen-)Prüfung unberücksichtigt läßt”. Die Beschwerde macht selbst nicht geltend, daß die Antragsgegnerin aus Rechtsgründen gehalten gewesen wäre, ihrer Lärmbeurteilung die Richtlinie Schall 03 zugrunde zu legen. In anderem Zusammenhang hebt sie selbst hervor, daß sich die Bedeutung technischer Regelwerke darin erschöpft, Orientierungshilfen zu geben. Rechtlich maßgeblich sind allein die gesetzlichen Planungsvorgaben. Die Gemeinde hat dafür Sorge zu tragen, daß bei der Aufstellung eines Bebauungsplans den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse Rechnung getragen wird. Welcher Mittel sie sich bedient, um dies zu gewährleisten, bleibt ihr überlassen. Anders als im Bereich der Verkehrswegeplanung legt der Gesetzgeber sie nicht auf eine bestimmte technische Norm fest. Ob das Regelwerk, dessen sie sich bedient, zur Erreichung des mit ihm verfolgten Ziels geeignet ist, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Die Antragsteller stehen auf dem Standpunkt, daß die Richtlinie Schall 03 hier im Vergleich mit der DIN 18005 vorzugswürdig gewesen wäre, weil ihr Ausbreitungsmodell dem neuesten Stand der technischen Entwicklung entspreche. Ob diesem Aspekt im Gesamtkontext die Bedeutung zukommt, die sie ihm beimessen, ist eine Frage der Einzelfallbeurteilung. Das erstrebte Revisionsverfahren ließe keine Erkenntnisse erwarten, die über den anhängigen Rechtsstreit hinausweisen. Daß eine Planung, die sich nicht in allen Punkten in die vorderste Front des technischen Erkenntnisfortschritts einreiht, gleichwohl den Erfordernissen des Abwägungsgebots genügen kann, bedarf nicht eigens einer höchstrichterlichen Bestätigung.
3. Das Normenkontrollurteil leidet nicht an einem Verfahrensmangel.
a) Unschädlich ist, daß die Vorinstanz nicht der Frage nachgegangen ist, ob in dem Lärmgutachten, auf das sich die Antragsgegnerin bei ihrer Planung gestützt hat, wegen der Verriffelung der Schienen ein Zuschlag von 4 dB(A) hätte berücksichtigt werden müssen. Dahinstehen kann, ob das Normenkontrollgericht das Vorbringen der Antragsteller zu diesem Punkt zu Recht als „unsubstantiiert” qualifiziert hat. Selbst wenn es die Substantiierungsanforderungen überspannt haben sollte, ergäben sich hieraus nicht die Konsequenzen, die die Beschwerde zieht. Denn das Normenkontrollurteil beruht nicht auf dieser etwaigen Fehleinschätzung. Trifft es zu, daß der Verriffelung der Schienen im Rahmen der Bauleitplanung nicht in der Weise Rechnung getragen worden ist, wie dies im Falle einer Anwendung der Anlage 2 zu § 3 der 16. BImSchV i.V.m. der Richtlinie Schall 03 geboten gewesen wäre, so ist hieraus allenfalls die Erkenntnis abzuleiten, daß der Eisenbahnverkehr mehr Lärm erzeugt als die Antragsgegnerin angenommen hat. Die Antragsteller machen indes, was das Plangebiet betrifft, selbst nicht ansatzweise geltend, daß der festgesetzte Lärmschutzwall nicht ausreicht, um auch gegenüber Lärmwerten, die von den Prognosewerten um 4 dB(A) nach oben abweichen, einen wirksamen Schutz zu bieten. Was ihr eigenes Grundstück angeht, stellen sie selbst nicht in Abrede, daß der Beurteilungspegel durch die Lärmschutzvorkehrungen in der Nachbarschaft der Höhe nach nicht beeinflußt wird. Ob dieser Pegel dem von der Antragsgegnerin ermittelten oder dem von ihnen genannten Wert entspricht, bedarf keiner Klärung. Der um 4 dB(A) höhere oder niedrigere Wert gibt Auskunft über das Maß der Lärmvorbelastung, die die Antragsteller so oder so hinzunehmen haben. Die aus dem Abwägungsgebot ableitbare Pflicht, gegebenenfalls Lärmvorsorge zu treffen, läßt das Recht unberührt, außerhalb des Plangebiets von Maßnahmen abzusehen, die dort auf eine Lärmsanierung hinauslaufen würden. Hat die Planung der Antragsgegnerin in bezug auf den Schienenverkehr weder unmittelbar noch mittelbar zur Folge, daß sich der Beurteilungspegel erhöht, so ist sie nicht kausal für die Lärmbelastungen, denen sich die Antragsteller von dieser Seite her ausgesetzt sehen.
b) Ebensowenig läßt sich ein Aufklärungsmangel daraus herleiten, daß die Vorinstanz nicht der Frage nachgegangen ist, ob die Antragsgegnerin den sogenannten Lautheitseffekt in ihre Abwägungsentscheidung hätte einstellen müssen. Das Normenkontrollgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats hervorgehoben, daß der Gesichtspunkt des Lärmschutzes in der Abwägung nicht erst dann eine Rolle spielt, wenn Maßnahmen des aktiven oder passiven Schallschutzes geboten sind, sondern auch dann zu berücksichtigen sein kann, wenn die Lärmimmissionen nicht so schwer wiegen, daß sie als ein mit dem Planungsziel kollidierender Belang nur um den Preis eines physisch-realen Ausgleichs überwunden werden können (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Oktober 1989 – BVerwG 4 C 12.87 – BVerwGE 84, 31, und vom 17. September 1998 – BVerwG 4 CN 1.97 – ZfBR 1999, 41; Beschlüsse vom 19. Februar 1992 – BVerwG 4 NB 11.91 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 63, und vom 17. Mai 1995 – BVerwG 4 NB 30.94 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 82). Ebenfalls in Einklang mit der Senatsrechtsprechung hat es sich auf den Standpunkt gestellt, daß die planerische Bewältigung der Lärmproblematik nicht an den Grenzen des Plangebiets halt machen darf (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1989 – BVerwG 4 NB 18.88 – und vom 18. Mai 1994 – BVerwG 4 NB 15.94 – Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 42 und 73). Wenn es gleichwohl der Frage des Lautheitseffekts nicht nachgegangen ist, dann beruht dies auf seiner Auffassung, daß dieses Geräuschphänomen für die Antragsgegnerin nicht erkennbar gewesen sei, weil es weder in der DIN 18005 noch in der Richtlinie Schall 03 erwähnt werde, und sich seine Berücksichtigung auch sonst nicht habe aufdrängen müssen, weil weder das Lärmschutzgutachten vom 12. November 1987 noch die Beteiligung der Bürger und der Träger öffentlicher Belange Erkenntnisse erbracht habe, die in diese Richtung gedeutet hätten. Diese Rechtsauffassung mag rechtlichen Bedenken begegnen. Das Normenkontrollgericht übersieht, daß sich zum Lautheitseffekt, der nach der Darstellung der Antragsteller darin besteht, daß es in dem Augenblick, in dem die Züge die Abschirmung des Walles verlassen, schlagartig zu einem als störend und gefahrvoll empfundenen Pegelanstieg kommt, in der DIN 18005 und der Richtlinie Schall 03 voraussetzungsgemäß keine Aussagen finden können. Beide Regelwerke dienen dem Zweck, bereits im Planungsstadium Vorkehrungen dafür zu treffen, daß keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch (Verkehrs-)Geräusche hervorgerufen werden. Um dies zu gewährleisten, enthalten sie allein oder in Verbindung mit sonstigen Normen einerseits Verfahren zur Schallimmissionsberechnung und andererseits Grenz- bzw. Richtwerte, deren Überschreitung ein Indikator dafür ist, daß Lärmschutzmaßnahmen zwingend geboten sind (so die Richtlinie Schall 03 i.V.m. § 3 Satz 1 der 16. BImSchV und der Anlage 2) oder jedenfalls guter planerischer Praxis entsprechen (so die DIN 18005). Lärmprobleme unterhalb der durch sie markierten Zumutbarkeitsschwelle gehören nicht zu ihrem Regelungsgegenstand. Solche ihrem Anwendungsbereich vorgelagerten Geräuscheinwirkungen sind gerade dadurch gekennzeichnet, daß es für ihre Beurteilung keinerlei regelhafte Vorgaben gibt. Wie weit ihnen bei der Planung Rechnung zu tragen ist, bestimmt sich allein nach allgemeinen Abwägungsgrundsätzen. Im übrigen ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt, daß im Rahmen der Abwägung auch eine Auseinandersetzung mit Fragen geboten sein kann, die im Beteiligungsverfahren von keiner Seite angesprochen worden sind (vgl. BVerwG, Beschluß vom 14. August 1989 – BVerwG 4 NB 24.88 – Buchholz 406.11 § 11 BBauG/BauGB Nr. 5; vgl. auch Beschluß vom 28. August 1987 – BVerwG 4 N 1.86 – Buchholz 406.11 § 1 BBauG Nr. 29). Ein etwaiges Defizit in diesem Bereich läßt sich indes nicht mit einem Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO gleichsetzen. Der Tatrichter verletzt die Ermittlungspflicht, die ihm nach dieser Vorschrift obliegt, nur dann, wenn er es unterläßt, Tatsachen zu erforschen, auf die es von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus ankommt. Umstände, die nach seinem materiellrechtlichen Verständnis nicht entscheidungserheblich sind, braucht er dagegen nicht aufzuklären. Geht er ihnen nicht nach, so haftet seiner Entscheidung ein Aufklärungsmangel selbst dann nicht an, wenn er das materielle Recht fehlerhaft anwendet. Nach Ansicht des Normenkontrollgerichts durfte die Antragsgegnerin bei ihrer planerischen Entscheidung, ohne die durch das Abwägungsgebot gezogenen Grenzen zu überschreiten, den Lautheitseffekt unberücksichtigt lassen. Bei dieser Sichtweise erübrigte es sich, zu dieser Thematik weitere Ermittlungen anzustellen.
II.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Gaentzsch, Lemmel, Halama
Fundstellen
NVwZ-RR 2000, 146 |
ZfBR 2000, 419 |
BRS 2000, 10 |