Verfahrensgang
Hessischer VGH (Aktenzeichen 11 UE 716/98) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 21. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 172,50 DM festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, der Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und des Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie grundsätzliche bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im zukünftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Derartige Rechtsfragen sind von der Beschwerde nicht aufgeworfen worden.
1.1 Die Frage, nach welcher „Karenzzeit” eine Abschleppmaßnahme im Straßenverkehr verhältnismäßig ist, erfüllt die vorgenannten Voraussetzungen nicht. Das angefochtene Urteil stützt seine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der unmittelbaren polizeilichen Ausführung einer Abschleppmaßnahme auf § 8 Abs. 1 und Abs. 2 HSOG. Es beruht somit auf Landesrecht, dessen Verletzung – von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen – gemäß § 137 Abs. 1 VwGO mit der Revision nicht gerügt werden und daher auch nicht zur Zulassung der Revision führen kann. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf das Urteil vom 14. Mai 1992 – BVerwG 3 C 3.90 – (BVerwGE 90, 189 ≪193≫) und die dortigen Ausführungen zum bundesverfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hinweist, übersieht sie bereits, dass im Unterschied zum Streitfall in dem damaligen Verfahren zur Rechtfertigung der Abschleppmaßnahme maßgeblich auf die bundesrechtliche Vorschrift des § 12 Abs. 4 Satz 1 StVO über das Parken auf Gehwegen abzustellen war; gleichfalls das verbotswidrige Parken auf Gehwegen betraf der von der Beschwerde herangezogene Beschluss vom 20. Dezember 1989 – BVerwG 7 B 179.89 – (NJW 1990, 931 = NVwZ 1990, 473 Ls). Soweit sich anderen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 6. Juli 1983 – BVerwG 7 B 182.82 – DVBl 1983, 1066 f.; Beschluss vom 26. Januar 1988 – BVerwG 7 B 189.87 – NVwZ 1988, 623 f.) Aussagen zum Einfluss des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Abschleppvorgänge entnehmen lassen, ist geklärt, dass die Nachteile, die mit einer Abschleppmaßnahme für den Betroffenen verbunden sind, nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolgt stehen dürfen, was sich aufgrund einer Abwägung der wesentlichen Umstände des Einzelfalls beurteilt (Beschluss vom 6. Juli 1983 a.a.O. S. 1067); dabei kann auch die Heranziehung generalpräventiver Gesichtspunkte zulässig sein (Beschluss vom 20. Dezember 1989 a.a.O.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass das erstrebte Revisionsverfahren zu über den Einzelfall hinausführenden zusätzlichen Erkenntnissen zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beitragen könnte.
1.2 Auch die weiter vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Frage, „ob es in Fällen der unmittelbaren Ausführung (hier gestützt auf § 8 HSOG) zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme einer konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer bedarf” kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Ausgehend von den vorstehend dargelegten revisionsrechtlichen Einschränkungen sowie bundesrechtlichen Maßstäben lässt sie sich auch ohne die Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig in dem Sinne verneinen, dass beim Fehlen einer konkreten Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer i.S. einer Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs (vgl. Beschluss vom 6. Juli 1983 a.a.O.) eine Störung der öffentlichen Ordnung durch den Verstoß (vgl. Beschluss vom 6. Juli 1983 a.a.O.) zwar gleichfalls eine Abschleppmaßnahme unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten rechtfertigen kann, aber naturgemäß das Gewicht der gegenläufigen Interessen erheblicher wird. Nicht anders ist im Übrigen insoweit das von der Beschwerde auch in diesem Zusammenhang herangezogene Urteil vom 14. Mai 1992 – BVerwG 3 C 3.90 – (a.a.O.) zu verstehen, wenn dort ausgeführt ist, jedenfalls unterliege es keinem Zweifel, „dass ein Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge im Falle der Behinderung von anderen Verkehrsteilnehmern geboten erscheint.” Von der Erforderlichkeit dieser Behinderung für jede Abschleppmaßnahme (noch dazu nach anderen Vorschriften) ist dort nicht die Rede.
2. Das Berufungsurteil weicht entgegen der Behauptung des Klägers nicht von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab. Eine solche Abweichung liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der einem vom Bundesverwaltungsgericht oder von einem anderen im § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO bezeichneten Gericht aufgestellten Rechtssatz widerspricht. Das ist hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit einer konkreten Behinderung der Verkehrsteilnehmer zur Rechtfertigung einer Abschleppmaßnahme schon deswegen nicht der Fall, weil der Senat in der genannten Entscheidung vom 14. Mai 1992 (BVerwG 3 C 3.90 a.a.O.) – wie bereits dargelegt – den vom Kläger behaupteten Rechtssatz nicht aufgestellt hat.
3. Die Rüge, das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht es unter Missachtung des Aufklärungsgebots des § 86 VwGO versäumt habe, die Tatsachen hinsichtlich Verkehrsbehinderung und „Begleitumstände” weiter zu erforschen, geht schon deshalb fehl, weil es nach der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts hierauf nicht ankam.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, Kimmel, Dr. Brunn
Fundstellen