Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 7 B 99.358) |
Tenor
Die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs über die Nichtzulassung der Revision gegen seinen Beschluß vom 4. Juni 1999 wird aufgehoben.
Die Revision wird zugelassen.
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß der innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO beim Verwaltungsgerichtshof eingegangene Begründungsschriftsatz vom 15. Juli 1999 nicht die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin trägt. Es spricht bereits vieles dafür, daß der Schriftsatz trotz der fehlenden Unterschrift dem gesetzlichen Erfordernis der Schriftlichkeit genügt, weil sich aus zahlreichen anderen Anhaltspunkten eine der Unterzeichnung vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft des Prozeßbevollmächtigten und seinen Willen ergibt, den Schriftsatz in den Rechtsverkehr zu bringen (vgl. BVerwGE 81, 32). Von einer wirksamen und rechtzeitigen Begründung der Beschwerde ist ersichtlich auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen; denn er hat den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht auf das Fehlen der Unterschrift hingewiesen, obwohl bis zum Ablauf der Begründungsfrist ausreichend Zeit bestand, die Unterschrift nachzuholen. Jedenfalls ist der Klägerin im Hinblick auf eine mögliche Versäumung der Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (§ 60 Abs. 1 VwGO). Sollte nämlich der Verwaltungsgerichtshof berechtigten Anlaß zu Zweifeln an der Verläßlichkeit der Beschwerdebegründung gehabt haben, hätte er aufgrund seiner nachwirkenden prozessualen Fürsorgepflicht dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin Gelegenheit zur Behebung des Unterschriftsmangels geben müssen; da er dies unterlassen hat, ist die etwaige Versäumung der Begründungsfrist nicht der Klägerin, sondern ihm zuzurechnen (vgl. BVerfGE 93, 99 ≪114 ff.≫).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Sie kann dem Senat, sofern die Klage nicht aus den vom Verwaltungsgerichtshof angeführten Gründen als unzulässig abzuweisen sein sollte, Gelegenheit zur Klärung der Frage geben, unter welchen Voraussetzungen eine Kirche aufgrund des Grundrechts der Religionsfreiheit (Art. 4 GG) öffentlich vor der Tätigkeit eines Wirtschaftsunternehmens warnen darf, das von Mitgliedern einer anderen Religionsgemeinschaft betrieben wird.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Herbert
Fundstellen