Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 25.03.2010; Aktenzeichen 1 K 79/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2010 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 8. Die übrigen Beigeladenen tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3 274,33 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
1. Das Urteil leidet nicht an den geltend gemachten Verfahrensmängeln gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Rz. 3
Soweit die Klägerin ausführt, das Verwaltungsgericht habe sich nicht hinreichend mit ihrem Vorbringen befasst und nicht hinreichend gewürdigt,
– dass den Rückübertragungsberechtigten im Rahmen der angeordneten Rückübertragung mit Bescheid vom 29. Dezember 2000 letztlich mehr zurückgegeben worden sei, als sie (mangels Finanzierung eigener Werterhaltungsmaßnahmen) verloren hätten, und
– dass erst aufgrund der mit den Grundpfandrechten abgesicherten Fremdfinanzierung durchgeführten baulichen Maßnahmen ein “verkehrsfähiges Objekt” zum Gegenstand eines faktisch vorgezogenen Verfahrens nach dem SachenRBerG habe verhandelt werden können,
kam es auf diese Umstände im angegriffenen Urteil nicht an. Die Prüfung der gerügten Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) und des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 VwGO) erfolgt allein am Maßstab der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 29. Dezember 2010 – BVerwG 8 B 31.10 – juris Rn. 17). Dieses hatte den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf die begehrte Verpflichtung des Beklagten, zu ihren Gunsten einen Ablösebetrag i.H.v. 3 274,33 € festzusetzen, allein davon abhängig gemacht, ob die Voraussetzungen des § 18 VermG vorliegen. Das hat das Verwaltungsgericht deshalb verneint, weil die Beigeladenen zu 1 bis 6 als Rückübertragungsberechtigte ihren Rückübertragungsantrag zurückgenommen hatten, sodass der Beklagte dementsprechend den (noch nicht bestandskräftigen) Bescheid des Landrates des Landkreises Potsdam-Mittelmark vom 29. Dezember 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. April 2002, in dem zugunsten der Klägerin ein Ablösebetrag nach § 18 VermG festgesetzt worden war, aufgehoben hatte. Zu einer Rücknahme ihres Antrages waren die Beigeladenen zu 1 bis 6 nach Auffassung des Verwaltungsgerichts befugt. Die Vereinbarung zwischen den Beigeladenen zu 1 bis 6 und dem Beigeladenen zu 7 stelle entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Vertrag zulasten Dritter dar. Damit ist das Verwaltungsgericht der abweichenden Rechtsauffassung der Klägerin in der Sache nicht gefolgt, es bestehe aufgrund des erlassenen Bescheides vom 29. Dezember 2000 “keine unbeschränkte Autonomie des Antragstellers im Rückübertragungsverfahren”, über “die Rücknahme des Antrages frei zu disponieren”. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass insoweit entscheidungserhebliche Ausführungen der Klägerin nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen worden sind, sind nicht ersichtlich. Dagegen spricht zudem, dass im Tatbestand des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Klägerin zu der nach ihrer Ansicht den Beigeladenen zu 1 bis 6 und 7 fehlenden “Verfügungsbefugnis über den Vergleichsgegenstand” und zu den Rechtsfolgen der “mangelnden Beteiligung der Klägerin” ausdrücklich wiedergegeben worden ist. Weder der Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) noch der Anspruch auf rechtliches Gehör begründen ein Recht der Klägerin darauf, dass das Gericht ihre Rechtsauffassung teilt.
Rz. 4
2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.
Rz. 5
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine – in der Beschwerdebegründung genau zu bezeichnende – bisher höchstrichterlich ungeklärte, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehende Frage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und sich in dem erstrebten Revisionsverfahren stellen wird (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫, vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 28. Mai 2010 – BVerwG 8 B 121.09 – juris Rn. 3).
Rz. 6
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Hinsichtlich der von der Klägerin aufgeworfenen Fragen
– Unterliegt die Rücknahme eines Antrages auf Rückübertragung nach bereits erfolgter (nicht bestandskräftiger) Entscheidung der Ausgangsbehörde der Zustimmung eines in diesem Bescheid begünstigenden Dritten im Falle der Festsetzung eines Ablösebetrages nach § 18 VermG?
– Schließt § 18 VermG im Falle der Rücknahme eines Rückübertragungsantrages das Festhalten an einem angeordneten Ausgleich der Zahlung eines Ablösebetrages durch die Erlassbehörde aus?
– Ist im Falle der Rücknahme eines Rückübertragungsantrages (in Abhängigkeit der Beantwortung der Frage Nr. 1) zwingend auch die bereits in einem nicht bestandskräftigen Bescheid angeordnete Festsetzung eines Ablösebetrages nach § 18 VermG gegenstandslos?
fehlt es bereits an der für eine Zulassung erforderlichen Klärungsbedürftigkeit. Denn sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne Weiteres beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Rz. 7
Unmittelbar aus dem Wortlaut, dem Regelungszusammenhang und dem erkennbaren Zweck des § 18 Abs. 1 VermG ergibt sich, dass die Festsetzung eines Ablösebetrages für die nach dem Recht der DDR bei Überführung eines Grundstücks in Volkseigentum untergegangenen dinglichen Rechte (Grundpfandrechte) von der Rückübertragung des Eigentumsrechtes an dem Grundstück abhängt, die ihrerseits nur aufgrund eines Antrages des Berechtigten erfolgen kann. Ein eigenständiges Antragsrecht desjenigen, dessen dingliches Recht bei der Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangen ist, sieht das Gesetz nicht vor, sofern nicht ein Schädigungstatbestand nach § 1 VermG vorliegt. Ebenso wie ein (von Anfang an) fehlender Antrag auf Rückübertragung des Grundstücks der Festsetzung eines Ablösebetrages nach § 18 Abs. 1 VermG entgegensteht, kommt eine solche Festsetzung auch bei einer vor Eintritt der Bestandskraft der Rückübertragungsentscheidung erfolgten Rücknahme des Restitutionsantrages nicht in Betracht, weil dann der Tatbestand der Vorschrift nicht (mehr) erfüllt werden kann. Mit der wegen der Antragsrücknahme von der zuständigen Behörde vorgenommenen Aufhebung des (noch nicht bestandskräftigen) Restitutionsbescheides entfällt auch die darin angeordnete Festsetzung eines Ablösebetrages nach § 18 VermG; denn auch diese Festsetzung war noch nicht in Bestandskraft erwachsen bzw. unanfechtbar geworden.
Rz. 8
Damit sind auch die weiteren von der Klägerin aufgeworfenen Fragen
– Ist im Falle eines möglichen Zustimmungserfordernisses zur Rücknahme des Rückübertragungsantrages nach erfolgter Festsetzung eines Ablösebetrages gemäß § 18 VermG auch von Bedeutung, ob die Rücknahme lediglich der Vereinfachung eines gesetzlichen Verfahrens zur Durchsetzung von Ansprüchen nach dem SachenRBerG dient?
– Ist für die Beurteilung der Frage nach dem Zustimmungserfordernis auch von Bedeutung, ob die Verfahrensbeteiligten ausschließlich den Zweck verfolgen, die jeweilige Verfahrensweise nach dem VermG zu verkürzen, um gleichzeitig unter Ausschluss der Rückübertragung sofort die Sachenrechtsbereinigung durchzuführen?
– Ist der konkrete Inhalt einer verfahrensbeendenden Vereinbarung zwischen Alteigentümer, Nutzer und Erlassbehörde Gradmesser für die grundsätzliche Frage einer notwendigen Zustimmung des drittbegünstigten Kreditinstituts nach § 18 VermG im Rahmen eines bereits ergangenen Rückübertragungsbescheides?
in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig, da ein Zustimmungserfordernis hinsichtlich der Rücknahme eines Restitutionsantrages nach erfolgter Festsetzung eines Ablösebetrages gemäß § 18 VermG zumindest dann nicht besteht, wenn die Rückübertragung und die Festsetzung des Ablösebetrages noch nicht bestandskräftig bzw. unanfechtbar geworden sind.
Rz. 9
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. von Heimburg, Dr. Deiseroth, Dr. Hauser
Fundstellen