Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsweg. bei Anfechtung der Wahl eines Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten. Wahlberechtigung. der Bezirksvertrauensmänner bei den Bezirksregierungen im Land Nordrhein-Westfalen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bezirksvertrauensmänner der Schwerbehinderten bei den Bezirksregierungen im Land Nordrhein-Westfalen sind allein zur Wahl des Hauptvertrauensmannes beim Innenminister/nicht aber zur Wahl der Hauptvertrauensmänner bei den anderen obersten Landesbehörden wahlberechtigt.

 

Normenkette

SchwbG 1979 § 21 Abs. 5 S. 2, Abs. 6, § 24 Abs. 2 S. 2; SchwbG 1986 § 24 Abs. 6 S. 2, § 27 Abs. 2 S. 2; LPVG NRW § 22 Abs. 1

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Beschluss vom 05.02.1985; Aktenzeichen CL 41/83)

VG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.07.1983; Aktenzeichen PVL 4/83)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1), 3) und 4) gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 5. Februar 1985 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsteller sind die Bezirksvertrauensmänner der Schwerbehinderten bei den Bezirksregierungen Arnsberg, Düsseldorf, Köln und Münster. Sie sind der Auffassung, daß bei der Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten im Bereich des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner Stellvertreter am 13. Januar 1983 gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen worden sei, weil entgegen § 24 Abs. 2 Satz 2 SchwbG F. 1979 auch die Vertrauensmänner der nachgeordneten Dienststellen zur Wahl zugelassen worden seien, obwohl die Zahl der Bezirksvertrauensmänner nicht niedriger als fünf sei. Der Wahlvorstand hatte sich demgegenüber auf den Standpunkt gestellt, daß die Bezirksvertrauensmänner bei den Bezirksregierungen nicht wahlberechtigt seien. In der von ihm aufgestellen Wählerliste waren dementsprechend lediglich die Bezirksvertrauensmänner für die Bereiche des Landessozialgerichts und des Landessozialamtes sowie 51 Vertrauensmänner bei nachgeordneten Dienststellen im Bereich des Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales – des Beteiligten zu 2) – aufgeführt.

Aufgrund einer von den Antragstellern 1), 2) und 4) beantragten einstweiligen Verfügung gab das Verwaltungsgericht dem Wahlvorstand durch Beschluß vom 28. Dezember 1982 auf, diese Antragsteller in die Wählerliste einzutragen und ihnen unverzüglich die für die Stimmabgabe erforderlichen Wahlunterlagen zu übersenden. Dem kam der Wahlvorstand nach. Die Bezirksvertrauensmänner bei den Bezirksregierungen Köln – der Antragsteller zu 3) – und Detmold wurden nicht in die Wählerliste eingetragen und die Vertrauensmänner bei den nachgeordneten Dienststellen nicht gestrichen. Bei der Wahl wurden der Beteiligte zu 1) zum Hauptvertrauensmann und die Beteiligten zu 3) und 4) zu seinen Stellvertretern gewählt.

Die Antragsteller haben daraufhin die Wahl angefochten. Das Verwaltungsgericht hat die Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten und seiner Stellvertreter im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2) mit der Begründung für ungültig erklärt, daß bei der Wahl gegen § 24 Abs. 2 Satz 2 SchwbG F. 1979 verstoßen worden sei. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das Oberverwaltungsgericht den erstinstanzlichen Beschluß geändert und den Antrag abgelehnt, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Der Antrag sei unzulässig, weil die Antragsteller zur Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2) nicht wahlberechtigt und damit nicht anfechtungsbefugt seien.

Gemäß §§ 21 Abs. 5, 24 Abs. 6 SchwbG F. 1979 sei auf die Wahlanfechtung sinngemäß § 22 Abs. 1 LPVG NW anzuwenden, wonach drei wahlberechtigte Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach dem Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten könnten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt sei, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. Das bedeute bei der Anfechtung der Wahl des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten, daß an die Stelle der drei wahlberechtigten Beschäftigten jeweils drei zu der Wahl des Vertrauensmannes der Schwerbehinderten, dessen Wahl angefochten werden solle, Wahlberechtigte träten. Der Hauptvertrauensmann der Schwerbehinderten, um dessen Wahl es im vorliegenden Fall gehe, werde zwar gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1979 – abgesehen von den Vertrauensmännern bei den obersten Dienstbehörden – von den Bezirksvertrauensmännern gewählt. Die Antragsteller seien als Bezirksvertrauensmänner der Schwerbehinderten bei den Bezirksregierungen des Landes Nordrhein-Westfalen aber gleichwohl nicht zur Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2) wahlberechtigt und damit auch nicht anfechtungsbefugt. Denn § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1979 dürfe nicht isoliert betrachtet, sondern müsse im Zusammenhang mit Satz 1 des genannten Absatzes dieser Vorschrift gesehen werden. Danach gelte für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen, bei denen ein Bezirks- oder Hauptpersonalrat gebildet sei, Abs. 1 des § 24 SchwbG F. 1979, wonach die Vertrauensmänner der einzelnen Dienststellen gegebenenfalls einen Gesamtvertrauensmann wählen, sinngemäß mit der Maßgabe, daß bei den Mittelbehörden von deren Vertrauensmann und den Vertrauensmännern der nachgeordneten Behörden ein Bezirksvertrauensmann zu wählen sei. Daraus ergebe sich, daß es sich bei den Bezirksvertrauensmännern im Sinne des § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs, 1 SchwbG F. 1979 um Bezirksvertrauensmänner bei den Mittelbehörden im Geschäftsbereich der jeweils in Betracht kommenden obersten Dienstbehörde handeln müsse, bei denen ein – dieser Verwaltungsbehörde zugeordneter – Bezirkspersonalrat gebildet sei. Die Antragsteller erfüllten diese Voraussetzungen nicht, da die Bezirksregierungen nicht Mittelbehörden im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2) seien, sondern dem Innenminister unterstünden.

Für die Richtigkeit dieser Auffassung spreche auch § 50 Abs. 2 Satz 2 LPVG NW, wonach, soweit bei Mittelbehörden die Persohalangelegenheiten der Beschäftigten zum Geschäftsbereich verschiedener oberster Landesbehörden gehörten, diese Beschäftigten für den Hauptpersonalrat bei der jeweils zuständigen obersten Landesbehörde wahlberechtigt seien. Wenn diese Vorschrift auch nicht unmittelbar auf die Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten anwendbar sei, lasse sich ihr jedoch auch für dessen Wahl der Grundsatz entnehmen, daß wahlberechtigt nur Personen sein sollten, die zum Geschäftsbereich der obersten Dienstbehörde gehörten, bei der der Hauptvertrauensmann der Schwerbehinderten zu wählen sei.

Außerdem müßte, falls man die Bezirksvertrauensmänner bei den Bezirksregierungen als zur Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2) berechtigt ansehen würde, Entsprechendes auch hinsichtlich der Wahl der Hauptvertrauensmänner in den Geschäftsbereichen der übrigen Ministerien gelten. Damit würde aber den Bezirksvertrauensmännern bei den Bezirksregierungen bei der Wahl sämtlicher Hauptvertrauensmänner der Schwerbehinderten ein übermäßiger Einfluß eingeräumt, was vom Gesetzgeber nicht gewollt sei. Auch habe der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes vom 26. Oktober 1984 – BR-Drucks. 431/84 – vorgeschlagen, zur Klarstellung in § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1979 nach dem Wort „Bezirksvertrauensmännern” die Worte „des Geschäftsbereichs” einzufügen.

Der Senat verkenne nicht, daß bei dieser Auslegung die bei der Bezirksregierung beschäftigten Schwerbehinderten, die nicht der Dienstaufsicht des Innenministers unterstünden, bei der Wahl des für sie maßgeblichen Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten durch keinen Bezirksvertrauensmann repräsentiert würden. Eine befriedigende Regelung könne letztlich nur durch eine grundlegende Änderung des § 24 Abs. 2 SchwbG F. 1979 erfolgen.

Gegen diesen Beschluß haben die Antragsteller zu 1), 3) und 4) die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie beantragen,

den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Landespersonalvertretungssachen – vom 5. Februar 1985 aufzuheben und die Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichts Düsseldorf – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 28. Juli 1983 zurückzuweisen.

Sie rügen einen Verstoß gegen § 24 Abs. 2 SchwbG F. 1979 und machen geltend: Bereits der Wortlaut dieser Vorschrift stehe der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts entgegen. Wenn es auf den Geschäftsbereich und die Dienstaufsicht des jeweiligen Ministeriums ankomme, müßten mehrere Bezirksvertrauensmänner gewählt werden, was jedoch durch § 24 Abs. 2 Satz 1 SchwbG F. 1979 ausgeschlossen sei. Auch stütze sich die angefochtene Entscheidung zu Unrecht auf § 50 Abs. 2 LPVG NW, wobei die völlige Wesensverschiedenheit des Personalvertretungsgesetzes und des Schwerbehindertengesetzes übersehen worden sei. Die vom Oberverwaltungsgericht selbst beschriebene Konsequenz seiner Auslegung des § 24 Abs. 2 SchwbG F. 1979 sei vom Gesetzgeber mit Sicherheit nicht gewollt worden. Die Bezirksregierungen seien, auch wenn sie als sogenannte Bündelungsbehörden mehreren Ressorts unterstellt seien, als Mittelbehörde im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Durch die Einfügung der Worte „des Geschäftsbereichs” in § 27 Abs. 2 Satz 2 SchwbG F. 1986 sei die streitige Rechtsfrage nicht beantwortet worden. Diese Gesetzesänderung habe nicht die notwendige Klarheit erbracht.

Die Beteiligten zu 1) und 2) beantragen,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluß und treten den Ausführungen der Antragsteller entgegen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

Für die Entscheidung über die Anfechtung der Wahl eines Vertrauensmannes, eines Bezirks- oder Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten im Bereich des öffentlichen Dienstes sind die Fachkammern und die Fachsenate für Personalvertretungssachen zuständig. Das ergibt sich für dieses Verfahren aus den §§ 21 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 des Gesetzes zur Sicherung der Eingliederung Schwerbehinderter in Arbeit, Beruf und Gesellschaft (Schwerbehindertengesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 1979 (BGBl. I S. 1649) – SchwbG F. 1979 –, wonach insoweit die Vorschriften über das Wahlverfahren, den Wahlschutz und die Wahlkosten bei der Wahl des Betriebs-, Personal- oder Richterrates sinngemäß anzuwenden sind. Wie der beschließende Senat in dem Beschluß vom 17. März 1983 – BVerwG 6 P 30.82 – (ZBR 1983, 278 = PersV 1984, 320) näher ausgeführt hat, muß aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung geschlossen werden, daß sich damit auch die gerichtliche Zuständigkeit für eine Wahlanfechtung ebenso wie die Anfechtungsbefugnis und die materiellen Grundlagen der Anfechtung nach den bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften beurteilt, die für die Wahl des Betriebs-, Personal- oder Richterrates gelten. Demgemäß sind nunmehr in der Verweisungsvorschrift des § 24 Abs. 6 Satz 2 des Schwerbehindertengesetzes vom 24. Juli 1986 (BGBl. I S. 1110) in der Bekanntmachung der Neufassung vom 26. August 1986 (BGBl. I S. 1421, 1429) – SchwbG F. 1986 – die Worte „die Wahlanfechtung” ausdrücklich eingefügt worden.

Auch ist das Rechtsschutzbedürfnis der Antragsteller an der Wahlanfechtung nicht dadurch entfallen, daß die Amtszeit des Hauptvertrauensmannes, dessen Wahl angefochten wurde, während des Rechtsbeschwerdeverfahrens gemäß § 24 Abs. 6, § 21 Abs. 7 SchwbG F. 1979 abgelaufen ist. Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses an einer Klärung der den Gegenstand des Beschlußverfahrens bildenden Rechtsfrage ist nur dann zu verneinen, wenn der konkrete Streitfall im Laufe des Rechtsbeschwerdeverfahrens durch Umstände gegenstandslos wird, die entweder in einer der Auffassung des Antragstellers Rechnung tragenden Erledigung des konkreten Streitfalles bestehen oder von dem Antragsteller zu vertreten sind (Beschluß vom 29. April 1983 – BVerwG 6 P 14.81 –). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht gegeben, weil die Antragsteller mit ihrem Begehren erfolglos geblieben sind und die Frage, ob die Bezirksvertrauensmänner der Schwerbehinderten bei den Bezirksregierungen auch zur Wahl der Hauptvertrauensmänner bei anderen obersten Dienstbehörden als dem Innenminister wahlberechtigt sind, auch künftig Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens werden kann und daher der Klärung bedarf.

Die Rechtsbeschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Antragsteller zur Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2) nicht wahlberechtigt und damit auch nicht anfechtungsbefugt waren. Ihre Wahlanfechtung mußte somit als unzulässig zurückgewiesen werden.

Da nach § 21 Abs. 5 Satz 2 SchwbG F. 1979 – wie ausgeführt – auf die Anfechtung der Wahl von Vertrauensmännern der Schwerbehinderten im öffentlichen Dienst und ihrer Stellvertreter die Vorschriften des jeweils in Betracht kommenden Personalvertretungsgesetzes sinngemäß anzuwenden sind, ist die Anfechtungsbefugnis der Antragsteller nach § 22 Abs. 1 LPVG NW zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift können u.a. mindestens drei wahlberechtigte Beschäftigte die Wahl des Personalrats innerhalb von zwei Wochen nach dem Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflußt werden konnte. Bei sinngemäßer Anwendung dieser Regelung auf die Anfechtung der Wahl eines Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten sind also als anfechtungsbefugt mindestens drei zur Wahl dieses Hauptvertrauensmannes Wahlberechtigte anzusehen. Die Bezirksvertrauensmänner der Schwerbehinderten bei den Bezirksregierungen des Landes Nordrhein-Westfalen besitzen jedoch ein Wahlrecht nur bei der Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten beim Innenminister, nicht aber bei den anderen obersten Dienstbehörden wie dem Beteiligten zu 2). Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 2 SchwbG F. 1979, wonach „bei den obersten Dienstbehörden” von deren Vertrauensmann und den Bezirksvertrauensmännern jeweils ein Hauptvertrauensmann zu wählen ist; es muß sich also um Bezirksvertrauensmänner im Geschäftsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde handeln. Außerdem steht diese Regelung in engem systematischen Zusammenhang mit dem vorhergehenden Satz 1 desselben Absatzes, wonach für den Geschäftsbereich mehrstufiger Verwaltungen, bei denen ein Bezirks- oder Hauptpersonalrat gebildet ist, Abs. 1 sinngemäß mit der Maßgabe gilt, daß bei den Mittelbehörden von deren Vertrauensmann und den Vertrauensmännern der nachgeordneten Dienststellen ein Bezirksvertrauensmann zu wählen ist.

Dem Oberverwaltungsgericht ist demnach darin beizupflichten, daß zur Wahl eines Hauptvertrauensmannes bei einer obersten Dienstbehörde gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1979 nur die Bezirksvertrauensmänner der Schwerbehinderten solcher Mittelbehörden berechtigt sind, die dem Geschäftsbereich dieser obersten Dienstbehörde zugeordnet sind. Die Bezirksregierungen des Landes Nordrhein-Westfalen sind aber keine Landesmittelbehörden im Geschäftsbereich des Beteiligten zu 2); sie unterliegen vielmehr gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 des Landesorganisationsgesetzes der Dienstaufsicht des Innenministers, die sich auf den Aufbau, die innere Ordnung, die allgemeine Geschäftsführung und die Personalangelegenheiten erstreckt. Eine andere Auslegung würde, worauf das Oberverwaltungsgericht mit Recht hinweist, den Bezirksvertrauensmännern bei den Bezirksregierungen bei den Wahlen der Hauptvertrauensmänner einen übermäßigen Einfluß einräumen, da sie die Vertrauensmänner bei den nachgeordneten Behörden bei Vorhandensein von fünf oder mehr Bezirksvertrauensmännern von diesen Wahlen in nahezu allen obersten Landesbehörden ausschließen würde.

Diese Auslegung des § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1979 wird entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde dadurch bestätigt, daß der Bundesgesetzgeber in die entsprechende Vorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1986 nach dem Wort „Bezirksschwerbehindertenvertretungen” die Wörter „des Geschäftsbereichs” eingefügt hat. Dieser Zusatz erfolgte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens auf Vorschlag des Bundesrates, den dieser wie folgt begründet hat (BT-Drucks. 10/3138 S. 33):

„§ 24 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz läßt bisher nicht klar erkennen, welche Bezirksvertrauensmänner im einzelnen für die Wahl des Hauptvertrauensmannes von obersten Dienstbehörden wahlberechtigt sind. Dies gilt vor allem in den Ländern, in denen Bündelungsbehörden für zahlreiche ressortübergreifende Bereiche zuständig sind. Demzufolge sind die Wahlen zum Hauptvertrauensmann zum Teil sowohl in einzelnen Bundesländern als auch in einzelnen Ressorts oberster Landesbehörden unterschiedlich durchgeführt worden. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit hat deshalb eine gesetzliche Klarstellung dieser Bestimmung für rechtspolitisch unbedingt erforderlich gehalten”.

Die Bundesregierung stimmte dem Vorschlag zu (BT-Drucks. 10/3138 S. 39). Der Ausschuß des Bundestages für Arbeit und Sozialordnung unterstützte ihn in seinem Bericht vom 19. Juni 1986 mit folgender Begründung (BT-Drucks. 10/5701 S. 11, 12):

„Die Ergänzung in § 24 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz dient der Klarstellung, welche Bezirks-Schwerbehindertenvertreter im einzelnen für die Wahl der Haupt-Schwerbehindertenvertretung von obersten Dienststellen wahlberechtigt sind. Dies hat vor allem Bedeutung in den Bundesländern, in denen Bündelungsbehörden für zahlreiche ressortübergreifende Bereiche zuständig sind. In der Praxis waren insoweit Zweifelsfragen entstanden. Auch Verwaltungsgerichte haben deshalb eine gesetzliche Klarstellung für erforderlich gehalten. Die Vorschrift entspricht im übrigen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung”.

Diese Gesetzesmaterialien lassen erkennen, daß der Gesetzgeber mit der Einfügung der Wörter „des Geschäftsbereichs” nicht eine sachliche Änderung der Vorschrift, sondern zur Behebung von Zweifeln eine Klarstellung der bisherigen Regelung beabsichtigte.

Die Beschränkung der Wahlberechtigung der Bezirksvertrauensmänner bei den Bezirksregierungen auf die Wahl des Hauptvertrauensmannes der Schwerbehinderten beim Innenminister hat zwar zur Folge, daß die bei den Bezirksregierungen beschäftigen Schwerbehinderten, die nicht der Dienstaufsicht des Innenministers, sondern der anderer oberster Dienstbehörden unterstellt sind, bei der Wahl des für sie maßgeblichen Hauptvertrauensmannes durch keinen Bezirksvertrauensmann repräsentiert sind. Dies vermag jedoch an der Abgrenzung der Wahlberechtigung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1979, bzw. § 27 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 SchwbG F. 1986 nichts zu ändern. Die mangelnde Repräsentanz ist eine Auswirkung der Errichtung von Bezirksregierungen, die in Nordrhein-Westfalen als sogenannte Bündelungsbehörden mit ressortübergreifenden Zuständigkeiten ausgestattet sind. Sie ist jedoch vom Gesetzgeber bewußt in Kauf genommen worden, da er sich bei der Neufassung des Schwerbehindertengesetzes mit der Einfügung eines Zusatzes begnügt, die Regelung der Wahlberechtigung der Bezirksvertrauensmänner jedoch keiner grundlegenden Neuordnung unterzogen hat. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, daß in diesen Fällen die Interessen der nicht repräsentierten Schwerbehinderten durch die Personalvertretungen hinreichend wahrgenommen werden können.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1210589

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