Verfahrensgang
VG Leipzig (Urteil vom 19.06.2013; Aktenzeichen 1 K 1156/11) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision in dem auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2013 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. S. zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
Die Klägerin begehrt die Feststellung, sie sei gemeinsam mit ihrer Schwester Edith V. und den Erben nach ihrer verstorbenen Schwester Johanna W. wegen überschuldungsbedingten Ausschlagens der Erbschaft nach ihrer Mutter Frieda Elsa K. restitutionsberechtigt bezüglich der Grundstücke F.straße …, D.straße …, G.Straße … und H.straße … in L. gewesen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin und ihre Schwestern hätten ihren Restitutionsantrag aufgrund einer Vereinbarung vom 26. November 1995, die mit der nachrangig berufenen Erbin Margot Sch. und der Firma T. GmbH geschlossen worden war, mit notariell beglaubigter Erklärung vom 27. November 1995 wirksam zurückgenommen und den dafür vereinbarten Geldbetrag sowie weitere Zahlungen erhalten. Jedenfalls sei der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch verwirkt. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Für dessen Durchführung begehrt sie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, weil die von der Klägerin erhobene Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 117 Abs. 2 ZPO). Da die angegriffene Entscheidung sich auf zwei alternative, sie jeweils selbstständig tragende Begründungen stützt, kann die Beschwerde nur zum Erfolg führen, wenn für jede der beiden Alternativbegründungen ein Revisionszulassungsgrund gemäß § 132 Abs. 2 VwGO geltend gemacht wird und vorliegt (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO
Nr. 26 S. 15). Das ist ungeachtet der umfangreichen Beschwerdebegründung offenkundig nicht der Fall.
1. Die Rügen betreffend die Annahme, der geltend gemachte vermögensrechtliche Anspruch sei wegen wirksamer Rücknahme des Restitutionsantrags erloschen, greifen nicht durch. Die Rechtssache hat insoweit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Darlegungsanforderungen an eine Divergenzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Nr. 3 VwGO sind nicht erfüllt. Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, auf denen das verwaltungsgerichtliche Urteil insoweit beruhen könnte, sind teils schon nicht substantiiert dargetan und liegen im Übrigen nicht vor.
a) Die Beschwerdebegründung formuliert keine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme (zu diesem Erfordernis des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vgl. Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14). Sie macht lediglich Fehler bei der Anwendung der zivilrechtlichen Rechtsnormen, insbesondere über die Abgabe, Zurechnung und Wirksamkeit empfangsbedürftiger Willenserklärungen, sowie die Missachtung der dazu bereits ergangenen Rechtsprechung geltend. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe die Anforderungen an die Sorgfalt der Klägerin und ihrer Schwestern überspannt, wirft ebenfalls keine rechtsgrundsätzlichen Fragen zu § 276 Abs. 2 BGB auf. Beanstandet wird nur die verwaltungsgerichtliche Subsumtion unter die bereits geklärten Maßstäbe dieser Norm. Soweit die Beschwerde ausführt, die zuständige Behörde habe nach Treu und Glauben nicht von einer wirksamen Rücknahmeerklärung ausgehen oder die Klägerin und deren Schwestern jedenfalls nicht daran festhalten dürfen, kritisiert sie die rechtliche Würdigung der Vorinstanz im Stil einer Berufungsbegründung, ohne rechtsgrundsätzliche Fragen herauszuarbeiten. Gleiches gilt für die Kritik an der verwaltungsgerichtlichen Würdigung des Vortrags zur Anfechtung der Rücknahmeerklärung, an dem die Klägerin im Übrigen nicht mehr festhält (vgl. S. 71 der Beschwerdebegründung).
Unabhängig davon übersieht die Beschwerdebegründung, dass die Erheblichkeit von Rechtsfragen auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zu beurteilen ist, an die der Senat im angestrebten Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO mangels wirksamer Verfahrensrügen (dazu sogleich unter 1.c) gebunden wäre. Der in der „Chronologie der tatsächlichen Abläufe” geschilderte und in der weiteren Beschwerdebegründung ausgeführte Sachverhalt kann der revisionsrechtlichen Prüfung daher nicht zugrunde gelegt werden, soweit er über die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen hinausgeht oder diesen widerspricht. So käme es auf die Frage, ob dem Dokument vom 27. November 1995 Erklärungswert zugemessen werden durfte, wenn die Unterschriften vor Abschluss der Vereinbarung als „Unterschriftsproben” auf einem teilweise abgedeckten Blatt blanko geleistet und erst nachträglich ohne Wissen und Wollen der Unterzeichnenden durch den vorangestellten Rücknahmetext „ergänzt” wurden, wegen der gegenteiligen, bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz nicht an. Diese hat keine Blanko-Unterzeichnung angenommen, sondern ist davon ausgegangen, das zur Unterschrift vorbereitete Blatt habe den Rücknahmetext bei der Unterzeichnung durch die Klägerin und ihre Schwestern schon enthalten; selbst wenn der Text – dem Klägervorbringen zufolge – von Ausweispapieren verdeckt gewesen sein sollte, hätten die Klägerin und ihre Schwestern sich durch Beiseiteschieben dieser Papiere unschwer vergewissern können, worauf die von ihnen erbetenen Unterschriften sich bezogen (UA S. 19 f.). Der Vortrag der Beschwerde, die Unterschriften seien falsch beurkundet und in betrügerischer Absicht hinter dem Rücken der Betroffenen missbraucht worden (S. 47, 49, 69 der Beschwerdebegründung), geht von Tatsachen aus, die das Verwaltungsgericht nicht festgestellt hat, und wäre der revisionsrechtlichen Prüfung nicht zugrunde zu legen.
b) Eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nicht prozessordnungsgemäß dargetan. Die Beschwerde hätte einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennen müssen, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen, deren Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprach (stRspr; z.B. Beschluss vom 21. Juni 1995 – BVerwG 8 B 61.95 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 18). Sie macht nur geltend, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Rechtssätze seien außer Acht gelassen oder unrichtig angewendet worden. Soweit sie sich auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs bezieht, übersieht sie, dass diese nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht als Divergenzentscheidungen in Betracht kommen (vgl. Beschluss vom 26. Januar 2010 – BVerwG 9 B 40.09 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 48 unter 1.).
c) Die Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), die bezüglich der Annahme einer wirksamen Antragsrücknahme geltend gemachten werden, liegen, soweit sie ordnungsgemäß gerügt sind (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), nicht vor.
Mit den Einwänden gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist keine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 VwGO dargetan. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht sei von einem falschen bzw. unvollständigen Sachverhalt ausgegangen, genügt dazu nicht. (Vermeintliche) Fehler in der Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Tatsachengerichts sind regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und können daher grundsätzlich keinen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründen. Eine Ausnahme kommt bei aktenwidrigen, gegen die Denkgesetze verstoßenden oder sonst von objektiver Willkür geprägten Feststellungen in Betracht, ebenso bei Ausblenden wesentlichen Prozessstoffs oder bei Feststellungen ins Blaue hinein (stRspr; z.B. Beschluss vom 22. Mai 2008 – BVerwG 9 B 34.07 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 65). Derartige Mängel haften dem angegriffenen Urteil nicht an.
Ein Verstoß gegen Denkgesetze ist nicht schon anzunehmen, wenn das Tatsachengericht nach Auffassung der Klägerin unrichtige oder fernliegende Schlüsse gezogen hat. Es muss sich vielmehr um Schlussfolgerungen handeln, die aus Gründen der Logik schlechterdings nicht gezogen werden können und objektiv willkürlich sind (stRspr; z.B. Beschlüsse vom 10. Dezember 2003 – BVerwG 8 B 154.03 – NVwZ 2004, 627 und vom 6. März 2008 – BVerwG 7 B 13.08 – Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 54 S. 17 m.w.N.). Solche Schlussfolgerungen zeigt die Beschwerde nicht auf. Die auf Indizien gestützte Annahme des Verwaltungsgerichts, die Urkunde vom 27. November 1995 habe bei der Unterzeichnung bereits den Text der Rücknahmeerklärung enthalten, war nicht denklogisch ausgeschlossen. Von einer objektiv willkürlichen Beweiswürdigung kann ebenfalls nicht die Rede sein. Das gilt auch, soweit das Verwaltungsgericht die unter dem Datum des 26. November 1995 vereinbarte Verpflichtung der Klägerin und ihrer Schwestern, ihre vermögensrechtlichen „Ansprüche” zurückzunehmen, als Indiz für das Bestehen eines Rücknahmewillens bei der Unterzeichnung des Schriftstücks vom 27. November 1995 gewertet hat. Die Behauptung der Klägerin, die Vereinbarung sei erst nach diesem Schriftstück am 27. November 1995 unterzeichnet worden, beruft sich auf einen abweichenden Geschehensablauf, ohne aufzuzeigen, dass die verwaltungsgerichtliche Würdigung denklogisch ausgeschlossen war. Die Gesetze der Logik und das Willkürverbot hinderten die Vorinstanz schließlich nicht, sich bei der Würdigung des Tatsachenvortrags zu den von der Klägerin erhobenen strafrechtlichen Vorwürfen auch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens im Jahr 2002 zu berücksichtigen. Im Übrigen geht die Klägerin selbst davon aus, es sei nicht mehr aufzuklären, ob der Rücknahmetext erst nach der Unterschriftsleistung eingefügt worden sei (vgl. S. 30, erster Absatz der Beschwerdebegründung). Das Verwaltungsgericht hat auch nicht aus dem Fehlen einer Anfechtung der Rücknahme gefolgert, es liege keine Täuschung vor. Es hat lediglich geprüft, ob die nach seiner materiell-rechtlichen Beurteilung wirksame Rücknahme durch eine Anfechtung gemäß §§ 119, 121 BGB entfallen sein könnte.
Aktenwidrige Feststellungen und Tatsachenfeststellungen ins Blaue hinein werden nicht substantiiert dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Aktenwidrigkeit setzt einen zweifelsfreien, also ohne weitere Beweiserhebung offensichtlichen Widerspruch zwischen einer Feststellung der Vorinstanz und dem Akteninhalt voraus (Beschluss vom 16. März 1999 – BVerwG 9 B 73.99 – Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 7). Ein solcher Widerspruch ist nicht dargetan. Insbesondere genügt dazu nicht der Vortrag, das Verwaltungsgericht hätte die undatierten, nicht unterzeichneten, den Beteiligten nicht mitgeteilten Bescheidentwürfe, die bei den Unterlagen des Jahres 1994 abgeheftet waren, dem Jahr 1995 zuordnen und als Beleg für widersprüchliches, pflichtwidriges Handeln der Behörde werten müssen. Bei der Annahme der Vorinstanz, der Vereinbarung vom 26. November 1995 zufolge habe Herr B. der Beklagten die Rücknahmeerklärung übersenden sollen, handelt es sich nicht um eine Feststellung ins Blaue hinein, sondern um eine tatrichterliche Auslegung der Vereinbarung. Sie stützt sich maßgeblich auf die verabredete Bedingung für die Zahlung von 250 000 DM an die Klägerin und ihre Schwestern. Der Vorwurf selektiver Verwertung des Prozessstoffs ist nicht substantiiert und übersieht, dass der Prüfung von Verfahrensfehlern die materiell-rechtliche Rechtsauffassung der Vorinstanz zugrunde zu legen ist, nach der es auf weitere von der Klägerin für wesentlich gehaltene Umstände und Tatsachenbehauptungen nicht ankam.
Ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) geht aus der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht hervor. Das Verwaltungsgericht hat weder wesentliches Klagevorbringen übergangen noch eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.
Die Gewährleistung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Es ist aber nicht verpflichtet, sich ausdrücklich mit sämtlichen Tatsachen und Rechtsansichten auseinanderzusetzen. Nur wenn es auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens einer Partei zu einer Frage, die nach seiner eigenen Einschätzung für den Prozessausgang von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, lässt dies darauf schließen, dass es dieses Vorbringen nicht berücksichtigt hat (stRspr; z.B. Urteil vom 20. November 1995 – BVerwG 4 C 10.95 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f.). Das ist hier nicht dargelegt. Die Vorinstanz hat sich mit dem nach ihrer materiell-rechtlichen Auffassung entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag, insbesondere zum Wortlaut des Schriftstücks vom 27. November 1995 und den Umständen seiner Unterzeichnung sowie den darauf bezogenen strafrechtlichen Vorwürfen im Einzelnen auseinandergesetzt. Gleiches gilt für den Vortrag zu angeblichen Pflichtverletzungen der zuständigen Behörde und die wesentlichen Einwände der Klägerin gegen die Annahme einer wirksamen Rücknahmeerklärung und ihrer Zurechenbarkeit. Auf die nach Auffassung der Klägerin bedeutsame Reihenfolge der Unterzeichnung der Vereinbarung und der Rücknahmeerklärung kam es aus der materiell-rechtlichen Sicht des Gerichts nicht entscheidungserheblich an. Wie sich aus dem Zusammenhang seiner Ausführungen ergibt, hielt es vielmehr für maßgeblich, dass die Klägerin und ihre Schwestern sich jedenfalls im zeitlichen Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Schriftstücks vom 27. November 1995 zur Rücknahme ihrer „Ansprüche” gegenüber der zuständigen Behörde verpflichtet hatten, in dieser Verpflichtung zunächst bereits die Rücknahme sahen und den Abschluss der Vereinbarung auch später nicht in Abrede stellten. Die eidesstattlichen Versicherungen der Klägerin, deren Verhalten im weiteren Verfahren sowie die Anträge und Stellungnahmen ihrer Schwester Edith V. hat die Vorinstanz ebenfalls gewürdigt. Dass sie – ohne Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 VwGO (dazu oben Rn. 8 ff.) – zu einer anderen Sachverhaltswürdigung gelangt ist als die Klägerin und auch deren rechtlicher Würdigung nicht gefolgt ist, begründet keine Gehörsverletzung.
Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe ohne vorherigen Hinweis auf den Ausgang des Ermittlungsverfahrens abgestellt, ist ebenfalls unbegründet. Da das Klagebegehren sich maßgeblich auf den Vortrag stützte, die Rücknahmeerklärung sei durch strafbare Täuschung und Betrug erwirkt worden, musste die bereits in der Vorinstanz anwaltlich vertretene Klägerin auch ohne ausdrücklichen gerichtlichen Hinweis von der Relevanz des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens ausgehen. Dass das Urteil erhebliches Vorbringen zu Mängeln der strafrechtlichen Beurteilung übergangen hätte, ist nicht substantiiert dargelegt. Im Übrigen räumt die Beschwerdebegründung (S. 10) selbst ein, der richterliche Untersuchungsbericht spreche nur von einem Verdacht auf „eventuell unrechtmäßige Handlungen” und stelle fest, der Berichtsfall der Klägerin und ihrer Schwestern habe im Einzelnen nicht mehr untersucht werden können.
Ein Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht prozessordnungsgemäß nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargetan. Dazu hätte substantiiert dargelegt werden müssen, welche tatsächlichen Fragen aufklärungsbedürftig waren, welche Beweise die Klägerin angetreten hat oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht nach dessen Rechtsauffassung auch ohne förmlichen Beweisantrag der anwaltlich vertretenen Klägerin hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches Ergebnis von einer entsprechenden Beweisaufnahme zu erwarten gewesen wäre und inwieweit dies zu einer für sie günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Urteile vom 12. Februar 1998 – BVerwG 3 C 55.96 – BVerwGE 106, 177 ≪182≫ = Buchholz 421.8 Stiftungsrecht Nr. 6 und vom 20. April 2004 – BVerwG 1 C 13.03 – BVerwGE 120, 298 ≪303≫ = Buchholz 402.240 § 87 AuslG Nr. 2). Das ist hier weder in Bezug auf den Stand der behördlichen Abstimmung betreffend die rechtliche Einschätzung unvollständiger Kettenerbausschlagungen im November 1995 geschehen, noch in Bezug auf die Umstände der Unterzeichnung des Schriftstücks vom 27. November 1995 und der auf den 26. November 1995 datierten Vereinbarung. Auch die übrigen Vorwürfe mangelnder Aufklärung werden pauschal erhoben, ohne darzulegen, weshalb die angeblich noch klärungsbedürftigen Umstände nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich gewesen wären.
2. Die zweite selbstständig tragende, auf eine Verwirkung etwaiger Restitutionsansprüche abstellende Begründung wird ebenfalls nicht mit wirksamen Rügen angegriffen. Der Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe den Begriff der Verwirkung verkannt und nicht auf schutzwürdiges Vertrauen von Frau Sch. abstellen dürfen, bezeichnet weder eine grundsätzlich klärungsbedürftige und im Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage, noch arbeitet sie einen Rechtssatzwiderspruch zu einer Divergenzentscheidung heraus (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO). Der Kritik an der Annahme einer Verwirkung sind auch keine substantiierten Verfahrensrügen gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu entnehmen; sie setzt lediglich die Sachverhalts- und Beweiswürdigung der Klägerin an die Stelle derjenigen des Verwaltungsgerichts.
3. Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe versäumt, die Erben der Frau Margot Sch. beizuladen, ist ebenfalls nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Das angegriffene, klageabweisende Urteil kann nicht auf diesem Verfahrensmangel beruhen. Da das Unterlassen einer notwendigen Beiladung nicht zu den absoluten Revisionsgründen des § 138 VwGO zählt, kommt es darauf an, ob der Beiladungsmangel sich im Hinblick auf den Zweck des § 65 Abs. 2 VwGO auf die Entscheidung ausgewirkt haben kann (Urteil vom 7. Februar 1986 – BVerwG 4 C 30.84 – BVerwGE 74, 19 ≪22≫ = Buchholz 406.11 § 36 BBauG Nr. 36 S. 16 f.; Beschlüsse vom 17. Juli 1990 – BVerwG 3 C 77.88 – IFLA 1991, 47 f. und vom 22. April 2003 – BVerwG 8 B 144.02 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 143 S. 13). Das Unterbleiben einer notwendigen Beiladung kann sich nicht auswirken, wenn dem Beizuladenden aus dem angegriffenen Urteil keine Nachteile entstehen können und die Sachentscheidung – mangels anderer wirksam gerügter Mängel – Bestand haben muss (Beschlüsse vom 23. September 1988 – BVerwG 7 B 150.88 – BVerwGE 80, 228 ≪230≫ = Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 93 und vom 30. Juli 1990 – BVerwG 7 B 71.90 – Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 109 S. 24 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Das angegriffene Urteil hat die Klage auf Feststellung der vermögensrechtlichen Berechtigung bezüglich der von Frau Sch. veräußerten Grundstücke abgewiesen. Es bietet damit keine Grundlage für Forderungen der Klägerin gegen die Erben der Frau Sch., deren Durchsetzbarkeit ohne neuerliche gerichtliche Prüfung der Berechtigung von einer Einbeziehung der Erben in die Rechtskraftwirkung der Entscheidung abhinge. Die weiteren gegen das Urteil erhobenen Rügen greifen aus den oben unter 1. und 2. dargelegten Gründen ebenfalls nicht durch. Mit Rücksicht auf den Regelungszweck des § 65 Abs. 2 VwGO kann das Urteil auf dem Unterbleiben der Beiladung auch nicht schon beruhen, weil eine Beteiligung der Beigeladenen am Verfahren den Prozessverlauf – womöglich zugunsten der Klägerin – beeinflusst haben könnte. § 65 Abs. 2 VwGO bezweckt nicht, die Position eines am Verfahren Beteiligten zu stärken und in seinem Interesse die Möglichkeiten der Sachaufklärung zu verbessern; die Vorschrift dient allein dem Schutz des Beizuladenden und der Prozessökonomie (Beschlüsse vom 4. April 2000 – BVerwG 7 B 190.99 – VIZ 2000, 661 f., vom 22. April 2003 – BVerwG 8 B 144.02 – Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 143 und vom 16. September 2009 – BVerwG 8 B 75.09 – NVwZ-RR 2010, 37 f.).
Da der Klägerin keine Prozesskostenhilfe zu gewähren ist, kann ihr auch kein Prozessbevollmächtigter gemäß § 121 ZPO beigeordnet werden.
Unterschriften
Dr. Christ, Dr. Hauser, Dr. Held-Daab
Fundstellen