Verfahrensgang

VG Meiningen (Urteil vom 31.03.1999; Aktenzeichen 2 K 138/97)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen vom 31. März 1999 wird zurückgewiesen.

Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Meiningen über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 31. März 1999 aufgehoben.

Die Revision wird zugelassen, soweit das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben hat.

Der Kläger trägt die Kosten seiner Beschwerde mit Ausnahme der insoweit angefallenen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Im übrigen folgt die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die Beschwerde des Klägers auf 14 830,61 DM und für die Beschwerde des Beklagten auf 25 969,39 DM festgesetzt.

 

Gründe

1. Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Die Rechtssache hat insoweit keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.

a) Die Beschwerde hält zum einen folgende Frage sinngemäß für klärungsbedürftig:

Muß zunächst die Behörde darlegen und beweisen, für welche Baumaßnahme eine Kreditaufnahme erfolgte, ehe der Eigentümer gemäß § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG nachweisen muß, daß eine der Kreditaufnahme entsprechende Baumaßnahme nicht durchgeführt wurde?

Diese Frage bedarf nicht der Prüfung in einem Revisionsverfahren. Sie kann vielmehr aufgrund des Gesetzes und seiner Materialien ohne weiteres verneint werden. Gemäß § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG ist ein Grundpfandrecht dann nicht zu berücksichtigen, wenn der Berechtigte nachweist, daß eine der Kreditaufnahme entsprechende Baumaßnahme an dem Grundstück nicht durchgeführt wurde. Der Eigentümer hat diesen Nachweis erbracht, wenn die behauptete Tatsache bewiesen ist. Mit seinem Einwand, an seinem Anwesen sei nichts ausgeführt worden, soll er sich nicht begnügen dürfen. Er soll dies beweisen müssen (BTDrucks 12/2695 S. 12 zu Nr. 14). Ihn trifft die Beweisführungslast mit der Folge, daß er die ihm günstigen Beweismittel selbst zu benennen hat. Die Vermögensämter müssen insoweit nichts darlegen und beweisen. Dies gilt auch für die Frage, für welche Baumaßnahmen die Kreditaufnahme erfolgte. Eine im Einzelfall bestehende Beweisnot darüber, daß aufgenommene Kredite nicht in das Grundstück geflossen seien, rechtfertigt keine Auslegung der Vorschrift entgegen eindeutigem Wortlaut und klarer Entstehungsgeschichte. Dem Gesetzgeber konnte nicht die Erfahrungstatsache verborgen gewesen sein, daß auswärtigen Eigentümern Kontrolle und Aufsicht über ihre in der DDR belegenen Grundstücke bis zum friedlichen Umbruch im Herbst 1989 kaum – zumeist gar nicht – möglich war. Der fehlende eigene Überblick über etwaige Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen hat den Gesetzgeber jedoch nicht veranlaßt, die Beweisanforderung zugunsten des Eigentümers zu lockern, es etwa mit einer Glaubhaftmachung im Sinne von § 294 ZPO sein Bewenden sein zu lassen. Zur Einräumung von Beweiserleichterungen war er von Verfassungs wegen nicht gezwungen. Er bestimmte nicht willkürlich, die Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen von der Zuständigkeit und Verantwortung für den Tatsachenstoff (vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 VermG) in diesen Fällen wegen des großen Zeit- und Prüfungsaufwands zu entbinden und dem Eigentümer, der zu Zweifeln Anlaß sieht, aufzuerlegen, selbst durch Einholung von Gutachten, Zeugenaussagen des Verwalters, Bewohners oder Nachbarn und ähnliche Maßnahmen zur Klarheit beizutragen. Diese Beibringungspflicht wirkt sich im anschließenden Verwaltungsprozeß derart aus, daß der Eigentümer im Streitfalle die behauptete Tatsache, entsprechende Baumaßnahmen seien nicht erfolgt, unter Beweis stellen muß. Daß den Eigentümer dabei das Risiko der Nichtbeweisbarkeit trifft, ist unter dem Gesichtspunkt der Beweisnähe vom Gesetz bezweckt (vgl. Beschluß vom 5. Oktober 1999 – BVerwG 8 B 226.99 – zur Veröffentlichung in Buchholz unter 428 § 16 VermG vorgesehen).

b) Die Beschwerde hält zum anderen folgende Frage für klärungsbedürftig:

Reicht es für die Anwendung von § 18 Abs. 2 VermG aus, daß die Eintragung einer Aufbauhypothek erfolgte, um andere Aufbauhypotheken, die ihrerseits der Baufinanzierung dienten, zu übernehmen?

Diese Frage ist mißverständlich formuliert. Aus dem weiteren Beschwerdevorbringen ergibt sich jedoch, daß der Kläger die Frage für klärungsbedürftig hält, ob eine der Kreditaufnahme entsprechende Baumaßnahme an dem Grundstück auch dann im Sinne des § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG durchgeführt wurde, wenn eine Aufbauhypothek bestellt wurde, um eine andere Aufbauhypothek, die ihrerseits der Baufinanzierung diente, zu ersetzen (Umschuldung). Diese Frage ist ohne weiteres zu bejahen. Die vom staatlichen Verwalter bestellten Aufbauhypotheken sind dingliche Belastungen, die ohne Willen der Berechtigten dem Grundstück auferlegt wurden. Solche aufgedrängten Grundpfandrechte sind deshalb bei der Festsetzung von Ablösebeträgen nur zu berücksichtigen, wenn sie der Finanzierung von Baumaßnahmen dienten (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 5 VermG). In diesem Sinne dienten Aufbauhypotheken auch dann der Baufinanzierung, wenn – wie im vorliegenden Fall – eine Umschuldung erfolgte.

2. Die Beschwerde des Beklagten ist begründet. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ein Revisionsverfahren kann Gelegenheit zur Klärung der Frage bieten, ob Grundpfandrechte auch dann als im Sinne des § 16 Abs. 5 Satz 1 VermG durch den staatlichen Verwalter bestellt anzusehen sind, wenn das Grundstück einer Erbengemeinschaft gehörte, deren Erbanteile teils staatlich verwaltet wurden und teils in der DDR lebenden Erben gehörten.

Die Kostenentscheidung zur Beschwerde des Klägers beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Müller, Krauß, Golze

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1392617

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