Verfahrensgang
Hessischer VGH (Urteil vom 24.11.2006; Aktenzeichen 7 N 1420/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. November 2006 wird zurückgewiesen.
Die Antragsteller zu 1 und 2, die Antragsteller zu 3 und 4 sowie die Antragsteller zu 5 und 6 tragen als Gesamtschuldner jeweils 1/3 der Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen eine Rechtsverordnung, durch die das Regierungspräsidium Darmstadt ein Wasserschutzgebiet für eine Anlage der Trinkwassergewinnung festgesetzt hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat den Normenkontrollantrag der Antragsteller abgelehnt und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller.
Die Beschwerde ist unbegründet. Die vorgetragenen Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen nicht vor. Das angefochtene Urteil leidet nicht an dem geltend gemachten Verfahrensfehler einer mangelnden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 und 2 VwGO).
1. Der Verwaltungsgerichtshof war nicht verpflichtet, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, ob auf dem in das Wasserschutzgebiet einbezogenen Grundstück Flurstück … der Gemarkung H… im Untergrund unbekannte Altablagerungen/Altlasten aus früherer Müllbeseitigung vorhanden sind. Der Verwaltungsgerichtshof hat den in der mündlichen Verhandlung gestellten, auf die Einholung eines solchen Gutachtens gerichteten Beweisantrag der Antragsteller vielmehr verfahrensfehlerfrei abgelehnt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ablehnung des Beweisantrags durch den in der mündlichen Verhandlung verkündeten Beschluss unter anderem damit begründet, es seien keine greifbaren Anhaltspunkte dafür bekannt oder ersichtlich, dass sich auf dem Flurstück … der Gemarkung H… Altablagerungen im Untergrund befänden, welche die Tauglichkeit des gewonnenen Trinkwassers zur Trinkwassernutzung ausschlössen. Entgegen der Auffassung der Antragsteller hat der Verwaltungsgerichtshof mit dieser Begründung nicht das Ergebnis der beantragten Beweiserhebung in unzulässiger Weise vorweggenommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat vielmehr der Sache nach darauf abgestellt, dass der Beweisantrag unsubstantiiert war. Unsubstantiierten Beweisanträgen braucht das Gericht aber nicht nachzugehen.
Die gebotene Substantiierung besteht zum einen in der Nennung eines bestimmten Beweismittels und in der Behauptung einer bestimmten Tatsache. Daran mangelte es hier nicht. Das Substantiierungsgebot verlangt aber weiter, dass die Tatsache vom Antragsteller mit einem gewissen Maß an Bestimmtheit als wahr und mit dem angegebenen Beweismittel beweisbar behauptet wird. Der Antragsteller darf sich insoweit zwar mit einer Vermutung begnügen, insbesondere soweit es um Tatsachen geht, die nicht unmittelbar Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung sind. Der Antragsteller darf aber nicht aufs Geratewohl Behauptungen aufstellen. Finden sich im gesamten Prozessstoff keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die aufgestellte Behauptung und gibt der Antragsteller für eine von ihm angestellte Vermutung nicht die geringste tatsächliche Grundlage an, darf das Gericht den Schluss ziehen, die Behauptung sei aufs Geratewohl aufgestellt worden. In einem derartigen Fall geht es dem Antragsteller nur darum, ermitteln zu lassen, ob seine auf keine Anhaltspunkte gestützte Behauptung nicht vielleicht doch wahr ist.
Gemessen an diesen Kriterien hat der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag der Antragsteller zu Recht als unsubstantiiert abgelehnt. Er hat in den Gründen seines Urteils festgestellt, vor dem Hintergrund von Untersuchungen des Antragsgegners auf Müllablagerungen und Altlasten im Wasserschutzgebiet fehle ein greifbarer Anhaltspunkt für die Behauptung der Antragsteller, auf dem von ihnen bezeichneten Grundstück könnten im Untergrund unbekannte Ablagerungen/Altlasten aus früherer Müllbeseitigung liegen. Es handele sich um eine bloße Behauptung der Antragsteller. Die Antragsteller haben mit ihrer Beschwerde nicht dargelegt, dass sich aus dem Prozessstoff Anhaltspunkte für die von ihnen behauptete Altlast auf dem von ihnen bezeichneten Grundstück ergeben hätten, oder dass sie dem Verwaltungsgerichtshof, namentlich in der mündlichen Verhandlung, Anhaltspunkte bezeichnet hätten, auf die sie ihre Behauptung einer Altablagerung stützen könnten. Soweit die Antragsteller in ihrer Beschwerde vortragen, sie hätten sich inzwischen über entsprechende Zeitzeugen nochmals ausdrücklich versichert, dass ihr Vortrag zutreffe, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Antragsteller dem Verwaltungsgerichtshof Auskünfte von ihnen befragter Zeitzeugen als greifbare Anhaltspunkte für die von ihnen behauptete Altablagerung vorgetragen haben.
Danach haben die Beschwerdeführer mit ihrer Beschwerde nicht darlegen können, dass sie die unter Beweis gestellte Behauptung so weit substantiiert hatten, dass der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag nicht wegen fehlender Substantiierung hätte ablehnen dürfen.
Weil der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag schon mit dieser Begründung verfahrensfehlerfrei abgelehnt hat, kommt es nicht darauf an, ob auch die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs die Ablehnung des Beweisantrags selbständig trügen. Auf das Vorbringen der Antragsteller hierzu braucht der Senat deshalb nicht weiter einzugehen.
2. Ebenso unbegründet ist die weitere Rüge der Antragsteller, der Verwaltungsgerichtshof hätte den Sachverhalt von Amts wegen zu der Frage weiter aufklären müssen, ob die Schutzwürdigkeit des Trinkwasservorkommens dadurch ausgeschlossen ist, dass ein gemeindlicher Abwasserkanal durch den Fassungsbereich eines der Brunnen und die zu ihm gehörende engere Schutzzone führt.
Die Antragsteller bemängeln insoweit, der Verwaltungsgerichtshof habe sich bei der Bewertung dieses Sachverhalts nicht mit den technischen Regeln – Arbeitsblatt W 101 – Richtlinie für Trinkwasserschutzgebiete, I. Teil: Schutzgebiete für Grundwasser, des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW-Richtlinie W 101) – auseinander gesetzt. Das trifft nicht zu, wie die Antragsteller im Weiteren auch einräumen müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich nicht verkannt, dass nach der Nr. 4.3.1 i.V.m. der Nr. 4.2.11 der DVGW-Richtlinie W 101 das Durchleiten von Abwasser im Fassungsbereich einer Wassergewinnungsanlage in der Regel eine Gefährdung darstellt und dort nicht tragbar ist. Der Verwaltungsgerichtshof ist aber der Sache nach zutreffend davon ausgegangen, dass die Gerichte bei der Würdigung des Sachverhalts, hier der Bewertung des Gefährdungspotentials einer Abwasserleitung in einem Wasserschutzgebiet, nicht strikt an insoweit einschlägige technische Regelwerke gebunden sind.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hier für den Einzelfall ausgeführt, die Nachrüstung des Abwassersammlers mit einem Inliner habe auf Grund der topografischen Verhältnisse im Bereich des Brunnens eine tragfähige Lösung dargestellt. Wie die Antragsteller selbst ausführen, ist diese Frage in der mündlichen Verhandlung erörtert worden; der Verwaltungsgerichtshof hat bei seiner Würdigung des Sachverhalts auf Angaben des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung zurückgreifen können. Die Antragsteller legen mit ihrer Beschwerde nicht dar, dass sie insoweit in der mündlichen Verhandlung die Tragfähigkeit der dort vorgestellten Lösung in Zweifel gezogen und auf eine weitere Aufklärung des Sachverhalts gedrängt hätten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Miteigentümer eines Grundstücks haften dabei für den auf sie entfallenden Kostenanteil gemäß § 159 Satz 2 VwGO als Gesamtschuldner. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Es entspricht der ständigen Praxis des Senats, in Normenkontrollverfahren gegen die Festsetzung eines Wasserschutzgebietes einen Streitwert von 10 000 € je betroffenem Grundstück zugrunde zulegen, wenn keine besonderen Umstände eine hiervon abweichende Bewertung angemessen erscheinen lassen. Der Senat geht dabei davon aus, dass mit einem Wert von 10 000 € regelmäßig die Nachteile angemessen erfasst werden, die ein Grundstück durch die Festsetzung eines Wasserschutzgebiets in seiner Nutzung erleidet.
Unterschriften
Sailer, Krauß, Neumann
Fundstellen