Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbengemeinschaft, Rücknahme eines fehlerhaften Versorgungsfestsetzungsbescheides nur gegenüber einem Miterben. Rückforderung überzahlter Bezüge, Aufhebung des Versorgungsfestsetzungsbescheides und Rückforderung nur gegenüber einem Miterben

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Rückforderung überzahlter Versorgungsbezüge kann gegenüber einem Miterben einer ungeteilten Erbengemeinschaft erst geltend gemacht werden, wenn der rechtswidrige Versorgungsfestsetzungsbescheid gegenüber allen Miterben wirksam zurückgenommen ist.

 

Normenkette

BeamtVG § 52 Abs. 2; BGB § 812 ff., §§ 1922, 1967, 2040, 2058

 

Verfahrensgang

Hessischer VGH (Urteil vom 25.11.1987; Aktenzeichen 1 UE 2216/84)

VG Kassel (Entscheidung vom 25.07.1984; Aktenzeichen I/3 E 4712/81)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. November 1987 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 6.555,08 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Der allein geltend gemachte Revisionszulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie grundsätzliche, bisher höchstrichterlich noch nicht geklärte Rechtsfragen aufwirft, deren im künftigen Revisionsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Die in diesem Sinne zu verstehende grundsätzliche Bedeutung muß gemäß § 132 Abs. 3 Satz 3 VwGO durch Anführung mindestens einer konkreten, sich aus diesem Verwaltungsrechtsstreit ergebenden Rechtsfrage, die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird, und durch die Angabe des Grundes, der die Anerkennung der grundsätzlichen Bedeutung rechtfertigen soll, dargelegt werden (ständige Rechtsprechung; vgl. u.a. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Die von der Beschwerde bezeichnete Frage, ob „§ 2040 Abs. 1 BGB unmittelbar oder entsprechend auf die Rücknahme rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakte mit dem Ergebnis anwendbar” ist „daß eine wirksame Rücknahme – falls die übrigen Voraussetzungen des § 48 VwVfG gegebenen sind – nur vorliegt, wenn die Rücknahme gegenüber allen Miterben eines Erblassers erklärt wird”, ist nicht rechtsgrundsätzlich in dem dargelegten Sinne. Die Beklagte will damit geklärt wissen, ob die an einen Erblasser in der Vergangenheit zuviel gezahlten Versorgungsbezüge von einem Miterben gemäß § 52 Abs. 2 des BeamtenversorgungsgesetzesBeamtVG – in Verbindung mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden können, wenn der zugrundeliegende Versorgungsfestsetzungsbescheid nur diesem Miterben gegenüber zurückgenommen worden ist. Dabei geht die Beklagte selbst zutreffend davon aus, daß der die Leistungspflicht der Behörde gegenüber dem verstorbenen Versorgungsempfänger konkretisierende Verwaltungsakt der unmittelbare Rechtsgrund für die Zahlung im Sinne von § 52 Abs. 2 BeamtVG in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB ist und eine Rückforderung der überzahlten Bezüge erst geltend gemacht werden kann, wenn dieser Verwaltungsakt für den gleichen Zeitraum rechtswirksam aufgehoben wird. Da der Erbe bzw. die Erben mit dem Tode des Erblassers in dessen Rechtsstellung eintreten (§§ 1922, 1967 BGB), können Verwaltungsakte, durch die der Verstorbene zu Unrecht begünstigt worden ist, gegenüber einem Alleinerben oder gegenüber allen Miterben einer Erbengemeinschaft zurückgenommen werden. Es genügt aber eindeutig nicht, wenn die Rücknahme eines rechtswidrigen Versorgungsfestsetzungsbescheides nur gegenüber einem Miterben hinsichtlich dessen Erbteil an der ungeteilten Erbengemeinschaft erfolgt.

- Die Frage, ob die Rücknahme auch für die anderen Miterben hinsichtlich das gesamten Nachlasses gegenüber einem Miterben erklärt werden kann stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Den angefochtenen Bescheiden ist schon nicht, mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen, daß die Beklagte die Rücknahme auch hinsichtlich der übrigen Miterben erklären wollte (vgl. hierzu such Urteil vom 28. August 1986 – BVerwG 2 C 41.83 – ≪Buchholz 237.2 § 49 Nr. 1≫). Im übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend unter Hinweis auf das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Oktober 1984 – Nr. 12 B 80 A. 1790 – (NJW 1985, 2439) ausgeführt, daß ein die ungeteilte Erbengemeinschaft betreffender Verwaltungsakt gegenüber dem Nachlaß erst wirksam wird, wenn er – gleichzeitig oder nacheinander – gegenüber allen Miterben ergangen ist.

Aus den vorangehenden Erwägungen ist auch die Frage ob „es für die wirksame Rückforderung von an den Erblasser rechtswidrig zuviel gezahlten Versorgungsbezügen” genügt, „daß der rechtswidrige Verwaltungsakt nur gegenüber demjenigen Miterben zurückgenommen wird, den der Gläubiger aus der gesamtschuldnerischen Haftung (§ 2058 BGB) in Anspruch nimmt”, nicht klärungsbedürftig. Solange ein rechtswidriger Verwaltungsakt noch nicht wirksam gegenüber allen Miterben zurückgenommen ist, besteht insoweit noch keine Nachlaßverbindlichkeit hinsichtlich zu Unrecht gezahlter Versorgungsbezüge, die von einem Erben als Gesamtschuldner gemäß § 2058 BGB – zudem unter Beachtung einer möglicherweise gemäß §§ 1990 (vgl. BVerwGE 15, 234 ≪237 ff.≫), 2059 Abs. 1 BGB geltend gemachten Beschränkungen der Erbenhaftung – zurückverlangt werden könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Wert des Streitgegenstandes ist in Übereinstimmung mit den vorinstanzlichen Entscheidungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 GKG festgesetzt.

 

Unterschriften

Dr. Schwarz, Dr. Franke, Dr. Maiwald

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1210890

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