Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 22.11.2005; Aktenzeichen 20 A 1245/04) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. November 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 65 000 € festgesetzt.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob sich die Hauptsache des Rechtsstreits erledigt hat.
Die Klägerin beabsichtigt, unter Aufschluss des Grundwassers ein Kies- und Sandvorkommen abzubauen. Sie beantragte hierfür bei der beklagten Bezirksregierung den Erlass eines wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, weil deren Vorhaben mit den Festsetzungen eines hier einschlägigen Landschaftsplans unvereinbar sei. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.
Hiergegen hat die Klägerin Beschwerde eingelegt.
Während des Beschwerdeverfahrens teilte das Bergamt M… einer Drittfirma zunächst mit Schreiben vom 8. Februar 2006 für eine benachbarte Fläche, sodann mit an die Klägerin gerichtetem Schreiben vom 10. Mai 2006 für die hier in Rede stehende Fläche mit, die für den Abbau vorgesehenen Kiese und Sande seien grundeigene Bodenschätze im Sinne des § 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG, deren Gewinnung sich nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes richte. Das Bergamt verlangte von der Klägerin, einen Rahmenbetriebsplan für ihr Abbauvorhaben aufzustellen (§ 52 Abs. 2 BBergG), über dessen Zulassung in einem Planfeststellungsverfahren mit eingeschlossener Umweltverträglichkeitsprüfung zu entscheiden sei.
Die Klägerin beantragte daraufhin bei der Beklagten, den im Planfeststellungsverfahren entstandenen Verwaltungsvorgang an die für das bergrechtliche Planfeststellungsverfahren zuständige Behörde zu verweisen. Die Beklagte übersandte der Bergbehörde die Antragsunterlagen der Klägerin.
In dem anhängigen Beschwerdeverfahren hat die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und hilfsweise beantragt, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat.
Die Beklagte hat der Erledigungserklärung der Klägerin widersprochen.
Entscheidungsgründe
II
Die Beschwerde ist mit dem jetzt allein noch verfolgten Antrag unbegründet.
Die Klägerin konnte in dem Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision den Rechtsstreit für erledigt erklären. Weil die Beklagte dieser Erledigungserklärung widersprochen hat, hat sich der Rechtsstreit in einen solchen über die Frage umgewandelt, ob sich die Hauptsache des Rechtsstreits erledigt hat (Beschluss vom 17. Dezember 1993 – BVerwG 3 B 134.92 – Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 103). Einen solchen Antrag hat die Klägerin hier zudem ausdrücklich gestellt.
Mit diesem Antrag ist die Beschwerde unbegründet, weil die Hauptsache des Rechtsstreits sich nicht erledigt hat.
Der Antrag, festzustellen, dass die Hauptsache erledigt ist, ist nur dann begründet, wenn nachträglich ein erledigendes Ereignis eingetreten ist. Die Hauptsache muss sich objektiv erledigt haben. Die Hauptsache hat sich objektiv erledigt, wenn der Kläger infolge eines nachträglich eingetretenen Ereignisses sein Klagebegehren nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg weiterverfolgen kann, seinem Klagebegehren vielmehr rechtlich oder tatsächlich die Grundlage entzogen ist. Es muss eine Lage eingetreten sein, die eine Entscheidung über den Klageanspruch erübrigt oder ausschließt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist eine Erledigung in diesem Sinne nicht schon dadurch eingetreten, dass sie bei der Beklagten beantragt hat, ihren Antrag auf wasserrechtliche Planfeststellung als Antrag auf Zulassung eines bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans anzusehen und ihn an die hierfür sachlich zuständige Bergbehörde zu verweisen, und die Beklagte daraufhin der zuständigen Bergbehörde die Antragsunterlagen der Klägerin aus dem wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren übersandt hat.
Der Senat kann offen lassen, ob die “Verweisung” schon deshalb keine Erledigung der Hauptsache herbeiführen konnte, weil dieser Grund für die behauptete Erledigung der Klägerin aufgrund ihres Antrags zurechenbar ist und in ihrer Einflusssphäre liegt (vgl. hierzu Beschluss vom 15. August 1988 – BVerwG 4 B 89.88 – Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 82). Die Rechtsprechung ist insoweit nicht einheitlich. Das Bundesverwaltungsgericht hat in anderen Entscheidungen hervorgehoben, für die Erledigung der Hauptsache sei es unerheblich, dass und aus welchen Gründen der Kläger die Erledigung selbst herbeigeführt habe (Urteil vom 14. April 1989 – BVerwG 4 C 22.88 – Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 29).
Denn der Verweisungsantrag der Klägerin hat ihrem Rechtsschutzbegehren nicht die Grundlage entzogen. Er ist vielmehr für die Zulässigkeit und Begründetheit des ursprünglich geltend gemachten Verpflichtungsbegehrens ohne Bedeutung. Zu Unrecht zieht die Klägerin insoweit eine Parallele zur Rücknahme eines bei der Baubehörde gestellten Bauantrags. Begehrt der Kläger mit einer Verpflichtungsklage den Erlass eines mitwirkungsbedürftigen, nämlich von seinem Antrag abhängigen Verwaltungsakts, wie dies auf eine Baugenehmigung zutrifft, so fällt mit der Rücknahme des bei der Behörde gestellten Antrags eine für den Erfolg der Klage unabdingbare Voraussetzung nachträglich weg. Der hier gestellte Antrag auf Verweisung des Vorgangs an eine andere Behörde hat diese verfahrensrechtliche Wirkung nicht. Sofern eine förmliche Verweisung im Verwaltungsverfahren überhaupt in Betracht kommt, setzt sie jedenfalls ein noch anhängiges Verwaltungsverfahren voraus. Daran fehlt es hier, weil das bei der Behörde anhängige Verwaltungsverfahren mit dem ablehnenden Bescheid der Beklagten abgeschlossen war. Zudem hätte sich durch die “Verweisung” der Verfahrensgegenstand geändert. Es wäre nicht darum gegangen, dass die an sich zuständige Behörde über denselben Antrag entscheiden soll, der bei der bisher aktenführenden Behörde anhängig gemacht worden ist. Der Antrag auf Erlass eines wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses ist sachlich etwas anderes als ein Antrag auf Zulassung eines bergrechtlichen Rahmenbetriebsplans. Aufgrund des Verlangens der Bergbehörde nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG ist mithin ein neues Verwaltungsverfahren mit einem anderen Verfahrensgegenstand eingeleitet worden. Die Übersendung der Antragsunterlagen stellt verfahrensrechtlich keine Verweisung eines anhängigen Verfahrens an eine andere Behörde zur Bearbeitung und Entscheidung durch diese dar, sondern dient nur der erleichterten Abwicklung des neu eingeleiteten Verfahrens. Der Antrag auf wasserrechtliche Planfeststellung ist durch diesen Antrag nicht berührt worden.
Eine Erledigung der Hauptsache ist ferner nicht deshalb eingetreten, weil aufgrund der Mitteilungen des Bergamtes M… nunmehr feststeht, dass die Gewinnung der hier in Rede stehenden Bodenschätze nur in einem bergrechtlichen Betriebsplanverfahren zugelassen werden kann. Denn dieser Grund, der der ursprünglich begehrten wasserrechtlichen Planfeststellung entgegensteht, ist nicht nachträglich eingetreten, sondern bestand von Anfang an. Die Mitteilungen des Bergamtes M… haben für die Klägerin vielmehr nur diesen von Anfang an bestehenden Hinderungsgrund offenbar gemacht. Denn die zum Abbau vorgesehenen Sande und Kiese haben die Eigenschaft eines grundeigenen Bodenschatzes im Sinne des § 3 Abs. 4 Nr. 1 BBergG nicht erst während des Verfahrens (z.B. aufgrund einer Änderung der für diese Einschätzung maßgeblichen rechtlichen Vorschriften) erlangt, sondern stets gehabt. Der wasserrechtlichen Planfeststellung ist mithin durch die Erkenntnisse des Bergamtes nicht nachträglich die Grundlage entzogen worden, sie hat eine solche Grundlage vielmehr von Anfang an nicht gehabt. Die nunmehr erlangte Kenntnis von der rechtlichen Qualifizierung des Bodenschatzes hat lediglich das Interesse der Klägerin an der weiteren Verfolgung ihres ursprünglichen Verpflichtungsbegehrens entfallen lassen. Darin liegt aber keine Erledigung der Hauptsache.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG. Die Klägerin begehrt keine Entscheidung über den ursprünglichen Klageanspruch mehr. Mit ihrem Erledigungsfeststellungsantrag verfolgt sie nur noch das Interesse, aus dem Prozess ohne einseitige und zwingende Kostenlast aussteigen zu können. Der Streitwert ist deshalb auf den (hier überschlägig ermittelten) Betrag der Kosten festzusetzen, die bis zur Erledigungserklärung entstanden sind (BGH, Urteil vom 8. Februar 1989 – IV a ZR 98/87 – BGHZ 106, 359, 366).
Unterschriften
Sailer, Krauß, Neumann
Fundstellen