Verfahrensgang
Hessischer VGH (Aktenzeichen UE 3454/96.A) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. November 2000 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die auf sämtliche Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde hält zunächst die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), ob ein Berufungsgericht die in erster Instanz rechtskräftig entschiedene Frage von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG in einem obiter dictum behandeln darf. Sie macht jedoch nicht ersichtlich, dass sich diese Frage in einem Revisionsverfahren in entscheidungserheblicher Weise stellen würde. Es ist gerade das Wesen eines sog. obiter dictum, dass es für die Entscheidung nicht erheblich und auch sonst in keiner Weise rechtlich verbindlich ist. Damit ist auch die Frage, ob und in welchen Fällen das Berufungsgericht derartige zusätzliche Ausführungen machen kann und darf, einer revisionsgerichtlichen Klärung, die sich nur auf die Verletzung von Bundesrecht im Sinne des § 137 Abs. 1 VwGO erstrecken kann, nicht zugänglich. Allerdings dürfte in Fällen wie dem vorliegenden der Anspruch auf Abschiebungsschutz nach § 53 AuslG bei sinngemäßer Auslegung der Anträge als Gegenstand des Berufungsverfahrens anzusehen und sachlich zu prüfen sein (stRspr; vgl. Beschluss vom 9. Februar 2000 – BVerwG 9 B 31.00 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 29).
Soweit die Beschwerde die Frage für grundsätzlich bedeutsam hält, ob ein von den Klägerinnen beigebrachtes Gutachten eine Verpflichtung des Gerichts zur Ladung des Sachverständigen nach § 98 VwGO, § 411 Abs. 3 ZPO bzw. §§ 402, 397 ZPO zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens auslösen kann (Ziff. 2 der Beschwerdebegründung), ist diese Frage bereits höchstrichterlich in verneinendem Sinne geklärt (vgl. den schon vom Berufungsgericht zitierten Beschluss des Senats vom 21. September 1994 – BVerwG 1 B 131.93 – Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 46). Dass Anlass besteht, dies in asylrechtlichen Verfahren anders zu beurteilen, zeigt die Beschwerde nicht auf. Die von ihr angeführte Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 26. Februar 1999 – VGH 12 UZ 157/99.A – EZAR 631 Nr. 47) bezieht sich nur auf vom Gericht selbst in das Verfahren eingeführte Gutachten aus einem anderen asylrechtlichen Gerichtsverfahren, nicht aber auf von Beteiligten vorgelegte Privatgutachten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der gleiche Sachverständige auch von Gerichten als Gutachter herangezogen wird.
Entgegen der Auffassung der Beschwerde liegt auch eine Gehörsverletzung (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 und § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) im Zusammenhang mit der Ablehnung des Hilfsbeweisantrages nicht vor. Das Berufungsgericht hat den Antrag nicht prozessrechtswidrig abgelehnt. Soweit der Antrag sich auf die Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung bezog, ergibt sich bereits aus den vorstehenden Ausführungen, dass das Berufungsgericht zu Recht einen entsprechenden Anspruch der Klägerinnen aus § 98 VwGO i.V.m. § 411 Abs. 3 ZPO bzw. §§ 402, 397 ZPO verneint hat, weil es sich bei dem Gutachten um ein Privatgutachten handelte. Soweit der Antrag auch allgemein auf Erhebung eines weiteren Sachverständigenbeweises gerichtet sein sollte, kann die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Antrag trage den Charakter eines unzulässigen Ausforschungsbeweises, unter den gegebenen Umständen nicht beanstandet werden. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Sachverständige K. hatte in einem Privatgutachten im Mai 2000 zur Frage einer Pogromstimmung im Großraum Colombo und einer sich daraus möglicherweise ergebenden Gefährdung für tamilische Europarückkehrer – wie die Klägerinnen – Stellung genommen. Das Berufungsgericht hatte sich in einem Grundsatzurteil vom 29. August 2000 mit dieser Stellungnahme auseinander gesetzt, dabei jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte für ein asylrechtlich relevantes feindseliges Klima erkennen können. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen, dem dieses Grundsatzurteil bekannt war, beantragte im vorliegenden Verfahren, den Sachverständigen K. zu laden, um von ihm „zu erfahren, wie sich die Situation seiner Einschätzung und seinen Kenntnissen zufolge seit Mai 2000 weiterentwickelt hat und wie unmittelbar real die Gefahr bevorstehender Pogrome von ihm … beurteilt wird”; dies sei „unter Umständen” entscheidungserheblich bzw. „möglicherweise” streitentscheidend; die beantragte Vernehmung des Sachverständigen (zur Erläuterung seines Gutachtens und) „zu weitergehenden Angaben” sei erforderlich, um die „gegenwärtige Situation” analysieren zu können (jeweils Berufungsakte Bl. 169 f.). Wenn das Berufungsgericht diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt hat, es fehle für die Zeit ab Mai 2000 an greifbaren Anhaltspunkten, aus denen sich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit entnehmen lasse, dass nicht eine Beweiserhebung „ins Blaue hinein” und „aufs Geratewohl” durchgeführt werden solle, so stellt dies keine Verletzung von Prozessrecht dar. Dies gilt auch dann, wenn man berücksichtigt, dass ein derartiger Antrag auf Sachverständigenbeweis nicht voraussetzt, einzelne konkrete Tatsachen in das Wissen des Sachverständigen zu stellen (vgl. den vom Berufungsgericht angeführten und auch von der Beschwerde angesprochenen Beschluss vom 27. März 2000 – BVerwG 9 B 518.99 – Buchholz § 98 VwGO Nr. 60 m.w.N.).
Die von der Beschwerde in diesem Zusammenhang vorsorglich erhobene Aufklärungsrüge (Ziff. 5 der Beschwerdebegründung; § 86 Abs. 1 VwGO) greift aus denselben Gründen nicht durch.
Soweit die Beschwerde unter Ziff. 4 und 6 der Beschwerdebegründung wegen der Ablehnung des Hilfsbeweisantrages aus weiteren Gründen eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und eine Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) geltend macht, fehlt es jeweils an der Entscheidungserheblichkeit der angesprochenen Fragen, da bereits die vorstehend erörterten, vom Berufungsgericht angeführten Gründe die Ablehnung des Beweisantrages selbstständig tragen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Dr. Paetow, Richter, Beck
Fundstellen